von Anne Stern
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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 13. August 2024
Verlag: Rowohlt
Ausgaben: Paperback, eBook und Hörbuch
ISBN: 978-3499010927
Seitenanzahl: 416 Seiten
Preise: 18€ (Paperback), 09,99€ (eBook)
Reihe: „Die Dresden-Reihe“, Band 03 von 03
Homepage:
https://www.rowohlt.de/buch/anne-stern-das-opernhaus-samtschwarz-die-nacht-9783499010927
Klappentext:
„Die Leidenschaft und die Musik sind stärker als jede Vernunft.
Dresden 1869: Die gefeierte Violinistin Elise Jacobi hat die Liebe zur Musik an ihre Kinder weitergegeben. Tochter Netty probt an der Semperoper als Primaballerina für die Rolle ihres Lebens, Sohn Julius ist ein begabter Pianist und verliebt sich in die unabhängige Bankierstochter Rahel Cohn. Eine neue Generation wächst heran, die den Mut hat, nach der Freiheit zu greifen und neue Wege zu gehen. Doch dann kommt es zu einem verheerenden Feuer, bei dem das Königliche Theater in Schutt und Asche gelegt wird. Fassungslos stehen die Menschen vor den Trümmern. Auch für Elise ist der Anblick kaum zu ertragen, verbindet sie doch mit dem Hoftheater lang unterdrückte Gefühle für den ehemaligen Dekorationsmaler Christian Hildebrand. Bei den Maiaufstände vor zwanzig Jahren musste Christian aus der Stadt fliehen. In aller Heimlichkeit trägt Elise sein Andenken noch heute in ihrem Herzen – ebenso wie das große Geheimnis, das seit so vielen Jahren auf ihr lastet. Denn es hat die Kraft, alles zu zerstören, was sie sich seit Christians Flucht aufgebaut hat.“
*Hinweise:
– Bitte lese diese Rezension nicht, wenn du den ersten Band „Dunkel der Himmel“ und den zweiten Band „Rot das Feuer“ noch nicht gelesen hast, dies aber noch möchtet – Spoilergefahr!
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
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Das Buch „Das Opernhaus – Samtschwarz die Nacht“ von Anne Stern ist der dritte und abschließende Band einer Buchreihe, welche im 19. Jahrhundert in Dresden spielt und in deren Mittelpunkt die wechselvolle Geschichte der Semperoper steht.
„Beinahe war es Elise, als wäre es ihr eigener Leib, der dort brennte. Als habe man ihre Erinnerungen, ihre Wünsche und Träume und den letzten Rest ihrer Zuversicht heute den Flammen anheimgegeben.“
[Kapitel 17, Seite 177]
Dresden 1869: Elise Jacobi lebt mit ihrem zweiten Ehemann in Blasewitz bei Dresden. Ihre Liebe zur Musik hat sie an ihre beiden Kinder weitergegeben: Ziehtochter Netty hat die Rolle ihres Lebens bekommen und probt als Primaballerina an der Semperoper, ihr Sohn Julius ist ein begabter Pianist. Doch noch immer kann Elise nicht mit ihrer Vergangenheit abschließen, denn sie vermisst Christian – ihre erste große Liebe. Dieser lebt nach den Maiaufständen vor zwanzig Jahren in weiter Ferne. Außerdem lastet ein großes Geheimnis auf Elises Schultern, welches nicht nur ihre Vergangenheit berührt, sondern auch ihre Gegenwart und Zukunft.
Als es zu einem verheerenden Feuer kommt und das Königliche Theater in Schutt und Asche gelegt wird, stehen nicht nur Elise und ihre Familie fassungslos vor den verkohlten Trümmern.
Anne Stern gehört seit vielen Jahren zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen. Ich lese ihre vielfältigen Geschichten sehr gerne und vor allem mit der Reihe um die Hebamme Hulda Gold im Berlin der 1920er Jahre hat sie sich in meine Leseherz geschrieben. Wann immer sie eine Neuerscheinung ankündigt, weiß ich, dass ich diese auch direkt lesen möchte.
Vor etwas mehr als einem Jahr konnte mich der Auftakt der ‚Dresden-Reihe‘ „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ begeistern und auch der zweite Band „Das Opernhaus – Rot das Feuer“ konnte mich von Anfang bis Ende überzeugen. Ich war schon sehr gespannt auf den Abschluss dieser grandiosen Reihe – auch wenn immer etwas Wehmut mitschwingt, wenn eine geliebte Buchreihe zu Ende geht.
Diesen Band bekam ich ebenfalls vom Rowohlt Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zugesendet, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.
Die Ausgabeart des Buches ist eine sehr hochwertig gestaltete Klappbroschur mit insgesamt 416 Seiten:
Auf der vorderen Klappe befindet sich ein Textausschnitt, welcher die Neugier auf die Geschichte weckt. In der vorderen Klappe befindet sich ein Kartenausschnitt von Dresden im Jahr 1869. Auf der hinteren Klappe wir die sympathische Autorin mit einer kurzen Biographie und einem Foto vorgestellt, im Inneren findet sich eine grafisch aufbereitete Übersicht über die drei Bände der Buchreihe.
Das Cover passt perfekt zu den vorherigen zwei Bänden der Reihe (der erste Band wird in der Neuauflage noch an Band 1 und 2 angepasst).
Zu sehen ist das angeschnittene Profil einer jungen Frau mit einer schwarzen Kopfbedeckung auf ihrem kurzen goldblonden Haaren. Mit ihrem durchdringenden Blick fängt sie direkt den Blick des Betrachters auf. Es handelt sich auch hier um einen Ausschnitt aus einem Gemälde der Künstlerin Ginette Beaulieu. Wie ich bereits bei den ersten beiden Bänden angemerkt habe, kann mich das Covermotiv nicht richtig abholen, da es auf mich etwas zu modern wirkt und nicht wirklich zur Geschichte passen mag. Doch das ist Geschmackssache und wichtiger als das Cover ist für mich immer der Inhalt. Und immerhin kann man sagen, dass der Rowohlt Verlag etwas Neues gewagt hat, weg von der Rückansicht einer Frau vor einem Gebäude/ einer Landschaft.
Der Reihentitel und der Untertitel stehen in einem glänzenden hellgrünen Kreis, welcher sich im linken oberen Bereich des Covers befindet.
Ich empfehle, dass man die ersten Bände unbedingt vor dem dritten Band gelesen hat, da man dann die Entwicklung der Figuren und alle anderen Begebenheiten und Ereignisse besser einordnen kann.
Der Prolog des Buches beginnt im Dezember 1859, das erste Kapitel setzt dann im August 1869 an. Insgesamt 41 Kapitel beinhaltet das Buch, das letzte Kapitel spielt im Januar 1870, der nachfolgende Epilog im Februar 1870. Es folgt ein ausführliches Nachwort und der Dank der Autorin.
Inklusive des Prologs und des Epilogs umfasst die gesamte Zeitspanne des Romans etwa 11 Jahre, ohne Prolog und Epilog circa fünf Monate.
Die Handlung des Buches wird chronologisch erzählt und beinhaltet immer wieder einzelne Kapitel, welche aus Zeitungsberichten oder Briefen bestehen – dies sorgte für eine zusätzliche Authentizität des Romans
Dadurch, dass die Ereignisse des Romans zusammenhängend und aufeinanderfolgend erzählt werden, konnte ich mich von Anfang an (wieder) perfekt in die Geschichte einfinden und auch den vielen und vielfältigen Figuren stets gut folgen. Auch die Datums- und Ortsangabe über jedem Kapitel sorgen für eine gute zeitliche und räumliche Orientierung. Sehr intensiv und gelungen empfand ich, dass eine Schlüsselszene des Romans aus verschiedenen Perspektiven geschildert wird.
Anne Stern hat einen so ausdrucksstarken, bildhaften und poetischen Sprachstil, der mich direkt in die Geschichte mitgenommen hat. Sie beschreibt kleine Begebenheiten am Rande, doch genau diese Beschreibungen füllen das Buch mit Leben und vor allem entsteht eine solch einnehmenden Atmosphäre – die Gedanken und Gefühle der Protagonisten werden direkt aus der Vergangenheit ins Hier und Jetzt transportiert, wodurch längst vergangene Zeiten vor den Augen der Leser und Leserinnen wieder lebendig werden und Geschichte so greifbar, vor allem aber fühlbar wird.
Dies alles – die gut zu verfolgende Handlung, die sich kontinuierlich aufbauende Spannung und die poetische Sprache – sorgten dafür, dass ich völlig in die Geschichte eintauchen konnte und die 416 Seiten so dahin flogen.
Viele der Figuren sind bereits aus den vorherigen Bänden bekannt und ich habe mich sehr gefreut, diese erneut zu treffen und zu sehen, wie sie sich authentisch weiterentwickelt haben. Aus Kindern sind mittlerweile junge Erwachsene geworden, welche mitten im Leben stehen, teilweise ihre Berufung bereits gefunden haben, teilweise ihren Platz im Leben noch suchen.
„Manchmal fragte sich Elise, woher ihre jüngste Schwester diese ungeheure, ja eiserne Stärke hatte, die Vergangenheit hinter sich lassen zu können, so schrecklich diese auch gewesen sein mochte. Sie selbst war nicht aus ähnlichen Holz geschnitzt. Bisweilen wünschte sie es sich, aber dann wieder fühlte sie sich ohne Grund verzagt und wankelmütig wie ein Stück Schilf im Wind. Besonders in letzter Zeit, da das Alter langsam, aber sicher nach ihr zu greifen schien.“
[Kapitel 1, Seite 25]
Nach wie vor steht die sympathische Elise im Zentrum der Geschichte, auch wenn sie und ihre Geschichte etwas in den Hintergrund treten und damit Raum für die Geschichten ihrer Kinder bietet. Elise ist noch immer eine sehr gefühlsbetonte Frau. Sie kann jedoch noch immer nicht mit ihrer Vergangenheit abschließen und sie trägt ein großes Geheimnis mit sich herum, dessen Geheimhaltung sie mehr und mehr belastet. Außerdem musste sie schwere Verluste hinnehmen, welche sie noch immer nicht überwunden hat. Mit all ihren (Selbst)zweifeln, ihrer inneren Zerrissenheit und ihren durchlebten Höhen und Tiefen ist Anne Stern mit Elise eine sehr lebensechte Figur gelungen, die mir mit ihrer mitreißenden Geschichte noch sehr lange im Kopf, vor allem aber im Herzen bleiben wird.
Ihre Kinder Netty und Julius haben sich mittlerweile von Kindern zu jungen Erwachsenen entwickelt und führen ihre eigenen Leben. Der Charakter von Julius ist am Anfang etwas schwer zu fassen – dieser entfaltet sich dann im Laufe der Geschichte immer mehr. Netty ist nach wie vor eine Frohnatur, welche sich von Nichts und Niemanden aus der Ruhe bringen lässt.
Auch Christian, Elises erste große Liebe, spielt wieder eine wichtige Rolle. Er hat ebenfalls eine immense Entwicklung durchlebt. Mittlerweile wohnt er zwar fernab von Dresden, doch noch immer hängt er sehr an der Vergangenheit und an dieser Stadt. Bereits im ersten und zweiten Band mochte ich seine teils etwas unbeholfene, aber doch auch starke und entschlossene Art, welche mich sehr für ihn und seine Geschichte einnehmen konnte.
Neu in der Geschichte ist die Bankierstochter Rahel Cohn. Bereits nach wenigen Szenen hat sich diese starke, intelligente und facettenreiche Figur einen Platz in meinem Herzen gesichert. Ihre Zukunft als treusorgende Ehefrau scheint außer Frage zu stehen, sie ist eine begehrte Partie – doch Rahel möchte das alles nicht und sie bricht mit den Traditionen.
Neben diesen Hauptfiguren spielen auch in diesem dritten Band wieder eine Vielzahl weiterer Figuren eine Rolle. Ich möchte auf diese nicht detailliert eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Diese zahlreichen Figuren hat Anne Stern sehr verschiedenartig, lebensecht und interessant dargestellt, mitunter konnten mich einige mit ihren Taten, Gedanken und Entwicklungen sehr überraschen. Alle zusammen stellen ein gutes Bild der damaligen Gesellschaft da und geben Einblicke in die Denkweisen und strengen Konventionen zu jener Zeit.
„«Ein modernes Land braucht Kunst und Musik ebenso wie Bildung und Gerechtigkeit.»„
[Kapitel 23, Seite 235]
Es war eine Zeit, in der die Gesellschaft in großer Aufruhr war: Nach der Niederschlagung des ‚Dresdner Maiaufstand‘ im Jahr 1849, welcher gegen Ende der Deutschen Revolution von 1848/1849 der Versuch war, König Friedrich August II. von Sachsen zu stürzen und eine sächsische Republik zu etablieren, war die Märzrevolution in Sachsen beendet.
Viele „Haupträdelsführer“ befanden sich im Exil – so auch Gottfried Semper, der zusammen mit seinem Freund Richard Wagner als überzeugte Republikaner für bürgerliche Grundrechte kämpfte. Als Angehöriger der Dresdner Kommunalgarde ließ Semper Barrikaden umbauen, so dass diese effizienter verteidigt werden konnten. Er kehrte Dresden für immer den Rücken.
Als das von ihm erbaute erste Hoftheater im September 1869 Opfer eines Feuers wurde und Sachsens König Johann auf Drängen der Bürgerschaft ihn mit dem Bau des zweiten beauftragte, lieferte er zwar die Pläne, die Bauleitung übernahm jedoch sein Sohn Manfred Semper, der ebenfalls Architekt war. Dieser verheerende Brand der Semperoper am 21. September 1869 ist das zentrale Thema des Romans.
Ein weiteres Thema ist die Stellung der Frau in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Auch wenn sich bereits einiges zu Gunsten der Frauen verändert hat, stehen diese noch weit unter dem Mann – beispielsweise in Sachen Bildung: Frauen wurde der Zugang zum Studium strikt verwehrt. Dieses Thema wird mit der Bankierstochter Rahel Cohn sehr deutlich dargestellt.
„Dieser Stachel, der ihr im Herzen saß, schmerzte von Tag zu Tag mehr – sie konnte den Gedanken einfach nicht ertragen, keinen Anteil an der großen Welt haben zu dürfen, nur weil sie eine jüdische Frau war, eine minderjährige noch dazu, deren Geschicke ihre Familie bestimmte und nicht sie selbst.“
[Kapitel 10, Seite 107]
Nicht nur strikte Trennung zwischen Mann und Frau spaltete die Gesellschaft, sondern auch der immer weiter um sich greifende Hass auf die jüdische Bevölkerung. Beziehungen zwischen Christen und Juden waren nicht möglich, immer wieder wurde den Juden vorgeworfen, die Gesellschaft auszunehmen.
Der Autorin gelingt es diese geschichtlichen, gesellschaftlichen und politischen Themen in ihre spannende Handlung einzuweben und mit den Schicksalen und Lebensgeschichten ihrer Figuren zu verbinden.
Neben diesen Themen stellt Anne Stern, wie in den beiden vorherigen Bänden, die Macht vor allem die Kraft der Musik in den Fokus. Ihr immenses Wissen über verschiedene Stücke der klassischen Musik, die Opern und deren Entstehung und Handlung, lässt Anne Stern in ihren Roman gekonnt mit einfließen.
„«Nicht die Welt entscheidet, was für uns das Richtige ist.(…) Wir selbst formen mit unseren Entscheidungen vielmehr die Welt.»„
[Kapitel 33, Seite 320]
Nun heißt es wieder Abschied von einer grandiosen Buchreihe zu nehmen. Alle drei Teile konnten mich bestens unterhalten. Persönlich hat mit der dritte Band am besten gefallen, da dieser unfassbar spannend und gleichzeitig sehr emotional ist.
Danke liebe Anne Stern für dieses mitreißende und lehrreiche Lesevergnügen.
Fazit: Vor etwas über einem Jahr begann ich mit dem ersten Band „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ die Reise in das Dresden des 19. Jahrhunderts – und ich war unglaublich begeistert. Auch der zweite Band „Rot das Feuer“ konnte mich von Anfang bis Ende überzeugen. Der dritte Band ist ein spannendes und emotionales Finale und ich bin so berührt, hingerissen, aufgewühlt und beeindruckt. Was für eine Geschichte. Sehr lesenswert!
* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.