„Der Eispalast“

von Rena Rosenthal

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 15. November 2023
Verlag: Penguin
Ausgaben: Taschenbuch mit Klappen und eBook
ISBN:  978-3-328-11064-4
Seitenanzahl: 544
Preise: 13€ (Klappbroschur), 3,99€ (eBook)
Reihe: „Eiskunstlauf-Trilogie“/01

Homepage:
– Verlag: https://www.penguin.de/Taschenbuch/Der-Eispalast/Rena-Rosenthal/Penguin/e617433.rhd
– Autorin: https://www.renarosenthal.de/der-eispalast/

Klappentext:
„Wien, im ausgehenden 19. Jahrhundert: Schlittschuhfahren bedeutet Nikolett alles. Sobald die Kufen das Eis berühren, ist sie glücklich und frei. Doch sie kann ihrer Leidenschaft nur heimlich nachgehen, wegen eines Unfalls lebt sie ein zurückgezogenes Leben – so zurückgezogen, dass sie dreiundzwanzig Arten von Stille unterscheiden kann. Auf keinen Fall möchte sie daher auf dem Wiener Opernball debütieren und zum Gerede der Gesellschaft werden. Erst recht nicht, da sich János, in den sie schon lange insgeheim verliebt ist, mit Händen und Füßen dagegen wehrt, mit ihr zu tanzen. Als sie sich verzweifelt zu ihrem See flüchtet, stößt Nikolett auf eine Eislaufgruppe und ist fasziniert von den fließenden und anmutigen Bewegungen. Begeistert schließt sie sich ihnen an und ahnt nicht, dass diese Begegnung ihr Leben für immer verändern wird …“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Penguin Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Der Eispalast“ von Rena Rosenthal ist der Auftakt einer Trilogie, die im ausgehenden 19. Jahrhundert in Wien spielt und zeigt, wie sich mehrere unterschiedliche Menschen zu einer Eislaufgruppe zusammenfinden und beginnen den Eislauf zu revolutionieren.

»Es liegt an der Schwergängigkeit der Zeit! Nur weil die Zeit noch nicht reif ist, heißt es nicht, dass wir alle falschliegen müssen.«“

[Seite 449]

Wien, im ausgehenden 19. Jahrhundert: Die junge Nikolett führt ein sehr zurückgezogenes und stilles Leben, denn ein dramatischer Unfall hat Spuren hinterlassen. Doch sobald Nikolett das Eis des nahen Sees unter ihren Kufen spürt, ist die Welt eine andere. Hier fühlt sie sich frei und ungebunden und die Sorgen eines Tages auf dem Wiener Opernball zum Gerede der Gesellschaft zu werden, sind weit entfernt.
Eines Tages trifft sie am See auf eine Eislaufgruppe. Nikolett nimmt all ihren Mut zusammen und schließt sich ihnen an – und ihr Leben beginnt sich komplett zu verändern.

Im März 2021 habe ich den ersten Band von „Die Hofgärtnerin“ von Rena Rosenthal mit großer Begeisterung gelesen. Auch die folgenden zwei Bände der Trilogie haben mich sehr beeindruckt und ich war im Januar 2023 richtig traurig, als ich von dieser Buchreihe und den liebgewonnen Charakteren Abschied nehmen musste.
Doch ich freute mich, als die Autorin mit „Der Eispalast“ den Auftakt ihrer neuen „Eiskunstlauf-Trilogie“ ankündigte. Wien und auch die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts üben eine große Faszination auf mich auf. Die Zeit ist so fern … und doch so nah. Über das Thema Eiskunstlauf habe ich bisher noch nichts gelesen und deshalb versprach die Geschichte in dieser Hinsicht meinen Horizont zu erweitern. Ich wollte dieses Buch also unbedingt lesen und fragte bei erster Gelegenheit ein Rezensionsexemplar beim Verlag an. Dieses bekam ich freundlicherweise genehmigt und zugesendet – ganz herzlichen Dank dafür.

Nicht nur der historische Hintergrund, das Thema und der Klappentext sprachen mich direkt an – sondern auch das schöne und romantische Cover. Dieses zeigt eine Winterlandschaft mit einem gefrorenen See, auf dem mehrere Menschen eislaufen. Im Vordergrund steht eine Frau, die mit einem beigen Wollkleid, einer grünen Jacke, einem roten Schal und weißen Handschuhen bekleidet ist. Ihr Blick geht leicht erhoben nach rechts, ein feines Lächeln umspielt dabei ihre Lippen. Der Winterhimmel verläuft nach oben hin in gelb-orangene Töne, auf dem der Titel „Der Eispalast“ steht, darüber steht der Name der Autorin. Der Buchrücken und die Rückseite des Buches greifen die landschaftlichen Elemente des Covers wieder auf – dadurch wirkt das Buch sehr harmonisch und edel.


Auch die Ausgabeart des Buches trägt zu dieser Wirkung bei: Es handelt sich um ein Taschenbuch mit Klappen mit insgesamt 544 Seiten. In der Klappe werden die Hauptfiguren kurz vorgestellt. Diese Vorstellungen sind graphisch wunderschön aufbereitet und wecken, zusammen mit dem Textauszug auf der vorderen Klappe, direkt die Lust auf diese Geschichte. Auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin mit einem Foto und einer kurzen Biografie vorgestellt, im Inneren befindet sich eine Übersicht zu ihrer Trilogie „Die Hofgärtnerin“.
Die Handlung des Buches beginnt mit einem Prolog, der Ende des 19. Jahrhunderts spielt und aus zwei Teilen besteht: Im ersten Teil lernen wir Nikolett kennen, im zweiten Teil das Waisenkind Julianna – beide erzählen aus der Ich-Perspektive. Das erste von insgesamt 61 Kapiteln setzt dann drei Jahre nach dem Prolog an. In den einzelnen Kapiteln wechseln sich die Protagonisten ab und erzählen in der Ich-Perspektive und im Präsens fortlaufend von ihren Erlebnissen. Ich bin – ehrlich gesagt – nicht so der große Freund von dieser Erzählform. Doch diese Geschichte lebt davon, da diese durch die direkte Perspektive eine beeindruckendd Tiefe bekommt, ich mich sehr in die Figuren hineinversetzen konnte und ihre Gedanken und Gefühle einfach genau nachvollziehen konnte. Mit einem Epilog endet der erzählende Teil des Buches. Abgeschlossen wird das Buch mit einem ausführlichen Nachwort der Autorin, einem Verzeichnis österreichischer Wörter, einer Übersicht über ‚Nikoletts wahrgenommene Arten der Stille‘, einigen historischen Bildern, einem Rezept für ‚Punschkrapfen‘ und einer Zusammenstellung der wichtigsten verwendeten Quellen.
Rena Rosenthal hat einen sehr bildhaften, ruhigen und wunderschönen Sprachstil, welcher mich schnell mit in die Geschichte genommen hat.

„Allerdings will ich ohnehin kein Teil dieser Gesellschaft sein, die mir mein Leben immer so schwer macht. Und ich möchte lieber von der Gesellschaft verachtet werden, als junge Männer anzuflehen, mit mir zu tanzen. Ich werde einfach den Rest meines Lebens in meiner eigenen kleinen Welt aus Büchern verbringen. Dort ist es sicher.“

[Seite 44]

In dieser Geschichte stehen einige Figuren im Mittelpunkt, teilweise sind diese historisch oder von echten Personen inspiriert, teilweise sind sie rein fiktiv.
Beginnen möchte ich mit Nikolett Finck von Ehrenbach, die der Leser/ die Leserin gleich zu Beginn der Geschichte kennenlernt. Nikolett ist eine sehr ruhige und nicht nur äußerlich verletzte junge Frau. Sie lebt zurückgezogen in ihrem Elternhaus, liest sehr gerne Bücher und geht nur ungern vor die Tür. Sobald es aber Winter ist und der See auf dem Grundstück ihrer Familie zufriert, blüht Nikolett auf. Für sie gibt es nichts schöneres, als über das Eis zu fahren und dabei all ihre Zweifel und tiefen Verletzungen hinter sich zu lassen. Ich mochte ich ihren interessanten Charakter sehr gerne. Sie ist so anders, als die typischen (weiblichen) Charaktere in Familiensagas. Eben nicht perfekt, sondern verletzt, voller Selbstzweifel und wenig Selbstvertrauen. Ich konnte mich stellenweise sehr gut mit ihr und ihren Gedanken identifizieren und habe sie und ihre herzensgute Art sehr schnell in mein Herz geschlossen. Auch ihre enorme Entwicklung während der Geschichte wird sehr authentisch erzählt.
Neben Nikolett steht Julianna. Sie ist im Waisenhaus aufgewachsen, kennt ihre Wurzeln nicht und eckt mit ihrer Andersartigkeit und Schroffheit immer wieder an. Ihre Zielstrebigkeit und ihre Liebe zum Eislaufen bringen sie in Kontakt mit anderen Menschen – und sie kann diesen zeigen, dass sie nicht nur schroff ist, sondern auch eine sehr liebenswürdige und verlässliche junge Frau. Auch Julianna mochte ich sehr schnell, auch wenn sie mitunter sehr im Kontrast zu der ruhigen Nikolett steht: Während Nikolett sehr behütet (mitunter überbehütet) aufwächst, muss Julianna sich von Anfang in ihrem von harter Arbeit geprägten Leben alleine durchkämpfen.
Neben diesen beiden Figuren stehen noch eine Vielzahl weiterer Charaktere: János, ein Freund von Nikoletts Bruder, hat schon früh seine Eltern verloren und ist ein häufig gesehener Gast im Hause von Ehrenbach.
Leonard Lindenfels ist der Erbe einer Wachstuchfabrik, sein Herz schläft allerdings für das Eislaufen und Hochradfahren. Leonards Charakter und seine Intension sind vage an eine historische Figur angelehnt.
Jackson Haines ist einer historischen Figur nachempfunden. Dieser Mann entwickelte den klassischen Eislauf zum Eistanz, hatte privat aber immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen und eckte auch an der Gesellschaft an.
Da ich nicht zu viel von der Handlung vorwegnehmen möchte, gehe ich nicht zu detailliert auf die vielen Charaktere ein. Jede einzelne ihrer zahlreichen Figuren hat Rena Rosenthal sehr facettenreich, lebensecht und interessant dargestellt und zeichnet mit ihnen ein gutes Bild der damaligen Gesellschaft. Es sind (größtenteils) so liebenswerte Figuren, die ich noch gar nicht gehen lassen möchte. Sie verbindet die einzelnen kleinen Geschichten zu einer großen und mitreißenden Geschichte.
Natürlich gibt es auch die etwas unliebsamen Charaktere, über die ich oft den Kopf schütteln musste – doch eine gute Geschichte lebt meiner Meinung nach auch von und durch unsympathische Figuren.
Es bleibt spannend, wie es mit den Charakteren in den nächsten Bänden der Reihe weitergehen wird.

„Es ist ihnen einerlei, wie wir hier hausen und dass es oft nicht genug Essen für uns gibt. Wir können froh sein, dass unser Hausherr sich nicht an uns vergreift.“

[Seite 46]

Den historischen und gesellschaftlichen Hintergrund der Geschichte bildet das ausgehende 19. Jahrhundert. 1867 wurde das Kaisertum Österreich in die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn umgewandelt. Die Wurzeln hierfür liegen in der Auseinandersetzung des Kaisertums Österreich mit dem Königreich Preußen um die Vorherrschaft im Deutschen Bund. Flächenmäßig war Österreich-Ungarn somit nach Russland der zweitgrößte Staat Europas.
Geographisch war die Doppelmonarchie ein Übergangsgebiet zwischen West- und Osteuropa – aber auch in Bezug auf das Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung. Charakteristisch war eine gewisse Verspätung im Prozess der Entstehung einer Industriegesellschaft. Die Industrialisierung erfasste das Reich im Vergleich zu Westeuropa mit einer Verspätung von zwei bis drei Jahrzehnten. Die Entwicklung war hier nicht vergleichbar mit der Weltmacht Großbritannien, die über ein transkontinentales Kolonialimperium verfügte. Auch war Österreich-Ungarn deutlich schwächer als Deutschland, das seinen neu erworbenen Status als führende Wirtschaftsmacht auf dem Kontinent nun auch mit Ansprüchen auf ein entsprechendes politisches Gewicht verband. Wirtschaftlich vergleichbar war Österreich-Ungarn am ehesten mit Frankreich, das ebenfalls ein industriell-agrarisches Mischgebiet darstellte.
Die Gründung der Doppelmonarchie ist zu Beginn des Buches bereits seit vielen Jahren vollzogen und Kaiser Franz Joseph I. und seine Gemahlin Kaiserin Elisabeth von Österreich regierten.
Wie auch im Deutschen Kaiserreich war auch die Bevölkerung in Österreich-Ungarn stark gespalten. Es gab den Adel, die Industriellen (Neureiche) und die Arbeiter. Zwischen diesen verschiedenen Gesellschaftsgruppen gab es nur wenige Berührungspunkte, was zum Beispiel auch durch die exklusiven Eislauf-Vereine deutlich wird. Hier hatten Arbeiter und Arbeiterinnen keinen Zutritt.
Frauen in der gehobenen Gesellschaft hatten nur selten ein Mitspracherecht, wenn es um ihre Zukunft ging, oft wurde nur aus reinen Prestige-Gründen geheiratet.
Um Armut und Zukunftssorgen mussten sich viele Mitglieder der höheren Gesellschaft keine Sorgen machen. Ganz anders sah es bei den Angestellten in Fabriken und bei dem Dienstpersonal aus: Lange und anstrengende Arbeit von morgens bis abends und das alles für wenig Geld und eine unsicherer Zukunft.
Rena Rosenthal hat diese verschiedenen Gesellschaftsgruppen sehr gut und eingängig mit ihren Figuren dargestellt und verbindet diese gekonnt mit den jeweiligen Schicksalen.
Auch die geschichtlichen Hintergründe lässt sie gekonnt mit einfließen, auch wenn die gesellschaftlichen Hintergründe in „Der Eispalast“ ganz klar im Vordergrund stehen.
Vor allem wird jedoch die Begeisterung der Autorin für die Geschichte des Eis(kunst)laufens deutlich. Sie hat diese Hintergründe sehr akribisch recherchiert und mir damit einiges an neuen Wissen über die Entstehung des modernen Eiskunstlaufens vermittelt.

»Ich freue mich auf das Eis«, sage ich zu Max. »Es knirscht so schön sachte, wenn ich darübergleite.« Und leises Knirschen übertönt jede einzelne der dreiundzwanzig Arten der Stille.“

[Seite 70]

Bildquelle: Pixabay

Am Ende dieser Rezension möchte ich bei Rena Rosenthal für dieses wunderschöne und lehrreiche Leseerlebnis bedanken. Auch wenn ich das Buch nur ungern beendet habe, bin ich sehr glücklich, dass ich mich auf diese Reise begeben habe, und: Ich freue mich schon auf den nächsten Band der Reihe.

Fazit: Mit dem Buch „Der Eispalast“ erzählt Rena Rosenthal eine so kraftvolle und wunderschöne Geschichte, welche ich mit Sicherheit noch lange in meinem Herzen tragen werde.
Dadurch, dass die vielen unterschiedlichen und interessanten Figuren aus ihrer direkten Perspektive erzählen, entsteht eine ganz eigene und dichte Atmosphäre, in der ich mich ab der ersten Seite wohl gefühlt habe.
Dieses Buch empfehle ich euch sehr gerne weiter.

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.


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