„Das Mädchen aus Glas“

von Julie Hilgenberg

Erschienen am 11. Mai 2020 im Diana Verlag
ISBN: 978-3-453-36057-0
https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Das-Maedchen-aus-Glas/Julie-Hilgenberg/Diana/e560079.rhd

Das Buch „Das Mädchen aus Glas“ spielt im 20. Jahrhundert in Berlin und handelt von der jungen Elisa, die trotz ihrer schweren Krankheit ihren Weg und die große Liebe in ihrem Leben sucht und findet.

Coverrechte: Diana Verlag

Berlin im Jahr 1913: Die junge Elisa leidet an der seltenen Glasknochenkrankheit – eine Krankheit, bei der ihre Knochen unter geringer Belastung leicht und schnell brechen. Aus Angst um ihre Tochter und deren Gesundheit, sperren Elias Eltern das junge Mädchen jahrelang in ihrer Villa ein. Eines Tages soll sie aber heiraten eine arrangierte Hochzeit mit Louis Lindquist, dem Sohn eines Bankiers. Die Hochzeit bietet sich für ihren Vater, den Inhaber einer Süßwarenfabrik, gerade zu an. Eigentlich gehört Elias Herz ihrem Arzt und Vertrauten Wilhelm. Aber auch Louis‘ Herz gehört einer anderen Frau.

Das Buch habe ich auf dem ‚Bloggerportal‘ von Randomhouse entdeckt und war von dem Cover und dem Klappentext gleich tief beeindruckt. Bücher, in denen die Hauptfiguren an einer unheilbaren Krankheit leiden, findet man im Genre ‚Historischer Roman‘ eher selten. Deshalb war mein Interesse gleich geweckt und ich bewarb mich um ein Rezensionsexemplar.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Diana Verlag für die unkomplizierte Zusendung des Buches als Rezensionsexemplar.

Nach dem ich die ersten Seiten von diesem Buch gelesen hatte, war mir klar, dass es ein ganz besonderes Buch ist, welches ich da in den Händen hielt. Ein Buch mit einer beeindruckenden und starken, authentischen Hauptfigur, die so zerbrechlich und zart ist, und doch so stark und kämpferisch. Gezeichnet durch ihre schwere Krankheit, die ihre Kindheit von einem auf den anderen Tag beendet und ihr weiteres Leben bestimmt

„Draußen war der Gärtner damit beschäftigt, Holz für den Winter zu stapeln. Elisa sah durchs Fenster, wie seine Stirn im Abendlicht vor Schweiß glänzte. Wie seine Muskeln arbeiten. Wie schön es sein musste, seine Muskeln zu fühlen. Sie selbst hatte keinerlei Gespür für ihren Körper. Was zum einen daran lag, dass sie kaum Muskeln besaß; sie bewegte sich ja nur sehr wenig. Zum anderen daran, dass sie ihren Körper verabscheute. Denn ihr Körper war es, der sie im Haus gefangen hielt.“ [S.41, Z. 12 – 19]

Elisa hasst ihren Körper und ihre Krankheit, leidet aber vor allem unter der gesellschaftlichen Isolation, in die sie durch ihre Eltern gezwungen wird. Auf der einen Seite konnte ich die Eltern verstehen, da sie Angst um das Leben ihrer Tochter haben, aber auf der anderen Seite war es auch einfach nur erschreckend, was Elisa damit angetan wurde. Unvorstellbar. Trotz allem kämpft sich Elisa aus diesem Teufelskreis raus – dank einer unfreiwilligen Hochzeit. Es war so ergreifend, wie Elisa nach und nach die Welt und auch ihr Leben für sich entdeckte. Dinge und Begebenheiten, die für alle selbstverständlich waren, wurden von Elisa komplett neu entdeckt. Ich wollte Elisa sehr oft einfach nur in den Arm nehmen und für sie da sein – das hätte sie aber wahrscheinlich nicht zugelassen.
Ihre Mutter ist eine Person, die man sehr schwer durchschaut. Anfangs war bei mir noch die ein oder andere Sympathien, die aber im Laufe des Buches immer weniger wurden. Ähnlich ging es mir bei ihrem Vater.
Louis Lindquist, Elias Mann, ist ein Draufgänger-Typ – er lebt sein Leben als Sprössling einer reichen Bankiersfamilie: er schmeißt sein Studium und führt die ein oder andere Affäre. Mit seinem Vater steht er eher auf Kriegsfuß, dieser setzt ihm die Pistole auf die Brust. Sollte er Elisa nicht heiraten, verliert er jegliche Unterstützung – nicht nur finanzieller Art. Louis fühlt sich immer sehr im Schatten seines älteren Bruder Franz, der seinen Vater in der Bank unterstützt und der wahre ‚Vorzeigesohn‘ ist. Erst später wird klar, warum Louis seinen Vater regelrecht verachtet. Ich mochte Louis sehr gerne, auch wenn er Anfangs impulsiv und ungestüm ist. Im Laufe der Handlung wird er zum wahren Sympathieträger.
Eine eher tragische Figur finden wir in dem Arzt und Vertrauten von Elisa: Wilhelm. Schon seit Kindertagen verbindet ihn und Elisa ein festes Band der Freundschaft und Vertrautheit. Er kann nicht fassen, dass Elisa einfach einen anderen Mann heiratet. Er muss sich eingestehen, dass er Elisa liebt – doch dafür ist es nun zu spät.
Es gibt noch einige Figuren in diesem Buch, sie alle machten das Buch äußerst lesenswert. Sie alle handeln authentisch, ich konnte mit ihnen lachen, mit ihnen weinen oder sie machten mich fassungslos.

Julie Hilgenberg ist Jahrgang 1991, das Buch „Das Mädchen aus Glas“ ihr erster historischer Roman. Ihre Sprache ist atemberaubend, so feinfühlig und wunderschön zog sie mich direkt in die Handlung und in die Zeit. Auch wenn der geschichtliche Hintergrund das Berlin in der Zeit vor und während des Ersten Weltkrieges zeigt, stehen die Gefühle der Figuren, vor allem von Elisa und Louis, sehr im Vordergrund. Das Geschichtliche muss in diesem Roman arg zurückstecken, was ich aber überhaupt nicht als negativ wahrgenommen habe. Ich kam allen Figuren dadurch nochmal so viel näher. Es wird ein gutes Bild über die Gesellschaft in dieser Zeit dargestellt, eine Zeit, in Luxus und Armut so nah beieinander lagen. Wie lange man brauchte, um in den höheren Kreisen akzeptiert zu werden, wie schnell man aber auch wieder draußen war. Und auch wie die Gesellschaft zu dieser Zeit mit Krankheiten umging.
Der Erste Weltkrieg spielt am Rande auch eine Rolle, es wird noch einmal klar, wie es dazu kam und auch wie sehr dieser Krieg in das Leben der Bevölkerung eingebrochen ist und ihr aller Leben verändert hat.
Ich habe so einiges über die Glasknochenkrankheit gelernt, auch dank des Nachwortes der Autorin. Hier merkt man, dass dieses Thema Julie Hilgenberg sehr wichtig war und sie sehr intensiv recherchiert hat.

Fazit: Ein wunderschöner, sinnlicher Roman mit einer zarten und gleichzeitig so starken Hauptfigur. Lohnt sich!

Hinweis: Dieses Buch habe ich vom Diana Verlag als kostenloses Rezensionexemplar bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert