„Die Kinder von Beauvallon“

von Bettina Storks

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum:
eBook am 01. April 2023
Print am 12. April 2023
Verlag: Diana
Ausgabe: Klappbroschur
ISBN: 978-3-453-36117-1
Seitenanzahl: 464 Seiten
Preis: 16,00€

https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Die-Kinder-von-Beauvallon/Bettina-Storks/Diana-Verlag/e592696.rhd

Klappentext:
„Dieulefit, 1965: Im Auftrag ihres Freiburger Radiosenders reist die Moderatorin Agnes in einen kleinen französischen Ort, wo im Zweiten Weltkrieg mehr als tausend Flüchtlinge Schutz fanden. Darunter viele jüdische Kinder, die in der Schule Beauvallon von den mutigen Dorfbewohnern versteckt wurden. Könnte auch Agnes’ Freundin Lily überlebt haben, von der seit zwanzig Jahren jede Spur fehlt? Welche Antworten hat ein damals ranghoher Résistance-Offizier? Agnes’ Recherche wird zu einer aufwühlenden Reise in die Vergangenheit, die sie mit der Macht des Schweigens und einem Versprechen von einst konfrontiert.“

Hinweise:
-Das Buch habe ich freundlicherweise über die Autorin Bettina Storks als vorzeitiges und kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Ich habe die Printausgabe gelesen – somit beziehen sich alle Angaben (Seitenzahlen, Ausstattung etc.) auf diese Ausgabe.

Coverrechte: Diana Verlag

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Das Buch „Die Kinder von Beauvallon“ von Bettina Storks ist ein Roman, welcher auf wahren Begebenheiten beruht und zeigt, wie mehr als 1.500 Flüchtlinge während der deutschen Besatzung und des Vichy-Regimes in der französische Gemeinde Dieulefit einen sicheren Zufluchtsort fanden und niemand von ihnen verraten wurde.

Freiburg im Jahre 1965: Die Radiomoderatorin Agnes erhält von ihrem Vorgesetzten einen ganz besonderen Auftrag: Für eine Dokumentation soll sie sich in den Ort Dieulefit begeben – ein Ort, welcher mit Hilfe des großen Zusammenhalt der Bewohner über 1.500 Flüchtlingen einen Zufluchtsort bot. Agnes soll recherchieren, ob auch Juden aus Baden dort untergekommen sind und somit das Schicksal, aber auch die Geschichte der Flüchtlinge/ Verriebenen für die Hörer von jetzt greifbarer machen.
Für Agnes wird eine aufwühlende Reise zurück in die Vergangenheit: 1942 wurde sie von ihrer Freundin Lily getrennt – diese wurde zusammen mit ihren Eltern in das Internierungslager Gurs gebracht. Agnes beginnt zu recherchieren und hofft, dass auch ihre Freundin eines der Kinder war, welche im französischen Ort Dieulefit, in der Schule Beauvallon, Zuflucht gefunden hat.
Doch Agnes trifft auf eine Mauer des Schweigens und auf ein Versprechen, welches vor vielen Jahren gegeben wurde.

Schon seit einiger Zeit gehört Bettina Storks zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen: Ihre aufrüttelnden Themen, ihre akribische Recherche und der sehr intensive und bildgewaltige Sprachstil können mich immer wieder begeistern. Deshalb und auch weil die Geschichte teilweise in meiner Heimat spielt, war mir sofort klar, dass ich auch ihr neustes Werk „Die Kinder von Beauvallon“ unbedingt lesen musste.
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei der sympathischen Autorin für das vorzeitige Rezensionsexemplar bedanken.

Das Cover ist wohl eines der ergreifendsten Cover, welche ich in meiner bisherigen Lese-Laufbahn gesehen habe: Es handelt sich hierbei um ein Originalbild aus der Zeit in Dieulefit und zeigt sechs Kinder, welche der Größe nach aufgestellt sind und in die Kamera blicken. Während dies einige der Kinder sehr selbstsicher machen, blicken einige von ihnen auch eher unsicher. Unwillkürlich fragt man sich, was diese Kinder alles durchmachen und erleben mussten, bis dieses Foto entstanden ist und sie sich halbwegs in Sicherheit fühlen konnten. Im Hintergrund sehen wir einen Straßenzug des Ortes. Zur oberen Buchkante hin verläuft der Himmel in Blau- und Weißtönen auf denen dann in orangenen Buchstaben der Titel des Buches steht, in blau darüber der Name der Autorin. Als ich das Cover Anfang November 2022 in der Vorschau gesehen habe, konnte ich meinen Blick lange Zeit nicht davon losreißen, so gefangen nahmen mich die unterschiedlichen Gesichtsausdrücke der Kinder und die möglichen Geschichten und Erlebnisse, welche dahinter stehen.

„Das Leid und der Schmerz bildeten den Leim, der die Kinder von Beauvallon zusammenhielt, die traumatische Erfahrung des Kriegs, der Verfolgung.“

[S. 271, Zeile 30 und S. 272, Zeilen 01 – 02]

Die Ausgabeform des Buches ist eine sehr hochwertige und wunderschön gestaltete Klappbroschur. Auf der vorderen Klappe befinden sich „Drei Fragen an Bettina Storks“ und ihre Antworten, im inneren der Klappe befinden sich einige Bilder- unter anderen von den Hauptschauplätzen des Romans wie sie damals aussahen und in welchen Zustand sie heute vorzufinden sind.
Auf der hinteren Klappe befindet sich ein Foto der sympathischen Autorin und eine kurze Biographie.
Die Handlung des Romans setzt mit einem Prolog ein, welcher im badischen Sulzburg im Jahr 1940 angesiedelt ist. Schon diese sieben Seiten des Prologs sorgten bei mir für Gänsehaut und trieben mir die Tränen in die Augen.
Mit dem ersten Kapitel befinden wir uns dann im Jahr 1965 in Freiburg im Breisgau, ab dem sechsten Kapitel kommt dann der zweite Erzählstrang hinzu, welcher ab dem Jahr 1942 spielt. Der erste Erzählstrang umfasst etwa ein Jahr, der zweite Erzählstrang umfasst etwa zwei Jahre und endet somit 1944. Ein Epilog, ein umfangreiches Nachwort und ein die Dankesworte der Autorin und ein Überblick über ‚Wahrheit und Fiktion‘ beschließen und runden dieses Buch perfekt ab.

Bettina Storks hat in ihrem Buch neben einer Vielzahl fiktiver Charaktere viele historische Figuren des französischen Widerstands (Résistance) in ihrem Roman untergebracht und ihnen mit ihrem eindrucksvollen Roman „Die Kinder von Beauvallon“, welcher auf wahren Begebenheiten beruht, ein unvergessliches Denkmal gesetzt. Viele dieser Namen hörte ich zum ersten Mal – sie werden nun aber für immer in meinem Herzen und Kopf bleiben. Die Autorin versteht es wunderbar, die vielen historischen Figuren schlüssig mit den Lebenswegen ihrer fiktiven Charaktere und deren Lebenswegen zu verbinden.
Agnes ist eine der Figuren, welche im Mittelpunkt der Geschichte steht. Als Radiomoderatorin in den 1960er Jahren steht sie sehr unter der Fuchtel ihrer männlichen Vorgesetzten, welche ihr nur sehr wenig zutrauen. Doch sie lässt sich von ihren Ideen und vor allem von ihren Idealen nicht abbringen, auch wenn es sie Hals und Kragen kosten kann. In ihrer Kindheit wurde sie von ihrer damals besten Freundin Lily nicht nur getrennt – die beiden Freundinnen wurden auseinandergerissen und hörten dann jahrelang nichts mehr voneinander. Doch Agnes hat die Hoffnung nie aufgegeben, dass sie ihre Freundin irgendwann wieder sehen wird. Bei der ersten Gelegenheit zögert sie keine Sekunde und macht sie sich auf die Suche nach ihrer Lily. Agnes ist eine ruhige und beherrschte Frau, welche ich ab der ersten Seite sehr gerne gemocht habe – sie wächst aber auch über sich hinaus. Auch wenn sie zurückgestoßen wird, gibt sie sich und die anderen Menschen in ihrer Umgebung nicht auf.
Lily steht neben Agnes im Mittelpunkt der Geschichte: Sie ist psychisch schwer von ihrer Vergangenheit gezeichnet, welche sie nie richtig verarbeitet hat, sondern eher vor ihr davongelaufen ist. Es gibt Buch-Charaktere, welche man sein Leben lang nicht mehr vergessen wird – Lily und ihr Freund Jean-Pierre sind zwei davon. Mit ihren eindrücklichen und sehr mitreißenden Lebensgeschichten sorgten sie bei mir für einige Gänsehaut-Momente.
Bettina Storks hat so wunderbare, authentische und lebensechte Figuren geschaffen, welche mich mit Sicherheit noch eine Zeit lang begleiten werden und mit ihren dramatischen und eindrücklichen Lebensgeschichten unvergessen bleiben werden.

Wie in ihren bisherigen Romanen, konnte mich die Autorin mit ihrem intensiven und bildgewaltigen Sprachstil voll und ganz mit in die Geschichte nehmen. Nur wenige Seiten reichten und ich war in der äußerst emotionalen Geschichte angekommen. Nur ungern legte ich das Buch aus den Händen – auch wenn ich es manchmal musste, um durchzuatmen, da mich die Handlung doch teilweise sehr mitgenommen hat.
Die große Themen in „Die Kinder von Beauvallon“ sind die Rolle der Frau in der Nachkriegszeit, die Verarbeitung (und Verdrängung) des Holocaust, eine Freundschaft, welche den Krieg und die Vertreibung überdauert und das Vergeben einer großen Schuld.

Den geschichtlichen Hintergrund bilden die Jahre 1940, 1942 bis 1944 und die die Jahre 1965 und 1966.
Der erste Erzählstrang spielt während des Zweiten Weltkriegs und zeigt ungeschönt die Judenverfolgung und Deportation zu dieser Zeit. Es wird aber auch der französische Widerstand dargestellt: Die Résistance und ihre vielen Ableger bauten verschiedene Organisationen auf, um Menschen zu helfen, über die Grenze in neutrale Staaten zu kommen oder sich in Frankreich oder Benelux mit falschen Papieren zu verbergen. Tausende abgeschossene Piloten wurden gepflegt und über Netzwerke außer Landes gebracht. Jüdischen Familien und Kindern wurden von französischen Familien Unterschlupf geboten – unter anderen eben auch in dem abgelegenen Ort Dieulefit. Hier fanden während des Vichy-Regimes und der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg mehr als 1500 Flüchtlinge einen sicheren Zufluchtsort. Keiner dieser Flüchtlinge wurde von den Einheimischen verraten, keiner wurde nach Deutschland deportiert.

„»Es geht um Dieulefit, um die Menschen dort. Ich glaube nicht, dass die Retter eine große Presse haben wollen. Sie wollen nicht gefeiert werden, sie verstehen sich als Helfer, die ihre Pflicht getan haben, mehr nicht. …«“

[Seite 100, Zeilen 16 – 20]

Der zweite Erzählstrang setzt im Jahr 1965 an. Zwanzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges sind die Spuren des Krieges noch immer zu sehen und die Wunden noch immer nicht verheilt. Die jüngere Generation stellt der älteren Generation Fragen: Sie möchten wissen, wer Täter, wer Mitläufer oder Mitwisser war. Die ältere Generation hingegen möchte einfach nur vergessen statt aufarbeiten und die Vergangenheit bewältigen.

„Vergangenheitsbewältigung. In Deutschland nahmen die wenigsten auch nur das Wort in den Mund. Die meisten Deutschen wollten zwanzig Jahre nach dem Krieg ihre Ruhe haben, nichts mehr von den grausamen Taten des Naziregimes hören und schon gar nicht an das Morden erinnert werden. (…) Die Gesellschaft befasste sich mit anderen Themen als mit den Sünden der Vergangenheit. Sie hießen Wohlstand. Vollbeschäftigung. Tote an der vor vier Jahren erbauten Berliner Mauer. Studentenproteste und Zerfall der guten Sitten.“

[S. 29, Zeilen 14 bis 25]

„Der Boss gehörte zur Tätergeneration. Ihre Generation war die, die Fragen stellte. An die Täter, an die Mitläufer.“

[S. 265, Zeilen 10 bis 12]

Diese geschichtlichen Hintergründe und vielfältigen Themen hat Bettina Storks in ihrem Roman „Die Kinder von Beauvallon“ sehr authentisch herausgearbeitet und verbindet diese mit den Schicksalen und Lebensgeschichten ihrer teils fiktiven, teils historischen Figuren.
Zum Ende dieser Rezension möchte ich mich ganz herzlich bei Bettina Storks für ihr wichtiges Buch danken, mit welchem sie mir unvergessliche Lesestunden geschenkt hat – Dankeschön!

Fazit: Dieses Buch gehört mit zu den besten Büchern, welche ich bisher gelesen habe: Mit viel Leidenschaft fürs Erzählen und vor allem Können, nimmt uns Bettina Storks mit in die Vergangenheit und zeigt uns eine Geschichte, welche nie vergessen werden darf.
Ein Highlight, welches ihr euch auf gar keinen Fall entgehen lassen solltet. Top!

*Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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