„Fräulein Gold – Die Stunde der Frauen“

von Anne Stern

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Erschienen am 16. November 2021 im Rowohlt-Verlag
ISBN: 978-3-499-00652-4

https://www.rowohlt.de/buch/anne-stern-fraeulein-gold-die-stunde-der-frauen-9783499006524

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt-Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
Falls ihr den ersten drei Teile

„Fräulein Gold – Schatten und Licht“ ,
„Fräulein Gold – Scheunenkinder“ und „Fräulein Gold – Der Himmel über der Stadt“
noch nicht kennt, diese aber lesen möchtet, solltet ihr diese Rezension zum vierten Teil nicht lesen – ‚Spoilergefahr‘!

Klappentext:
Berlin, 1925: Hulda Gold ist in der Frauenklinik in Berlin-Mitte zur leitenden Hebamme aufgestiegen. Gegen die Übermacht der männlichen Ärzte kämpft sie für das Wohlergehen der Schwangeren. Nur zu dem jungen Arzt Johann Wenckow hat sie großes Vertrauen. Zwischen ihnen entsteht ein zartes Band – obwohl er aus der wohlhabenden Villengegend Frohnau stammt und seine Eltern nicht gerade begeistert sind von der Verbindung ihres vielversprechenden Sohns mit der unabhängigen, starrsinnigen Hebamme. Hulda selbst fühlt sich zwischen den Welten hin- und hergerissen. Zum einen ist da das quirlige Viertel in Schöneberg, wo sie immer noch «Fräulein Hulda» ist, zum anderen die reiche Villenkolonie an der Havel mit all ihren Erwartungen und ihrer strengen Etikette. Aber wo Glanz ist, ist auch Schatten. Und schon bald merkt Hulda, dass ein Leben wenig zählt, wenn es darum geht, die Traditionen aufrechtzuerhalten.“

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Coverrechte: Rowohlt-Verlag

Das Buch „Fräulein Gold – Die Stunde der Frauen“ ist der vierte Teil um die Hebamme Hulda Gold, welche im Berlin der 1920er Jahre gegen das Unrecht an Frauen und für ihre eigenen Träume kämpft.

Berlin im September 1925: Hulda ist die leitende Hebamme der Frauenklinik Berlin-Mitte, wo sie immer wieder gegen das männerdominierte Geburtssystem ankämpft und mit der männlichen Ärzteschaft aneinander gerät. Sie möchte, dass sich die gebärenden Frauen wohl und sicher fühlen, und nicht als Anschauungsobjekt herhalten müssen.
Auch ihr Privatleben gleicht eher einer Holperfahrt: Mit dem jungen Arzt Johann Wenckow genießt sie ein enges Vertrauen und eine zarte Liebe, doch eine Hochzeit mit ihm ist für Hulda in weiter Ferne. Zu sehr genießt sie ihre Unabhängigkeit. Außerdem scheinen Johanns Eltern nicht sehr begeistert von der Beziehung ihres vielversprechenden Sohnes und Erben zu der eigensinnigen Hebamme zu sein.
Als Hulda zu Besuch in der Villa einer befreundeten Familie der Wenckows ist, kommt sie einem Geheimnis auf die Spur, welches ihren Ermittlerinnen-Instinkt weckt, sie aber auch in Gefahr bringt.

Im Juni 2020 erschien der erste Teil der Reihe um die Hebamme Hulda Gold und ich war direkt begeistert: Huldas eigenwilliger Charakter, ihre Spürnase und ihr Dickschädel, zusammen mit jeder Menge spannender Zeitgeschichte, ist es eine ideale Kombination und macht den großen Reiz dieser Buchreihe aus.
Im Oktober 2020 erschien der zweite Teil, im April 2021 der dritte Teil, welche mich beide von der ersten bis zur letzten Seite begeistert haben. Als der vierte Teil angekündigt wurde, freute ich mich sehr und wartete seit dem sehr ungeduldig auf die Fortsetzung. Hulda ist mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen.
Ich bewarb mich beim Rowohlt-Verlag um ein Rezensionsexemplar, welches ich freundlicherweise zugesendet bekommen habe – an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Rowohlt-Verlag.

Wie schon in den vorherigen Teilen zeigt Hulda hier wieder, dass sie eine Kämpferin ist und für ihre Prinzipien einsteht. Sie sieht Ungerechtigkeiten, verschließt nie ihre Augen davor und ist stets für andere da, auch wenn sie sich dabei auch selbst in Gefahr bringt.
Doch im Gegensatz zum ersten Teil ist Hulda mittlerweile in ihren Entscheidungen gereift. Sie begibt sich nicht mehr kopflos in Gefahr, sie wägt ab und nimmt auch mal gerne Hilfe an. Außerdem sehnt sich ein Teil von ihr nach mehr, der Leser/ die Leserin bekommt einen tiefen Einblick in Huldas Innenleben.

Wie immer fühlte Hulda sich nach vollbrachter Tat gleichzeitig erfüllt und leer. Sie war glücklich, weil sie dem kleinen Leben gesund auf die Welt geholfen hatte, und sie war einsam, weil sie jetzt allein fortgehen musste. Weil es nicht ihre Arme waren, in denen der kleine Wassermann zur Ruhe kommen würde. Weil er, wie die unzähligen Kinder zuvor, nur kurz durch ihre Hände geglitten war wie Sandkörner. Keines davon blieb ihr. Keines davon erhellte ihre Nacht mit seinem Stimmchen, keines verlangte mehr nach ihr.“
[S. 233 Z. 18 – 26]

Für Hulda scheint der Graben zwischen ihrer Berufung als Hebamme und dem Wunsch, doch auch irgendwann Mutter zu werden, unüberwindbar. Noch immer sucht Hulda ihren Platz in der Gesellschaft und ist innerlich sehr zerrissen. Sie traut sich selbst das Mutter-Sein nicht zu.
Hulda ist ein so facettenreicher und authentisch gezeichneter Charakter, den ich nie wieder vergessen werde und sie wird immer einen festen Platz in meinem Herzen einnehmen. Mittlerweile fühlt es sich schon fast wie eine Freundschaft an, die Hulda und mich verbindet. Wie oft hätte ich sie einfach gerne in den Arm genommen (was sie wahrscheinlich nie zulassen würde).
Die anderen Charaktere des Buches haben mich ebenfalls sehr mit ihrer Authentizität begeistert. Teilweise kamen einige neue Figuren hinzu, teilweise war es ein Treffen wie mit ‚alten‘ Bekannten. Schön fand ich, dass nun auch der Vater von Hulda etwas in den Vordergrund rückt und ich einiges über ihn und sein Leben erfahren habe.
Bert, der Kioskbetreiber, ist für Hulda nach wie vor der Fels in der Brandung und immer für sie da. Er bringt immer wieder eine Wärme und Geborgenheit in die Geschichte und gehört schon ab dem ersten Teil zu meinen Lieblingscharakteren der Buchreihe.
Karl North, der ehemalige Liebhaber von Hulda, rückt in diesem Teil etwas in den Hintergrund, ist aber trotzdem präsent.
Anne Stern zeichnet mit ihren authentischen Figuren ein gutes Bild der gespaltenen Gesellschaft der 1920er Jahre: Auf der einen Seite die höhere Gesellschaft in ihren pompösen Villen, auf der anderen Seite die arme Bevölkerung der Arbeiter, welche in jämmerlichen Zuständen leben mussten. Dazwischen steht Hulda als Bindeglied, da sie weder der einen noch der anderen Gesellschaftsschicht angehörig ist.

Wie bei den vorherigen Bänden konnte ich ab dem ersten Kapitel wieder tief in die Geschichte abtauchen. Mit ihrer wunderbaren, detaillierten, bildgewaltigen und flüssigen Sprache, lässt Anne Stern auf keiner Seite Langeweile aufkommen und entführt den Leser mit viel Ortskenntnis in das Berlin der 1920er Jahre.
Die Handlung des Buches wurde wieder so spannend, dass ich das Buch stellenweise nur noch schwer aus den Händen legen konnte. Auch wenn das Verbrechen in diesem Teil etwas in den Hintergrund rückt und Anne Stern den Schwerpunkt auf Huldas Entwicklung und Innenleben setzt, muss man nicht auf Huldas unübertroffene Spürnase verzichten. Für mich persönlich ist dieser Teil der Reihe der bisher stärkste Teil. Hulda ist stark, aber sie zeigt auch ihre verletzliche Seite. Ihre Entwicklung und ihre Gedanken sind stets authentisch beschrieben und nahmen mich mit in die Geschichte.

Den geschichtlichen Hintergrund des Buches bildet die Weimarer Republik im Jahre 1925:
Die Hyperinflation ist vorbei, doch die junge Republik, mit ihrem instabilen politischen System, welches für Putsche anfällig war, stand auf wackeligen Füßen und immer mehr Bürger verloren die Glauben in die Republik. Das Hauptthema des Buches „Fräulein Gold – Die Stunde der Frauen“ ist, wie schwer der Stand der Frauen in der Gesellschaft der 1920er Jahre war:
Die Frauenheilkunde, sowie die Geburten waren zu dieser Zeit in der Hand der Männer. Es gab zwar noch die Hebammen, welche aber unter der Fuchtel der Ärzte standen und nur noch wenige Freiheiten hatten.
Zudem wurden mittellose Frauen unter der Geburt zu Anschauungsobjekten degradiert, was bedeutete, dass während einer Geburt mehrere Ärzte und Studenten zuschauten. Von einer entspannten und selbst bestimmten Geburt konnte keine Rede sein.
Der vorzeitige Schwangerschaftsabbruch stand damals unter Strafe, was viele Frauen zu verzweifelten Mitteln greifen lies, immer mit der Gefahr im Rücken für mehrere Jahre im Zuchthaus zu landen.
Außerdem zeigt Anne Stern, dass viele Frauen damals um ihre berufliche Zukunft kämpfen mussten. Sollten sie heiraten, durften sie nur noch mit der Erlaubnis ihres Mannes arbeiten.
Einfach unvorstellbar, aber leider nach wie vor auch noch heute in vielen Ländern nach wie vor gängige Praxis.
Die geschichtlichen Hintergründe und das Hauptthema des Buches hat Anne Stern äußerst akribisch recherchiert und bettet ihre, größtenteils fiktiven, Charaktere perfekt in diese hinein.

Fazit: „Fräulein Gold – Die Stunde der Frauen“ ist meiner Meinung nach der stärkste und emotionalste Teil der Reihe um Hulda Gold. Mit einer spannenden Handlung, einer starken, doch innerlich zerrissenen Hauptfigur und einer wunderbar kraftvollen Sprache hat mich Anne Stern wieder restlos begeistert.
UND: Wir dürfen uns auf einen fünften Teil freuen, welcher im September 2022 erscheinen soll. Ihr glaubt nicht, wie sehr ich mich freue!

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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