von Claire Winter
Erschienen am 27. Juli 2020 im Diana Verlag
ISBN: 978-3453291959
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Das Buch „Kinder ihrer Zeit“ von Claire Winter handelt in der Zeit, als Berlin ein Spielball zwischen Ost und West wurde und der Kalte Krieg einen neuen Höhepunkt erreichte.
Der Prolog des Buches setzt im Juni 1961, zwei Wochen vor Mauerbau an. Ein Mann läuft durch Wien, er ist bewaffnet und verschafft sich Zutritt zu dem Hotelzimmer einer jungen Frau.
Dann geht es zurück in das Jahr 1945 nach Ostpreußen. Es ist Winter, als eine Mutter mit ihren Zwillingen Alice und Emma die Flucht wagt. Weit kommen sie nicht, denn Alice wird krank, sie finden bei einer hilfsbereiten Bäuerin Unterschlupf. Kurze Zeit später wird Alice durch einen grausamen Zwischenfall von ihrer Mutter Rosa und der Schwester Emma getrennt.
12 Jahre später, Emma wohnt mit ihrer Mutter in West-Berlin. Sie hat den Verlust ihrer Schwester Alice nie überwunden, ihre Mutter rechnet fest damit, dass Alice nicht mehr lebt. Doch in Emma wachsen Zweifel und sie beginnt Nachforschungen nach ihrer Schwester.
„Kinder ihrer Zeit“ von Claire Winter war mein erstes Buch der Autorin. Ich habe es immer mal wieder in den Sozialen Medien gesehen, das Cover, aber auch der Klappentext machten mich sehr neugierig. Dieses Buch wollte ich unbedingt lesen, da mich der Konflikt zwischen der DDR und der BRD schon immer sehr interessiert hat, vor allem aber die Geheimdienste und die Geschichte der Spione.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Diana-Verlag für die Zusendung eines Rezensionsexemplars.
Durch den Prolog des Buches, der im Jahr 1961 ansetzt, war ich gleich in der Geschichte angekommen. Er wirft viele Fragen auf, da nicht klar ist, wie es zu dieser Begebenheit kam. Die Handlung geht dann 16 Jahre zurück und sorgte bei mir für Gänsehaut. Die Flucht der Menschen aus Ostpreußen, die Angst und die Verzweiflung waren mit jedem Wort zu spüren. Unvorstellbar, was die Menschen damals durchgemacht haben – sie mussten ihr komplettes Leben aufgeben, alles zurück lassen und waren völlig sich selbst überlassen.
Emma und Alice lernen wir als 11 Jährige Mädchen kennen, ein Alter, in dem man noch eigentlich noch völlig arglos und fröhlich durchs Leben gehen sollte. Doch das ist den Beiden nicht vergönnt. Mit einem ungewissen Ziel sind die beiden mit ihrer Mutter auf der Flucht.
Fünf Jahre später, Emma ist inzwischen 16 und wohnt mit ihrer Mutter in West-Berlin. Sie ist ein sehr liebes und verständnisvolles Kind, aber auch zutiefst verunsichert. Sie vermisst ihre Schwester, hegt immer wieder Hoffnungen, dass ihre Schwester noch lebt. Doch ihre Mutter Rosa möchte von diesen Hoffnungen nichts hören. Den Suchantrag, den Emma gestellt hat, zerreißt sie. Für sie ist ihre Tochter Alice tot.
Emmas Freund Max, mit dem sie schon seit Jahren befreundet ist, aber keine Beziehung führt, ist ihre Stütze. Bei ihm kann sie sich ausweinen und er gibt ihr neue Denkanstöße. Er ist eine Figur, die den Leser im gesamten Buch begleitet. Er gerät auch in Zwickmühlen und hat Probleme, ist aber trotzdem immer für andere da. Vor allem für seine Freundin Emma gibt er alles.
Rosa ist ein Charakter mit einer Tiefe, die man selten in Büchern findet. Gezeichnet vom Verlust ihres Ehemanns und einer Tochter lässt sie sich nicht unterkriegen. Sie ist gesundheitlich sehr angeschlagen. Sie möchte um das Verschwinden ihrer Tochter Alice keine Gewissheit haben.
Im Laufe des Buches kommen noch einige Charaktere hinzu, die alle so hinreißend authentisch gezeichnet sind. Jeder Charakter hat mich überzeugt, in seinem Handeln, aber auch im Denken. Sie geben ein gutes Bild der Menschen zu dieser Zeit ab, wie sie dachten und fühlten. Interessant fand ich, auch mal zu lesen, wie die Menschen den Sozialismus gesehen haben, wie sie ihn auch erlebt und auch verteidigt haben.
Die Sprache von Claire Winter ist sehr detailliert ohne dabei langweilig zu sein. Die Handlung wird immer weiter erzählt und es baut sich immer wieder Spannung auf. Ich habe mit den Figuren sehr mitgefiebert, hatte Gänsehaut und auch feuchte Hände, weil es teilweise so spannend wurde.
Das Cover des Buches ist sehr eindrucksvoll und sprach mich direkt an. Es zeigt auch eine Teilung in Form einer Mauer, die durch die Mitte des Covers geht. Auf der einen Seite sind Grenzsoldaten zu sehen und Arbeiter, die die Mauer hochziehen. Auf der anderen Seite der Mauer läuft eine Frau in einem bunten Kleid und zieht damit alle Blicke auf sich. Sie steht für den aufblühenden Westen der Stadt.
Die Themen des Buches sind sehr vielfältig, das große Thema ist aber der Konflikt zwischen Ost und West. Dieser Konflikt war in Berlin so spürbar, wie sonst nirgends, da am Anfang noch ein reger Verkehr über die Grenze möglich war. Viele Ost-Berliner hatten das aufblühende West-Berlin direkt vor Augen und die Regierung der DDR hatte immer mehr Probleme die Menschen in der DDR zu halten. Immer mehr Flüchtlinge kamen in Flüchtlingslagern in West-Berlin an. Diese Menschen mussten auch alles zurück lassen, und ob sie dann auch wirklich aufgenommen wurden, stand auf einem anderen Blatt.
Spannend fand ich das Thema Geheimdienste und Spionage ja schon immer. In diesem Buch ist es ein großes Thema und sehr spannend aufgearbeitet, ich habe so einiges Neues dazu gelernt.
Wie schnell man als Bürger in der DDR ins Visier der STASI kommen konnte und auch wie man dann auch zwischen die Fronten der Geheimdienste geraten konnte, hat mich sehr schockiert und fassungslos gemacht.
Am Anfang des Buches steht die Flucht und Vertreibung aus Ostpreußen. Wie schon oben beschrieben sorgt dieses Thema bei mir immer wieder für Gänsehaut. Vor allem dann, wenn es um die sogenannten „Wolfskinder“ geht. Es ist immer wieder erschreckend, wie aktuell das Thema Flucht ist.
Durch dieses Buch habe ich einiges an Wissen dazugewonnen, aber auch altes Wissen wieder aufgefrischt. Einige Begebenheiten sind mir nun klarer und ich habe das Gefühl, dass ich bei einigen Historischen Momenten live dabei war und auch die ein oder andere Historische Figur getroffen habe.
Fazit: Spannend und lebendig geschrieben. Hier wird Geschichte lebendig und erlebbar. Unbedingt lesen. Ein Highlight.
Hinweis:
Dieses Buch habe ich freundlicherweise vom Diana-Verlag als
Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, es hat meine
Meinung aber nicht beeinflusst.