„Unter dem Schnee“

von Katrin Burseg

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Erschienen am 04. Oktober 2021 im Diana-Verlag

ISBN: 978-3-453-29222-2

https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Unter-dem-Schnee/Katrin-Burseg/Diana-Verlag/e554009.rhd

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Diana-Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen.
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Klappentext:
„Schloss Schwanenholz, Ende Dezember 1978: Fünfzig Jahre führte Luise von Schwan die Baumschule auf dem Gut an der Ostsee mit strenger Hand. Nun wird die Gräfin beerdigt. Doch als die Trauerfeier beginnt, fegt ein heftiger Schneesturm über das Land. Bevor das Familienanwesen von der Außenwelt abgeschnitten wird, trifft ein ungebetener Gast aus Frankreich ein. Wer ist die geheimnisvolle Frau, die behauptet, Luises Tochter zu sein? Und hat Luise tatsächlich während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeiter auf dem Gut ausgebeutet? Fünf Tage, in denen die Familie mit verborgenen Wahrheiten konfrontiert wird. Fünf Tage, die das Schweigen beenden, das sich jahrzehntelang über alles senkte wie Schnee.“

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Das Buch „Unter dem Schnee“ von Katrin Burseg spielt zwischen den Jahren 1978/1979 zur Zeit der Schneekatastrophe in Norddeutschland und zeigt, wie jahrzehntelang gehütete Geheimnisse eine Familie emotional trennen können.

Es ist der 28. Dezember 1978: Luise von Schwan, welche über mehrere Jahrzehnte eine Baumschule auf dem Familiengut an der Ostsee führte, ist verstorben.
Schon während der Beerdigung braut sich ein Unwetter unvorstellbaren Ausmaßes zusammen: Ein Schneesturm tobt mehrere Tage über das Land. Luises Familie erreicht noch knapp das Familienanwesen, kurze Zeit später sind sie durch Schneemassen von der Außenwelt abgeschnitten – zusammen mit der Köchin Isa und einer unbekannten jungen Frau namens Aimée aus Frankreich. Als diese behauptet, dass sie die gemeinsame Tochter von Luise und einem Zwangsarbeiter ist, holen die Familie jahrzehntelang gehütete Geheimnisse ein und stellen die Welt aller auf den Kopf. Emotional voneinander getrennt, nährt sich die Familie langsam wieder an und bricht das Schweigen.

Mitte September bekam ich vom Diana-Verlag eine Email, in der mir das Buch „Unter dem Schnee“ von Katrin Burseg vorgestellt wurde. Nach lesen des Klappentexts und auch durch das wunderbare, stimmige Cover, war meine Neugier direkt geweckt. Katrin Burseg hat mich schon mit den Büchern „Die Rebellin des Papstes“ (2010) und „Der Sternengarten“ (2013) mit ihrer sehr bildhaften Sprache und interessanten Geschichten begeistert.
Ich fragte direkt ein Rezensionsexemplar an und bekam es dann Ende September zugeschickt. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich beim Diana-Verlag für die Zusendung und Bereitstellung bedanken.

Die Anzahl der Figuren in diesem Buch sind sehr überschaubar, ganz im Gegensatz zu der Tiefe der Psyche der einzelnen Figuren. Immer wieder wurde ich überrascht, wie und weshalb die Personen agieren.
Als eine der ersten Personen lernen wir die Köchin Isa kennen. Mit Luise verband sie mehr als ein reines Dienstverhältnis – die Beiden konnten sich immer blind vertrauen. Nun droht Isa an dem Verlust von Luise zu zerbrechen. Es ist nicht der erste Verlust, den sie zu bewältigen hat. Isa ist mir mit ihrer offenen, aber auch so verletzlichen Art sehr schnell ans Herz gewachsen.
Klementine, Luises jüngere Schwester, ist ein Charakter, den ich so schnell nicht wieder vergessen werde. Was hat diese Frau alles erlebt und durchgemacht. Doch all das Erlebte macht sie größtenteils mit sich selbst aus. Erst nach und nach erfährt ihre Familie, und damit auch der Leser, was in ihrem Leben alles passierte.
Carl und Johann, Klementines Söhne und die Erben der Baumschule, könnten unterschiedlicher nicht sein: Carl ist ein Hitzkopf, er liebt die Klarheit der Zahlen und nimmt auf die Gefühle seiner Mitmenschen keinerlei Rücksicht. Johann dagegen flüchtet sich gerne in die Welt der Bücher, er liebt die Bäume der Baumschule und setzt sich intensiv für den Naturschutz ein. Während ich Johann von Anfang mit seiner etwas schusseligen Art sehr mochte, stieß mich Carls egozentrisches Verhalten sehr ab.
Carolin, Johanns fünfzehnjährige Tochter, probt den Aufstand. Mitten in der Pubertät und ohne Mutter, muss sie ihr Leben leben. Eine große Stütze ist ihr dabei die Köchin Isa, die immer ein offenes Ohr für sie hat und ihre Liebe zu dem fast gleichaltrigen Niki (ein liebenswerter Chaot).
Sybille, eine Journalistin, die von Luise beauftragt wurde, die Chronik des Familienbetriebes zu schreiben, ist tief in die Geheimnisse der Familie von Schwan eingedrungen. Als sie mit den anderen Personen von der Außenwelt abgeschnitten wird, spielt sie mit ihrer Neugier, aber auch mit ihrer Ausgeglichenheit eine große Rolle.
Aimée, die junge Französin hat mich mit ihrer Geschichte sehr bewegt. Ein zutiefst verletzter aber auch kämpferischer Charakter. Ihr und ihrem Vater wurde im Leben nichts geschenkt, sie mussten immer wieder für sich und ihre Ziele kämpfen. Dabei hat Aimée ihr Herz am rechten Fleck behalten und ist selbstlos für andere da.
Auch wenn die eigentliche Hauptfigur des Buches nicht mehr direkt zu Wort kommt, ist sie doch die vielen Erzählungen und Erinnerungen der anderen Charaktere immer präsent: Luise von Schwan. Ihr Leben war nicht leicht, sie musste viele Rückschläge hinnehmen und sich in einer von Männern beherrschten Welt durchsetzen.
Wie bereits erwähnt, hat mich die Tiefe der Charaktere äußerst beeindruckt. Sie entwickeln sich authentisch, machen Fehler und gestehen sich diese auch ein. Mit Charakteren, die Ecken und Kanten haben, hat Katrin Burseg lebensechte und authentische Figuren geschaffen, die ich so schnell nicht mehr vergessen werde. Ihre Geschichten und Erlebnisse haben sie zu den Menschen werden lassen, die sie sind.

Katrin Burseg hat eine ganz wunderbare und bildhafte Sprache. Schon ab der ersten Seite konnte sie mich für die Geschichte begeistern, die sich auf 400 Seiten erstreckt und auf 51 Kapitel aufteilt. Die Kapitel setzten abwechselnd den Schwerpunkt auf einen der Charaktere. Hier erfährt man viel aus der jetzigen Situation der Figur, aber auch über ihre Geschichte. Viele Erlebnisse ließen mich mit einer Gänsehaut zurück und es kam auf keiner Seite Langeweile auf.

Den Hintergrund des Romans „Unter dem Schnee“ bildet die Schneekatastrophe in Norddeutschland 1978. Fünf Tage dauerte der Schneesturm an, machte Autobahnen unpassierbar, sorgte für meterhohe Schneeverwehungen und schnitt ganze Ortschaften von der Außenwelt ab. Die Temperaturen waren im zweistelligen Minusbereich und allein in der BRD starben 17 Menschen an den Folgen der Katastrophe. Viele, vor allem landwirtschaftliche Betriebe erlitten hohe Verluste, aber auch Privatpersonen waren Geschädigte des Unwetters. Eine Koordinierung der Hilfe war anfangs nicht möglich – zum einen waren die Telefonleitungen unterbrochen, zum anderen gab es keine gemeinsamen Funkfrequenzen zwischen Gemeinden, Hilfsorganisationen, Bundeswehr und Stromversorgern. Erst Tage später konnte den eingeschlossenen Menschen und Tieren geholfen werden.
Katrin Burseg hat eigene Erinnerungen an diese Schneekatastrophe, welche sie zu diesem Roman inspiriert haben: Mit ihrer Familie war sie zu dieser Zeit mehrere Tage eingeschneit.
Mit viel Leidenschaft erzählt sie diese Geschichte und fängt auch das Bedrohliche des Sturms und der Schneemassen ein. Bei einigen Szenen und Beschreibungen wurde es mir richtig kalt und ich konnte den tobenden Wind vor den Fenstern hören und spüren.
Geschichtlich arbeitet der Roman die Zwangsarbeit im Dritten Reich auf. In wie vielen deutschen Unternehmen damals Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen beschäftigt waren, lässt sich nicht mehr sagen, aber die Aufarbeitung hat, wenn auch spät, begonnen. In einem ausführlichen Nachwort geht die Autorin näher auf dieses Thema ein. Spannend finde ich auch die Geschichte, wie es den Kindern von Zwangsarbeitern/ Zwangsarbeiterinnen mit Deutschen erging. Diese hatten ein schweres Los und wurden gesellschaftlich geächtet – die Beziehungen waren auch strengstens verboten.
Ein weiteres geschichtliches Thema ist die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten (hier Pommern). Unter schrecklichsten Entbehrungen und Verlusten gelang nur wenigen Menschen die Flucht. In ihrer neuen Heimat angekommen, machten es ihnen die Gesellschaft auch nicht leicht, sich zu integrieren.
Aber auch den Wahnsinn des zweiten Weltkrieges, die anfängliche Euphorie und das böse Erwachen lässt Katrin Burseg gekonnt in ihre Handlung einfließen.
Die große Bandbreite der geschichtlichen Themen und wie die Autorin Geschichte mit Fiktion verbindet, haben mich sehr begeistert. Katrin Burseg hat ganz intensiv und akribisch recherchiert und ein authentisches Bild der verschiedenen Zeiten und der jeweiligen Gesellschaft gezeichnet.
Ein Stammbaum von der Familie von Schwan am Ende des Buches rundet dieses, für mich ganz wunderbare Buch perfekt ab. Ich habe keinerlei Kritikpunkte und werde immer wieder gerne zu den Büchern von Katrin Burseg greifen.

Fazit: Dieses Buch ist ein Highlight. Mit viel geschichtlichen Wissen und ganz wunderbar tief gezeichneten Charakteren hat Katrin Burseg ein Buch geschaffen, welches mich die Zeit vergessen lies. Ich bin völlig in diese spannende, aber doch eher ungewöhnlichen Geschichte abgetaucht. Unbedingt lesen!

*Kennzeichnung, da Produktnennung eines kostenlosen Rezensionsexemplars. Meine Meinung wurde nicht beeinflusst – dieser Artikel muss aber als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Hafenschwester – Als wir an die Zukunft glaubten“

von Melanie Metzenthin

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Erschienen am 30. August 2021 im Diana-Verlag

ISBN: 978-3-453-29246-8

https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Die-Hafenschwester-3-/Melanie-Metzenthin/Diana-Verlag/e579561.rhd


Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Diana-Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen.
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplar muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Meine Rezensionen zu den vorherigen Teilen der Reihe findet ihr hier:
Teil 1: „Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten“
Teil 2: „Die Hafenschwester – Als wir wieder Hoffnung hatten“

Klappentext:
Der Erste Weltkrieg ist zu Ende. Martha und Paul haben während der Inflation 1923 alle Ersparnisse verloren und die finanzielle Lage ist prekär. Ihre Tochter Ella will unbedingt Ärztin werden, muss ihren Traum jedoch zunächst auf Eis legen und die Familie unterstützen. Sie tritt in die Fußstapfen ihrer Mutter und beginnt eine Schwesternausbildung. Dann kommen die Nazis an die Macht. Ella fiebert dem Studium entgegen, doch die Einschreibung an der Universität wird ihr untersagt. Als die Familie in eine schreckliche Lage gerät, ruhen alle Hoffnungen auf dem jüngsten Sohn Fredi. Er macht bei der Mordkommission Hamburg Karriere. Und lässt sich auf einen gefährlichen Pakt mit der Gestapo ein …“

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Das Buch „Die Hafenschwester – Als wir an die Zukunft glaubten“ von Melanie Metzenthin ist der dritte und abschließende Teil der Reihe um Martha Studt und ihre Familie in Hamburg im 20. Jahrhundert.

November 1923: Am Ende des Schicksalsjahr der jungen Weimarer Republik herrschen Hyperinflation, Hunger und Verzweiflung. Martha ist nach wie vor in Hamburg unterwegs, um den Armen zu helfen. Doch die Hyperinflation hat auch ihr und ihrer Familie die kompletten Ersparnisse genommen – damit ist ihre finanzielle Lage sehr schlecht.
Ihr Sohn Rudi beginnt ein Jura-Studium, Tochter Ella möchte unbedingt Ärztin werden. Doch ein Zwischenfall sorgt dafür, dass Ella ihr Studium zurückstellen muss und erst mal eine Schwesternausbildung beginnt.
Fredi, Marthas jüngster Sohn, geht zur Mordkommission und macht dort Karriere. Als die Nationalsozialisten an die Macht kommen, wird Ella das Studium verwehrt und die Familie Studt droht auseinander gerissen zu werden.

2019 erschien der erste Teil um die „Hafenschwester“. Diesen habe ich mit großer Begeisterung gelesen, da mich Melanie Metzenthin mit ihrer bildhaften Sprache und ihren authentischen Charakteren überzeugen konnte. Auch der zweite Teil, der 2020 erschien, stand dem ersten Teil in nichts nach. Ich freute mich sehr auf den dritten Teil, auch wenn Wehmut mitschwang, dass eine wunderbare Buchreihe damit ein Ende findet.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Diana-Verlag, die mir das Buch über das „Bloggerportal“ als kostenloses Rezensionsexemplar zugeschickt haben.

Viele liebgewonnene Personen spielen in diesem Buch wieder mit. An erster Stelle ist hier die wundervolle Martha zu nennen. Eine Frau, die sich und ihrer Familie immer treu bleibt – auch in schwierigen Zeiten. Sie ist immer für andere da und hilft, wo sie kann. Marthas authentische Entwicklung, von einem jungen Mädchen im ersten Teil, zu einer gestandenen Frau im dritten Teil, hat mich sehr begeistert und ich habe das Gefühl, dass Martha mir zu einer Freundin, zu einer Vertrauten wurde. Ich werde sie und ihre Geschichte nie vergessen.
Unverrückbar an Marthas Seite steht Paul. Körperlich gezeichnet vom Krieg, aber innerlich stark und unerschütterlich. Er sagt Menschen in seiner Umgebung ganz klar seine Meinung und verstellt sich nicht. Zusammen mit Martha bildet er eine Einheit, sie lassen sich nicht unterkriegen und sind immer füreinander und für ihre Familie da.
Aus Marthas und Pauls Kindern sind mittlerweile junge Erwachsene geworden, die ihren Weg gehen – liebevoll aber auch streng begleitet von ihren Eltern.
Rudi, der zu Anfang der Geschichte noch seinen Platz im Leben sucht und sich mitunter sehr von seiner Eltern zurückgesetzt fühlt, obwohl sie immer nur sein Bestes wollen, macht eine glaubwürdige Entwicklung durch. Manchmal hätte ich ihn gerne wegen seines sehr engstirnigen Verhaltens geschüttelt.
Ella ist eine sehr zielstrebige junge Frau, die leider immer wieder ausgebremst wird. Sie macht ihrem Unmut immer direkt Luft und lässt sich nicht unterkriegen – auch als ihr Medizinstudium in weite Ferne rückt. Sie geht immer mit offenen Augen durch die Welt und lässt sich nicht einschüchtern.
Fredi, eigentlich Alfred, ist der jüngste Sohn von Martha und Paul. Er weiß schon recht früh, was er im Leben erreichen möchte und hat mich mit seiner selbstlosen Art absolut begeistert und entwickelte sich zu meinem persönlichen Liebling. Ähnlich wie Ella sieht er Ungerechtigkeiten und handelt – auch wenn es für ihn ungemütlich und gefährlich wird.
Marthas Bruder Heinrich, seine Frau Li-Ming, ihre Kinder Arthur und Lilli und Marthas Vater stehen in diesem Teil wieder eng an Marthas Seite. Zusammen stehen sie vieles durch und sind sich gegenseitig eine große Stütze in schwierigen Zeiten.
Es gibt noch einige Figuren, die neben diesen Hauptfiguren agieren. Hier ist vor allem die junge Henny, Fredis Frau zu nennen. Anfangs von vielen unterschätzt, hält sie doch vieles in der Familie zusammen und ist für Fredi der Fels in der Brandung.
Aber auch Figuren, die nur am Rande vorkommen, hat Melanie Metzenthin mit sehr viel Feingefühl zum Leben erweckt. Sie hat Charaktere mit Ecken und Kanten geschaffen und zusammen mit den Hauptfiguren bilden sie ein glaubhaftes Bild der Gesellschaft der Weimarer Republik und des dritten Reiches ab. Sie erzählt die Geschichte(n) der kleinen Leute.

Mit ihrem bildgewaltigen und detaillierten Sprachstil hat mich Melanie Metzenthin gleich von der ersten Seite an in die Geschichte gezogen. Auch wenn ich den zweiten Teil vor etwa einem Jahr gelesen habe, hatte ich keine Probleme wieder in der Geschichte reinzukommen und zu folgen. Melanie Metzenthin erzählt auch einiges aus den ersten beiden Teilen wieder, somit konnte ich mich gut an einige Geschehnisse erinnern, die nicht mehr ganz so präsent waren.

Den historischen Hintergrund bildet anfangs die Weimarer Republik, später dann das Dritte Reich und dann der Zweite Weltkrieg.
Es wird klar, wie das Schicksalsjahr 1923 die Weimarer Republik zum Scheitern verurteilte und die Menschen, dank des Versailler Vertrags, Reparationszahlungen und der draus resultierenden Hyperinflation das Vertrauen in die noch junge Republik schnell wieder verloren. Die Hyperinflation fraß vielen Menschen das mühselig ersparte Geld weg – es war nichts mehr wert.
Der Versailler Vertrag und die dort festgesetzten Reparationszahlungen von Deutschland an die Siegermächte ließen viele Menschen erschaudern. Nach dem Young Plan aus dem Jahr 1928 sollten diese Zahlungen bis in das Jahr 1988 stattfinden – eine unendlich lang erscheinende Zeit.
All dies ebnete den Weg für die Nationalsozialisten und dem Dritten Reich – der Diktatur.
Melanie Metzenthin hat die geschichtlichen Hintergründe akribisch recherchiert und beschreibt die Entwicklung von einer Demokratie zur Diktatur sehr bildhaft und verständlich anhand der Geschichte der kleinen Leute.
Sie zeigt zudem die ganze Gräuel der Judenverfolgung und die Auslöschung „unwerten Lebens“ durch die Nationalsozialisten. Bei einigen Szenen, auch bei den Verhörmethoden der Gestapo, lief es mir kalt den Rücken runter und ich musste das Buch kurz zur Seite legen.
Der Ausbruch und Verlauf des Zweiten Weltkriegs, vor allem die „Operation Gomorrha“, bei der Hamburg von der Britischen und US-Amerikanischen Luftwaffe unter Beschuss genommen wird und in einem gewaltigen Feuersturm Zehntausende Menschen ihr Leben verlieren und Hunderttausende obdachlos werden, erzählt Melanie Metzenthin sehr eindringlich und bildgewaltig.
Doch trotz aller Gräuel und Grausamkeiten schwingt auf jeder Seite des Buches die Hoffnung der Charaktere auf eine bessere Zukunft mit.

Fazit: Was für ein Finale! In diesem Buch ist einfach alles drin: Tolle Charaktere, Historie, Intrigen, Spannung, Liebe, Hoffnung, Krieg und Zusammenhalt. Diesen Teil empfand ich als den stärksten und intensivsten Teil einer absolut empfehlenswerten Reihe.
Lasst euch diese 700 Seiten pures Lesevergnügen nicht entgehen.

* Kennzeichnung, da Produktnennung eines kostenlosen Rezensionsexemplars. Meine Meinung wurde nicht beeinflusst – dieser Artikel muss aber als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Schwestern vom Ku’damm – Ein neuer Morgen“

von Brigitte Riebe

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Erschienen am 14. September 2021 im Rowohlt-Verlag (Wunderlich-Verlag)
ISBN: 978-3805200677


https://www.rowohlt.de/buch/brigitte-riebe-die-schwestern-vom-ku-damm-ein-neuer-morgen-9783805200677

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt-Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen.
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplar muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Meine Rezensionen zu den vorherigen Teilen der Reihe findet ihr hier:
Teil 1: „Die Schwestern vom Ku’damm – Jahre des Aufbaus“
Teil 2: „Die Schwestern vom Ku’damm – Wunderbare Zeiten“
Teil 3: „Die Schwestern vom Ku’damm – Tage der Hoffnung“
Teil 4: „Weihnachten am Ku’damm“

Klappentext:
Berlin, 1966: Die geteilte Stadt ist ebenso im Umbruch wie das Modekaufhaus Thalheim am Ku′damm. Die Jugend rebelliert, die Röcke werden kürzer, doch Chef-Designerin Miriam Feldmann hat alle Mühe, Kaufhaus-Patriarch Friedrich davon zu überzeugen, dass die Frauen nun Knallfarben statt Pastell tragen wollen. Wenigstens ihr Privatleben läuft in gewohnt ruhigen Bahnen. Ihren Platz in der Familie Thalheim hat sie gefunden, Adoptivtochter Jenny wächst zu einer klugen jungen Frau heran. Als Miriam, die nie eigene Kinder bekommen konnte, mit Anfang vierzig schwanger wird, ist plötzlich auch ihr eigenes Leben im Umbruch. Dann begegnet sie einem Mann wieder, den sie im Krieg kennenlernte. Die Begegnung führt sie zu den dunkelsten Stunden ihres Lebens zurück …

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Das Buch „Die Schwestern vom Ku’damm – Ein neuer Morgen“ von Brigitte Riebe ist der fünfte Teil um die Kaufhaus-Familie Thalheim in Westberlin und zeigt, wie gesellschaftliche Umbrüche in den 1960er Jahren auch vor dieser Familie nicht halt machen.

Es ist das Jahr 1966 in Westberlin: Das Kaufhaus Thalheim muss sich neu erfinden. Immer mehr Kunden wandern in andere Geschäfte ab. Kaufhausgründer Friedrich, inzwischen sehr betagt, muss sich so den Ideen seiner vier Töchter stellen: Eine völlige Umgestaltung seines geliebten Kaufhauses.
Miri Feldmann, inzwischen Chef-Designerin im Modehaus Thalheim, erfährt ein unfassbares Glück: Mit Anfang vierzig wird sie schwanger. Ihr bisher ruhiges Leben mit ihrem Mann und ihrer pubertären Adoptivtochter Jenny gerät in einen völligen Umbruch.
Als Miri dann auch noch auf einen Mann trifft, den sie aus Kriegszeiten kennt, wird sie von ihrer Vergangenheit eingeholt. Aber auf eines kann sie sich immer verlassen: Ihre Familie.
Zwischen der Studentenbewegung der 1960er Jahren, Gesellschaftsumbrüchen und vielen kleinen familiären Streitigkeiten geht die Familie Thalheim ihren Weg.


Ich habe die 50er-Jahre-Reihe von Brigitte Riebe, die in den Jahren 2018, 2019 und 2020 erschien sehr gerne gelesen und war nach dem dritten Teil sehr traurig, dass die Reihe wohl beendet war. Die vielfältigen Charaktere der Familie Thalheim, mit all ihren Eigenheiten und Gewohnheiten sind mir sehr ans Herz gewachsen. Im Oktober 2020 erschien dann der Teil „Weihnachten am Ku’damm“, eine kleine feine Geschichte, die zeitlich zwischen dem ersten und zweiten Teil angesiedelt ist.
Als Brigitte Riebe ankündigte, dass sie auch noch Miris Geschichte erzählen möchte, und damit aus der Quadrologie eine Quintologie wird, war ich sehr glücklich und es war klar, dass ich auch diesen fünften Teil unbedingt lesen wollte.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Wunderlich-Verlag (Rowohlt), die mir das Buch als kostenloses Rezensionsexemplar zugeschickt haben.

Von der ersten Seite an war ich wieder in der Geschichte angekommen und freute mich, die liebgewonnen Charaktere der Familie Thalheim wieder zu treffen.
Im Zentrum der Geschichte steht diesmal Miri. Als uneheliche Tochter von Friedrich kam sie erst später in den Kreis der Familie Thalheim. Ihre Mutter war Jüdin und wurde während des NS-Regimes von den Nationalsozialisten verfolgt und getötet. Miri überlebte als „jüdisches U-Boot“ nur knapp und mit vielen Entbehrungen. Den Koffer, mit den Schnittmustern ihrer Mutter, hat sie aber über all die vielen Jahre nie aus den Händen gegeben.
Miri hat mich mit ihrer von Schrecken geprägten Vergangenheit sehr berührt: Wie viel Leid, wie viel Trauer kann ein Mensch ertragen, ohne selbst dadurch gebrochen zu werden? Miri gibt sich nicht auf, sie kämpft für sich und schafft es zu überleben.
Über 20 Jahre später ist Miri eine aufrechte Frau, welche die Familie Thalheim mit ihrem großen Herzen zusammenhält. Sie ist immer für andere da, hört zu, gibt Ratschläge, nimmt aber auch gerne Hilfe an. Doch ihre Vergangenheit kann sie nicht vergessen, immer wieder zieht es sie in gedankliche Abgründe. Nur langsam kann sie sich ihrer Familie öffnen und von ihrer schlimmen Vergangenheit erzählen.
Ich mochte Miris ehrliche und starke, aber so leicht verletzbare Art schon seit dem ersten Teil. Ihr wurde in ihrem Leben nichts geschenkt, sie erarbeitet sich alles mit Fleiß und Mut. Brigitte Riebe beschreibt Miri und ihre Geschichte sehr glaubwürdig und lebensecht. Miri hat mich mit ihrem Lebensmut sehr inspiriert. Die sehr eindringlich geschriebenen Passagen aus Miris Vergangenheit brachten mich das ein oder andere Mal zum frösteln.
Sie ist ein ehrlicher Charakter, welcher auch mal Fehler macht, sich diese aber auch eingesteht und dann alles daran setzt, diese Fehler aus der Welt zu schaffen.
Die anderen Familienmitglieder der Familie Thalheim haben mich auch alle wieder mit ihrer Vielfältigkeit, ihren Geheimnissen und Verschwörungen begeistert: In dieser Familie wird gestritten, gelacht und geweint – ein bunter Blumenstrauß an unterschiedlichsten Charakteren, die aber doch eine unerschütterliche Einheit bilden.

Ohne Wenn und Aber gehörte sie zu dieser starken, wunderbar sturen, manchmal auch ziemlich bekloppten Thalheim-Sippe, die sich ab und zu zwar ordentlich zoffen konnte, aber füreinander einstand, sobald es eng wurde.“
[S. 150, Z.26 – 29]

Jeder einzelne Charakter dieser Familie hat sich authentisch weiterentwickelt, haben aber alle ihre Eigenheiten behalten. Brigitte Riebe hat Figuren geschaffen, die ich nie wieder vergessen werde und zu meinem Leben dazugehören, als würde ich sie persönlich kennen.

Wie bei all ihren Büchern hat mich Brigitte Riebe mit ihrer bildgewaltigen Sprache völlig in die Geschichte gezogen. Viele persönliche Konflikte der Figuren sind in große geschichtliche Ereignisse eingebettet – diese geschichtlichen Ereignisse wurden so lebendig und spannend geschildert, dass ich das Gefühl hatte, dabei gewesen zu sein.
Ein Konzert von Jimi Hendrix hat Brigitte Riebe mit einer solchen Energie beschrieben, die mich komplett mitnahm. Ich wollte das Buch nur noch ungern aus den Händen legen und flog nur so durch die Seiten und die Geschichte. Ich mag alle bisherigen Teile der Reihe sehr gerne – dieser Teil hat mich aber doch am meisten berührt und auch inspiriert.

Den geschichtliche Hintergrund bildet Westberlin den 1960er Jahren: Der große wirtschaftliche Aufschwung, das Wirtschaftswunder der 50er Jahre war vorbei. Die Arbeitslosenzahlen stiegen, es wurde weniger investiert, mehr produziert als verkauft.
Die westdeutsche Studentenbewegung zog in der Gesellschaft weite Kreise und wurde von der ‚Spiegel-Affäre‘ weiter befeuert: Kritische Mitarbeiter des ‚Spiegels‘ sahen sich der Strafverfolgung wegen Landesverrat ausgesetzt. Polizeiliche Maßnahmen brachten Teile der Bevölkerung, vor allem aber Studenten auf die Straße, welche einen Angriff auf die Pressefreiheit sahen.
Als am 02. Juni 1967 der Student Benno Ohnesorg auf einer Demonstration gegen den Staatsbesuch des Schah Mohammad Reza Pahlavi erschossen wurde, gab es kein Halten mehr: Die Studentenbewegung breitete sich bundesweit aus und radikalisierte sich.
Der musikalische Soundtrack der 1960er Jahre ist geprägt von „The Beatles“, „The Rollings Stones“, Jimi Hendrix und vielen mehr. Die Jugendlichen lehnen alte Konventionen in vielen Bereichen (z.B. in Sachen Sexualität, Rollenbilder, Familien) ab, was unweigerlich zu starken Konflikten mit der Elterngeneration führt.
Brigitte Riebe bettet ihre Geschichte um die fiktive Familie Thalheim gekonnt in diese historischen Hintergründe ein, welche sie akribisch recherchiert hat, aber auch selbst erlebt hat.

Fazit: Das Buch ist der sehr berührende fünfte Teil einer wundervollen Buchreihe, welche ich nie wieder vergessen werde.
Mit großer Leidenschaft und viel Wissen erzählt Brigitte Riebe aus einer spannenden und von Umbrüchen geprägten Zeit. Für mich persönlich ist dieses Buch der stärkste Teil der Quintologie.

*Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt-Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar erhalten. Ich habe für diese Rezension aber keine finanzielle Gegenleistung bekommen – sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplar muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Eine Familie in Berlin – Paulas Liebe“

von Ulrike Renk

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Erschienen am 16. August 2021 im Aufbau-Verlag
ISBN: 978-3-7466-3555-2


https://www.aufbau-verlag.de/index.php/eine-familie-in-berlin.html

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Aufbau-Verlag über die Agentur „ehrlich & anders“ als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen .
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.

Klappentext:
Berlin, Ende des 19. Jahrhunderts. Sie nennen ihn „Merlin“, weil er alle verzaubert – der Mann, den ihr Bruder ihr als seinen Freund vorstellt. Paula Oppenheimer, die in einem offen jüdischen Haushalt groß geworden ist, verliebt sich in den jungen Dichter Richard Dehmel. Er verkehrt mit vielen Literaten und will als Künstler leben. Paula wird zu seiner Muse und zur strengen Kritikerin seiner Texte. Als sich ihre Eltern gegen ihre Verbindung stellen, kämpft Paula für ihre Liebe. Doch dann muss sie sich fragen, ob Richards wilde, unkonventionelle Art sie auf Dauer glücklich machen kann … Das Porträt einer Künstlerin in unruhigen Zeiten: Am Anfang war sie die Ehefrau des Dichters Richard Dehmel – dann wurde sie selbst zur Schriftstellerin.“

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Das Buch „Eine Familie in Berlin – Paulas Liebe“ von Ulrike Renk beschreibt die Lebensgeschichte der Paula Oppenheimer, die sich im ausgehenden 19. Jahrhundert in den Dichter und Schriftsteller Richard Dehmel verliebt.

Berlin im Jahre 1878: Auch wenn die finanziellen Möglichkeiten der Familie Oppenheimer begrenzt sind, werden die vier Geschwister Paula, Franz, Elise und Carl von ihren Eltern liebevoll und bildungsorientiert erzogen.
Als Tante Auguste vorschlägt, Paula zu sich zu nehmen, als Gesellschafterin auszubilden und damit ihre Schwester finanziell zu entlasten, fällt Paula die Entscheidung alles andere als leicht: Sie hängt an ihrem Elternhaus und an ihrem Bruder Franz, mit welchem sie eine innige Verbindung teilt.
Sie zieht zu ihrer Tante und ihr eröffnet sich eine neue Welt: Sie besucht Opern, nimmt an literarischen Salons teil, vertieft ihr Klavier-Spiel und fährt zur Sommerfrische an die Ostsee.
Doch dann tritt Richard Dehmel in ihr Leben. Die zarte Paula verliebt sich Hals über Kopf in den charismatischen Mann. Doch ihre Liebe steht auf wackligen Beinen und weckt in Paulas Familie keine Stürme der Begeisterung.

Am 09. August erhielt ich von der Agentur „ehrlich & anders“ eine Anfrage, ob ich das neue Werk von Ulrike Renk als Rezensionsexemplar erhalten möchte. Bisher hatte ich von der Autorin noch kein Buch gelesen, was ich aber schon längst ändern wollte. Also sagte ich zu, da der Klappentext und auch das wunderschöne und stimmige Cover mein Interesse weckten. Die Namen Paula Oppenheimer und Richard Dehmel sagten mir nichts und dadurch versprach mir das Buch neue Erkenntnisse.
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich beim Aufbau-Verlag und bei der Agentur „ehrlich & anders“ für das liebevolle und wunderschöne Päckchen bedanken, welches mich erreichte.

In diesem Buch spielen eine Menge an unterschiedlichen Charakteren mit, die mich aber alle mit ihrer authentischen Zeichnung überzeugen konnten. Einige der Figuren sind historisch und werden von Ulrike Renk gekonnt zu Leben erweckt.
Paula, die Hauptfigur des Buches und historisch belegt, ist zu Beginn der Handlung ein junges Mädchen von knapp 16 Jahren. Ich schloss sie schnell ins Herz, sie ist eine sehr zarte Person , die auch immer wieder von ihrer Krankheit zurückgeworfen wird und sich im Laufe der Zeit selbst findet. Sie ist stets für andere da und hat immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Probleme der Menschen in ihrem Umfeld, nimmt aber auch gerne Hilfe an. Als Richard Dehmel in ihr Leben tritt, verändert sich Paula. Sie setzt sich störrisch bei ihrer Familie für eine Ehe mit Richard durch. Ulrike Renk hat die Lebensgeschichte von Paula Dehmel und die ungesunde Liebe zu Richard detailreich und farbenfroh nacherzählt
Tante Auguste ist Paula eine Vertraute und ihre Förderin. Sie ist kinderlos, was sie sehr mitnimmt, trotzdem lebt sie ein gutes und sorgenfreies Leben. Anfangs fiel es mir etwas schwer, sie einzuordnen, doch dann mochte ich ihre ehrliche und direkte Art sehr. Zudem entwickelt sie sich weiter und nimmt auch gerne Tipps von ihrer Nichte Paula an. Die Beiden ergänzen sich gut – sie helfen sich gegenseitig und sind immer füreinander da.
Toni und Julius, Paulas Eltern, konnte ich anfangs auch nicht richtig fassen. Einerseits sind sie sehr streng, auf der anderen Seite tun sie alles für ihre Kinder und stehen zu ihnen. Zwischen Toni und ihrer Schwester Auguste steht schon seit Ewigkeiten die Eifersucht, welche ihnen immer wieder das Leben schwer macht und auch in Paula das Gefühl erzeugt, zwischen den Stühlen zu sitzen.
Die Geschwister von Paula sind auch wunderbar und authentisch gezeichnet. Hier ist an erster Stelle Franz zu nennen, Paulas „Seelenbruder“. Sie teilen ihre Sorgen und ihre Ängste und verlieren nie den Kontakt zueinander, auch wenn Franz im fernen Freiburg studiert. Mein Liebling bei den Geschwistern Oppenheimer ist aber der junge Carl: Ungestüm und mit kindlichen Übermut entdeckt er die Welt von damals und wir nehmen diese durch seine Kinderaugen wahr. Elise ist eher unscheinbar.
Richard Dehmel, welcher erst in der zweiten Hälfte des Buches erscheint, ist ein Charakter, welcher es mir überhaupt nicht leicht machte. Auf der einen Seite tat er mir leid, da Paulas Familie ihn nicht akzeptiert, er immer wieder abwarten muss… aber auf der anderen Seite stieß mich sein Verhalten Paula gegenüber so ab. Er ist völlig von sich und seinem Können überzeugt und lebt in seiner eigenen Welt. Er sieht nur sich, ist ein Narzisst, der viele Menschen in seiner Umgebung blendet und versucht zu manipulieren. Ich empfand seine Art als sehr unangenehm und hätte ihn gerne das ein oder andere mal geschüttelt.
Phine, eine Freundin von Paula, macht eine große Entwicklung durch und hat mich mit ihrer Lebensgeschichte sehr beeindruckt.
Um diese Hauptfiguren agieren noch einige Nebenfiguren, die mir aber alle sehr gut gefallen haben, da sie ebenfalls authentisch und lebensecht daher kommen. Das Personal, welches vorwiegend mit Berliner Mundart redet, lockerte viele angespannte Situationen wieder angenehm auf.
Was mir gefehlt hat, war ein Personenregister am Anfang des Buches, da ich ab und zu mit den Figuren durcheinander kam.

Ulrike Renk hat eine sehr angenehme, ruhige und auch bildhafte Sprache. Detailliert und liebevoll beschreibt sie Paulas Leben, ohne das es langweilig wird. Ganz besonders haben mir die Passagen an der Ostsee gefallen. Ich hatte das Gefühl, das Meer zu riechen und zu spüren und mit Paula zu entdecken. Im weiteren Verlauf des Buches hat die Autorin viele Briefe und Gedichte von Paula und Richard eingebunden. Das machte für mich einen besonderen Reiz des Buches aus, da die Geschichte durch diese Gedanken noch lebendiger und greifbarer wurde.
Während die Handlung der ersten Hälfte des Buches eher ruhig und bedächtig ist, wurde es in der zweiten Hälfte turbulent. Ich wollte das Buch dann nicht mehr aus den Händen legen und las bis spät in die Nacht.

Den historischen Hintergrund des Buches bilden die späten Jahre des 19. Jahrhunderts. Die Industrialisierung verändert das Leben der Menschen und das Antlitz der Städte: Mehrfamilienhäuser entstehen, Automobile erobern die Straßen und der Smog der Industrie nimmt vielen Menschen die Luft zum Atmen. Nicht viele konnten dieser schlechten Luft entgehen und ans Meer zur ‚Sommerfrische‘ aufbrechen.
Die Gesellschaft ist gespalten: In den Arbeitervierteln herrscht bittere Armut, die Reichen der Gesellschaft werden immer reicher. Paulas Familie steht zwischen diesen beiden Schichten: Nicht arm, aber auch nicht reich.
Frauen durften in dieser Zeit nicht studieren und mussten sich ganz die Abhängigkeit der Männer begeben. Erst im Jahr 1896 wurden Frauen als Gasthörerinnen an Unis zugelassen, wobei davor auch schon Frauen mit einer Sondergenehmigung studieren durften – aber nicht promovieren. Dies war ihnen erst mit dem Gasthörerinnen-Zugangsrecht möglich. 1908 wurde den Frauen das Studium in Preußen allgemein erlaubt. Paula ist über diesen Zustand sehr betrübt und beneidet ihren Bruder Franz, für den beruflich alle Türen offen stehen.

Fazit: Das Buch „Eine Familie in Berlin – Paulas Liebe“ von Ulrike Renk entführt den Leser/ die Leserin mit einer detaillierten und liebevollen Sprache, einem akribisch recherchierten Hintergrund und authentischen Charakteren in vergangene Zeiten. Die Lebensgeschichte von Paula Dehmel hat mich bestens unterhalten, die Liebesbeziehung zu Richard Dehmel auch teilweise verstört.
Es wird definitiv nicht mein letztes Buch der Autorin sein. Ich freue mich jetzt schon auf den zweiten Teil, der im Februar 2022 erscheint.

*Kennzeichnung, da Produktnennung eines kostenlosen Rezensionsexemplars. Meine Meinung wurde nicht beeinflusst – dieser Artikel muss aber als Werbung gekennzeichnet sein.

Ein liebevoll gepacktes Päckchen


„Die Alster-Schule – Jahre des Widerstands“

von Julia Kröhn

[Werbung*]

Erschienen am 16. August 2021 im Blanvalet-Verlag

ISBN: 978-3-7341-0965-2


https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Die-Alster-Schule-Jahre-des-Widerstands/Julia-Kroehn/Blanvalet/e574940.rhd

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Blanvalet-Verlag über das Bloggerportal.de als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen .
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.

Klappentext:
Hamburg im Zweiten Weltkrieg: Das Heulen der Sirenen liegt über der Stadt, Hamburger Juden werden scharenweise deportiert und Abiturienten möglichst schnell an die Front geschickt. Wo gerade noch anschaulicher, lebendiger Unterricht gehalten wurde, ist wieder Zucht und Ordnung eingekehrt. Die einstigen Bildungsideale scheinen verloren. Doch während sich Emil und Anneliese dem NS-Regime andienen, bleibt Felicitas ihren Werten unverrückbar verbunden. Als sie ehemaligen Schülern wiederbegegnet, aus denen mittlerweile Studenten geworden sind, kommt ihr ein Flugblatt aus München in die Hände, das neue Hoffnung macht. Und eine radikale Entscheidung verlangt …“

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Das Buch „Die Alster-Schule – Jahre des Widerstands“ von Julia Kröhn ist ein eindrucksvolles Buch über den Widerstand gegen das NS-Regime in Hamburg und über die menschenunwürdigen Zustände in Konzentrationslagern.

Im November 1938 ist für den ehemaligen Deutschlehrer Levi nichts mehr, wie es einmal war: Er wird, da er Jude ist, in ein KZ verbracht und muss dort unter furchtbaren Umständen um sein Leben kämpfen.
Währenddessen kämpft Levis Freundin Felicitas einen anderen Kampf: Sie darf zwar noch unterrichten, muss sich aber an die Unterrichtsinhalte halten, die das NS-Regime vorgibt: Rassenlehre und Inhalte von Werken erwünschter Autoren. Klassen werden zusammengelegt, auf die einzelnen Schüler wird nicht mehr eingegangen – die Reformpädagogik liegt in Scherben. Doch sie gibt nicht auf und findet in dem Buchhändler Paul einen Vertrauten. Zusammen gründen sie einen Kreis aus Menschen, die sich gegen das Regime stellen. Als dann ein Flugblatt aus München die Runde macht, schöpfen alle neue Hoffnung, auf ein baldiges Ende des Regimes – doch dieses Flugblatt bringt auch alle in große Gefahr.
Anneliese, Felicitas ehemalige beste Freundin, führt eine sehr lieblose Ehe mit Emil – Felicitas Vorgesetzter. Nur das kleine Mädchen Elly hält Anneliese aufrecht – doch auch dieses Mädchen ist in großer Gefahr.

Julia Kröhn ist eine meiner absoluten Lieblingsautorinnen. Seit ich vor etwa eineinhalb Jahren das Buch „Riviera – Der Traum vom Meer“ und „Riviera – Der Weg in die Freiheit“ gelesen habe, ist meine Begeisterung für diese Autorin noch einmal gestiegen. Sie erzählt Geschichten und Geschichten mit einer solchen Leichtigkeit, aber auch mit einer Authentizität und starken Charakteren, die mich immer wieder begeistern. Als der erste Teil „Die Alster-Schule – Zeit des Wandels“ angekündigt wurde, war mein Interesse daher sofort geweckt – meine Rezension findet ihr hier: https://buechertanz.de/?p=2190
Ich habe es mit großer Begeisterung gelesen und fieberte schon den zweiten Teil entgegen. Ich wollte unbedingt wissen, wie es mit den Protagonisten, der Geschichte und der Alster-Schule weitergeht.
Über das ‚Bloggerportal von Randomhouse‘ bewarb ich mich um ein Exemplar und bekam es vom Blanvaet-Verlag zugeschickt – an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön für die Bereitstellung und Zusendung des Rezensionsexemplars.

Einige der Figuren in diesem Buch sind historische Figuren, viele sind aber fiktiv. Doch eines haben alle Figuren gemeinsam: Julia Kröhn hat sie, egal ob Haupt- oder Nebenfigur, lebensecht und authentisch beschrieben. Sie haben ihre Ecken und Kanten und konnten mich des Öfteren mit ihren Handlungen und ihren Denkweisen überraschen, aber auch teilweise abstoßen.
Felicitas ist die Figur, um die sich die Handlung des Buches dreht: Sie steht für ihre Ideale und Denkweisen ein und bringt sich dabei selbst in Gefahr. Wie im ersten Teil der Reihe hat mich ihre Stärke sehr beeindruckt.
Levi, Felicitas Freund, ist für mich persönlich die stärkste Figur in diesem Buch. Er wird im Laufe der Handlung in verschiedene KZs verbracht, kämpft dort unter furchtbaren Umständen um sein Leben, aber er gibt sich nicht auf. Er zeigt so viel Stärke, und steht immer wieder auf, wenn er fällt. Und er fällt oft.
Emil, der Schulleiter der Alster-Schule machte es mir, genau wie seine Frau Anneliese, nicht leicht. Einerseits haben die Beiden ihre guten Seiten, aber sie schlagen leider die falsche Richtung ein. Eindrucksvoll zeigt Julia Kröhn, dass sich Menschen aber auch ändern können. Anneliese muss ihren Weg im Leben erst noch finden, lässt sich leicht beeinflussen und läuft einfach mit. Von vielen als ‚dumm‘ bezeichnet, muss sie sich behaupten und zeigt, dass sie auch anders kann. Emil hingegen ist nach außen hin ein sehr starker Mensch, in seinem Inneren muss er aber auch mit Widersprüchen kämpfen.
Paul, ein ehemaliger Schüler von Felicitas, ist nun Buchhändler und mit Leib und Seele im Widerstand aktiv. Auch seine Geschichte und seine ehrlichen Charakterzüge haben mich sehr beeindruckt.
Es gibt noch einige Charaktere, die am Rande mitspielen, viele hatte ich einfach nur gern, bei einigen musste bei ihren Denk- und Sichtweisen und Argumenten sehr schlucken. Julia Kröhn zeichnet mit ihren vielfältigen Figuren ein sehr authentisches Bild der Gesellschaft zu dieser Zeit: Von glühenden Verehrern des NS-Regimes, von verklärten Mitläufern und den passiven und aktiven Widerständlern ist alles dabei.

Wie beim ersten Teil hat mich Julia Kröhn wieder ab der ersten Seite mit ihrem poetischen, aber auch bildhaften Sprachstil mit in die Geschichte genommen. Sie erzählt so mitreißend, aber auch schonungslos aus dieser Zeit. Vor allem die Passagen, die im Konzentrationslager spielen, haben mir die Tränen in die Augen getrieben und mich fassungslos zurückgelassen. Meiner Meinung nach, sollte dieses Buch in Schulen gelesen werden, da es ein Buch gegen das Vergessen ist. Nie wieder darf so etwas passieren.

Kindern Deutsch beizubringen, und dass diese Sprache trotz allem überaus schön sein kann, ist auch eine Form des Widerstands. Wir müssen ihnen beibringen, dass sie einander brüderlich zugetan bleiben sollen, dass wir niemals aufgeben, dass es eine Zeit… danach geben wird. Nicht alle werden diese erleben, aber wenn es ein paar wenige sind und die dann noch Menschen, wenn sie nicht nur vom Grässlichen, was hier geschieht, Zeugnis ablegen, sondern auch von dem Schönen, Wahren und Guten, haben wir gewonnen.“
[S. 205, Z. 22 – 30]

Der stimmige Titel des Buches bezieht sich also nicht nur auf den Widerstand , der mit der ‚Weißen Rose‘, den ‚Edelweißpiraten‘ und weiteren Widerstandsorganisationen in Verbindung gebracht wird, sondern eben auch dem Widerstand in Konzentrationslagern.

Der geschichtliche Hintergrund bilden die Jahre von 1938 bis 1947: Die Nationalsozialisten sind an der Macht und teilen die Menschen und die Gesellschaft auf. In ihren Augen unwertes Leben wird vernichtet, Juden, Homosexuelle und Widerständler außer Landes oder in Konzentrationslager verbracht. In München finden sich Studenten zusammen und bilden die Widerstandsorganisation „Weiße Rose“, deren Flugblätter den Weg nach Hamburg finden und dort für eine Gründung der „Weiße Rose Hamburg“ sorgen.
Am 01. September 1939 bricht dann der Zweite Weltkrieg aus, anfangs sorgten viele und schnelle Siege bei den Deutschen für Freudentaumel, doch je länger sich der Krieg hinzieht, desto kriegsmüder werden die Menschen.
Als dann im Juli 1943 unter dem Codenamen „Operation Gomorrha“ Hamburg von der Britischen und US-Amerikanischen Luftwaffe unter Beschuss genommen wird und in einem gewaltigen Feuersturm Zehntausende Menschen ihr Leben verlieren und Hunderttausende obdachlos werden, ist es mit der Kriegsmoral bei vielen vorbei.
All diese Ereignisse schildert Julia Kröhn eindringlich und bildhaft und mit viel historischen Wissen. Bei vielen Beschreibungen stockte mir der Atem, teilweise wurde es so spannend, dass ich das Buch nicht mehr zur Seite legen konnte.

Fazit: Das Buch „Die Alster-Schule – Jahre des Widerstands“ ist für mich das wichtigste Buch des Jahres 2021 und eine äußerst gelungene Fortsetzung des ersten Teils. Mit ihren großen historischen Wissen, vielseitig gezeichneten Charakteren und ungeschönten Beschreibungen des damaligen Lebens und der Gesellschaft hat mich Julia Kröhn in die Geschichte gezogen. Dieses Buch solltet ihr unbedingt lesen, auch wenn es keine leichte Kost ist.

*Kennzeichnung, da Produktnennung eines kostenlosen Rezensionsexemplars. Meine Meinung wurde aber nicht beeinflusst – dieser Artikel muss aber als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Wunderfrauen – Freiheit im Angebot“

von Stephanie Schuster

[Werbung*]

Erschienen am 25. August 2021 im S. Fischer-Verlag (Fischer Taschenbuch)
ISBN 978-3-596-70564-1


https://www.fischerverlage.de/buch/stephanie-schuster-die-wunderfrauen-9783596705641

Hinweise:
– Das Buch habe ich vom Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar erhalten (deshalb Kennzeichnung als Werbung).
– Ich habe für dieser Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Die ist der dritte Teil der Reihe – falls ihr die ersten beiden Teil noch nicht kennt, solltet ihr diese Rezension nicht lesenSpoiler-Gefahr!
– Hier findet ihr die Rezensionen zu Teil 1 (https://buechertanz.de/?p=2286) und Teil 2 (https://buechertanz.de/?p=2293)

Klappentext:
„1972, das Jahr der Olympischen Spiele in München: Mit allen Mitteln kämpft Luise der Supermarktkonkurrenz zum Trotz um ihr kleines Lebensmittelgeschäft in Starnberg. Außerdem will sie sich noch nicht eingestehen, dass ihre Ehe am Ende ist. Ihren Kindern zuliebe versucht sie, irgendwie die Familie zusammenzuhalten.
In diesen turbulenten Zeiten geben ihr die drei Freundinnen halt: Helga, die von einer eigenen Arztpraxis träumt, Marie, die alle Energie in ihren Reiterhof steckt und Annabel, die sich endlich der Vergangenheit ihrer Familie stellt. Bei all den neuen Chancen merken sie: Das größte Abenteuer des Lebens fängt jetzt erst an.“

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Das Buch „Die Wunderfrauen – Freiheit im Angebot“ von Stephanie Schuster ist der finale Teil der Reihe um vier Frauen, die in den 1970er Jahren, allen Widerständen zum Trotz, ihr Leben in die Hand nehmen.

Der Prolog des Buches setzt im August des Jahres 1973 in Paris an. Dorthin hat es drei der vier Wunderfrauen zu einem Urlaub hin verschlagen, Luise möchte mit ihren Zwillingen nachkommen.
Im ersten Kapitel kehren wir in den Sommer 1972 zurück: Die Welt schaut nach München, dort sollen im Monat drauf die Olympischen Spiele stattfinden.
Doch zuerst steht ein Abschied hat: Annabels Schwiegervater ist verstorben. Ein aufsehenerregender Vorfall auf der Beerdigung, veranlasst Annabel Nachforschungen in Sachen Familiengeheimnisse zu beginnen.
Luises kämpft währenddessen um ihren Laden: Trotz großer Umbauten und zusätzlichem Personal kommt sie gegen die Konkurrenz der Supermärkte und Discounter nicht mehr an. Und auch in ihrer Ehe steht alles auf Ende. Doch Beides möchte Luise nicht wahrhaben.
Marie, steckt währenddessen all ihre Energie in ihren Reiterhof und Helga, die als Ärztin erfolgreich ist, träumt von einer eigenen Arztpraxis, in der sie endlich unabhängig arbeiten kann.
Die Zukunft bietet für alle offene Türen doch der Weg dorthin ist nicht leicht und verlangt den vier Frauen vieles ab.

Im Juli 2021 hat mich die Autorin Stephanie Schuster gefragt, ob ich diesen dritten Teil der Reihe als Rezensionsexemplar zugesendet bekommen möchte. Da ich die Reihe schon sehr lange lesen wollte, musste ich nicht lange überlegen und sagte zu. Die ersten beiden Teile las ich innerhalb einer Woche und konnte dann direkt mit dem dritten Teil beginnen. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei der Autorin und den Fischer-Verlagen für das Buch und die Zusendung bedanken.

Zehn Jahre sind seit Ende des zweiten Teils und Beginn des dritten Teils vergangen.
Luise muss wie noch nie zuvor um ihren Laden kämpfen: Die Kundschaft bleibt immer mehr aus, die Konkurrenz von Supermärkten macht ihr und ihrem Laden schwer zu schaffen. Doch sie verliert nicht ihren Lebensmut und baut sich nebenbei noch ein anderes Standbein auf. Ich empfand Luises Kampfgeist und ihr Organisationstalent wieder als sehr beeindruckend. Auch wenn sie Dinge oft nicht wahrhaben möchte, aufgeben kommt für sie nicht in Betracht. Leider klammert sie sich auch nach wie vor an ihre mittlerweile sehr kaputte Ehe und kann nicht wirklich loslassen.
Marie, die ihr Leben nach Ende des zweiten Teils neu ordnen muss und wieder ihren Platz im Leben sucht, hat mich mit ihrer Stärke beeindruckt, aber auch ihre Momente der Schwäche bewegten mich sehr. Was für eine starke Frau, die trotz Schicksalsschlägen immer wieder aufsteht und sich ihren Ängsten stellt.
Helga, die in der Klinik eigentlich alles erreicht hat, was sie sich wünschen kann, aber doch nicht zufrieden ist und nach wie vor ihr privates Glück sucht, empfand ich als einen sehr warmherzigen Charakter. Auch wenn sie die jüngste der vier Wunderfrauen ist, steht sie mitten im Leben und ist immer zur Stelle, wenn sie gebraucht wird.
Annabel, hat sich seit dem ersten Teil stetig gewandelt: Sie sagt nun, was sie denkt, lässt sich nicht mehr den Mund verbieten und löst nach wie vor gerne Geheimnisse. Doch mit den großen Familiengeheimnissen ihre Mannes tritt sie in ein Wespennest. Annabels Wandlung hat mich sehr begeistert und auch gefreut.
Die vier Frauen sind wie ein Zahnrad, die ineinander greifen, sich gegenseitig unterstützen und zusammen zu Höchstformen auflaufen. Sie ergänzen sich in ihrem Wesen und ihrem Handeln perfekt und schaffen damit gemeinsam wahre Wunder.
Aber auch die anderen Charaktere sind lebensecht und authentisch gezeichnet. Sie haben alle ihre Stärken und Schwächen und bringen mit ihren Geschichten und Hintergründen die Handlung weiter voran. Auch wenn er in diesem Teil eine eher kleine Rolle spielt, ist Manni auch wieder dabei und bringt in die Geschichte wieder viel Wärme und Licht.
Auch die weniger ‚guten‘ Charaktere konnten mich überzeugen – sie alle haben ihre Geschichte, die sie zu ihrem Handel und Denken antreibt.

Das Buch beginnt mit einem Prolog, der ein Jahr vor der eigentlichen Handlung ansetzt. Im ersten Kapitel geht es dann ein Jahr zurück und die ganze Handlung des Romans steuert auf die Begebenheiten des Prologs zu, was ich sehr spannend fand.
Wie auch in den ersten beiden Teilen der Reihe legt Stephanie Schuster in jedem Kapitel den Schwerpunkt auf eine der vier Frauen und ihre Geschichte. Teilweise endeten die Kapitel mit einem Cliffhanger, dass ich unbedingt weiterlesen musste, um zu erfahren, wie es weitergeht. Ein wahrer ‚Pageturner‘ mit Sogwirkung.
Stephanie Schuster hat einen sehr lebendigen und detaillierten Sprachstil und lässt auf keiner Seite Langweile aufkommen. Teilweise flog ich nur so durch die Geschichte und hatte bei vielen (geschichtlichen) Ereignissen das Gefühl, dabei zu sein. Sie schildert die Zeit der 70er Jahre sehr kenntnisreich und zeichnet mit ihren vielfältigen Charakteren ein authentisches Bild der Gesellschaft und des Lebens zu dieser Zeit.
Zum Schluss des Buches lösen sich viele Dinge auf und auch einige Handlungsstränge laufen zusammen – einige bleiben aber auch offen und würden noch Material für einen vierten Teil ergeben. Aber laut Verlag und Autorin ist nach diesem Teil Schluss.
Die Reihe hat mich vom ersten Satz an gepackt und nicht wieder losgelassen. Die Lebensgeschichten und Stärke der vier Frauen, die perfekt recherchierten geschichtlichen Hintergründe und der angenehm lockere Sprachstil haben mich ganz in die Trilogie abtauchen lassen und ich bin unendlich froh, dass ich sie gelesen habe und werde sie nie wieder vergessen und immer in meinem Herzen tragen,

Die 70er Jahre in der BRD und in Ostberlin bilden den geschichtlichen Hintergrund des Romans. Die Olympischen Spiele im Sommer 1972 in München sind ebenfalls ein wichtiger Handlungsstrang.
Bei diesen Olympischen Spielen kam es am 05. September 1972 zu dem ‚Münchener Olympia-Attentat‘, bei dem elf israelische Geiseln, fünf Geiselnehmer und ein Polizist getötet wurden.
Ein weiteres Thema ist der Siegeszug der Discounter und damit der Niedergang der kleinen ‚Tante-Emma-Läden‘ in den 70er Jahren.

Fazit: Das Buch „Die Wunderfrauen – Freiheit im Angebot“ ist ein gelungener Abschluss einer tollen und packenden Trilogie. Mit ihren vielfältigen und lebensechten Figuren und einer spannenden Handlung hat mich Stephanie Schuster in andere Zeiten entführt und eine Reihe geschaffen, die ich nie vergessen werde – Danke liebe Stephanie Schuster. Lasst euch diese Reihe nicht entgehen.

* Das Buch habe ich freundlicherweise als kostenloses Rezensionsexemplar vom Fischer-Verlag zugesendet bekommen. Meine Meinung wurde nicht beeinflusst – der Artikel muss aber als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Wunderfrauen – Von allem nur das Beste“

von Stephanie Schuster

Erschienen am 24. Februar 2021 im S. Fischer-Verlag (Fischer Taschenbuch)
ISBN 978-3-596-705658


https://www.fischerverlage.de/buch/stephanie-schuster-die-wunderfrauen-9783596705658

Hinweise:
– Das Buch habe ich mir im Juli 2021 selbst gekauft.
– Ich habe für dieser Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Die ist der zweite Teil der Reihe – falls ihr den ersten Teil noch nicht kennt, solltet ihr diese Rezension nicht lesen – Spoiler-Gefahr!
– Hier findet ihr meine Rezension zum ersten Teil: https://buechertanz.de/?p=2286

Klappentext:
Zu Beginn der 1960er Jahre, den Swinging Sixties, ist viel zu tun in Luise Dahlmanns kleinem Laden, er ist ihr ganzer Stolz. Die Regale sind prall gefüllt mit allem, was das Herz begehrt: frische Waren aus dem Umland und Feinkost aus der ganzen Welt. Luise möchte mit der Konkurrenz mithalten, die Kunden wünschen sich plötzlich Selbstbedienung, suchen nach Angeboten und fragen nach dem Rezept für das Sonntagsessen.Drei Frauen sind in diesem Jahrzehnt voller Umbrüche an ihrer Seite: Die alleinerziehende Helga, die nun als Ärztin arbeitet, ihre Schwägerin Marie, die inzwischen vier Kinder hat und Annabel, deren Familie nach einem Schicksalschlag zu zerbrechen droht. Das Leben hat die vier Frauen in den letzten Jahren enger verbunden als sie dachten. Und sie merken: Gemeinsam kann man aus Träumen Echtes erschaffen.“

Das Buch „Die Wunderfrauen – Von allem nur das Beste“ ist der zweite Teil um vier Frauen, die in den 1960er Jahren ihren teils beschwerlichen Weg gehen und immer wieder gegen Widerstände kämpfen müssen.

Der Prolog des Buches setzt im September 1963 ein – Helga, die inzwischen als Ärztin arbeitet, ist verhaftet worden. Ihre drei Freundinnen Luise, Annabel und Marie setzen alles in Bewegung, um sie wieder zu befreien.
Zwei Jahre zuvor: Luise lebt nach wie vor ihren Traum vom eigenen Laden. Doch mit der Zeit ist es eng geworden: Immer mehr Waren haben den Weg in ihren Laden gefunden und auch dass Luise ihre Kunden bedient ist eher in Auslaufmodell. Alle Zeichen stehen auf Modernisierung. Da stolpert Helga wieder in ihr Leben. Sechs Jahre zuvor trennten sich die Wege der damals besten Freundinnen, da Helga ein angebliches Verhältnis mit Luises Mann Hans hatte. Langsam nähren sich Luise und Helga wieder an.
Währenddessen muss die Arztgattin Annabel einen großen Schicksalsschlag hinnehmen und beginnt mit Recherchen, die einen fürchterlichen Skandal zu Tage fördern.
Und Marie, die mittlerweile mit Martin, Luises Bruder, verheiratet ist, weiß vor lauter Arbeit und Kindererziehung langsam nicht mehr, wo ihr der Kopf steht.
Doch immer wieder führt das Schicksal diese vier Frauen zusammen.

Ich habe mir das Buch gekauft, nachdem mich die Autorin Stephanie Schuster fragte, ob ich den dritten Teil als Rezensionsexemplar erhalten möchte. Da es mich der ersten Teil komplett überzeugte, freute ich mich sehr auf diesen zweiten Teil – und meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht.

Fast alle Charaktere aus dem ersten Teil tauchen auch wieder im zweiten Teil auf. Einige Figuren sind dazu gekommen – vorwiegend die Kinder der vier ‚Wunderfrauen‘.
Luise ist nach wie vor eine der Figuren, die mich am meisten inspiriert hat: Mit Leidenschaft und Hingabe führt sie ihren Laden. Modernisierungen scheut sie wenig, sie ist trotz ihrer vielen Arbeit auch immer für andere da. In diesem zweiten Teil der Reihe wird Luise nochmal mehr sie selbst und entdeckt eine große, ungeahnte Freiheit in sich.
Helga, die am Ende des ersten Teils ihre Stelle als Lehrschwester verloren hat, zeigt wieder eindrucksvoll, dass sie sich nie unterkriegen lässt. Sie kommt als Ärztin zurück nach Starnberg und zeigt in ihrem Beruf in der Frauen- und Geburtsklinik ein großes Engagement, welches nicht allen gefällt. Sie ist eine starke und selbstbewusste Figur, die noch immer nichts auf Konventionen gibt und ihr Leben lebt, wie sie es für richtig hält. Trotzdem hat sie auch immer ein Ohr für andere Menschen und ihre Sorgen.
Annabel hat sich deutlich verändert. Im ersten Teil kam sie sehr verschlossen und teilweise mürrisch rüber, ergab sich in ihrem Schicksal einer eher freudlosen Ehe. In diesem Teil schwingt sie sich ebenfalls zu einer Kämpferin auf. Sie gibt keine Ruhe, bis sie nicht hinter Geheimnisse gekommen ist – auch wenn sie durch ihre Recherchen einen medizinischen Skandal mit aufdeckt. Annabels Entwicklung und ihre Stärke haben mich sehr beeindruckt. Sie schweigt nun nicht mehr sondern sie hat gelernt, sich zu wehren.
Marie, Luises Schwägerin, führt ein ruheloses Leben. Mittlerweile ist sie dreifache Mutter und liebt die Arbeit auf dem Hof sehr – auch wenn es sie alles sehr fordert. Die Ehe mit Martin ist allerdings nicht ganz so harmonisch, wie es auf den ersten Blick scheint, da Martin häufiger zur Flasche greift. Doch je schwächer Martin wird, desto stärker wird Marie. So schnell gibt sie sich und ihre Familie nicht auf. Marie hat mittlerweile ihren Platz im Leben gefunden, sie tritt selbstbewusst auf, doch ihre Vergangenheit kann sie nicht ganz abstreifen. Sie ist ein sehr eindrucksvoller Charakter.
Neben diesen vier Frauen spielen auch wieder einige männliche Charaktere eine große Rolle: Da ist Hans, Luises Mann, der leider eine ziemlich schlechte Seite hat, Martin, Maries Mann, der sich sehr negativ entwickelt, Konstantin, Annabels Mann, der sich auch in diesem Teil nicht immer mit Ruhm bekleckert. Eine meiner Lieblingscharaktere bleibt nach wie vor Manni, Luises Bruder, der mit Trisomie 21 geboren wurde. Er bringt mit seiner Sicht auf die Dinge wieder sehr viel Wärme in die Geschichte.
Die vielen Kinder der vier Frauen brachten frischen Wind in die Geschichte – hier sind an erster Stelle Josie, Luises Tochter, und David, Helgas Sohn, zu nennen, Die Beiden mischen überall mit und zauberten mir mit ihrer unverfälschten Art immer wieder ein Lächeln ins Gesicht.
Allen Charaktere in diesem Buch haben mich wieder absolut begeistert – sie haben mich alle überzeugt und ich bin sehr gespannt, wie es mit ihnen weitergeht. Die Autorin hat mit ihren Figuren ein tolles und authentisches Bild der Gesellschaft der 1960er Jahre gezeichnet und jede Figur mit ganz eigenen Eigenheiten und Gefühlen ausgestattet. Ich bin sehr gespannt, wie es mit all diesen unterschiedlichen Charakteren im dritten Teil weitergeht.

Das Buch beginnt mit einem Prolog, der zwei Jahre vor der eigentlichen Handlung ansetzt. Im ersten Kapitel geht es dann zwei Jahre zurück und die ganze Handlung des Romans steuert auf die Begebenheiten des Prologs zu, was ich sehr spannend fand – es ist wie ein Kreis, der sich schließt.
Die einzelnen Kapitel legen immer wieder den Schwerpunkt auf eine der vier Frauen und ihre Geschichte. Teilweise endete ein Kapitel so abrupt, dass ich unbedingt weiter lesen musste, um zu wissen, wie es mit einem Charakter weitergeht. Ein Buch mit absoluter Sogwirkung, welches ich nur ungern aus den Händen legen wollte. Aber auch der wunderbare flotte und detaillierte Sprachstil von Stephanie Schuster hat auf keiner Seite Langeweile aufkommen lassen und ich flog nur so durch die Geschichte.

Die ersten zwei Jahre 60er Jahre bilden den geschichtlichen Hintergrund des zweiten Teils: Der Contergan-Skandal, die Anfänge der Studentenbewegung, der Bau der Berliner Mauer und die Einführung der Antibabypille spielen in diesem Roman eine große Rolle. In diese akribisch recherchierten Hintergründe bettet Stephanie Schuster ihre Geschichte und verpackt es so, dass der Leser/ die Leserin das Gefühl hat, dabei gewesen zu sein.
Vor allem der Contergan-Skandal hat mich sehr nachdenklich gemacht. Auch wenn ich schon des Öfteren Berichte dazu gelesen habe, wurde es in diesem Roman sehr eindrücklich geschildert und noch einmal greifbarer für mich.
Ein weiterer Punkt, der mich fassungslos machte, war die Einführung der Antibabypille – einfach unfassbar, dass damals noch der Ehemann schriftlich sein Einverständnis geben musste, wenn eine Frau die Pille nehmen wollte.
Mit einer musikalischen Playlist kann man noch einmal ganz tief in die Zeit der 60er Jahre und in den Roman abtauchen. Eine Zeit der Ungerechtigkeiten aber auch des Aufbegehrens.

Fazit: „Die Wunderfrauen – Von allem nur das Beste“ ist die gelungene Fortsetzung des ersten Bandes. Auch wenn einige Jahre zwischen dem Ende des ersten Teils und dem Beginn des zweiten Teils liegen, war ich sofort wieder in der Geschichte angekommen. Mit viel Zeitgeist, einer flotten und bildhaften Sprache und unvergesslichen Charakteren entführt uns Stephanie Schuster in die 60er Jahre. Absolut lesenswert! Ich freue mich auf den dritten Teil.

„Die Wunderfrauen – Alles, was das Herz begehrt“

von Stephanie Schuster

Erschienen am 29. Juli 2020 im S. Fischer-Verlag (Fischer Taschenbuch)
ISBN 978-3-596-70032-5


https://www.fischerverlage.de/buch/stephanie-schuster-die-wunderfrauen-9783596700325


Hinweise:
– Das Buch habe ich mir im Oktober 2020 selbst gekauft.
– Ich habe für dieser Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.

Klappentext:
„Darf‘s ein bisschen mehr sein?“ 1953, zu Beginn der Wirtschaftswunderjahre, träumt Luise Dahlmann von ihrem eigenen kleinen Lebensmittelgeschäft. Hier soll es nach Jahren des Verzichts wieder alles geben, was das Herz begehrt. Sie sieht es schon vor sich: die lange Ladentheke mit großen Bonbongläsern darauf, eine Kühlung für Frischwaren, Nylonstrümpfe, buttriger Kuchen, sonntags frische Brötchen … und das Beste daran: endlich eigenständig sein. Endlich nicht mehr darüber nachdenken, warum ihre Ehe nicht so gut läuft, endlich sie selbst sein und etwas wagen.Drei Frauen werden immer wieder Luises Weg kreuzen: Annabel von Thaler, die wohlhabende Arztgattin von nebenan, die junge Lernschwester Helga Knaup und Marie Wagner, geflohen aus Schlesien. Sie alle haben in den Zeiten des Aufbruchs und des Neubeginns einen gemeinsamen Wunsch: Endlich wieder glücklich sein.“

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Das Buch „Die Wunderfrauen – Alles, was das Herz begehrt“ von Stephanie Schuster ist in Starnberg der 50er Jahre angesiedelt und der spannende Auftakt einer Trilogie um vier Frauen, die aus ihren Rollen ausbrechen und Neuanfänge wagen.

Es ist das Jahr 1953: Noch immer hängt der Schrecken des Zweiten Weltkrieges über Deutschland. Doch die Menschen schöpfen langsam wieder Hoffnung und der verheißungsvolle Duft des Neuanfangs liegt in der Luft.
Diese vier Frauen nehmen ihr Leben in die Hand: Luise, die jahrelang ihre Schwiegermutter gepflegt hat, und nun von einem eigenen Lebensmittelgeschäft träumt, Marie, die eine traumatische Flucht hinter sich hat, Helga, die aus dem strengen Elternhaus ausbricht und Annabel, die in einer eher langweiligen Ehe gefangen ist.
Immer wieder begegnen sich diese vier grundverschiedenen Frauen, die sich aber doch ähnlicher sind, als sie denken. Denn sie wollen alle eines: Freiheit.

Das Buch lag jetzt etwa ein Jahr auf meinem SuB (Stapel ungelesener Bücher). Ich hatte es mir damals ziemlich spontan gekauft.
Letzten Monat schrieb mich die liebe Stephanie Schuster an und fragte ob, ich den dritten Teil der ‚Wunderfrauen‘ als Rezensionsexemplar haben möchte. Da musste ich nicht lange überlegen, da es mir mittlerweile in den Fingern juckte, diese Reihe endlich zu beginnen.

Im ersten Kapitel lernt der Leser/ die Leserin Luise Dahlmann kennen, allerdings steckt sie in einer traurigen Situation, die ihr aber gleichzeitig die Chance auf einen Neuanfang schenkt. Ihre Schwiegermutter Henriette ist verstorben. Noch während Luises Mann Hans überlegt, an wen er die frei gewordenen Räume vermieten kann, ist in Luise schon der Wunsch nach einem eigenen Lebensmittelgeschäft da. Hans unterstützt sie in ihrem Vorhaben. Mir hat Luises Charakter sehr gefallen, da sie sehr zielstrebig und selbstsicher gezeichnet ist, aber auch immer mal wieder mit Rückschlägen zu kämpfen hat. Sie lässt sich aber nicht unterkriegen, ist ehrlich und immer für andere da. Es war einfach schön zu sehen, wie sie sich ihren Lebenstraum erfüllt, mit einem solchen Organisationstalent, welches mich sehr beeindruckt hat.
Marie, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges, aus den Ostgebieten flüchten musste und nach einigen Zwischenstationen in Starnberg ankommt, hat mich mit ihrem starken Charakter ebenfalls sehr beeindruckt. Ihre Vertreibung hat sie stark traumatisiert, sie kann zu Tieren sehr viel schneller Vertrauen fassen als zu Menschen. Marie steht für ein Schicksal, welches Millionen Menschen durchmachen mussten: Vertreibung, Flucht und ein kompletter Neuanfang. Marie gibt sich selbst nie auf und ist für die Menschen, denen sie sich öffnet, immer da. Auch wenn sie ihren Platz im Leben erst noch finden muss, ist sie eine starke und beeindruckende Figur.
Es gibt aber auch einige männliche Charaktere in diesem Buch: Hans, der Mann von Luise: Er ist ein ehrlicher Mann, der seine Frau gerne unterstützt und ihr damit die Türen öffnet. Luises Brüder Martin und Manni, die den Hof der Familie bewirtschaften. Manni, der mit mit Trisomie21 auf die Welt kam, ist mein persönlicher Lieblingscharakter in diesem Buch. Auch wenn er wenig sagt, er bringt in diese Geschichte so viel Liebe und Licht. Martin, der ältere Bruder von Luise und Manni, hat mich mit seiner Lebensgeschichte und seiner Sicht auf die Dinge richtig überzeugt. Er ist ein vorsichtiger und ruhiger Mensch.
Aber auch Konstantin, Annabels Ehemann, ist ein gut gezeichneter Charakter. Auch wenn er Anfangs ein eher ‚lauter‘ Charakter ist, der völlig von sich und seinem Können überzeugt ist, wandelt er sich im Laufe der Geschichte.
Ihr seht, ich bin von allen Charakteren in diesem Buch absolut begeistert – sie haben mich alle überzeugt und ich bin sehr gespannt, wie es mit ihnen weitergeht. Die Autorin hat mit ihren Figuren ein tolles und authentisches Bild der Gesellschaft der 1950er Jahre gezeichnet und jede Figur mit ganz eigenen Eigenheiten und Gefühlen ausgestattet.

In den ersten Kapiteln des Buches lernt man immer eine der vier Frauen kennen. Auch wenn es dadurch immer wieder zu zeitlichen Überlappungen kommt, konnte ich völlig in die Geschichte abtauchen. Stellenweise wurde es richtig spannend und die Seiten flogen nur so dahin. Die zeitlichen Überlappungen zeigen dann nochmal Ereignisse aus verschiedene Perspektiven, was mir sehr gut gefallen hat. Stephanie Schuster hat einen angenehmen Schreibstil, der detailliert beschreibt aber niemals langweilig ist. Ganz wunderbar.

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, 50er Jahre und das Wirtschaftswunder der BRD sind die historischen Hintergründe des ersten Bandes der Reihe. Stephanie Schuster zeigt, wie das NS- Gedankengut zu dieser Zeit noch immer in vielen Köpfen festsaß und wie konservative Rollenbilder mit den neuen Ideen und dem Freiheitsdrang der Frauen zu dieser Zeit kollidierten.
Maries Geschichte, ihre Vertreibung aus den Ostgebieten, hat mich stellenweise fassungslos zurück gelassen. In ihrer Geschichte fand ich ein Stück meiner eigenen Familiengeschichte wieder – meine Oma wurde auch vertrieben und verlor auf der Flucht alles – auch ihre Mutter (meine Ur-Oma). Auch wenn Maries Flucht rückblickend erzählt wird, bekam ich während des Lesens eine Gänsehaut.

Fazit: Das Buch ist ein wunderbarer Auftakt einer Reihe welche mit tollen, ausdrucksstarken Figuren, einem lebendigen Sprachstil und einer packenden Handlung besticht. Ich bin nun definitiv ein Fan dieser Reihe und freue mich auf die beiden weiteren Teile der Reihe.
Lasst euch diese Reihe nicht entgehen.

„Das Leben wie sie es liebten“

von Anni Bürkl

[Werbung*]

Erschienen am 07. Mai 2021 im Selbst-Verlag
ISBN Taschenbuch: 979-8707616020 (auch als ebook erhältlich)


https://texteundtee.at/autorinannibuerkl/elementor-723/

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise als kostenloses Rezensionsexemplar (eBook) zur Verfügung gestellt bekommen – dieser Artikel ist deshalb als Werbung gekennzeichnet.
– Ich habe für dieser Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.

Klappentext:
1938 – Die junge Loretta und ihr Mann Marek therapieren Nervenkranke im Sanatorium ihres Vaters im sudetenländischen Reichenberg (Liberec, Tschechien). Dem Anschluss ans Deutsche Reich folgen der Krieg und später die Vertreibung. Doch während Loretta fliehen kann, verliert sie Marek aus den Augen.1946 – Im ausgebombten Wien lebt Loretta bei ihrer Tante Emmy. Auch die vor ihrem Mann geflohene Paula und deren Tochter Irene sowie die schweigsame Ingrid haben in der Wohnung Unterschlupf gefunden. Oft bekommen sie Besuch von der lebenslustigen Ursula. Gemeinsam teilen die fünf sehr unterschiedlichen Frauen ihren Alltag, in der Not auch ihr Essen, das Nötigste zum Leben und ihre Sorgen, denn wie Loretta sucht Ursula ihren Mann. Gemeinsam wenden sie sich an die russischen Besatzer und finden einen Unterstützer in Major Artjom. Doch da ist auch Ingrids neuer Liebhaber – ein amerikanischer Offizier –, den Loretta nun für den Russen bespitzeln soll. Während sie hofft, so ihren Marek wiederzufinden, kommen auch andere vermeintlich im Sudetenland verschollene Geheimnisse ans Licht.
„Das Leben wie sie es liebten“ ist der Auftakt zu drei Romanen über die bindende Kraft der Liebe im Leben dieser Frauen und ihrer Kinder – in einem Jahrhundert voll politischer Zerrissenheit.“

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Das Buch „Wie sie das Leben liebten“ von Anni Bürkl, zeigt die Zeit kurz vor dem Zweiten Weltkrieg im ans Deutsche Reich angegliederte Tschechien, der zweite Erzählstrang spielt in Wien kurz nach Ende des Krieges.

Die Handlung des Buches setzt im Jahr 1946 in Wien ein: Die junge Loretta lebt bei ihrer Tante Emmy, ihrer letzten lebenden Verwandten. Bei ihrer Vertreibung aus dem ehemaligen Deutsch-besetzten Tschechien ist sie von ihrem geliebten Mann Marek getrennt worden und sie ist durch ihre Flucht stark traumatisiert. In Reichsberg, Tschechien, haben Loretta, ihr Vater und Marek in einem Sanatorium Nervenkranke therapiert. Immer wieder geht Loretta gedanklich in das Jahr 1938 zurück.
In Wien müssen Loretta und ihre Tante irgendwie überleben. Zwar haben sie eine intakte Wohnung, Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs sind aber wenig bis gar nicht verfügbar.
Als das Wohnungsamt dann auch noch eine undurchsichtige Frau namens Ingrid bei ihnen einquartiert, wird die Situation für alle noch schwieriger.
Und Loretta gibt die Suche nach ihrem Mann nicht auf und findet Unterstützung in dem russischen Major Artjom. Doch mit der Suche kommen auch verschollene Geheimnisse ans Licht.

Auf das Buch wurde ich per Email von einer Agentur aufmerksam gemacht, die Selfpublisher unterstützt. Nach Lesen des Klappentexts war mein Interesse geweckt, da ich Geschichten rund um den Zweiten Weltkrieg äußerst spannend finde und auch über die Handlungsorte (Tschechien und Wien) sehr gerne lese.
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich für das Rezensionsexemplar, welches mich als eBook erreichte, bedanken.

In „Das Leben wie sie es liebten“ lernen wir zuerst Loretta und ihre Tante Emmy kennen. Loretta, die während der Flucht ein Trauma erlitten hat, welches sie immer wieder einholt und sie in die Knie zwingt. Auch wenn sie innerlich kaputt ist, muss sie trotzdem stark sein und gibt nie auf, ihren Mann Marek wieder zu finden – diese Stärke von ihr beeindruckte mich sehr. Sie muss irgendwie überleben, verliert aber nie den Blick für andere Menschen. Ein ganz besonderer Charakter, welcher sehr authentisch und eindringlich beschrieben ist.
Ihre Tante Emmy wirkt anfangs eher gefühlskalt, weigert sich, die junge Ingrid bei sich in der Wohnung aufzunehmen, obwohl der Platz da ist. Im Laufe der Geschichte zeigt sich aber, dass sie ihr Herz am richtigen Fleck hat und für Menschen da ist, die Hilfe brauchen. Der Charakter der Tante Emmy hat mich begeistert, da sie eine sehr große Wandlung durchmacht und eine tragende Rolle in der Handlung einnimmt.
Neben Loretta und Tante Emmy agieren die Briefträgerin Ursula und die Hausmeisterin Paula. Ursulas Mann gilt an der Front als vermisst, trotzdem geht sie mit einem großen Lebensmut voran. Paula macht eine schwierige Zeit durch, lässt sich aber nicht unterkriegen. Die Charaktere der beiden bodenständigen Frauen fand ich sehr interessant, da sie dafür stehen, wie die Frauen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ihr Leben in die Hand genommen haben.
Ingrid, die neue Mitbewohnerin von Loretta und Tanta Emmy scheint von Anfang an etwas undurchsichtig und geheimnisvoll – dadurch treibt sie die Geschichte weiter voran.
In den Rückblenden auf das Jahr 1938, lernen wir noch die Eltern von Loretta kennen und auch Marek, der als Arzt an das Sanatorium kommt. Auch wenn man nur wenig von ihrer Geschichte erfährt, hat mich auch ihre interessante Geschichte sehr mitgenommen.
Alle Figuren in diesem Buch haben mir sehr gefallen und konnten mich überzeugen, da sie authentisch und lebensecht gezeichnet sind. Sie leben ihr Leben in schwierigen Zeiten und lassen sich von ihren Ansichten nicht abbringen.

Das Buch ist sehr interessant aufgebaut: Im ersten Kapitel sind wir in Wien, erfahren, dass Loretta unter einem Trauma leidet, welches mit ihren Erlebnissen in Reichenberg zusammenhängt. Weitere Kapitel spielen dann auch in Reichenberg (tschechisch Liberec) im Jahr 1938. Nach und nach erschließt sich die Geschichte rund um Loretta, ihre Flucht, ihre Geheimnisse und ihr Trauma, und wie diese auch ihr neues Leben in Wien beeinflussen.
Schon ab der ersten Seite war ich direkt in der Geschichte angekommen und konnte das Buch nur noch schwer aus den Händen legen. Der Sprachstil, teilweise kurze und prägnante Sätze, passt sehr gut zu der Geschichte. Einzelne Sätze bestehen aus nur drei Wörtern – damit wird klar, dass Loretta wieder tief in ihren schlimmen Erinnerungen gefangen ist. Anni Bürkl zeichnet mit ihrer intensiven und bildgewaltigen Sprache ein spannendes Bild vergangener Zeiten.
Das von den vier Siegermächten besetzte Wien im Jahr 1946 und das an das Deutsche Reich angegliederte Reichenberg (tschechisch Liberec) im Jahr 1938 und die Vertreibung der Deutschen im Jahr 1945 aus Tschechien bilden die historischen Hintergründe des Romans. In Reichenberg ist Lorettas Vater Direktor eines Sanatoriums, in dem unter anderem auch sogenannte ‚Kriegszitterer‘ behandelt werden – aber auch Menschen, die in der Ideologie der Nationalsozialisten als „unwertes Leben“ eingestuft werden.
Anni Bürkl bettet ihre Geschichte perfekt in diese akribisch recherchierten Hintergründe. Sie zeigt, wie die Menschen damals lebten und welche Traumata Flucht und Vertreibung zu Tage bringen. Aber auch die Not nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist ein großes Thema – es fehlte an Allem: Wohnungen, Lebensmitteln, Medikamenten.

Fazit: Ein spannendes und intensives Buch, welches ich sehr gerne gelesen habe. Lorettas Geschichte werde ich so schnell nicht mehr vergessen und ich freue mich auf jeden Fall auf weitere Teile der Reihe. Das Buch möchte ich allen empfehlen, die historische Romane lieben – vor allem für Fans von Brigitte Riebe (Teresa Simon) und Melanie Metzenthin könnte das Buch sehr interessant sein.

Ich muss allerdings noch etwas anmerken: Das Buch habe ich als eBook für meinen Tolino bekommen. Trotz verschiedenster Einstellungen auf dem Gerät, hatte ich Probleme mit der Darstellung des Textes. Wörter waren unlogisch getrennt und die Seitenzahlen standen mitten im laufenden Text. Da sollte eventuell noch einmal nachgebessert werden, da es mich stellenweise im Lesefluss etwas aufgehalten hat.

*Das Buch habe ich freundlicherweise als kostenloses Rezensionsexemplar bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst, muss aber als Werbunggekennzeichnet sein.

„Das Haus der Libellen“

von Emma Behrens

[Werbung*]

Erschienen am 16. Juli 2021 im DuMont-Verlag
ISBN 978-3-8321-6543-7


https://www.dumont-buchverlag.de/buch/kb-behrens-haus-der-libellen-9783832165437/

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom DuMont-Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen – dieser Artikel ist deshalb als Werbung gekennzeichnet.
– Ich habe für dieser Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.

Klappentext:
Nach Jahren kehrt die 28-jährige Sophie an den magischen Ort ihrer Kindheit zurück, die alte Villa der Nachbarsfamilie von Gutenbach. Hier verbrachte sie früher jede freie Minute mit den ätherisch-schönen Geschwistern Noah und Emilia. Mit siebzehn wurden Noah und sie ein Paar, und Sophie erlebte ihre glücklichste Zeit – bis Noah fünf Jahre später von einem Tag auf den anderen aus ihrem Leben verschwand. Nun führt ein Brief Sophie zurück in das geheimnisvolle Haus, in dem Emilia nach dem plötzlichen Tod der Eltern allein wohnt: Noah ist erneut verschwunden, und seine Schwester bittet Sophie um Unterstützung. Sophie zögert, zu sehr schmerzt Noahs Verrat; dann allerdings sagt sie zu, schließlich war Emilia einst wie eine Schwester für sie. Aber die rätselhafte Schöne verhält sich seltsam, gibt sich wortkarg und verbringt die meiste Zeit mit ihrer Libellenzucht im exotischen Dschungellabor, das sie im Keller der Villa eingerichtet hat. Sophie ahnt, dass Emilia ihr etwas verschweigt. Doch ob mit oder ohne deren Hilfe: Sophie muss Noah finden. Vielleicht kann sie so endlich mit der Vergangenheit abschließen. Mitreißend, sinnlich und schillernd erzählt Emma Behrens eine Geschichte voller Spannung und großer Gefühle.“

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Das Buch „Das Haus der Libellen“ erzählt die Geschichte der jungen Sophie, die nach Jahren in die Villa der Nachbarsfamilie zurückkehrt und sich dort den Geistern der Vergangenheit stellen muss.

Fünf Jahre sind vergangen, seit Noah von Gutenbach die junge Sophie von einem Tag auf den anderen verlassen hat. Diesen Verlust trägt Sophie noch immer schwer mit sich herum und konnte ihn noch immer nicht überwinden. Sie fragt sich, warum es passierte und kann sich keiner neuen Liebe öffnen.
Als sie einen Brief von Noahs Schwester Emilia erhält und erfährt, dass Noah nach dem plötzlichen Tod seiner Eltern verschwunden ist und Emilia ihre Hilfe benötigt, macht sich Sophie von Freiburg aus auf den Weg zurück an den Ort ihrer Kindheit. In der Villa der Familie von Gutenbach, kommen die Erinnerungen an ihre Kindheit, ihre Jugend und an ihre Liebe zu Noah zurück. Doch so schmerzhaft diese Erinnerungen auch sein mögen – Sophie muss sich ihnen stellen.
Emilia hat sich von der Außenwelt abgeschottet und verbringt viel Zeit in ihrem eigens eingerichteten ‚Libellenlabor‘ im Keller der Villa. Auch wenn Sophie ahnt, dass Emilia ihr etwas verschweigt, macht sie sich auf die Suche nach Noah und gerät, zusammen mit ihrem ehemaligen Schulkameraden Manuel, in den Strudel der Vergangenheit.

Anfang Juli 2021 bekam ich auf Instagram eine Anfrage des DuMont-Verlags, ob ich Interesse an einem Vorab-Exemplar des Debütromans „Das Haus der Libellen“ von Emma Behrens hätte. Als ich den Klappentext gelesen hatte, war mein Interesse an diesem Buch direkt geweckt: Vergangenheit, magisch-mystischer Ort und große Gefühle – alles Schlagworte, die mich dieses Buch lesen lassen wollten. Und auch das wunderschöne Cover verzauberte mich.
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich beim DuMont-Verlag für die Zusendung des Buches als Rezensionsexemplar und auch den wundervollen Brief als Goodie bedanken.

Sophie wächst in einem kleinen Haus neben der herrschaftlichen Villa der von Gutenbachs auf. Ihre Mutter ist sehr in sich zurückgezogen, ihr Vater arbeitet viel. Als die Familie von Gutenbach in die Villa zieht, kommt Sophie in den Kontakt mit Noah und Emilia – die beiden üben auf Sophie eine starke Anziehungskraft aus. Auch wenn das Leben der beiden Geschwister nach außen hin perfekt scheint, sind sie durch die fehlende Aufmerksamkeit ihrer Eltern zutiefst verletzt. Sophie schließt sich diesem Geschwisterpaar an und wächst Seite an Seite mit ihnen auf. Aus der Freundschaft zu Noah entwickelt sich eine ungesunde Liebe, die für Sophie im absoluten Fiasko endet.
Fünf Jahre nach dem Ende der Beziehung mit Noah, erreicht Sophie dann der Brief von Emilia – und sie macht sich sofort auf den Weg, um Noah und Emilia zu helfen. Daran wird ersichtlich, dass Sophie noch absolut nicht mit ihrer Vergangenheit abgeschlossen hat. Sie ist ein zutiefst verunsicherter Mensch, sie hat ihren Platz im Leben noch nicht gefunden, ist aber stets loyal und hat das Herz am rechten Fleck.
Die Hauptfiguren des Buches bilden Sophie, Noah und Emilia, welche mich alle drei absolut überzeugt haben. Sie sind authentisch gezeichnet, haben ihre Stärken, aber vor allem auch Schwächen. Emma Behrens erzählt die Geschichte durch Sophies Augen, deshalb kam ich ihr während des Lesens sehr nahe und konnte ihre Ängste, ihre Verzweiflung, aber auch Freude spüren. Ich nahm ihre Geschichte durch diese Erzählperspektive sehr intensiv wahr.
Noah und Emilia sind, wie oben schon erwähnt, sehr verletzte Figuren. Ihre Eltern begeben sich immer wieder auf Geschäftsreisen, die Beiden bleiben zurück und werden von Kindermädchen groß gezogen. Sie haben nie ein glückliches Familienleben vorgelebt bekommen und da fällt es Beiden schwer, Beziehungen einzugehen und sich und andere zu achten. Auch diese beiden Figuren und ihre Geschichten kamen mir sehr nahe, auch wenn sie eigentlich als Charaktere sehr unnahbar sind. Emilia, die in ihrer Libellenzucht aufgeht und sich dort ein großes Wissen angeeignet hat und doch immer exzentrisch rüber kommt und Noah, der in die Fußstapfen seines Vaters treten soll und launisch und verschlossen wirkt. Sie sind nicht glücklich – und das spürt man auf jeder Seite.
Manuel, der Gärtner der Villa und ehemaliger Schulkamerad von Sophie, Noah und Emilia war für mich der Sympathieträger in dieser Geschichte. Auch wenn er selbst an seiner Vergangenheit schwer zu tragen hat, gibt er sich selbst nicht auf und wird eine große Stütze für Sophie.
Das Ehepaar von Gutenbach hat zwar immer nur kleinere Auftritte – sympathisch sind sie allerdings eher weniger. Trotz allem fand ich auch diese Figuren sehr interessant gezeichnet.
Alle Figuren in diesem Buch haben mich vollends überzeugen können. Es sind interessante, spannende und authentische Charaktere, die ich so schnell nicht mehr vergessen werde.

Das Buch ist so aufgebaut, dass ein Kapitel immer in der Gegenwart spielt, das nächste dann in der Vergangenheit von Sophie. Dabei bildet das zweite Kapitel die am längsten zurückliegende Zeit – es wird gezeigt, wie sich die drei kennengelernt haben. Später erfährt der Leser/ die Leserin dann einiges über ihre Jugend und wie Noah und Sophie dann ein Paar wurden.
Der Erzählstrang der Vergangenheit läuft dann dem Erzählstrang der Gegenwart entgegen, Stück für Stück lösen sich so die Geheimnisse.
Dadurch, dass die Autorin die „Ich-Erzählweise“ gewählt hat und man dadurch die Geschichte durch Sophies Augen erzählt bekommt, kam ich sofort in der Geschichte an. Es entwickelte sich direkt eine Art Sogwirkung und ich wollte das Buch teilweise gar nicht mehr aus der Hand legen.
Emma Behrens hat auf keiner Seite Langeweile aufkommen lassen, auch wenn sie beispielsweise die Villa detailliert beschreibt. Durch viele Dialoge wirkt die Geschichte und ihre Charaktere sehr lebendig, auch wenn die Gesamtstimmung insgesamt eher melancholisch ist.
Ihr wunderbarer, einfühlsamer und gehobener Sprachstil machten das Buch für mich zu einem wahren Lesevergnügen.

Das große Thema in diesem Buch ist, wie Sophie sich ihrer Vergangenheit stellt und auch versucht, ihre emotionale Abhängigkeit von Noah abzustreifen – auch wenn es sie immer wieder Kraft, Wut und Tränen kostet. Und es wird klar, wie sehr die Kindheit das weitere Leben eines Menschen prägt.

Fazit: Ein sehr starker Debütroman, der für mich keine Wünsche offen lies. Interessante Charaktere, spannende Handlung und ein wunderbarer Sprachstil. Dieses Buch lege ich euch wirklich sehr ans Herz – unbedingt lesen!

*Das Buch habe ich freundlicherweise als kostenloses Rezensionsexemplar vom DuMont-Verlag bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst, muss aber als Werbung gekennzeichnet sein.