„Als wir nach den Sternen griffen“

von Theresa Herold

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 29. August 2024
Verlag: Ullstein
Ausgaben: Taschenbuch & eBook
ISBN: 978-3548069395
Seitenanzahl: 464 Seiten
Preise: 14,99€ (Taschenbuch), 09,99€ (eBook)
Reihe: –

Klappentext:
„Prag, Sommer 1989: Tausende DDR-Bürger flüchten in die deutsche Botschaft in Prag in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Unter ihnen ist der alleinerziehende Vater Tobias mit seiner kleinen Tochter Jasmin, der schnell zum Sprecher der Ostdeutschen wird. Die Botschaftsmitarbeiterin Judith kümmert sich liebevoll um die Geflüchteten, die Kinder liegen ihr besonders am Herzen. Zu Tobias fühlt sie sich stark hingezogen. Doch als dieser wegen seiner kranken Mutter Prag verlassen muss, geschieht das Unfassbare: Tobias‘ Exfrau entführt Jasmin. Judith ist entsetzt – wie soll sie das Kind nur wiederfinden?“

Homepage:
https://www.ullstein.de/werke/als-wir-nach-den-sternen-griffen/taschenbuch/9783548069395

*Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank dafür.
– Ich habe von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistungen erhalten, die Rezension spiegelt meinen persönlichen Lese-Eindruck wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars und der Verlinkung der Verlagshomepage kennzeichne ich diese Rezension als Werbung
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Der Roman „Als wir nach den Sternen griffen“ von Theresa Herold spielt im Jahr 1989, in den Monaten kurz vor dem Mauerfall und zeigt wie die westdeutsche Botschaft in Prag vielen DDR-Flüchtlingen zu einem Hafen der Hoffnung wurde.

„Sie befanden sich in einer Warteschleife, dachte Judith. Sie wussten nicht, wie es weiterging, niemand wusste das. Es musste schrecklich sein, nicht die blasseste Ahnung zu haben, welche Richtung das Leben fortan nehmen würde.“

[Seite 55, Kapitel 4]

Mai 1989: Judith liebt ihren Beruf in der deutschen Botschaft in Prag. In dem herrlichen Gebäude und auch in der wunderschönen Stadt fühlt sie sich wohl – auch das Arbeitsklima stimmt.
Doch eines Tages stehen DDR-Flüchtlinge vor der Tür und begehren Einlass in die Botschaft. Unter ihnen ist Joachim und seine kleine Tochter Jasmin. Die Botschaft empfängt die Menschen mit offenen Armen, auch wenn die Umstände fortlaufend schwieriger werden. Denn immer Flüchtlinge finden den Weg nach Prag in die Botschaft und schon bald wissen die Mitarbeitenden nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht. Doch aufgeben ist für sie alle keine Option.
Während zwischen Judith und Joachim ein zartes Band der Vertrautheit entsteht, laufen politische Verhandlungen – und es wird Weltgeschichte geschrieben.

Hinter dem Namen Theresa Herold steht die Autorin Ursula Kissel, welche mich besonders mit ihren Büchern unter dem Pseudonym Juliana Weinberg begeistert hat.
Nach den beiden Roman-Biographien „Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne“ und
„Josephine Baker und der Tanz des Lebens“ und der „Gut Erlensee“ – Reihe gehört die Autorin zu meinen Lieblingsautorinnen und ich freue mich auf jede ihrer Neuerscheinungen. Ich mag ihren bildhaften, aber auch ruhigen und aufgeregten Schreibstil sehr gerne und auch ihre vielfältigen Geschichten wissen mich immer zu begeistern.
Als sie ihren neuen Roman „Als wir nach den Sternen griffen“ unter einem neuen Namen ankündigte, war mein Interesse aufgrund des Klappentext und der Thematik sofort geweckt. Auch wenn ich die Zeit rund um den Mauerfall sehr spannend finde, habe ich bisher nur sehr wenig über diese Zeit gelesen und habe hier noch einige Wissenslücken.
Deshalb musste ich diesen Roman einfach lesen und ich freute mich sehr, dass ich das Buch als signiertes Rezensionsexemplar von der Autorin erhalten habe – an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön dafür.

Neben dem vielversprechenden Klappentext und dem Thema sprach mich zudem das gelungenen Cover sehr an. Hier ist im Vordergrund eine Frau zu sehen, welche mit dem Rücken zum Betrachter steht und ein Kleinkind über einen Zaun hält. Hinter dem Zaun ist das Gebäude der Deutschen Botschaft in Prag zu sehen, über der sich ein weiter und bewölkter Himmel erhebt.

Es handelt sich bei diesem Buch um ein sehr hochwertig gestaltetes Taschenbuch mit Klappen: Auf der vorderen Klappe ist ein Text zum Inhalt des Buches, in der Klappe befindet sich ein Stadtplan von Prag mit den Angaben wichtiger Orte. Auf der hinteren Klappe findet sich eine kurze Biographie der Autorin, das Innere der Klappe zeigt eine Karte von Osteuropa im Jahr 1989. Ich liebe Kartenmaterial in Büchern, da man sich dann einfach alles nochmal besser vorstellen und vor allem besser nachvollziehen kann.
Die Handlung wird meist chronologisch erzählt – es gibt auch kleinere Einschübe, welche in der Vergangenheit der Protagonisten spielen und welche dafür sorgen, die Figuren noch besser kennenzulernen und ihr Verhalten zu verstehen. Mit dem stimmungsvollen Prolog, welcher am 31. Dezember 1988 ansetzt, ist mir der Einstieg in die Geschichte wunderbar gelungen. Es folgen 41 Kapitel, in welchen abwechselnd die beiden Hauptfiguren im Mittelpunkt stehen, und ein Epilog. Nach Ende des letzten Kapitels befinden wir uns im Oktober 1989, der Epilog setzt dann ein Jahr später, im Oktober 1990, an.
Dadurch, dass die Ereignisse des Romans zusammenhängend und aufeinanderfolgend erzählt werden und es auch kleinere Einschübe aus der Vergangenheit der Hauptfiguren gibt, konnte ich mich von Anfang an gut in die Geschichte einfinden und auch den vielen und vielfältigen Figuren stets folgen.
Der bildhafte und einfühlsame Sprachstil der Autorin ließen mich das Buch immer wieder gerne in die Hände nehmen und die 464 Seiten flogen nur so dahin.
Auch in diesem Roman gibt es eine große Liebesgeschichte, welche sehr präsent und einen größeren Teil der Geschichte einnimmt. Jedoch wirkte diese auf mich zu keinem Zeitpunkt überladen oder gar kitschig. Die geschichtlichen und politischen Hintergründe und die Liebesgeschichte harmonieren wunderbar miteinander, wobei keiner der beiden Teile etwas verliert.

„Es war großartig, an einem Ort zu arbeiten, an dem man Landsleuten in Not helfen und sie unterstützen konnte. Sie vermochte sich keinen erfüllenderen Beruf vorzustellen. Dass man dabei die Welt kennenlernte, war der Zuckerguss auf dem Kuchen.“

[Seite 32, Kapitel 2]

Judith ist eine der Figuren, welche im Mittelpunkt der Geschichte steht. Mit der Arbeit in deutschen Botschaften hat sie ihre berufliche Bestimmung gefunden uns sie kann sich keinen schöneren Beruf vorstellen. Privat hadert sie jedoch immer wieder mit sich selbst und weiß nicht, wie sie ihren Beruf und denn Wunsch nach einer eigenen Familie miteinander vereinbaren kann. Ich mochte Judiths feinfühligen, liebevollen und ehrlichen Charakter sehr gerne. Sie sprüht vor Ideen, denkt praktisch, packt dort an, wo sie gebraucht wird und kümmert sich rührend um die Geflüchteten.
Neben Judith steht Joachim im Zentrum der Geschichte: Nachdem seine Frau völlig überraschend in den Westen geflüchtet ist, ist er allein für seine Tochter Jasmin verantwortlich. Als er merkt, dass er und seine Tochter in der DDR keine sichere Zukunft mehr haben und Stasi-Mitarbeiter ihm das Leben schwer machen, flüchtet er, zusammen mit seiner Tochter, nach Prag in die Deutsche Botschaft. Joachims ergreifende Geschichte enthüllt sich nach und nach, weshalb sein Charakter er zu Beginn der Handlung etwas schwer greifbar ist. Doch schon nach wenigen Kapiteln mochte ich ihn sehr und konnte seine Beweggründe und sein Verhalten absolut nachvollziehen.
Die Liebesgeschichte zwischen Judith und Joachim wirkt auf mich sehr echt. Ich fand es schön, wie es bei den Beiden von Beginn an geknistert hat, wie sie sich nach und nach kennengelernt haben.
Meine Lieblingsfigur in diesem Buch ist jedoch die kleine Jasmin. Mit ihr sehen wir die komplizierte Welt aus Kinderaugen – vieles versteht sie einfach noch nicht – anderes hingegen schon.

„Trotz aller Zweifel, allen Zauderns wusste er, dass er das Richtige tat. Er tat es für seine Tochter.“

[Seite 69, Kapitel 5]

Ganz besonders erwähnen möchte ich den Botschafter Hermann Huber (1930 – 2018):
In dieser Geschichte ist er ein gerechter und ehrlicher Mann, welcher für alle Menschen um ihn herum stets ein offenes Ohr hat und viele ihrer Nöte und Ängste erkennt und alles organisiert, was in seinem Ermessungsspielraum liegt.
Es spielen noch einige historische und fiktive Figuren mit, auf welche ich aber nicht detailliert eingehen möchte, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Mich hat vor allem aber die Mischung aus historischen und fiktiven Figuren in diesem Roman gefallen, wie deren Schicksale gekonnt miteinander verbunden und mit der Weltgeschichte und Politik verwoben werden. Sie alle geben ein gutes Bild der damaligen Gesellschaft ab.
Es ist eine tief gespaltene Gesellschaft, welche in West und Ost geteilt ist. Bereits seit Mitte der 1980er Jahre hatten sich immer mehr DDR-Bürgerinnen und -Bürger in bundesdeutsche Botschaften in den Ländern des Ostblocks, vor allem in Ungarn und der damaligen Tschechoslowakei, geflüchtet, um ihre Ausreise in den Westen durchzusetzen.
Im Sommer 1989 erreichte die Zahl der Flüchtlinge in den bundesdeutschen Botschaften einen neuen Höhepunkt. Auf dem Gelände der Prager Botschaft im Palais Lobkowicz hielten sich bis Mitte August bereits über 120 Menschen auf, am 22. August musste die Botschaft wegen Überfüllung für den Publikumsverkehr geschlossen werden. Jeden Tag stiegen mehr Menschen über den Zaun, Ende September 1989 hielten sich mehr als 4000 Flüchtlinge auf dem Gelände der Botschaft auf.
Diese vielen geschichtlichen, politischen und gesellschaftlichen Hintergründe hat die Autorin äußerst akribisch und genau recherchiert und verknüpft diese mit den spannenden Lebensgeschichten ihrer fiktiven und historischen Figuren. Sie zeigt, wie groß der Zusammenhalt der Menschen untereinander in dieser schwierigen und ungewöhnlichen Situation war und wie diese Menschen zusammen auf eine sichere und freie Zukunft hofften.
Mit der Zeit kurz vor dem Mauerfall habe ich mich bisher nicht so beschäftigt – dementsprechend waren diese Geschehnisse bisher in Nebel gehüllt. Dieser spannende, emotionale und mitreißende Roman hat den Nebel nun ein Stück weit gelichtet und ich bin einfach nur froh, diesen gelesen zu haben.
Danke für dieses großartige und lehrreiche Leseerlebnis.

»Vielleicht schreibt jemand einen Roman darüber. (…) Das klingt alles spannend wie ein Krimi.«“

[Seite 413, Kapitel 39]

Fazit: Der Roman „Als sie nach den Sternen griffen“ von Theresa Herold bietet vielseitige Charaktere, Spannung und ein Teil großer Weltgeschichte zum miterleben und mitfühlen – einfach perfekt. Definitiv ein Jahreshighlight – sehr sehr lesenswert. 

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch die Autorin, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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