von Brigitte Riebe
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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 13. Juni 2023
Verlag: Rowohlt
Ausgabe: Hardcover und eBook
ISBN: 978-3-8052-00684
Seitenanzahl: 480 Seiten
Preis: HC: 23,00€, eBook: 17,99€
Reihe: „Eifelfrauen 01/02“
https://www.rowohlt.de/buch/brigitte-riebe-eifelfrauen-das-haus-der-fuechsin-9783805200684
Klappentext:
„Vom einfachen Leben in bewegten Zeiten.
Trier, 1920: Als die Fabrikantentochter Johanna Fuchs einen Bauernhof erbt, fällt sie aus allen Wolken. Warum hat ihr niemand aus der Familie von ihrer Tante Lisbeth erzählt, die offenbar bis zu ihrem Tod zurückgezogen im Eifeldorf Altenburg lebte? Und wieso hat sie ausgerechnet Johanna zu ihrer Alleinerbin gemacht? Als die junge Frau den Hof in Augenschein nimmt, ist sie überwältigt von dem idyllischen Fleckchen Land und beschließt gegen den Willen ihrer Eltern, dort zu bleiben. In den verwunschenen Wäldern der Umgebung fühlt sie sich geborgen, entwickelt ein Gespür für die Tiere, die hier leben. Doch dann beginnen die aufziehenden politischen Ereignisse auch das kleine Eifeldorf zu verändern, das für sie zur Heimat geworden ist …“
Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
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Das Buch „Eifelfrauen – Das Haus der Füchsin“ von Brigitte Riebe ist der Auftakt einer zweibändigen historischen Romanreihe, welcher in den 1920er Jahren spielt und zeigt, wie die Fabrikantentochter Johanna aus ihrem behüteten Leben ausbricht und in einem kleinen Dorf in der Eifel im Haus ihrer verstorbenen Tante ein neues Zuhause und Leben findet.
Trier im Jahr 1920: Die Fabrikantentochter Johanna führt ein völlig unbeschwertes Leben und begeht ihre Volljährigkeit, als die Feier plötzlich unterbrochen wird. Eine fremde Frau eröffnet ihr, dass sie einen Bauernhof im Eifeldorf Altenburg von ihrer erst kürzlich verstorbenen Tante Lisbeth geerbt hat. Die Lebensgeschichte von Lisbeth wurde und wird noch immer von den anderen Familienmitgliedern geheim gehalten und Johanna stößt immer wieder auf eine Mauer des Schweigens.
Gegen den Willen ihrer Eltern beschließt Johanna auf dem idyllisch gelegenen Bauernhof zu bleiben und sie beginnt, aller Schwierigkeiten zum Trotz, sich ein neues Leben aufzubauen. Sie findet unter den Dorfbewohnern Verbündete, jedoch sind ihr nicht alle wohl gesonnen.
Als die Nationalsozialisten die politische Macht an sich reißen, verändert das nicht nur Johannas gesamte familiäres Gefüge, sondern auch das kleine Eifeldorf – ihre neu gewonnene Heimat. Und als dann auch noch ein lang gehütetes Familiengeheimnis ans Licht kommt, muss Johanna sich entscheiden.
Seit dem Jahr 2009 ist Brigitte Riebe eine meiner absoluten Lieblingsautorinnen. Mit ihren vielfältigen Geschichten lehrt sie mich immer wieder Neues und versteht es auch, mich stets bestens zu unterhalten. Und: Wo Brigitte Riebe drauf steht, ist Geschichte drin – Geschichte und Geschichten zum Erleben, Staunen und Mitfühlen.
Von 2018 bis 2021 konnte sie mich mit ihrer wundervollen Buchreihe „Die Schwestern vom Ku’damm“ begeistern. Als sie dann Ende 2022 das Buch „Eifelfrauen – Das Haus der Füchsin“ ankündigte, wusste ich, dass ich dieses Buch einfach lesen muss. Nicht nur der Klappentext, sondern auch das stimmige Cover und der Buchtitel zogen mich an.
Freundlicherweise bekam ich das Buch vom Rowohlt Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt und zugesendet, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.
Das Buch ist ein sehr hochwertig gestaltetes Hardcover mit Lesebändchen und Schutzumschlag. Auf der vorderen Klappe des Schutzumschlages befindet sich ein kurzer Text zum Inhalt des Buches, welcher sehr ansprechend das Interesse auf die Geschichte weckt. Die hintere Klappe beinhaltet ein Bild und eine kurze Biographie der Autorin.
Das Cover, welches die Vorderseite des Schutzumschlages ziert, zeigt eine Frau, welche mit einem braunen Rock, einer dunklen Weste und einer weißen Bluse bekleidet ist und seitlich zum Betrachter auf einer Wiese steht. Ihr Blick geht nach rechts in die Ferne. Im Hintergrund sieht man einen Wald, dahinter erheben sich weitere Hügel – eine unendliche und idyllische Landschaft. Mit ihrem locker zusammen gebundenen Haaren und dem sehr zwanglos wirkenden Klamotten, welche farblich an einen Fuchs erinnern, wirkt es, als sei die Frau eins mit der Natur und ihrer Umgebung geworden. Ein Cover, welches Lust auf die Geschichte macht und stilistisch auch an die Reihe „Die Schwestern vom Ku’damm“ erinnert und somit auch einen Wiedererkennungswert bietet.
Die Landschaft des Covers zieht sich auch über den Buchrücken und über die Rückseite des Schutzumschlages, auf welcher sich die Inhaltsinformation und der Barcode, ISBN und Preis befinden.
Der Widmung des Buches folgt ein stimmungsvolles Zitat des italienischen Schriftstellers Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Dem schließt sich eine Übersicht über die wichtigsten Personen des Romans an. Nach dem erzählerischen Teil wird das Buch von einem ausführlichen Nachwort und der Danksagung der Autorin abgeschlossen.
Die Handlung des Buches beginnt mit dem Prolog, welcher kurz vor dem Zeitpunkt im ersten Kapitel ansetzt. Dieses erste Kapitel beginnt dann im April 1920, das dreizehnte und letzte Kapitel spielt von 1937 – 1938. Somit umfasst die chronologisch erzählte Gesamthandlung des Buches etwa 18 Jahre, Rückblenden werden mit Hilfe von einigen emotionalen Briefen geschaffen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge Johanna. Sie wächst schon fast überbehütet in einer Tabakfabrikanten-Familie als jüngstes Kind und einzige Tochter auf. Die Erwartungen der Eltern an sie und ihr zukünftiges Leben sind hoch, da sie in den Gesellschaftskreisen als eine gute Partie gilt.
„«Aber ihr dürft hinaus ins Leben und eure Erfahrungen machen. Ich dagegen soll wie die Prinzessin auf der Erbse in diesem schwülen Zimmer hocken und auf den Prinzen hoffen, der mich daraus erlöst, bloß um mich dann seinerseits einzusperren […] Das will ich nicht! Das Leben in Altenburg ist einfach und manchmal ganz schön hart, aber frei. Ich muss mich täglich beweisen und lerne dabei Seiten an mir kennen, von denen ich bislang keine Ahnung hatte. […]»“
[Kapitel 4, Seiten 134/135]
Zu Beginn des Buches weiß Johanna noch gar nicht, wohin sie ihr Leben bringen soll und wo sie hin gehört. Das ändert sich mit dem unverhofften Erbe, welches sie von ihrer geheimnisvollen Tante Lisbeth zugesprochen bekommt. Plötzlich muss und will Johanna über sich hinaus wachsen, entdeckt sich und die Welt neu und findet Antworten auf viele Fragen. Dabei kann sie immer wieder auf Hilfe von ihrer Freundin und Nachbarin Kätt vertrauen, welche von Beginn an eine ihrer engsten Vertrauten wird. Doch nicht nur nimmt Johanna Hilfe an, sie gibt den Menschen in ihrer Umgebung auch viel zurück, erkennt Unrecht und handelt.
Ich mochte Johanna von Beginn an des Buches. Auch wenn sie auf den ersten Blick alles im Leben hat, wirkt sie doch ruhelos, bis sie in Altenburg ankommt und ihren Sinn im Leben und die Bindung zur Natur findet. Ihre Entwicklung ist enorm und absolut authentisch gezeichnet. Johanna ist ein ehrlicher Charakter, welcher auf jeden Fall in Erinnerung bleiben wird.
„Ich wünsche mir, dass Du Dich dabei selbst entdeckst: Deine Sehnsüchte, Deine Fähigkeiten, Deine Grenzen, die, wie ich gelernt habe, niemals festgeschrieben sind, sondern oft nur in unseren Köpfen bestehen.“
[Kapitel 5, Seite 158]
Um Johanna agieren viele weitere Personen, welche Brigitte Riebe wieder mit vielen Ecken und Kanten ausgestattet hat und mit ihnen auch große Gegensätze geschaffen hat.
Johannas Eltern leben völlig abgehoben in ihrer Villa ein luxuriöses Leben, interessieren sich für die Gefühle anderer Menschen nicht, sondern haben nur den guten Ruf der Familie im Kopf. Johannas verstorbene Tante Lisbeth und ihre Freundin Kätt sind zwei völlig andere Charaktere und bilden das Gegenteil von Johannas Eltern: Bodenständig, naturverbunden und immer für andere Menschen und Lebewesen da. Johanna steht zwischen diesen beiden grundverschiedenen Lebensentwürfen und Ansichten – und sie muss sich entscheiden.
Ich finde es sehr beeindruckend, dass es Brigitte Riebe gelungen ist, mit der bereits vor der Haupthandlung verstorbenen Lisbeth, einen so einnehmenden und unvergesslichen Charakter zu schaffen, welcher stets noch so gegenwärtig und greifbar in der Handlung ist.
Der älteste Bruder Severin ist im Ersten Weltkrieg gefallen, damit muss der zweitgeborene, jedoch stets etwas unsichere Heinrich das Familienunternehmen übernehmen. Die Zwillingsbrüder Georg und Christoph könnten unterschiedlicher nicht sein: Während Christoph ein Mensch der Sprache ist und als Journalist seine Erfüllung findet, ist Georg bei der Polizei und ein ungehobelter Klotz. Die verheerende Ideologie der Nationalsozialisten fällt bei Georg auf fruchtbaren Boden, während Christoph diese verabscheut und versucht dagegen anzuschreiben.
Eine meiner Lieblingsfiguren in diesem Buch ist, auch wenn er nur am Rande vorkommt, Jupp Sünner. Er ist der der Onkel von Heinrichs Frau Greta und brachte mich seiner humorvollen Sicht auf die Dinge immer wieder zum Lächeln.
Doch auch die anderen Figuren haben mit ihren vielfältigen und teils sehr ergreifenden Lebensgeschichten ihren Platz in der Geschichte – ich hatte so einige Male die Tränen in den Augen. Ich möchte an dieser Stelle nicht detailliert auf all die Figuren eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Brigitte Riebe ist es wieder vortrefflich gelungen, ihre fiktiven Figuren in einen hervorragend recherchierten geschichtlichen Hintergrund einzubetten und gekonnt zu verbinden. Auch die Tragik, Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren war stets fassbar und zogen mich schnell in die emotionale Geschichte hinein.
Den geschichtlichen Hintergrund bilden die Jahre von 1920 bis 1938. Nur wenige Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs klaffen die Wunden in der Gesellschaft, die von immensen Verlusten geprägt ist. Für die Sieger des Krieges war die Schuldfrage des Krieges eindeutig geklärt: In den Friedensverträgen von 1919 (Vertrag von Versailles) wurde festgelegt, dass Deutschland und seine Verbündeten die Alleinschuld am Krieg trugen. Zunächst wurde festgelegt, dass Deutschland 20 Milliarden Goldmark – dies entsprach zum damaligen Zeitpunkt über 7.000 Tonnen Gold – im Laufe der Jahre 1919, 1920 und bis einschließlich April 1921 in Raten zahlen sollte. Zudem musste Deutschland einige Gebiete abtreten, zum Beispiel ging Elsass-Lothringen an Frankreich und kleinere Grenzgebiete Schlesiens und Ostpreußens gingen an den neuen polnischen Staat. Insgesamt verlor das Reich 13 % seines vorherigen Gebietes und 10 % der Bevölkerung.
Zudem musste die provisorische Reichsregierung nach dem Waffenstillstand von Compiègne vom 11. November 1918 einwilligen, dass sich alle deutschen Truppen von der Westfront hinter den Rhein zurückziehen. Stattdessen besetzten Truppen der Siegermächte die linksrheinischen Gebiete sowie drei rechtsrheinische „Brückenköpfe“ mit je 30 Kilometer Radius um Köln, Koblenz und Mainz. Die linksrheinischen Gebiete sowie alle rechtsrheinischen Gebiete mit 50 km Abstand zum Rhein wurden zu einer entmilitarisierten Zone für jegliche deutsche Streitkräfte. Der Versailler Vertrag von 1919 wiederholte diese Bestimmungen, befristete die Anwesenheit der fremden Truppen aber auf 15 Jahre bis 1935. Zweck der Besetzung war einerseits, Frankreich Sicherheit vor einem erneuten deutschen Angriff zu verschaffen, andererseits eine Garantie für die zu erbringenden Reparationsverpflichtungen des Deutschen Reichs zu haben. Nachdem diese scheinbar erreicht worden war, wurde die Rheinlandbesetzung zum 30. Juni 1930 vorzeitig beendet.
Diese enormen politischen und gesellschaftlichen Einschnitte prägten das Leben der Menschen und sorgte dafür, dass die junge Weimarer Republik von Beginn an auf wackligen Füßen stand.
Nach der katastrophalen Hyperinflation 1923, welche eine Spätfolge des Ersten Weltkrieges war und der Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929 verlor die Weimarer Republik immer mehr den Rückhalt in weiten Teilen der Bevölkerung. Die NSDAP gewann an Macht und Einfluss, Schuldige wurden gefunden, Feindbilder erschaffen und damit Familien und Freunde auseinander getrieben und gerissen.
„Was soll aus einem Deutschen Reich werden, dem die politische Mitte fehlt? Ein Land, zerrissen zwischen links und rechts …“
[Kapitel 10, Seite 335]
Was mit Beschimpfungen und Ausgrenzungen begann, gipfelte schlussendlich in der systematischen Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten. Viele konnten noch rechtzeitig fliehen, mussten aber alles zurück lassen: Ihre Heimat, ihre Familien, ihre Vergangenheit.
Leider fiel diese verheerende Ideologie bei weiten Teilen der Gesellschaft auf fruchtbaren Boden, bei einigen jedoch macht sich auch Skepsis und vollstes Unverständnis über diese Machenschaften breit. So auch bei Gritt, der Tochter von Kätt:
„«Aber wir können doch nicht die Augen verschließen und einfach so weitermachen, wie bisher, als sei nichts geschehen. […] Denn freiwillig verlässt doch keiner sein Zuhause, weder deine Verwandten, die Nußbaums, noch Familie Wolff oder die Benders. Sie gehen, weil sie müssen, weil man sie diffamiert und bedroht hat – und kein Mensch weit und breit rebelliert dagegen. Dabei haben sie sich nichts zuschulden kommen lassen … »“
[Kapitel 13, Seite 448]
Diese vielen geschichtlichen Hintergründe hat Brigitte Riebe akribisch recherchiert und stellt diese sehr genau und nachvollziehbar dar. Es sind die Geschichten der ‚kleinen Leute‘, der normalen Bevölkerung, mit welcher sie große Geschichte erlebbar macht.
Wie in all ihren Büchern konnte mich Brigitte Riebe mit ihrem bildgewaltigen, detailliert und doch temporeichen Sprachstil wieder schnell mit in die Geschichte nehmen. Der fiktive Handlungsort und auch die fiktiven Figuren entfalten sich ab der ersten Seite und die Drehungen und Wendungen in der Handlung sorgen dafür, dass ich das Buch stellenweise nicht mehr aus den Händen legen wollte. Die 480 Seiten waren im Nu gelesen und ich bin schon sehr gespannt auf den zweiten Band der Reihe.
„«Schaut sie euch ganz genau an: Ihre Anmut, ihre Kraft, ihre Klugheit, das tragt auch ihr alles in euch. Ihr seid die Mädchen aus dem Haus der Füchsin, vergesst das niemals!»“
[Kapitel 13, Seite 450]
Am Ende dieser Rezension bedanke ich mich ganz herzlich bei Brigitte Riebe für dieses wunderbare Lese-Erlebnis.
Fazit: Diesem Buch gebe ich den Titel „Highlight“. Seit fast 14 Jahren begleiten und begeistern mich die Bücher von Brigitte Riebe. Mit „Eifelfrauen – Das Haus der Füchsin“ hat sie sich noch einmal selbst übertroffen. Brigitte Riebe nimmt uns mit in eine starke und unvergessliche Geschichte, welche mich direkt abholen und bestens unterhalten konnte. Einfach nur absolut empfehlenswert!
* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.