„Das Kaffeehaus – Bewegte Jahre“

von Marie Lacrosse

Erschienen am 28. September 2020 im Goldmann-Verlag
ISBN: 978-3-442-20597-4
https://www.randomhouse.de/Paperback/Das-Kaffeehaus-Bewegte-Jahre/Marie-Lacrosse/Goldmann/e560711.rhd

Das Buch „Das Kaffeehaus – Bewegte Jahre“ von Marie Lacrosse ist der Auftakt einer Trilogie, die in Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts spielt und die ‚Affaire Mayerling‘ als Hauptthema hat.

Coverrechte: Goldmann-Verlag

Ende des 19. Jahrhunderts in Wien: Die junge Sophie von Werdenfels leidet unter dem frühen Verlust ihres Vaters, noch mehr aber leidet sie unter dem strengen und lieblosen Regiment des Stiefvaters. Immer wieder flieht sie zu ihrem bürgerlichen Onkel Stephan Danzer, der ein prächtiges Kaffeehaus besitzt. Hier, zwischen Mandelmelage und Prinzentorte, findet Sophie Bestätigung und Anerkennung.
Mit Mary Vetsera, einer Tochter von Adel, verbindet Sophie eine tiefe Freundschaft.
Doch diese Freundschaft wird durch zwei Männer aufgemischt: Richard von Löwenstein und Rudolf, dem Kronprinzen. Richard, ein persönlicher Freund von Rudolf, verliebt sich in Sophie. Mary hingegen beginnt für den verheirateten Kronprinzen zu schwärmen und schlägt alle Warnungen ihrer Freundin in den Wind – sie beginnt sogar eine Affäre mit Rudolf. Diese Affäre, und vor allem das Ende, wird die gesamte Habsburgermonarchie tief erschüttern.

Mit großer Begeisterung habe ich die „Weingut-Saga“ von Marie Lacrosse gelesen. Als sie in den Sozialen Medien vor einigen Monaten ihre neue Buchreihe vorstellte, war mein Interesse direkt geweckt. Die ‚Affäre Mayerling‘ interessiert mich schon sehr lange, genauso wie die Zeit, in der das Buch spielt. Durch die „Sissy-Filme“ mit Romy Schneider bin ich dieser Zeit, aber auch der österreichischen Kaiserfamilie verfallen. Meine Vorfreude auf den Auftakt der Reihe war enorm und ich konnte den Erscheinungstag kaum erwarten.
Freundlicherweise bekam ich das Buch als vorzeitiges Rezensionsexemplar vom Goldmann-Verlag zugesendet, da Marie Lacrosse mich auf ihrer „Bloggerliste“ aufnahm.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Goldmann-Verlag und an Marie Lacrosse für die Zusendung des Buches.

Viele der Figuren in diesem Buch sind historisch belegte Persönlichkeiten. Diesen Figuren, die ich oft nur aus dem Geschichtsbuch kannte, haucht Marie Lacrosse Leben ein. Sie agieren neben fiktiven Figuren, eingebettet in einem akribisch recherchierten geschichtlichen Hintergrund. Alle Figuren, egal ob real oder fiktiv, bestechen durch Tiefe und Authentizität. Sie haben ihre Ecken und Kanten, sie leben ihr Leben in ihrer Zeit, auch wenn es für sie nicht immer leicht ist.
Beginnen wir mit der fiktiven Sophie von Werdenfels, welche aber einer wahren historischen Persönlichkeit nachgestellt wurde: Durch den Tod ihres Vaters und ihres Bruders muss die junge Frau nun ihren strengen Stiefvater erdulden. Diesen hat ihre Mutter aus unerfindlichen Gründen geheiratet und macht damit nicht nur ihre Kinder unglücklich, sondern auch sich selbst. Sophie ist ein gescheite und vernünftige Frau, die aber nicht nur perfekt ist. Ihr unterlaufen Fehler, sie verliebt sich unglücklich, ist aber trotzdem für andere da: Für ihre Freundin Mary ist Sophie eine wichtige Stütze, auch wenn die Freundschaft nie ganz rund läuft. Aber auch Sophies jüngere Schwester kann sich auf Sophie verlassen.
Mary Vetsera, ist eine der vielen historischen Persönlichkeiten ist in dem Buch, und übernimmt eine der Hauptrollen. Sie ist eine junge und äußerst naive Frau, die in ihrem Leben noch nicht angekommen ist, sie weiß nicht recht, wo ihr Platz ist. Was als Schwärmerei für den Kronprinzen Rudolf beginnt, endet in einem Wahn, sie erliegt Rudolf völlig, lässt sich von ihm mitreißen. Marie Lacrosse hat den Charakter der Mary Vetsera sehr genau herausgearbeitet, ihre Geschichte hat mich sehr beeindruckt und ich erlebte mit ihr ein Wechselbad der Gefühle. Marie Lacrosse hat gezeigt, wie es dazu kommen konnte, dass Mary sich Rudolf völlig ergab.
Kronprinz Rudolf wird von Marie Lacrosse ebenfalls sehr lebendig und sehr psychologisch tiefgründig beschrieben. Ein tief verletzter Mensch, der schon früh in seinem Leben auf die Ablehnung seiner Eltern stieß und sich zurückgesetzt fühlte. Zudem noch in einer unglücklichen Ehe gefangen und körperlich und seelisch krank. Auf der einen Seite ein Opfer, auf der anderen Seite wird er dann selbst zum Täter. Rudolf ist, neben Mary, eine Figur, die noch sehr lange nachklingen wird.
Richard von Löwenstein, Rudolfs persönlicher Freund, ist ein fiktiver Charakter, der aber dazu beiträgt, dass der Kronprinz dem Leser noch näher kommt. Richard ist mit sich selbst nicht im Klaren, er wird zu einigem gezwungen, was ihm zu Wider ist. Auch wenn er Konflikte scheut, wirkt er auf mich in vielen Szenen stark und authentisch, da er eher unperfekt ist. Ich bin sehr gespannt, wie es mit ihm im zweiten Teil weitergehen wird.
In diesem Buch gibt es viele, sehr viele Charaktere. Auf jeden einzeln einzugehen, würde den Rahmen dieser Rezension sprengen. Eingehen möchte ich aber noch auf Stephan Danzer, der Onkel von Sophie. Er bringt Wärme und Geborgenheit in das Buch. Auch wenn er selbst einen großen Verlust erlitten hat, fängt er seine Nichte Sophie immer wieder auf, schenkt ihr Zuwendung und vor allem Anerkennung. Ein fiktiver Charakter, der mich sehr beeindruckt hat.
Wirklich alle Charaktere bestechen durch eine außerordentlich facettenreiche und authentische Charakterzeichnung. Historische Persönlichkeiten, wie das Kaiserpaar oder Stephanie von Belgien (Rudolfs Frau), sind für mich greifbarer geworden.
Anfangs war ich mit den vielen Figuren etwas überfordert, aber das ausführliche Personenregister am Anfang des Buches hilft bei Unsicherheit weiter.

Der Sprachstil von Marie Lacrosse ist sehr lebendig und detailliert, ohne jemals langatmig zu sein. Ab der ersten Seite war ich in der Handlung angekommen. Durch Einstreuung des Wiener Dialekts und den vielen Beschreibungen und Details der Stadt und ihrer Menschen, ist das Buch eine wahre Zeitreise. Ich tanzte auf Bällen, bestaunte die Kleider der Frauen, saß in pompösen Theatern, traf die Kaiserfamilie und saß mit Sophie in dem prächtigen Kaffeehaus. Wann immer ich das Buch in die Hand nahm, war ich in der Handlung gefangen und wollte das Buch nicht mehr aus den Händen legen. Auch wenn ich wusste auf was alles unweigerlich hinausläuft, musste ich immer weiter lesen.

Das große Thema in „Das Kaffeehaus – Bewegte Jahre“ ist die ‚Affäre Mayerling‘, sie sich am 30. Januar 1889 ereignete. Marie Lacrosse hat diesen Sachverhalt akribisch recherchiert, auch wenn sich viele historische Quellen, die sie studiert hat, widersprechen. Im ausführlichen Nachwort geht die Autorin gut auf ihre Recherchen ein.
Die ‚Affäre Mayerling‘ wird wahrscheinlich nie restlos aufgeklärt werden können, da viele Dokumente vernichtet wurden. Der Roman stützt sich auf die neusten Erkenntnisse und zeigt, wie es wohl abgelaufen sein könnte.
Eine Affäre, die die Habsburgermonarchie erschütterte und tiefe Spuren hinterließ. Diese Spuren versuchte man zu verwischen, was aber (zum Glück) nicht komplett gelang.

Fazit: Das Buch „Das Kaffehaus – Bewegte Jahre“ von Marie Lacrosse ist ein facettenreicher und bildgewaltiger Auftakt einer vielversprechenden Trilogie. Mit Authentische Charakteren, die in einen spannenden geschichtlichen Hintergrund eingebettet sind, ist das Buch Kopfkino pur. Ich bin schon sehr gespannt auf den zweiten Teil, der im April 2021 erscheint. Danke für die lehrreichen und unterhaltsamen Lesestunden liebe Marie Lacrosse.

Hinweis: Dieses Buch habe ich vom Goldmann-Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

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