„Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“

von Anne Stern

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 16. Mai 2023
Verlag: Rowohlt Polaris
Ausgabe: Klappbroschur
ISBN: 978-3-499-01088-0
Seitenanzahl: 384 Seiten
Preis: 17€

https://www.rowohlt.de/buch/anne-stern-dunkel-der-himmel-goldhell-die-melodie-9783499010880

Klappentext:
Dresden 1841: Das feierlich eröffnete königliche Hoftheater wirkt in seiner Pracht wie ein Palast für die Musik. Doch hinter den Kulissen geht es nicht weniger dramatisch zu als auf der Bühne: Die Primaballerina hütet ein tragisches Geheimnis, die Requisiteurin will ihrer Vergangenheit entfliehen, und die Kostümschneiderin hat den Glauben an wahre Leidenschaft verloren. Dennoch ist das Opernhaus für sie alle ein magischer Ort.
Auch die junge Elise Spielmann ist bei ihrem ersten Besuch verzaubert. Sie entstammt einer Musikerdynastie und träumt davon, eine gefeierte Violinistin zu werden. Als sie dem talentierten Malergehilfen Christian Hildebrand begegnet, entspinnt sich eine zarte Bindung zwischen ihnen – in größter Heimlichkeit und gegen alle Konventionen.
Währenddessen ziehen sich im ganzen Land revolutionäre Kräfte zusammen. Doch vor dem sich verdunkelnden Himmel strahlen die Liebe und die Musik umso heller.“


Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin und vom Rowohlt Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Rowohlt Verlag

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Das Buch „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ von Anne Stern ist der Auftakt einer historischen Roman-Reihe, welche in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Dresden spielt und einen Blick hinter die Kulissen der glamourösen Semperoper wirft.

Dresden im Jahr 1841: Die junge Elise Spielmann ist bei ihrem ersten Besuch der berühmten Semperoper in Dresden wie verzaubert von der Pracht des Gebäudes, vor allem aber von der Musik, welche sie in andere Welten entführt. Seit frühster Kindheit spielt sie Violine und sie wünscht sich nichts sehnlicher, als eines Tages auch auf einer Bühne zu stehen und das Publikum mit ihrer Musik zu begeistern. Doch ihr Vater hat andere Pläne und arrangiert eine Hochzeit mit seinem undurchsichtigen und einflussreichen Bekannten Adam Jacob. Elise weiß, dass sie sich den Wünschen ihrer Eltern fügen muss, da ansonsten vieles, vor allem die Karriere ihres Vaters bedroht ist. Als sie jedoch den jungen Malergehilfen Christian kennen lernt, läuft sie Gefahr alle Planungen und die Vernunft zu verwerfen.
Währenddessen werden im gesamten Deutschen Bund die Stimmen nach einer großen Revolution immer größer – Stimmen die auch bei Christian und seinen Freunden Gehör finden.

Anne Stern gehört seit vielen Jahren zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen. Ich lese ihre vielfältigen Geschichten sehr gerne und vor allem mit der Reihe um die „Hebamme Hulda Gold“ hat sie sich in meine Leseherz geschrieben. Wann immer sie eine Neuerscheinung ankündigt, weiß ich, dass ich diese auch direkt lesen möchte – so auch bei „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“.
Das Buch bekam ich freundlicherweise vom Rowohlt Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zugesendet, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Die Ausgabeart des Buches ist eine sehr hochwertig gestaltete Klappbroschur: Auf der vorderen Klappe befindet sich ein Textausschnitt, welcher direkt sehr neugierig auf die Geschichte macht. In der vorderen Klappe befindet sich ein Kartenausschnitt des Dresden im Jahr 1841 – ich liebe solch wunderbares Kartenmaterial in Büchern. Auf der hinteren Klappe wir die sympathische Autorin mit einer kurzen Biographie und einem Foto vorgestellt, im Inneren gibt es eine historische Illustration der Semperoper in Dresden.
Zum Cover muss ich sagen, dass es mich nicht abgeholt hat, da es auf mich etwas zu modern wirkt und nicht wirklich zur Geschichte passen mag. Doch das ist Geschmackssache und wichtiger als das Cover ist für mich immer der Inhalt. Und immerhin kann man sagen, dass der Rowohlt Verlag etwas Neues gewagt hat, weg von der Rückansicht einer Frau vor einem Gebäude/ einer Landschaft.
Zu sehen ist das angeschnittene Profil einer jungen Frau mit einer schwarzen Kopfbedeckung auf ihrem kurzen goldblonden Haaren. Mit ihrem durchdringenden Blick fängt sie direkt den Blick des Betrachters auf. Allerdings handelt es sich nicht um ein Foto, sondern es wirkt wie ein am Computer illustriertes Gesicht – wahrscheinlich ist es das der Grund, warum es auf mich zu modern und auch unecht wirkt. Der wunderschöne und klangvolle Titel des Buches steht in einem glänzenden rosé-golden Kreis, welcher sich im linken oberen Bereich des Covers befindet.

Der Prolog des Buches beginnt im Jahr 1820, das erste Kapitel setzt dann im April 1841 an. Insgesamt 39 Kapitel beinhaltet das Buch, es folgt ein Epilog, ein ausführliches Nachwort, der Dank der Autorin und eine Übersicht über das literarische Werk von Anne Stern.
Die Handlung des Buches wird chronologisch erzählt und beinhaltet immer wieder einzelne Kapitel, welche aus Zeitungsberichten oder Briefen bestehen – dies sorgte für eine zusätzliche Authentizität des gesamten Textes. Inklusive des Prologs und des Epilogs umfasst der gesamte Zeitraum etwa 24 Jahre, ohne Prolog und Epilog circa neun Monate.
Dadurch, dass die Ereignisse des Romans zusammenhängend und aufeinanderfolgend erzählt werden, konnte ich mich von Anfang an perfekt in die Geschichte einfinden und auch den vielen und vielfältigen Figuren stets gut folgen. Zudem hat mir gefallen, dass über jedem Kapitel eine Datumsangabe und der Handlungsort stehen, was für eine gute zeitliche und räumliche Orientierung sorgte.
Anne Stern hat eine so ausdrucksstarke, bildhafte und poetische Sprache, mit der sie mich direkt in die Geschichte mitgenommen hat. Sie beschreibt kleine Begebenheiten am Rande, doch genau diese Beschreibungen füllen das Buch mit Leben und vor allem entsteht eine einnehmenden Atmosphäre.

„Der Sommer hatte mit weichen Händen
nach dem Land gegriffen und schickte seine sanften Winde, damit sie über die Wasser der Elbe strichen und die Baumkronen der Erlen und Linden zausten. Sie trieben ihr Spiel mit den Zweigen und grünen Blättchen der Bäume, die die Elbwiesen säumten, und blähten die weißen Segel der Schiffe ebenso wie die weiten Röcke der Frauen, die über die Augustusbrücke spazierten.“

[S. 156, Z. 01 – 07]

Dies alles – die gut zu verfolgende Handlung und die poetische Sprache – sorgten dafür, dass ich völlig in die Geschichte eintauchen konnte und die 384 Seiten so dahin flogen. Es sind viele kleine und größere Geschichten, welche sich schlussendlich zu einer großen Geschichte vereinen.

Auch die vielfältigen Figuren sorgen für ein großes Lesevergnügen. Allerdings muss ich auch bei diesem Buch wieder ein fehlendes Personenregister bemängeln, da mir nicht ganz klar ist, welche Figuren historisch und welche fiktiv sind.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge Elise Spielmann. Sie hat das Talent ihres Vaters geerbt und lebt für das Spiel auf ihrer Violine und für die Musik. Doch als Frau hat sie im Jahr 1841 schlechte Chancen, sich als Musikerin auf der Bühne einen Namen zu machen, da es als ungehörig und unweiblich gilt, wenn eine Frau in der Öffentlichkeit ein Instrument spielt.
Elise hat ihr Herz am rechten Fleck und ist auf den ersten Blick ein sehr gefühlsbetonter Mensch, doch schlussendlich siegt ihr Verstand, ihr Kopf über ihre Gefühle und Empfindungen.

„So war sie, so war sie schon immer gewesen. Sie war keine Frau, die ihre Empfindungen über alles stellte. Am Ende übernahm ihr Kopf die Führung.“

[S. 247, Z. 8 – 10]

Ich mochte Elises ehrlichen Charakter sehr schnell, konnte auch ihrer inneren Zerrissenheit gut nachfüllen – auch wenn man sich in der heutigen Zeit kaum vorstellen kann, wie damals über die Frauen und ihr Leben bestimmt wurde – wie wenig Chancen und Möglichkeiten sie hatten.
Elises Familienmitglieder sind äußerst vielfältige Charaktere und bei dem/ der ein oder anderen wird es auf jeden Fall noch spannend, wie sie sich in den nächsten Bänden weiterentwickeln werden und welchen Weg sie einschlagen werden – vor allem Elises unterschiedliche Geschwister Eduard, Dorothea und Barbara.
Besonders hervorzuheben ist Elises Mutter Amalie: Eigentlich hat sie alles im Leben, was man sich wünschen kann: Einen liebenden Ehemann, vier gesunde Kinder und ein geerbtes Vermögen. Allerdings drückt sie das Gefühl, dass sie etwas in ihrem Leben verpasst hat, nicht mehr gebraucht wird – oft wünscht und träumt sie sich in die Vergangenheit zurück, kommt mit dem Hier und Jetzt einfach nicht klar. Die Schwermut zwingt sie immer wieder in die Knie.
Elises Vater ist ein etwas schwieriger Charakter: Er möchte seinen Traumberuf an der Oper bekommen und ist dafür auch bereit, seine Tochter Elise einem einflussreichen doch auch zweifelhaften Bekannten Adam Jacob zur Frau zu geben. Einerseits schätzt und fördert er Elises musikalisches Talent, andererseits hätte er gerne, dass sein Sohn Eduard dieses Talent besitzt.
Neben Elise steht der Malergehilfe Christian im Mittelpunkt der Geschichte. Er ist eine sehr interessante und vielschichtige Figur und hat in seinem jungen Leben, zusammen mit seiner Schwester schon einiges durchmachen müssen. Ich mochte seine teils etwas unbeholfene, aber doch auch starke und entschlossene Art, welche mich sehr für ihn und seine Geschichte einnehmen konnte.
Neben diesen Hauptfiguren spielen noch eine Vielzahl weiterer Figuren in diesem Buch eine Rolle. Ich möchte auf diese nicht detailliert eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Diese zahlreichen Figuren hat Anne Stern sehr verschiedenartig, lebensecht und interessant dargestellt, mitunter konnten mich einige mit ihren Taten, Gedanken und Entwicklungen sehr überraschen. Sie zeigt mit ihren Figuren ein gutes Bild der damaligen Gesellschaft – den Denkweisen und strengen Konventionen zu jener Zeit.

Es war eine Zeit und eine Gesellschaft, in der Frauen weit unter dem Mann standen, sich nur äußerst selten selbst und beruflich verwirklichen konnten und eine außereheliche Beziehung den gesellschaftlichen Ausschluss und persönlichen Niedergang der Frau besiegelten.
Aber auch politisch war die Gesellschaft in großer Aufruhr. Es begann mit dem Wiener Kongress, welcher von November 1814 bis Juni 1815 in Wien stattfand. Dabei handelte es sich um einen Friedenskongress der europäischen Herrscher, bei dem über die Zukunft Europas nach dem Ende der napoleonischen Vorherrschaft entschieden wurde. Das Ziel war unter anderem eine territoriale Neuordnung Europas und die politische Restauration.
Bei der Zuteilung neuer Territorien war eine klare Linie festzustellen: territoriale und politische Ausweitung Preußens und Österreich und Neuordnung der zahllosen deutschen Kleinstaaten. Diese etwa 350 deutschen Kleinstaaten wurden in nun mehr 35 Fürstenstaaten und vier Freistädte in den Deutschen Bund zusammengefasst. Dies war fernab von der Wunschvorstellung vieler Menschen eines geeinten Deutschlands.
Dadurch das eine Hälfte des Königreichs Sachsen an Preußen ging, wurde das Königreich Sachsen praktisch halbiert. Dresden war die Hauptstadt des um die Hälfte geschrumpften Königreichs. In der Bevölkerung machte sich darüber großer Unfrieden breit, welcher auch noch Jahre später, also auch in der Zeit, in der das Buch spielt, zu spüren ist.
Einer der bedeutendsten Verfechter der politischen Restauration war der österreichische Kanzler Metternich. Diese Politik der Restauration, sollte innenpolitisch und zwischenstaatlich die politischen Machtverhältnisse in Europa wieder herstellen, wie sie vor der Französischen Revolution 1789 geherrscht hatten – also die Vorherrschaft des Adels und die Wiederherstellung seiner Privilegien. Durch die Industrialisierung wuchs eine neue Bevölkerungsschicht, das Proletariat (die abhängig beschäftige Arbeiterklasse) rasch an Die Arbeits- und Lebensbedingungen in den Industriebetrieben und deren Umfeld waren im 19. Jahrhundert in der Regel katastrophal. Die meisten Arbeiter lebten in den Ghettos und Slums der Städte am Rande des Existenzminimums oder oft auch darunter und waren von Arbeitslosigkeit bedroht und ohne jegliche soziale Absicherung.
Diese gesellschaftlichen und politischen Umstände werden von den verschiedenen Charakteren in Anne Sterns Buch immer wieder angesprochen und diskutiert, es zeigt sich bei vielen Figuren ein großer Unfriede über diese Zustände.
Der Autorin gelingt es diese geschichtlichen, gesellschaftlichen und politischen Themen in ihre spannende Handlung einzuweben und mit den Schicksalen und Lebensgeschichten ihrer Figuren zu verbinden. Außerdem bleibt es spannend, wie sich dieser große Unfriede in großen Teilen der Bevölkerung in den weiteren Bänden der Buchreihe entwickeln wird.

Auch die Geschichte der Stadt Dresden, vor allem die Geschichte, Entstehung und Nutzung der Semperoper lässt Anne Stern vor den Augen des Lesers lebendig werden.
Ich war im Jahr 2008 in dieser wunderschönen Stadt, konnte die Semperoper von innen nicht besichtigen. Durch den Roman wurde mir die Geschichte dieses kultur- und geschichtsträchtigen Ortes erst richtig bewusst und auch, was sich für Dramen hinter dieser prunkvollen Fassade abspielten.

Neben den akribisch recherchierten gesellschaftlichen und geschichtlichen Themen stellt das Buch „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ von Anne Stern die Macht und die Kraft der Musik in den Fokus.

„Die Musik war mächtig, sie war mächtiger als alles andere. Mächtiger als Bilder, als Worte, ja mehr als die Liebe selbst, das wusste Amalie nur zu gut. Die Musik konnte aus einem Funken ein flammendes Feuer entzünde, konnte die Menschen täuschen, sie wie ein Irrlicht vom Weg abbringen, sie gefangen nehmen und sogar verrückt werden lassen. Denn die Musik brachte die verletzlichsten, die tiefsten und geheimsten Stellen in den Menschen zum Vorschein […]

[S. 116, Z. 31 – 33, S. 117, Z. 01 – 05]

Das immense Wissen über verschiedene Stücke der klassischen Musik, Opern, deren Entstehung und Handlung, welches Anne Stern in ihren Roman mit einfließen lässt, konnte sie mich ebenfalls sehr begeistern. Während des Lesens ließ ich einige der genannten Stücke im Hintergrund laufen – das sorgte noch einmal mehr für einen hohen und intensiven Lesegenuss.
Zum Ende dieser Rezension möchte ich mich bei Anne Stern für diesen mitreißenden und unvergesslichen Roman bedanken. Ich bin sehr gespannt, wie es mit dieser Buchreihe und den vielen Figuren weiter gehen wird.

Fazit: Mit „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ ist Anne Stern ein sehr starker und authentischer Reihen-Auftakt gelungen. Die vielseitigen Figuren, die perfekt recherchierten geschichtlichen Hintergründe und der wunderbare poetische Sprachstil sorgten für ein rundum gelungenes Lese-Erlebnis. Absolute Leseempfehlung!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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