„Geheimnis um die weiße Frau von Neuenfels“

von Harald Gritzner

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsjahr: 2014
Verlag: 123-Z Verlag (Neuauflage im Klemmbach-Verlag)
ISBN: 978-3-944041-02-5
Seitenanzahl: 128 Seiten

Klappentext:
„Die Sonne überstieg gerade eben die verschneiten Burgspitzen des Belchen und des Blauen. Es sah aus, als wären sie in Blut getaucht. Leise und sanft fing es an, in weißen zierlichen Flöckchen vom Himmel zu fallen. Unbekümmert schienen diese Himmelsboten zu sein, Unbekümmert und rein.
Wie der Schustergeselle Martin der weißen Frau von Neuenfels begegnet und es ihn fast das Leben kosten soll, wie Pfarrer Matteo das Geheimnis um die weiße Frau lüftet und wie die schwarzen Reiter Tod und Verderben bringen, all das erfahren wir in dieser mittelalterlichen Kurzgeschichte, kompakt spannend und voller kraftvoller Bilder.“


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Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Autor als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!

– Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder vom Autor keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Geheimnis um die weiße Frau von Neuenfels“ von Harald Gritzner ist eine im Mittelalter angesiedelte Kurzgeschichte, welche als Basis die Sage „Die weiße Jungfrau und der Schustergesell“ hat.

Martin, ein junger Schustergesellle aus dem Dorf Britzingen, kehrt schwer krank von der Burg Neuenfels zurück. Dort ist er der ‚weißen Frau‘ begegnet , eine Begegnung, welche ihm nun fast das Leben kosten soll.
Der beliebte Pfarrer Matteo begibt sich sofort zu dieser Burg und macht sich dort auf Spurensuche, um das Geheimnis um die ‚weiße Frau von Neuenfels“ zu lüften. Aber nicht nur er ist auf dem Weg dorthin – sondern auch zwei schwarze Reiter, denen ein Menschenleben nur wenig bedeutet.

Auf der „Buchmesse Blätterrausch“ Hinterzarten im Mai 2022 entdeckte ich die Bücher von Harald Gritzner und nahm mir spontan „1525 – Kampf der Freiheit“ und „Am Galgenbuck“ mit. Die Bücher spielen in meiner Heimat und ich versprach mir neues regionales Geschichtswissen – und ich sollte nicht enttäuscht werden. Mit großer Begeisterung las ich die beiden Bücher und es ergab sich ein netter Kontakt auf Instagram mit dem Autor. Freundlicherweise schickte er mir noch die mir fehlende Kurzgeschichte „Geheimnis um die weiße Frau von Neuenfels“ als Rezensionsexemplar zu, welche 2014 erschien und damit sein Debüt ist. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an Harald Gritzner für die Zusendung und Bereitstellung des Buches als Rezensionsexemplar und auch für den netten Kontakt auf Instagram.


Die Figuren des Buches sind authentisch und lebensecht beschrieben. Spannend fand ich, dass ihre Lebensgeschichte erst nach und nach ans Licht kommt und es damit während der Lektüre zu einigen ‚Aha-Momenten‘ kommt.
Pfarrer Matteo ist ein Charakter, den ich ab dem ersten Moment sehr gemocht habe. Er handelt aus dem Herzen heraus, welches er auch am rechten Fleck hat: Er ist loyal und schlau und ein sehr gutmütiger und ehrlicher Mensch. Die Schilderung eines schier unglaublichen Erlebnisses des schwer kranken, aber auch rückblickend naiv wirkenden Schustergesellen Martin stößt bei ihm nicht auf Ablehnung, sondern sofort auf Interesse und er ist sofort bereit, sein gesamtes Leben und alles was für ihn von Bedeutung ist, für die Lüftung dieses Geheimnisses, aufzugeben.
Ganz besonders angetan hat es mir aber der Charakter der ‚weißen Frau‘. Ich möchte nicht zu sehr auf ihre Geschichte eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorweg nehme. Aber, so viel sei verraten, ist ihre Geschichte so tragisch und mitreißend, dass ich das ein oder andere Mal während des Lesens eine Gänsehaut verspürte.
Doch es gibt auch die düsteren Gestalten in diesem Buch. Zwei schwarze Reiter, welche im Kontrast zu der ‚weißen Frau‘ und dem Pfarrer Matteo stehen. Sie sind abgrundtief böse, ein Menschenleben ist für sie nichts wert, doch auch sie haben ihre Beweggründe und ihre Vergangenheit.

Die Geschichte hält sich nicht lange mit einer Einleitung auf, sondern wirft den Leser/ die Leserin einfach ins Geschehen und in die stimmige und glaubwürdige Handlung hinein. Von der ersten Seite an zog mich die Geschichte komplett in ihren Bann und sie entwickelte einen enormen Sog, der mich nicht mehr losgelassen hat. Die Handlung spitzt sich fortwährend zu und zum Schluss, als alle Fäden zusammenlaufen, wird es unglaublich spannend und nervenaufreibend.
Wie schon in den Büchern „1525 – Kampf der Freiheit“ und „Am Galgenbuck“ bin ich von der klaren und bildgewaltigen Sprache des Autors sehr begeistert. Er versteht es, Landschaften und Menschen sehr eindrücklich zu beschreiben, aber trotzdem in seinen Geschichten noch Platz für die eigene Fantasie zu lassen.

Die Basis der Geschichte ist die Sage „Die weiße Jungfrau und der Schustergesell“, welche ihr hier lesen könnt:

„Vor ungefähr siebzig Jahren ging eines Sonntags ein katholischer Schustergesell, der zu Britzingen in Arbeit stand, auf das verfallene Bergschloß Neuenfels. Dort kam eine schneeweiße Jungfrau zu ihm und fragte, was er da mache, und ob er sich in der öden Burg nicht fürchte. Auf die Antwort: daß er sich Haselnüsse breche und, da er niemand etwas zu Leid thue, keinen Grund zur Furcht habe, hieß sie ihn mit ihr gehen, was er auch ohne Bedenken that. Bei einem Steine öffnete sie, mit einem Schlüssel ihres Gebundes, die eiserne Pforte eines unterirdischen Ganges, der sein Licht durch Zuglöcher an der Decke erhielt. Als sie hindurch gegangen waren, kamen sie, mittelst der Schlüssel, nacheinander in drei mit Eisenthüren versehene Gewölbe, in deren jedem ein großer schwarzer Hund viele Kisten bewachte. Auf Geheiß der Jungfrau sprangen die Hunde von den Kisten herab, sie machte diese auf, die im ersten Gewölbe waren mit Silbergeld, die im zweiten mit Goldmünzen, die übrigen mit kostbarem Schmuck, goldenen und silbernen Gefäßen angefüllt. Nachdem der Gesell alles betrachtet hatte, führte ihn seine Begleiterin wieder zurück und auf den Platz, wo sie zuerst ihn getroffen. Daselbst sprach sie zu ihm Folgendes: „Du kannst mich erlösen, und dir dadurch alle die Schätze, so wie deinem Hause immerwährendes Glück verschaffen. Komme drei Samstage hintereinander, Abends nach der Betglocke, auf das Schloß, wo du mich stets auf dem Stein bei der Thüre des unterirdischen Ganges finden wirst. Von dort trage mich jedesmal auf deinem Kopfe, da, wo du den heiligen Chrisam empfangen, bis zu diesem Steine hier. Reden mußt du nichts, dich auch durch das, was dir etwa begegnet, nicht schrecken lassen; denn es wird dir kein Haar beschädigt.“ Der Bursch versprach, alles zu thun, kam auch die beiden folgenden Samstage zur bestimmten Zeit in die Burg und trug auf seinem Kopfe die Jungfrau von dem einen Stein zum andern, ohne auf ein Hinderniß zu stoßen. Als er am dritten Samstag den Schloßberg hinanstieg, blitzte und donnerte es, und ein Tonspiel ließ sich hören; allein er ging getrost hinauf und begegnete einer alten Frau, welcher aus der Nase der Rotz, gleich einem Eiszapfen, bis auf den Bauch hing. Sie fragte ihn nach dem Weg auf einen benachbarten Ort, wo sie morgen bei einer Hochzeit zu kochen habe. Ohne ihr zu antworten, sagte er leise vor sich hin: „Du magst mir eine schöne Köchin sein, mit deiner silbernen Rotznase!“ Kaum hatte er dies gesprochen, so verschwand die Frau, und es krachte so fürchterlich, wie wenn der ganze Wald zusammenbräche. Entsetzt entfloh er, und obgleich die weiße Jungfrau, vom unterirdischen Gang her, ihm zurief: „Freund, sei standhaft und vollbringe dein Werk, es wird dir kein Haar beschädigt!“ so ließ er sich doch nicht halten. „Wehe mir, die Eichel ist noch nicht im Boden, aus deren künftigem Stamm die Wiege des Jünglings gemacht wird, der mich wieder erlösen kann!“ dies hörte er auch noch die Jungfrau ihm nachrufen; allein er eilte unaufhaltsam fort und kam ganz verstört nach Hause. Im Gefühl seines nahen Todes verlangte er einen Beichtvater seines Glaubens, erzählte ihm und seinem Meister, was ihm auf der Burg widerfahren und starb am folgenden Morgen.“

Quelle: Bernhard Baader, Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Karlsruhe 1851, Nr. 36.
Gefunden auf: https://www.sagen.at/texte/sagen/deutschland/baden_wuerttemberg/baader/weisse_jungfrau.html

Diese Sage ist, wie bereits geschrieben, nur die Basis der Geschichte. Harald Gritzner hat aus dieser Sage einen historischen Roman gearbeitet und geht damit auch den Spuren des Mordes an den letzten Bewohnern der Burg Neuenfels nach.
Die Burg Neuenfels bei Britzingen, welche im Jahr 1300 erbaut wurde, besteht nur noch als Ruine, da sie seit 1540 nicht mehr bewohnt und dem Verfall übergeben wurde.
Der Müllheimer Ortsteil Britzingen liegt unweit meines Heimatdorfes Auggen und seit je her faszinieren mich die Sage und die (unheimliche) Geschichte der Burgruine Neuenfels.
Hier habe ich eine kleine Foto-Galerie von die Burgruine zusammengestellt. Vielen Dank an meinen guten Freund ‚Silberphönix‘, welcher mir diese Fotos zur Verfügung gestellt hat.

Christoph von Neuenfels, eine Figur, die am Rande vorkommt, ist eine historische Figur. Er setzte sich in Neuenburg am Rhein 1525 für die Rechte der Bauern ein, war allerdings selbst völlig verarmt. Er und seine Familie waren die letzten Bewohner der Burg Neuenfels und sie starben dort, zusammen mit ihren Angestellten im Jahre 1540. Erst drei Tage später wurden ihre Leichname entdeckt. Ob es nun Mord oder Selbstmord war, lässt sich nicht mehr klären, wobei die Überlieferung klar von Mord spricht – wie es auch auf der Tafel an der Burgruine steht.
Diese historischen Hintergründe hat Harald Gritzner wunderbar recherchiert und er verbaut sie geschickt mit seiner fiktionalen Geschichte und der Sage. Ich beendete das Buch äußerst zufrieden und mit dem Gedanken „Ja, so könnte es gewesen sein!“.

Vielen Dank an Harald Gritzner für dieses mitreißende Leseerlebnis!

Fazit: Harald Gritzner hat es geschafft, eine sehr kompakte Geschichte zu erzählen, welche mich mit einer bildgewaltigen Sprache sofort in die Handlung nahm. Die Geschichte entwickelt einen Sog, der mich nicht mehr losgelassen hat.
Eine spannende, nervenaufreibende und mitreißende Geschichte, welche aber trotzdem Raum für die eigene Fantasie lässt.

*Ich habe für diese Rezension vom Verlag und Autor keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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