„Der Buchmaler von Zürich“

von Erika Weigele

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 09. August 2023
Verlag: Gmeiner
Ausgaben: Klappbroschur und eBook
ISBN:  978-3-8392-0465-8
Seitenanzahl: 544
Preise: 18€ (Klappbroschur), 13,99€ (eBook)

Homepage:
– Verlag: https://www.gmeiner-verlag.de/buecher/titel/der-buchmaler-von-zuerich.html
– Autorin: https://www.erikaweigele.de

Klappentext:
„Zürich 1273: Dem begnadeten Schreiber und Buchmaler Bertram steht eine glänzende Zukunft im Grossmünsterstift bevor. Doch als er sich in die hübsche Pergamentertochter Fides verliebt, die bereits einem anderen versprochen ist, gerät sein Leben aus den Fugen. Auch Bertrams Ziehvater, der berühmte Gelehrte Konrad von Mure, hat Bedenken ob der Verbindung. Denn auf Bertrams Herkunft ruht ein Geheimnis. Eine Reise zum Konzil in Lyon soll dieses Rätsel lösen, bringt aber nicht nur Bertram in Lebensgefahr.“

Allgemeine Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Trigger-Hinweise:
– Teile der Handlung enthalten gewaltvolle Todesfälle und einzelne Szenen körperlicher, psychischer und sexueller Gewalt.

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Das Buch „Der Buchmaler von Zürich“ von Erika Weigele ist ein historischer Roman, der im 13. Jahrhundert in Zürich spielt und das Leben des jungen Schreibers und Buchmalers Bertram zeigt, welcher durch seine geheimnisvolle Herkunft in große Gefahr gerät.

»(…) Es macht mir Freude, große Gedanken für die Nachwelt festzuhalten. Das ist in Euren Augen vielleicht nicht besonders heldenhaft, aber Ihr solltet die Macht des geschriebenen Wortes nicht unterschätzen.«“

[Seite 507]

Zürich im September 1273: Der junge Bertram wurde als Säugling vor einem Kloster ausgesetzt und von seinem Ziehvater Konrad liebevoll aufgezogen. Nun ist Bertram zu einem talentierten Schreiber und Buchmaler herangewachsen, dem das geschriebene Wort alles bedeutet. Ihm steht eine glänzende Zukunft im Großmünsterstift bevor.
Doch dann verliebt Bertram sich in die junge Fides, die Tochter eines Pergament-Machers. Bertram stellt seine gesamte Zukunft in Frage, aber auch seine geheimnisvolle Herkunft, über die niemand mit ihm sprechen will, lässt ihm keine Ruhe.
Als kurz vor seiner Volljährigkeit die Unterhaltungszahlungen an das Kloster ausbleiben und Bertram immer wieder das Ziel von Anschlägen wird, welche ihn um sein Leben fürchten lassen, stellt sich Bertram seiner rätselhaften Vergangenheit.

Der Roman „Der Buchmaler von Zürich“ ist bereits im August 2023 erschienen und völlig an mir vorbeigegangen. Dabei ist die Handlungszeit und auch das Thema für mich von großen Interesse. Umso mehr freute ich mich, als mir die Autorin im November 2023 eine Rezensionsanfrage zukommen ließ. Klappentext, Handlung und Handlungszeit sprachen mich direkt an. Wenige Tage später erreichte mich das signierte Buch zusammen mit mehreren Lesezeichen, einer Postkarte und einem Leselicht. An dieser Stelle möchte ich mich dafür und auch für den lieben Kontakt in den sozialen Medien ganz herzlich bedanken.

Neben der Handlungszeit und dem Thema sprach mich vor allem das stimmige und ausgefallene Cover an:
Dieses zeigt einen Ausschnitt der insgesamt fünf Tafeln, von Hans Leu dem Älteren (* um 1460; † 1507 in Zürich) die er für die „Zwölfbotenkapelle“ des Grossmünsters malte. Im Mittelpunkt des gewählten Ausschnitts steht die Wasserkirche in Zürich.

Bei der Ausgabeart des Buches handelt es sich um eine Klappbroschur mit 544 Seiten. Auf der vorderen Klappe befindet sich ein ausführlicher Text zum Inhalt des Buches, auf der hinteren Klappe wird die Autorin mit einem Foto und einer kurzen Biografie vorgestellt. Das Innere der Klappen ist leer geblieben.
Die Handlung des Buches beginnt mit einem Prolog, welcher im November 1253 ansetzt. Das erste von insgesamt 71 Kapiteln beginnt dann 20 Jahre später im September 1273. Mit dem Epilog befinden wir uns dann im April 1275 – somit umfasst die gesamte Handlung, inklusive des Prologs, knapp 22 Jahre, wobei die Haupthandlung zwischen September 1273 und November 1274 stattfindet.
Die Geschichte wird fortlaufend und äußerst spannend erzählt. Erika Weigele hat ab der ersten Seite einen immensen Spannungsbogen aufgebaut, welcher bis zum Ende nicht abflacht – ganz im Gegenteil. Diese anhaltende und sich aufbauende Spannung, sowie ihr bildhafter, ruhiger und ausdrucksvoller Sprachstil sorgten dafür, dass ich das Buch nur ungern aus den Händen gelegt habe und ein Kapitel nach dem anderen förmlich verschlungen habe – im Nu waren die 544 Seiten gelesen. Stück für Stück lüftet sich das große Geheimnis, doch auch wenn ich dachte, dass ich die Lösung gefunden habe, wurde ich zum Ende hin völlig überrascht. Besonders gefallen hat mit, dass über den Kapiteln immer das genaue Datum und die Handlungsorte stehen – dadurch fand ich mich zeitlich und räumlich gut in der Geschichte zurecht.
Abgeschlossen wird das Buch mit einem ausführlichen Nachwort der Autorin, welches verschiedene Fakten zum Codex und zu den Figuren enthält, einer Literaturauswahl und einem Glossar.

„Bertram konnte nicht verstehen, warum die meisten Schüler den Schreibdienst als lästiges Übel empfanden. Seit er als kleiner Junge zum ersten Mal die Schwelle des Skriptoriums überschritten hatte, war er dessen Atmosphäre verfallen. Er liebte den Geruch von Leder, Tinte und Kreidepulver, das gleichmäßige Geräusch der kratzenden Gänsefederkiele auf dem Pergament, und wenn er am Schreibpult saß, vergaß er alles um sich herum.“

[Seite 9]

Die Autorin hält in ihrem Nachwort fest, dass das Aussehen, Charakter und Handeln all ihrer Romanfiguren gänzlich ihrer Fantasie entsprungen sind. Während der Leser/ die Leserin in diesem Buch auch auf historische Persönlichkeiten trifft, sind einige der Figuren rein fiktiv.
Bertram ist einer der fiktiven Charaktere – steht jedoch im Mittelpunkt der Geschichte. Als Säugling wurde er vor einem Kloster ausgesetzt, genoss durch seinen Ziehvater Konrad eine unbeschwerte und bildungsorientierte Erziehung. Seine Zukunft scheint vorgezeichnet und damit sicher zu sein. Doch es kommt alles anders, als sich Bertram in Fides verliebt und diese heiraten möchte.

»Doch, ich bin mir sicher, ich liebe sie. Ich will sie heiraten. Sobald ich volljährig bin.«

[Seite 115]

Bertram habe ich aufgrund seines ehrlichen, ruhigen und sanftmütigen Charakters schnell sehr gerne haben. Er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und entwickelt sich während der Handlung enorm weiter und überraschte immer wieder mit seinen Denk- und Sichtweisen. Ich spürte was er erlebte, konnte nachvollziehen, wonach er sich sehnt und vor allem was er fürchtet.
Zusammen mit der ebenfalls fiktiven Fides bildet er eine starke Einheit und die beiden wissen genau, was sie wollen und was sie nicht wollen. Zudem konnte ich ihrer romantischen Liebesgeschichte nachspüren, da diese zu keiner Zeit übertrieben oder gar aufgesetzt wirkt. Fides wird mir mit ihrer wechselvollen und teils sehr emotionalen Geschichte und ihren Schicksalsschlägen noch sehr lange im Gedächtnis bleiben. Auch sie entwickelt sich lebensecht weiter und bleibt dabei sehr authentisch.
Neben diesen beiden Hauptfiguren stehen noch einige weitere Figuren, auf die ich nicht detailliert eingehen möchte, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Es gibt die guten und freundlichen Charaktere, hier seien beispielsweise Konrad von Mure und seine Frau Hedwig genannt, die Wärme und Geborgenheit in die Geschichte bringen, aber auch die eher unliebsamen Figuren, wie zum Beispiel der Antagonist Pater Otto. Sie alle, egal ob freundlich oder unsympathisch, tragen ihren Teil zum Fortgang der Geschichte bei, bringen die Handlung vorwärts und bilden zusammen ein sehr stimmungsvolles und authentisches Bild der Gesellschaft des 13. Jahrhunderts ab
Erika Weigele verbindet die einzelnen kleinen Geschichten ihrer Figuren zu einer großen und mitreißenden Geschichte und verwebt diese gekonnt mit den historischen Hintergründen. Zudem waren auch die Tragik, Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren stets fassbar und zogen mich schnell in die Geschichte hinein.

„Bertram traute seinen Ohren nicht. Seit er denken konnte, war das Reich ohne einen Regenten. Oder besser gesagt, es gab zu viele davon , aber keiner hatte das Sagen. Nach dem Tod des Stauferkaisers Friedrich II. und seines Sohnes Konrad vor knapp zwanzig Jahren waren zwar verschiedene Kandidaten gewählt worden, doch keinem war es gelungen, die allgemeine Zustimmung im Reich zu erlangen.“

[Seite 12]

Den historischen Hintergrund bildet das 13. Jahrhundert. In diesem Jahrhundert folgte dem Hochmittelalter (ca. 1050 bis 1250) das Spätmittelalter (ca. 1250 bis ca. 1500).
Das zentrale Europa wurde in dieser Epoche vom Heiligen Römischen Reich dominiert. Dieses wurde von einem immer schwächer werdenden Königtum regiert, während die Eigenständigkeit der Territorien innerhalb des Reiches im Laufe des Jahrhunderts kontinuierlich größer wurde – allerdings kämpften diese untereinander in zahlreichen militärischen Auseinandersetzungen um eine bessere Machtposition.
Das Jahrhundert begann mit dem Deutschen Thronstreit zwischen dem Staufer Philipp von Schwaben und dem Welfen König Otto IV. Keiner der Beiden setzte sich in den 1210er Jahren als römisch-deutscher König durch – sondern es war Friedrich II. Der letzte große staufische Herrscher führte regelmäßige Auseinandersetzungen mit den Päpsten, da diese einen Machtverlust befürchteten – unter anderem durch eine Vereinigung von Friedrichs Erbreich Sizilien und dem Heiligen Römischen Reich. Ein Anliegen des Königs und späteren Kaisers war die Stärkung der Königsmacht – dieses Anliegen scheiterte. Friedrich musste den Reichsfürsten daraufhin umfangreiche Zugeständnisse machen. Zum Ende seiner Herrschaft hatte er mit seiner Absetzung durch den Papst und Gegenkönigen zu kämpfen. Friedrichs Tod im Jahr 1250 folgte eine Periode von machtlosen Königen. Erst im Jahr 1273 wurde Rudolf von Habsburg zum König gewählt und konnte seinen erblichen territorialen Besitz (Hausmacht) vergrößern und diesen zur Durchsetzung von politischen Zielen einzusetzen. Durch diese Hausmachtpolitik behauptete sich Rudolf von Habsburg als Monarch gegenüber den Fürsten. Eine seiner nachhaltigsten Leistungen gehörte die Errichtung der habsburgischen Hausmacht in Österreich.
Die Ständegesellschaft, die jedem Menschen seinen Platz in der Gesellschaft zuwies, bildete die Grundlage der Menschen. Sie wird auch Drei-Stände-System genannt, weil sie aus drei Gruppen bestand: dem Adel, den Geistlichen („Klerus“) und den Bauern.
Die christliche Religion spielte im Leben der einzelnen Menschen und in der gesamten Gesellschaft eine zentrale Rolle. Zu Beginn des Jahrhunderts wurde die Gegenkirche der Katharer bis auf kleine Reste vernichtet. Andere religiöse Bewegungen konnte die Kirche unter anderem in der Form von Bettelorden, wie die Dominikaner und Franziskaner, integrieren. Die Franziskaner, eine Bewegung aus Laien und Klerikern, entstand aus dem städtischen Milieu. Der klerikale Orden der Dominikaner, der sich der Gelehrsamkeit, der Glaubensvertiefung und -verbreitung widmete, brachte große Gelehrte wie Albertus Magnus und Thomas von Aquin hervor. 
Das Zweite Konzil von Lyon, das 1274 unter Leitung Papst Gregors X. stattfand, entschied über drei wichtige Fragen:

1. Die Möglichkeit der Beendigung des „Morgenländischen Schismas“.
2. Einen Kreuzzug und dessen Finanzierung.
3. Die Reform der Kirche.

Die Buchkunst im Hochmittelalter bildet den Schwerpunkt dieser Geschichte: Der Codex aus Pergament löste zwischen dem 2. und dem 4. nachchristlichen Jahrhundert die Papyrusrolle ab und markiert den Beginn der eigentlichen Buchmalerei. Für die Miniaturmalerei bedeutete das Buch vor allem, dass mit den einzelnen Seiten nun eine abgeschlossene Fläche den Rahmen für die Illustrationen vorgab. Die Möglichkeit, vor- und zurückzublättern, begünstigte eine textgliedernde Funktion der Buchmalerei.
Vor allem diesem Thema galt mein großes Interesse und ich habe hier jede Menge neues Wissen gewonnen.

Bildquelle: Pixabay

Diese vielen und teils komplizierten Hintergründe hat Erika Weigele sehr akribisch recherchiert und baut diese gekonnt und verständlich in ihren Roman mit ein. Sie verwebt und verbindet die Schicksale ihrer Figuren mit diesen Hintergründen, vermittelt bildhaft geschichtliches Wissen und sorgt für einen leichten und greifbaren Zugang zu komplexen Themen und Ereignissen, welche etwa 750 Jahre zurückliegen.

Ich möchte mich noch einmal ganz herzlich bei Erika Weigele für dieses lehrreiche und mitreißende Lese-Erlebnis bedanken. Es ist eine Geschichte, die ich noch lange in meinem Herzen tragen werde.
Beenden möchte diese Buchbesprechung mit einem Zitat von Hedwig – eine meiner Lieblingsfiguren:

»Glaub mir, Kind, man hat immer eine Wahl. Es ist nicht immer einfach und vielleicht macht man sich unbeliebt, aber man hat immer eine Wahl.(…)«

[Seite 302]

Fazit: Diese mitreißende Geschichte hat mir außerordentlich gut gefallen. Ab der ersten Seite baut sich ein Spannungsbogen auf, der bis zur letzten Seite anhält.
Es waren lese-intensive Tage und Nächte, in denen ich mir oft sagte: „Nur noch dieses eine Kapitel…“ Dabei blieb es selten.

„Der Buchmaler von Zürich“ bietet großartige Unterhaltung, die mit authentischen Charakteren besticht und wunderbar erzählt ist. Lohnt sich! Große Leseempfehlung.

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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