Maria W. Peter (Marie Pierre)

  • Zur Autorin: Biografie, Kontakt und Bibliografie:

Marie Pierre ist im Spannungsfeld der deutsch-französischen Grenzregion aufgewachsen. Ihre Studienzeit in Metz sowie die Geschichte ihrer Familie, die sich über Deutschland, Frankreich und Luxemburg erstreckt, inspirierten sie dazu, sich intensiv mit der Vergangenheit zu befassen. Besonders Lothringen ist sie sehr verbunden. Unter dem Namen Maria W. Peter schreibt sie historische Romane und Theaterstücke, von der Römerzeit bis hin ins 19. Jahrhundert, für die sie unter anderem mit dem Literaturpreis „Homer“ ausgezeichnet wurde. Vielleicht war das Leben ihrer Großtante, die in der Zwischenkriegszeit ein Mädchenpensionat im lothringischen Bouzonville besuchte, der zündende Funke zu ihrer aktuellen Reihe.

  • „Sklavin Invita“- Reihe:
    1. „Fortunas Rache“
    2. „Die Legion des Raben“
    3. „Der Schatz Salomos“
    4. „Verrat in Colonia“

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  • Einzelromane:
    1. „Die Küste der Freiheit“ (2014)
    2. „Die Festung am Rhein“ (2017)
    3. „Die Melodie der Schatten“ (2018)
    4. „Eine Liebe zwischen den Fronten“ (2020)

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  • „Das Pensionat an der Mosel“ – Reihe (erscheint unter Marie Pierre):
    1. „Töchter des Aufbruchs“ (Dez. 2023/Feb. 2024)
    2. „Schwestern im Geiste“ (August 2024)
    3.„Der Weg der Frauen“ (Februar 2025)
  • Interview:

Pünktlich zum Erscheinungstag des eBooks von „Das Pensionat an der Mosel – Töchter des Aufbruchs“ am 24. Dezember 2023 durfte ich der Autorin Maria W. Peter (Marie Pierre) einige Fragen stellen.
Ich wünsche euch viel Spaß mit dem Interview, beachtet aber bitte, dass das Copyright der verwendeten Fotos ausschließlich bei Maria W. Peter liegt.
Noch ein Hinweis: Da wir Beide schon lange in Kontakt stehen, nutzen wir in diesem Interview das ‚Du‘.

Hallo liebe Maria, ich danke dir, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst und uns damit spannende Einblicke in deine neue historische Romanreihe „Das Pensionat an der Mosel“, welche unter dem Pseudonym Marie Pierre im Heyne Verlag erscheint, und dein Autorinnen-Leben gibst. Magst du deine neue Buchreihe in drei Worten beschreiben?

Maria: „Historisch, süffig, anders.“

Wie und wann bist du auf die Geschichte des Mädchenpensionats in Diedenhofen aufmerksam geworden? Wann wurde dir klar, dass du einen Romanreihe über diese Einrichtung schreiben möchtest?

Maria: „Das war tatsächlich in den letzten Wochen vor dem ersten Corona-Lockdown, also Januar oder Februar 2020. Kurz bevor aufgrund der Pandemie alles heruntergefahren und die Grenzen geschlossen wurden, war ich noch auf Recherchereise in Lothringen und dem Elsass. Ursprünglich war meine Überlegung gewesen, die Pensionatsreihe in Metz anzusiedeln, meiner früheren Wahlheimatstadt, die ich sehr liebe. Da ich dort jedoch schon mehrere Romane verortet und bereits eine weitere Metz-Reihe in Planung hatte, überlegte ich mir einen anderen Schauplatz in Ostlothringen: Thionville, also Diedenhofen, hat mich bereits seit meiner Romanrecherche zu „Eine Liebe zwischen den Fronten“ beschäftigt. Als Saarländerin mit französischen Wurzeln und einem Familienzweig in Frankreich und einem in Luxemburg, ist die Grenzregion ja meine Heimat. Da es zwischen Thionville und Metz große Parallelen, aber noch größere Unterschiede gibt, fand ich es faszinierend, diese Stadt als Hauptschauplatz zu wählen. Ein wunderschönes Fleckchen Erde im Übrigen.“


Wie bist du bei der Recherche vorgegangen? Welche Recherchemittel standen dir zur Verfügung? Warst du auch an den Orten deiner Geschichten? 

Maria: „Ja, natürlich habe ich all die Schauplätze des Romans besucht, sogar mehrfach. Auch wenn es aufgrund der Corona-Beschränkungen im Jahr 2020 und teilweise auch noch 2021 die Vor-Ort-Recherche zunächst nicht so ganz einfach war, vor allem nicht über die Grenze hinweg. Doch kann ich mir Orte viel besser vorstellen, wenn ich sie einmal selbst gesehen, den Boden unter den Füßen gespürt, die Luft geatmet habe. Glücklicherweise spielt die ganze Reihe ja in meiner Heimatregion Saar-Lor-Lux, sodass ich bei den Recherchereisen quasi ein Heimspiel hatte. Weitaus schwieriger war die Recherche zur politischen, juristischen und gesellschaftlichen Situation im deutsch annektierten Teil Lothringens zur Kaiserzeit. Da bin ich bisweilen an meine Grenzen gestoßen. Es war eine herausfordernde, sich über Monate erstreckende Puzzlearbeit, bis ich endlich alle Informationen darüber zusammen hatte, die ich für den Roman benötigte. Dabei habe ich unglaublich viel Fachliteratur zusammengetragen, mich mit Wissenschaftlern aus Frankreich, Deutschland und den USA ausgetauscht, ja sogar Romanpassagen und Teile des Nachwortes noch einmal von Experten gegenlesen lassen. Nur um sicher zu sein, das alles stimmt. Und zwar wirklich alles, von den großen politischen Themen, der Politik und Verwaltung, bis hin zu den kleinen Details, Mode und Alltag, Rezepte und Spezialitäten, Straßenzüge und Gebäude, aber auch die Mentalität der Menschen, ihr Denken und Fühlen, ihre gesellschaftlichen Werte. Mein Ziel war es, die versunkene Zeit der Belle Époque in der saar-moselanischen Grenzregion und vor allem in Lothringen authentisch und lebensecht wieder auferstehen zu lassen.“

Dein Roman „Die Küste der Freiheit“ spielt im 18. Jahrhundert, die Romane „Die Festung am Rhein“, „Die Melodie der Schatten“ und „Eine Liebe zwischen den Fronten“ spielen im 19. Jahrhundert. Der Auftakt deiner neuen Buchreihe setzt im Jahr 1910 an. Gibt es hier für dich andere Recherche-Ansätze? Was reizt dich am frühen 20. Jahrhundert?

Maria: „Nun, gerade für unsere Grenzregion war es eine Zeit einschneidender Umbrüche, der teils große politische Spannungen vorausgegangen waren. Auch im übrigen Europa war in dieser Zeit vieles in Bewegung, gerade auch im Bereich Bildung, Frauenrechte, Industrie und auch der Gesellschaftsordnung. Über all dies schreibe ich in der Reihe ebenfalls sehr intensiv. Ein besonderes Augenmerk habe ich aber auf die Geschichte Lothringens gelegt, seine Tragik und Zerrissenheit zwischen mehreren sprachlichen, kulturellen und politischen Einflüssen, das Ringen um die eigene kulturelle Tradition und Identität. Die deutsche Annexion des nordöstlichen Teils Lothringens, dem Gebiet des heutigen Departements Moselle, die nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 begann, war ja ein über Jahrzehnte hin schwelender Konflikt, der nicht unbedeutend für den Ausbruch des Ersten und somit indirekt auch des Zweiten Weltkrieges war. Ereignisse, welche die Menschen Lothringen, dem Elsass, dem Saarland und Luxemburg bis heute entscheiden prägten.“

Was unterscheidet das Schreiben eines Einzelromans im Gegensatz zu einer dreibändigen Buchreihe?

Maria: „Eine Buchreihe ist einerseits aufwändiger, andererseits aber auch wieder einfacher zu schreiben als einen Einzelroman. Aufwändiger, weil man wirklich groß denken und intensiv vorabplanen muss, einmal die jeweiligen Einzelbände, dann aber auch die gesamte Reihe. Man muss bedeutend mehr Namen, Figuren, Handlungselemente im Kopf jonglieren und dabei Acht geben, dass man sich in den einzelnen Teilen weder widerspricht noch wiederholt. Und zugleich doch einfacher, weil man nicht von Band zu Band wieder ganz bei Null anfangen muss, im Bezug auf Recherche und Plot, sondern schon grundlegend die Schauplätze und die Figuren kennt. Mit jedem Band ist es wie ein Zurückkommen zu alten Freuden… Daher liebe ich auch als Leserin Serien und Reihen so sehr.“

Wie behältst du beim Schreiben den Überblick über deine vielen Figuren und deren Hintergründe?

Maria: „Oh ja, das ist schon eine besondere Herausforderung. Manche Dinge muss ich mir aufzuschreiben, damit ich mir merken und immer wieder nachschlagen kann. Vor allem auch Haar- und Augenfarbe der Figuren, allen voran der Schülerinnen des Pensionats. Wie peinlich, wenn eines der Mädchen im ersten Kapitel blaue Augen und später dann plötzlich braune hätte… Die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe hingegen habe ich meist so sehr verinnerlicht, dass sie mir stets präsent sind.“

In deinen Romanen stehen fiktive und historische Figuren im Mittelpunkt der Geschehnisse. Was macht für dich eine gute fiktive Figur aus und für wie wichtig empfindest du fiktive Figuren in einem historischen Roman?

Maria: „Hm, das lässt sich gar nicht so einfach in ein paar Sätze packen. Die zwei wichtigsten Aspekte vielleicht: Die Figur muss in ihre jeweilige Epoche passen, so denken, reden und handeln wie ein Mensch ihrer Zeit und ihrer Herkunft. Also authentisch sein, keine moderne Person, die man lediglich in historische Gewänder gesteckt hat. Aber darüber hinaus, und das ist ganz besonders wichtig, muss es ein lebendiger Charakter aus Fleisch und Blut sein, jemand, mit dem man mitfühlen und mitleiden kann. Jemand, der besondere Stärken und besondere Schwächen hat, Vorlieben und Abneigungen, Leidenschaften und Ängste. Nur dann können sich Leserinnen und Leser mit dem Romancharakter identifizieren, nur dann entsteht ein packender Roman, statt eines trockenen Geschichtsbuches.“

Hast du in deiner neuen Romanreihe eine Lieblingsfigur? Wenn ja, wen und warum?

Maria: „Oh, das ist auch schwer zu beantworten, da mir natürlich alle Figuren ans Herz gewachsen sind. In der Romanreihe gibt es so viele schillernde Gestalten. Lisbeth, die elsässische Köchin und gute Seele des Pensionats, Franzl, der Offiziersbursche meines preußischen Hauptmanns, mit dem ständigen Heimweh, die zahlreichen Schülerinnen mit ihren höchst unterschiedlichen Hintergründen und Mentalitäten, Thomas, der Sohn der Wäscherin – und natürlich meine beiden männlichen Hauptfiguren Vincent und Erich, mit denen ich gerne mal ein Gläschen Wein an der Mosel trinken würde. Aber vielleicht ist meine Lieblingsfigur der Reihe wirklich meine weibliche Protagonistin, Pauline Martin, die ich für ihre Entschlossenheit und Geradlinigkeit ebenso bewundere, wie für ihre Berufung, ihre Schülerinnen zu starken, eigenständigen Persönlichkeiten zu erziehen. Eine Berufung, für die sie sogar auf ihre Jugendliebe verzichtet hat, auf Ehe und Familie. Zudem teile ich mit Pauline ihre Liebe zu Metz, ihrer Heimatstadt, meiner früheren Wahlheimat.“

Wie sieht dein Schreib-Alltag/ deine Schreib-Routine aus? Was sind deine Störfaktoren beim Schreiben?

Maria: „Das ist höchst unterschiedlich. Vor allem, da ich eine ziemlich große, fordernde Familie habe, die mich nicht immer so arbeiten lässt, wie ich es gerne würde, muss ich fast jeden Tag aufs Neue improvisieren. Am liebsten schreibe ich in den frühen Morgenstunden, alleine, bei einer Tasse Kaffee. Dann sind meine Gedanken frisch, die Kreativität am größten. Korrekturen hingegen mache ich am liebsten abends, wenn ich müde bin und mich die Bettschwere davon abhält, mich allzu leicht ablenken zu lassen. Aber eigentlich kann ich immer und überall schreiben, auf dem Parkplatz im Auto, im Wartezimmer, im Restaurant… wo eben die Ideen so kommen.“

Das Genre des Historischen Romans hat sich in den letzten Jahres sehr verändert. Der ‚typische‘ Mittelalter-Roman ist zur Nische geworden. Wie siehst du persönlich die Zukunft des Historischen Romans?

Maria: „Ich glaube der historische Roman ist ein Evergreen, den es immer geben wird und der sich immer einer besonderen Beliebtheit erfreuen wird. Auch wenn sich die vom Buchmarkt bevorzugten Epochen, Themen oder Untergattungen ändern mögen. Zeitweise waren historische Krimis der letzte Schrei, dann waren diese eine Weile völlig out, nur um gerade jetzt wieder einen ungeahnten Boom zu erleben. Mal sind es schwere Schmöker mit komplexen politischen Handlungen, mal romantische Kostümdramen, die das Genre anführen. Schön, dass es eine derart bunte Vielfalt in diesem Bereich gibt. Da ist für jeden Lesegeschmack etwas dabei.“

Über welche Epoche/ welches Land/ Thema könntest du dir überhaupt nicht vorstellen einen Roman zu schreiben? Warum?

Maria: „Schwer zu sagen, man soll ja niemals nie sagen. Und beim Schreiben und der dazugehörigen Recherche entwickelt man sich ja immer weiter, nicht nur literarisch, sondern auch persönlich. Im Augenblick wäre jedoch die Vorzeit, die Steinzeit oder Eiszeit keine Epoche, zu der ich irgendeine Art von Bindung verspüre. Was die Geographie betrifft, so wäre ich grundsätzlich für alles offen. Allerdings glaube ich, dass es einer besonders guten Recherche, sehr viel Einfühlungsvermögens und auch persönlicher Kontakte bedarf, wenn man über Länder und Kulturen schreibt, die außerhalb des eigenen Kulturkreises liegen, in meinem Fall also außerhalb der europäischen oder europäisch geprägten Welt. Reizen würde es mich dennoch.“

Wie kam es zu dem Pseudonym Marie Pierre?

Maria: „Abgesehen davon, dass der Name einen schönen Klang hat? Nun, ich hatte mir überlegt, dass es passend wäre, eine Lothringen-Saga mit einer weiblichen Hauptfigur aus Metz auch unter französischem Namen zu schreiben. Dabei ist Marie Pierre ja kein Pseudonym im engeren Sinne, lediglich die Übersetzung meines bürgerlichen Namens auf Französisch. Eine Namensvariante, die ich übrigens bereits als Schülerin gelegentlich verwendet habe. Mein Verlag fand das einerseits gut, andererseits war er skeptisch, wollte er doch mit meinen bereits etablierten Namen Maria W. Peter, unter dem ich ja bereits mit Preisen ausgezeichnet wurde, für die neue Buchreihe werben. Also haben wir uns für einen Kompromiss entschieden: Marie Pierre ist ein offenes Pseudonym, das zugleich mit Maria W. Peter verknüpft und beworben wird.“

Wie wichtig ist dir der Kontakt mit anderen Autoren/ Autorinnen und deinen Lesern/Leserinnen?

Maria: „Das ist mir sehr wichtig, nicht zuletzt auch, weil das Schreiben per se oft eine sehr einsame Tätigkeit ist. Ich liebe den kollegialen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Und ganz besonders schätze ich auch den Kontakt zu Leserinnen und Lesern, über meinen Newsletter, über Leserunden, soziale Netzwerke und natürlich am allerliebsten persönlich bei meinen Lesungen, Theaterstücken und Führungen.“

Was liest du gerne zu deinem eigenen Vergnügen?

Maria: „Im Augenblick komme ich leider fast gar nicht zum Lesen aus Vergnügen – wie bereits gesagt, Familie und so. Derzeit ackere ich mich meist durch Recherchematerial, historische Fachbücher und Originalquellen. Für mehr reicht es im Augenblick selten. Wenn ich aber Zeit habe, dann bin ich offen für fast alles offen, neben historischen Romanen besonders gerne auch ein guter Krimi.“

Vielen Dank liebe Maria für die sehr interessanten Einblicke und alles Liebe und Gute für dich und deine neue Buchreihe.
Liebe Grüße,