„Gut Greifenau – Abendglanz“

von Hanna Caspian

Erschienen am 02. November 2018 bei Droemer Knaur
ISBN: 978-3-426-52150-2
https://www.droemer-knaur.de/buch/9595001/gut-greifenau-abendglanz

Das Buch „Gut Greifenau – Abendglanz“ von Hanna Caspian ist der Auftakt der Trilogie um das fiktive Gut Greifenau in Pommern und beschreibt die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.

Coverrechte: Droemer Knaur

Die Handlung beginnt direkt mit dem Tod des alten Gutsherrn Donatus von Auwitz-Aarhayn, welcher im Wald verunglückte. Mit dem Tod steigt bei allen Bewohnern die Angst vor Veränderungen, die durch seinen eher unfähigen Sohn Adolphis von Auwitz-Aarhayn anstehen werden.
Katharina, die jüngste Tochter von Adolphis leidet unter ihrer Mutter Feodora – diese ist sehr dominant und möchte ihre Tochter Katharina unbedingt in die höchsten gesellschaftlichen Kreise verheiraten. In einem Neffen des Kaisers sieht die Mutter den geeigneten Kandidaten für ihre Tochter und setzt nun alles in Bewegung, damit diese Hochzeit auch stattfindet. Das Katharina unglücklich und der Neffe des Kaisers ein Scheusal ist, interessiert sie nicht.
Aber nicht nur Katharina leidet in der ihr zugeteilten Rolle, auch ihr ältester Bruder Konstantin ist mit seiner Rolle unzufrieden: Er hält seinen Vater für unfähig das Gut zu leiten – wie gerne wäre er Gutsherr, er würde so vieles ändern und verbessern. Und dann verliebt sich Konstatin auch noch in die Dorfschullehrerin.

Ich habe von Hanna Caspian schon das Buch „Die Kirschvilla“ gelesen und fand dieses Buch sehr lesenwert. Als die Autorin die Trilogie „Gut Greifenau“ ankündigte, war mein Interesse gleich geweckt. Ich liebe mehrbändige Buchreihen, ich mag die Zeit vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg sehr. Es ist noch dieses Stückchen „Heile Welt“, bevor die großen Kriege die Welt für immer verändern.

Hanna Caspian hat an Figuren in und um das Gut Greifenau nicht gespart. Anfangs war ich etwas überfordert mit den ganzen Figuren und Namen, wer ist nochmal wer, wer jetzt der Sohn usw. – hier hat die Autorin aber durch ein ausführliches Personenregister vorgesorgt.
Die Hauptfiguren, aber auch die vielen Nebenfiguren, werden sehr liebevoll beschrieben und bringen ab der ersten Seite ihre Geheimnisse mit in die Geschichte. Diese Geheimnisse, die immer mehr werden, haben mich immer weiter lesen lassen. Die Figuren haben nicht nur Geheimnisse, sie tragen auch innere Konflikte aus – überlegen sich, wie sie die Situation am Besten lösen können. Somit sind wirklich alle Figuren in dem Buch sehr lebensnah und authentisch beschrieben. Ich schloss viele direkt ins Herz und fieberte mit ihnen mit.
Doch es gibt nicht nur liebenswerte Figuren auf Gut Greifenau, es gibt auch welche, die ich ab und zu gerne geschüttelt und angeschrien hätte. Allen voran Feodora, die Mutter von Katharina und Konstantin. Wenn man sie überhaupt als Mutter bezeichnen kann. Sie ist so grausam, so bestrebt das „Beste“ für ihre Kinder zu wollen, möchte aber eigentlich nur das Beste für sich. Ihre konservative Denk- und Sichtweise ist so furchtbar anstrengend.
Konstatin und seine Schwester Katharina hingegen stehen und handeln gegen alles Konservative. Sie möchten beide ausbrechen, ihren Herzen folgen, nicht mehr der Denkweise ihrer Mutter.
Aber wie schon oben angedeutet: Besonders unterhaltsam fand ich die vielen (liebenswerten) Nebenfiguren.

Die Themen sind sehr vielseitig und geben einen guten Überblick über die Gesellschaft und die Denkweise im frühen 20. Jahrhundert. Es deutet sich aber auch zusätzlich der gesellschaftlichen Umbruch an, der sich unaufhaltsam nährte: Der Adel hatte zwar noch immer eine große Macht, diese Machtstellung wurde aber durch Industielle, sogenannte „Neureiche“ immer weiter gefährdet. Konstatin und Katharina stehen dafür, wie sehr die Gesellschaft im Umbruch war, sie möchten sich eben nichts mehr vorschreiben lassen – sie möchten etwas ändern und ihr Leben führen. Konstatin kämpft für bessere Arbeitsbedingungen der Bauern und um den technischen Fortschritt, aber auch für sein persönliches Glück.
Im Gutshaus selber existierten zwei Welten: Die der Gutsfamilie und die Welt des Personals. Das Personal schwangt immer zwischen Ausbeutung aber auch Sicherheit. Sie bilden eine eigene kleine Familie. Zwar stehen sie unter dem Schutz des Gutsherrn, aber die Arbeitsbedingungen sind aus heutiger Sicht undenkbar: Nie wirklich Feierabend, wenig Freizeit und Fehltritte konnten hart bestraft werden.
Aber auch der Stand der Frau in der Gesellschaft des frühen 20. Jahrhunderts ist ein großes Thema in „Gut Greifenau – Abendglanz“. Wie wenig durfte eine junge Frau mitreden, wenn es um ihre Zukunft ging. Die Frau musste das tun, was man als das Beste für die Familie erachtete. Wie es ihr damit erging – das zählte nicht.
Ein weiteres Thema ist der Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Es wird klar, warum es dazu kam, wie die Menschen darüber dachten und wie sie in den Krieg mit reingezogen wurden und damit auch ihre persönlichen Welten auseinanderbrachen.

Die Sprache und der Stil von Hanna Caspian sind so lebendig und mitreißend – es kam auf wirklich keiner Seite Langeweile auf. Die Menge an vielschichtigen Figuren, ihre Geheimnisse und Geschichten haben mich immer weiter lesen lassen und teilweise verfolgten mich ihre Geschichten noch bis in die Träume. Ich freute mich immer wieder, wenn ich endlich weiter lesen konnte und wollte dann das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Überraschende Ereignisse und die vielen spannenden Themen machen das Buch zu einem wahren Lesegenuss.

Fazit: Klare Leseepfehlung! Unterhaltsam und sehr lehrreich mit Figuren, die ans Herz wachsen. Auf gehts zum zweiten Teil der Reihe.

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