„Das Geheimnis der Mona Lisa“

von Beate Rygiert

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 24. November 2023
Verlag: Lübbe
Ausgaben: Klappbroschur, eBook & Hörbuch
ISBN:  978-3-7857-2231-2
Seitenanzahl: 608
Preise: 18€ (Klappbroschur), 14,99€ (eBook)

Homepage:
https://www.luebbe.de/luebbe-belletristik/buecher/historische-romane/das-geheimnis-der-mona-lisa/id_9231723

Klappentext:
„Florenz, 1494: Lisa Gherardini und Giuliano aus der mächtigen Dynastie der Medici sind heimlich ein Liebespaar. Als die Medici aus der Stadt vertrieben werden, zwingt Lisas Vater die junge Frau zur Heirat mit dem viel älteren Seidenhändler Francesco del Giocondo. Doch ihr Herz hängt an ihrem Geliebten. 
Venedig, 1495: Leonardo da Vinci ist der berühmteste Künstler seiner Zeit. Als Giuliano de‘ Medici ihn bittet, Lisa zu porträtieren, um seiner Geliebten auf diese Weise Nachrichten zukommen zu lassen, geht Leonardo auf das riskante Spiel ein. Dadurch gerät Lisa nicht nur in eine gefährliche Verschwörung – auch ihr Herz wird auf eine schwere Probe gestellt. 
Das mitreißende Schicksal der Frau mit dem geheimnisvollen Lächeln.“

Allgemeine Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Lübbe Verlag und der Autorin Beate Rygiert als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Das Geheimnis der Mona Lisa“ von Beate Rygiert ist ein historischer Roman, welcher im ausgehenden 15. Jahrhundert/ beginnenden 16. Jahrhundert vorwiegend in Florenz spielt und eine Geschichte erzählt, welche möglicherweise hinter dem berühmtesten und geheimnisvollsten Portrait der Welt stehen könnte.

„Nein, er fühlte, dass er (…) ein Werk schaffen könnte, das über alles hinausging, was bislang gemalt worden war. Etwas, das zukunftsweisend war. Weil er nicht einfach die physische Gestalt abbilden würde, sondern das Geheimnis, das diese Frau in sich barg.“

[Seite 340, Kapitel 8 „Nächtliche Schatten“]

Florenz 1494: Die Stadt ist in heller Aufregung, als die Mitglieder der Familie Medici vertrieben werden. Die junge Lisa, welche eine Liebesbeziehung zu Giuliano, dem drittgeborenen Sohn von Lorenzo de’ Medici, unterhält, möchte mit ihrem Geliebten die Stadt verlassen und mit ihm ein neues Leben beginnen. Doch ihre Flucht wird im letzten Moment vereitelt. Während Giuliano zusammen mit seinem Bruder Piero Florenz verlässt, wird Lisa von ihrer Familie in ein Kloster gesteckt.
Kurze Zeit später muss Lisa auf Drängen von ihrem Vater den viel älteren Seidenhändler Francesco del Giocondo heiraten. Auch wenn sie mit den Jahren ihrem Ehemann Francesco näher kommt, gehört ihr Herz noch immer Giuliano, den sie nicht vergessen kann und will.
Als Leonardo da Vinci, der berühmteste Künstler seiner Zeit, im Auftrag von Giuliano ein Portrait von Lisa anfertigen soll, geraten Leonardo und Lisa in eine gefährliche Verschwörung, welche nicht nur die Beiden in große Gefahr bringt.

Anfang des Jahres 2022 habe ich das Buch „Die Ullstein-Frauen“ von Beate Rygiert mit großer Begeisterung innerhalb von nur wenigen Tagen gelesen. Seit dem folge ich der Autorin in den Sozialen Medien und war sehr erfreut, als sie Ende Mai 2023 ihr neues Projekt „Das Geheimnis der Mona Lisa“ ankündigte. Der Erscheinungstermin wurde sofort notiert, da das Buch auf vielen Ebenen mein Interesse weckte: Zum einen fasziniert mich das Gemälde Mona Lisa schon seit ich denken kann (auch wenn ich es noch nie live gesehen habe), aber auch die Geschichten dahinter und die Epoche selbst üben seit jeher einen Reiz auf mich aus.
Freundlicherweise vermittelte mir die Autorin ein Rezensionsexemplar, welches mir der Lübbe Verlag Anfang Dezember 2023 zusendete – an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön dafür.

Neben dem Thema sprach mich aber auch das stimmige Cover an, welches in roten, weißen und goldenen Tönen gehalten ist. Auf einer roten Leinwand-Struktur steht der Titel des Buches und der Name der Autorin in teilweise weißer und teilweise in goldglänzender Schrift. Im oberen linken Bildrand ist eine goldene Feder zu sehen, im Buchstabe ‚O‘ des Wortes ‚MONA‘ ist ein Ausschnitt aus dem gleichnamigen Gemälde zu sehen. Zusammen mit dem Titel wird so auf den ersten Blick das Hauptthema des Romans klar.

Bei der Ausgabeart des Buches handelt es sich um eine Klappbroschur mit 608 Seiten. Auf der vorderen Klappe befinden sich einige Zitate, welche die Hauptfigur beschreiben, auf der hinteren Klappe wird die Autorin mit einem Foto und einer kurzen Biografie vorgestellt. Außerdem wird auf beiden Klappen das Federmotiv des Covers aufgegriffen. Das Innere der vorderen und hinteren Klappen ist einem dunklen grün gehalten und es werden die einzelnen Figuren der Geschichte aufgeführt.
Die Handlung des Buches beginnt nach einem Zitat von Leonardo da Vinci mit dem ersten Kapitel „Die Flucht“, welches im November 1494 ansetzt. Besonders schön fand ich, dass jedes Kapitel mit einer Feder illustriert und in Szene gesetzt ist. Das 15. und letzte Kapitel spielt im Jahr 1505 an, der Epilog im Jahr 1519 – somit umfasst die gesamte Handlung – inklusive des Epilogs – etwa 25 Jahre, wobei die Haupthandlung zwischen 1494 und 1505 stattfindet.
Dem Epilog schließt sich ein ausführliches und sehr interessantes Nachwort der Autorin an.
Die Geschichte wird chronologisch und sehr spannend und einfühlsam erzählt. Zu Beginn wechseln sich die beiden Hauptfiguren (Lisa und Leonardo) kapitelweise ab, in ungefähr der Mitte des Buches treffen sich ihre Lebenswege.
Beate Rygiert baut, zusammen mit ihrem bildhaften und wunderschönen Sprachstil ab der ersten Seite eine immense Spannung auf. Zudem beschreibt ihre vielen und vielfältigen Figuren so detailliert und liebevoll, dass ich zu diesen sofort eine Beziehung aufbauen konnte. Schnell merkte ich, dass ich mir mit diesem Buch einfach Zeit lassen wollte, um die gesamte intensive Atmosphäre des Buches in mich aufzunehmen und die Figuren richtig kennenzulernen. Deshalb las ich die insgesamt 608 Seiten mit Bedacht und Genuss. Nach der letzten Seite fiel es mir dementsprechend sehr schwer, Abschied von all den liebgewonnen Figuren und der gesamten Geschichte zu nehmen.

„Lisa del Giocondos Schönheit war ungewöhnlich und nicht auf den ersten Blick zu erfassen. Diese Frau barg ein Geheimnis, vermutlich ein schmerzhaftes – konnte es sein, dass es die Liebe zu Giuliano de‘ Medici war, die sie noch immer tief in sich verbarg?“

[Seite 215, Kapitel 6 „Die Rückkehr“]

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen mehrere Figuren, von denen ein Großteil historisch belegt sind. Ob sich die Geschehnisse zwischen den Figuren allerdings genau so im wahren Leben abgespielt haben ist nicht grundlegend geklärt. In den nachfolgenden Charakterstudien spüre ich den Figuren und ihren Handlungen nach, wie diese im Roman dargestellt werden.
Lisa Gherardini (später Lisa del Giocondo) wächst mit mehreren Geschwistern mitten in Florenz auf und genießt durch ihre Eltern seit früher Kindheit eine gute Bildung. Sie beginnt als fünfzehnjährige eine leidenschaftliche Liebesbeziehung mit dem fast gleichaltrigen Giuliano de‘ Medici. Als dieser jedoch, zusammen mit den anderen Mitgliedern der Familie Medici, aus Florenz vertrieben wird, steht für Lisa fest, dass sie Giuliano begleitet. Doch dieser Plan wird im letzten Moment vereitelt und Lisa wird von ihrem strengen Vater Antonmaria erst in ein Kloster gebracht und später dann zu einer Heirat mit dem viel älteren Seidenhändler Francesco del Giocondo gezwungen. Wie zu dieser Zeit typisch hat sie als junge Frau, ihrer eigenen Zukunft betreffend, keinerlei Mitspracherecht. Lisa ist zu Beginn sehr wissbegierig und bildet für ihre jüngeren Geschwister, später auch für ihre eigenen Kinder und die Kinder ihrer Schwager und Schwägerinnen einen sicheren Anlaufpunkt. Sie verfällt im Laufe der Handlung in eine Melancholie, wirkt stellenweise sehr niedergeschlagen und bedrückt und trauert ihrer großen und unterdrückten Liebe zu Giuliano hinterher, welche sie nicht so schnell aufgeben möchte. Mit der Hilfe von Leonarda da Vinci und anderen Freunden und Freundinnen wächst Lisa des Öfteren über sich hinaus und zeigt eine beeindruckende Stärke. Ich mochte Lisas sehr wechselvollen und ambivalenten Charakter und ihre starke Entwicklung von einem jungen Mädchen hin zu einer erwachsenen Frau und konnte mich sehr schnell in ihre Gefühlswelt hineinversetzen.

„Vielleicht stimmte es wirklich, und seine Augen nahmen die sichtbare Welt anders wahr als die seiner Zeitgenossen. Dass ein Maler sich nicht damit zufrieden geben durfte, Formen und Farben nachzubilden, wollte er die Illusion von Tiefe beispielsweise in einer Landschaft erzeugen, sondern dass er dafür auch das nahezu Unsichtbare malen musste, das sich zwischen den Gegenständen befand, hatte vor ihm noch keiner der großen Meister herausgefunden.“

[Seite 120, Kapitel 4 „Der Auftrag“]

Leonardo da Vinci ist neben Lisa eine weitere Figur welche im Zentrum der Geschichte steht. Der Autorin Beate Rygiert ist es hervorragend gelungen, diese historische Figur sehr zugänglich zu beschreiben. Sein ambivalent gezeichneter Charakter, seine Arbeitsweise, seine innere Unruhe, vor allem sein Arbeitsethos werden spür- und fühlbar. Er ist ein Universalgenie und mit seinen technischen Erfindungen seiner Zeit weit voraus. Dank diesem Roman nehme ich den Künstler, welchen ich schon immer sehr bewundert habe, noch einmal ganz anders war. Wie auch Leonardo in seinen Bildern das Unsichtbare sichtbar gemacht hat, hat Beate Rygiert vieles von Leonardos innerer (unsichtbarer) Gedanken- und Gefühlswelt sichtbar gemacht. Ich empfand Leonardos Hilfsbereitschaft gegenüber Lisa so rührend, aber auch, wie die Beiden sich gegenseitig Halt und Unterstützung geben – er ist eine Figur, die man einfach gerne haben muss. Die Hintergründe und Geschichten der vielen Charaktere zeigen sich erst nach und nach und so bleibt es immer spannend, wie und wohin sich die Figuren entwickeln. Vor allem Leonardos Charakter ist zu Beginn etwas schwer zu fassen und zu verstehen, im Laufe der Handlung wird aber immer klarer, warum er so ist, wie er ist.
Neben diesen beiden Hauptfiguren stehen noch einige weitere Figuren, auf die ich nicht detailliert eingehe, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme.
Erwähnen möchte ich an dieser Stelle jedoch unbedingt Caterina (eigentlich Kahina), welche als Sklavin im Hause del Giocondo lebt. Ihre mitreißende und unvergessliche Geschichte trieb mir immer wieder die Tränen in die Augen.
Es gibt die guten und freundlichen Charaktere, die Wärme und Geborgenheit in die Geschichte bringen, aber auch die eher unliebsamen Figuren, wie zum Beispiel Lisas Vater. Sie alle, egal ob freundlich oder unsympathisch, tragen ihren Teil zum Fortgang der Geschichte bei, bringen die Handlung vorwärts und geben zusammen ein sehr stimmungsvolles und authentisches Bild der Gesellschaft des 15. und 16. Jahrhunderts ab.
Beate Rygiert verbindet die einzelnen kleinen Geschichten ihrer historischen und fiktiven Figuren zu einer großen und mitreißenden Geschichte, erweckt Größen der Weltgeschichte gekonnt zum Leben und verwebt alles mit den akribisch recherchierten historischen Hintergründen.
Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen den Figuren waren für mich immer fühlbar und zogen mich tief in die Geschichte und die Geschehnisse hinein.

Das ausgehende 15. Jahrhundert und das beginnende 16. Jahrhundert in Italien bilden den geschichtlichen Hintergrund des Romans.
Das Land Italien, so wie wir es heute kennen, gab es 1494 nicht. Italien bestand aus einzelnen Markgrafschaften (z.B. Saluzzo, Monferrat), einzelnen Herzogtümern (z.B. Herzogtum Mailand, Herzogtum Savoyen, Herzogtum Modena), den Königreichen Sizilien und Neapel, einzelnen Republiken (z.B. Republik Venedig, Republik Genua, Republik Florenz, Republik Siena) und dem Kirchenstaat.

Zwischen 1494 und 1559 fanden eine Reihe von den sogenannten ‚Italienkriegen‘ oder ‚Renaissance-Kriegen‘ statt, die zu einem großen Teil auf dem Gebiet des heutigen Italiens ausgetragen wurden. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts kämpften mehrere europäische Staaten um Italien und damit um die Vorherrschaft auf dem Kontinent. Das Schicksal der Halbinsel wurde durch ein ständig wechselndes Mächtegleichgewicht bestimmt. Die vielen Kriege zermürbten Italien und dauerten bis zum Frieden von Cateau-Cambrésis im Jahr 1559 an.
Trotz dieser Kriege und Fremdherrschaften erlebte das Land die wirtschaftliche und kulturelle Blüte der Renaissance. Zu dieser Zeit erstrahlten die italienischen Kulturmetropolen, allen voran Rom, Florenz und Venedig, weit über Italien und Europa hinaus und es entstanden viele bis heute bewunderte und beachtete Kunstwerke und Bauten – auch durch die Finanzierung und Hilfe der Familie Medici.
Die Familie der Medici aus Florenz sind eine vom 15. bis ins 18. Jahrhundert einflussreiche Dynastie, aus der Großherzöge der Toskana, drei Päpste und zwei Königinnen von Frankreich hervorgingen.
Die Medici erwarben ihren Reichtum überwiegend im Textilhandel. Auf dieser Basis begründeten sie ein modernes Bankwesen und dominierten – unter anderen auch durch ihre Beziehungen zum Papsttum – die europäische Finanzwelt der frühen Neuzeit.
Giulianos älterer Bruder Piero war nach dem Tod des Vaters Lorenzo von April 1492 bis November 1494 das Familienoberhaupt und damit der maßgebliche Politiker in Florenz. Giuliano war unter den Brüdern, als der Umsturz vom 9. November 1494 zur Vertreibung der Medici und ihrer Flucht in Richtung Bologna führte.

Unter den vielen in dieser Zeit entstandenen Kunstwerken ist das weltbekannte Ölgemälde ‚Mona Lisa‘ von Leonardo da Vinci, welches zwischen 1503 und 1506 entstanden ist.
Bis heute ist nicht abschließend geklärt, welche Frau auf dem Bild dargestellt ist.
Beate Rygiert folgt in ihrem Roman der ‚Lisa-del-Giocondo-Theorie‘, welche ich persönlich auch für sehr wahrscheinlich halte.
An dieser Stelle empfehle ich euch das ausführliche Nachwort der Autorin, in dem sie noch einmal detailliert auf diese Thematik eingeht.

All diese vielfältigen geschichtlichen und künstlerischen Hintergründe hat die Autorin akribisch recherchiert und erzählt äußerst lebendig und mit viel Leidenschaft darüber. Vor allem fand ich die Beschreibungen der Malerei und Kunst sehr spannend und ich habe einiges (vor allem zur möglichen Entstehungsgeschichte der ‚Mona Lisa‘) dazugelernt und meinen Horizont erweitert. 

„»Um Euer Porträt zu malen«, sagte er und räusperte sich, »müsst Ihr mir also erlauben, einen Blick in eure Seele zu tun.«

[Seite 313, Kapitel 7 „Das Porträt“]

Am Ende dieser Rezension möchte ich mich ganz herzlich bei Beate Rygiert für dieses unvergessliche und lehrreiche Lesevergnügen bedanken.

Fazit: Ab der ersten Seite wusste ich, dass ich mir mit dieser Geschichte Zeit lassen wollte. Gerne hielt ich mich länger in dieser wunderschönen und atmosphärischen Geschichte auf und erfuhr und lernte viel Neues.
Ja, es ist ein Roman, der eine „So könnte es gewesen sein-Geschichte“ erzählt. Und nach der letzten Seite lege ich das Buch mit einem Lächeln zur Seite und denke: „Ja… so könnte es tatsächlich gewesen sein..!“ Sehr lesenswert.

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Der Buchmaler von Zürich“

von Erika Weigele

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 09. August 2023
Verlag: Gmeiner
Ausgaben: Klappbroschur und eBook
ISBN:  978-3-8392-0465-8
Seitenanzahl: 544
Preise: 18€ (Klappbroschur), 13,99€ (eBook)

Homepage:
– Verlag: https://www.gmeiner-verlag.de/buecher/titel/der-buchmaler-von-zuerich.html
– Autorin: https://www.erikaweigele.de

Klappentext:
„Zürich 1273: Dem begnadeten Schreiber und Buchmaler Bertram steht eine glänzende Zukunft im Grossmünsterstift bevor. Doch als er sich in die hübsche Pergamentertochter Fides verliebt, die bereits einem anderen versprochen ist, gerät sein Leben aus den Fugen. Auch Bertrams Ziehvater, der berühmte Gelehrte Konrad von Mure, hat Bedenken ob der Verbindung. Denn auf Bertrams Herkunft ruht ein Geheimnis. Eine Reise zum Konzil in Lyon soll dieses Rätsel lösen, bringt aber nicht nur Bertram in Lebensgefahr.“

Allgemeine Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Trigger-Hinweise:
– Teile der Handlung enthalten gewaltvolle Todesfälle und einzelne Szenen körperlicher, psychischer und sexueller Gewalt.

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Das Buch „Der Buchmaler von Zürich“ von Erika Weigele ist ein historischer Roman, der im 13. Jahrhundert in Zürich spielt und das Leben des jungen Schreibers und Buchmalers Bertram zeigt, welcher durch seine geheimnisvolle Herkunft in große Gefahr gerät.

»(…) Es macht mir Freude, große Gedanken für die Nachwelt festzuhalten. Das ist in Euren Augen vielleicht nicht besonders heldenhaft, aber Ihr solltet die Macht des geschriebenen Wortes nicht unterschätzen.«“

[Seite 507]

Zürich im September 1273: Der junge Bertram wurde als Säugling vor einem Kloster ausgesetzt und von seinem Ziehvater Konrad liebevoll aufgezogen. Nun ist Bertram zu einem talentierten Schreiber und Buchmaler herangewachsen, dem das geschriebene Wort alles bedeutet. Ihm steht eine glänzende Zukunft im Großmünsterstift bevor.
Doch dann verliebt Bertram sich in die junge Fides, die Tochter eines Pergament-Machers. Bertram stellt seine gesamte Zukunft in Frage, aber auch seine geheimnisvolle Herkunft, über die niemand mit ihm sprechen will, lässt ihm keine Ruhe.
Als kurz vor seiner Volljährigkeit die Unterhaltungszahlungen an das Kloster ausbleiben und Bertram immer wieder das Ziel von Anschlägen wird, welche ihn um sein Leben fürchten lassen, stellt sich Bertram seiner rätselhaften Vergangenheit.

Der Roman „Der Buchmaler von Zürich“ ist bereits im August 2023 erschienen und völlig an mir vorbeigegangen. Dabei ist die Handlungszeit und auch das Thema für mich von großen Interesse. Umso mehr freute ich mich, als mir die Autorin im November 2023 eine Rezensionsanfrage zukommen ließ. Klappentext, Handlung und Handlungszeit sprachen mich direkt an. Wenige Tage später erreichte mich das signierte Buch zusammen mit mehreren Lesezeichen, einer Postkarte und einem Leselicht. An dieser Stelle möchte ich mich dafür und auch für den lieben Kontakt in den sozialen Medien ganz herzlich bedanken.

Neben der Handlungszeit und dem Thema sprach mich vor allem das stimmige und ausgefallene Cover an:
Dieses zeigt einen Ausschnitt der insgesamt fünf Tafeln, von Hans Leu dem Älteren (* um 1460; † 1507 in Zürich) die er für die „Zwölfbotenkapelle“ des Grossmünsters malte. Im Mittelpunkt des gewählten Ausschnitts steht die Wasserkirche in Zürich.

Bei der Ausgabeart des Buches handelt es sich um eine Klappbroschur mit 544 Seiten. Auf der vorderen Klappe befindet sich ein ausführlicher Text zum Inhalt des Buches, auf der hinteren Klappe wird die Autorin mit einem Foto und einer kurzen Biografie vorgestellt. Das Innere der Klappen ist leer geblieben.
Die Handlung des Buches beginnt mit einem Prolog, welcher im November 1253 ansetzt. Das erste von insgesamt 71 Kapiteln beginnt dann 20 Jahre später im September 1273. Mit dem Epilog befinden wir uns dann im April 1275 – somit umfasst die gesamte Handlung, inklusive des Prologs, knapp 22 Jahre, wobei die Haupthandlung zwischen September 1273 und November 1274 stattfindet.
Die Geschichte wird fortlaufend und äußerst spannend erzählt. Erika Weigele hat ab der ersten Seite einen immensen Spannungsbogen aufgebaut, welcher bis zum Ende nicht abflacht – ganz im Gegenteil. Diese anhaltende und sich aufbauende Spannung, sowie ihr bildhafter, ruhiger und ausdrucksvoller Sprachstil sorgten dafür, dass ich das Buch nur ungern aus den Händen gelegt habe und ein Kapitel nach dem anderen förmlich verschlungen habe – im Nu waren die 544 Seiten gelesen. Stück für Stück lüftet sich das große Geheimnis, doch auch wenn ich dachte, dass ich die Lösung gefunden habe, wurde ich zum Ende hin völlig überrascht. Besonders gefallen hat mit, dass über den Kapiteln immer das genaue Datum und die Handlungsorte stehen – dadurch fand ich mich zeitlich und räumlich gut in der Geschichte zurecht.
Abgeschlossen wird das Buch mit einem ausführlichen Nachwort der Autorin, welches verschiedene Fakten zum Codex und zu den Figuren enthält, einer Literaturauswahl und einem Glossar.

„Bertram konnte nicht verstehen, warum die meisten Schüler den Schreibdienst als lästiges Übel empfanden. Seit er als kleiner Junge zum ersten Mal die Schwelle des Skriptoriums überschritten hatte, war er dessen Atmosphäre verfallen. Er liebte den Geruch von Leder, Tinte und Kreidepulver, das gleichmäßige Geräusch der kratzenden Gänsefederkiele auf dem Pergament, und wenn er am Schreibpult saß, vergaß er alles um sich herum.“

[Seite 9]

Die Autorin hält in ihrem Nachwort fest, dass das Aussehen, Charakter und Handeln all ihrer Romanfiguren gänzlich ihrer Fantasie entsprungen sind. Während der Leser/ die Leserin in diesem Buch auch auf historische Persönlichkeiten trifft, sind einige der Figuren rein fiktiv.
Bertram ist einer der fiktiven Charaktere – steht jedoch im Mittelpunkt der Geschichte. Als Säugling wurde er vor einem Kloster ausgesetzt, genoss durch seinen Ziehvater Konrad eine unbeschwerte und bildungsorientierte Erziehung. Seine Zukunft scheint vorgezeichnet und damit sicher zu sein. Doch es kommt alles anders, als sich Bertram in Fides verliebt und diese heiraten möchte.

»Doch, ich bin mir sicher, ich liebe sie. Ich will sie heiraten. Sobald ich volljährig bin.«

[Seite 115]

Bertram habe ich aufgrund seines ehrlichen, ruhigen und sanftmütigen Charakters schnell sehr gerne haben. Er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und entwickelt sich während der Handlung enorm weiter und überraschte immer wieder mit seinen Denk- und Sichtweisen. Ich spürte was er erlebte, konnte nachvollziehen, wonach er sich sehnt und vor allem was er fürchtet.
Zusammen mit der ebenfalls fiktiven Fides bildet er eine starke Einheit und die beiden wissen genau, was sie wollen und was sie nicht wollen. Zudem konnte ich ihrer romantischen Liebesgeschichte nachspüren, da diese zu keiner Zeit übertrieben oder gar aufgesetzt wirkt. Fides wird mir mit ihrer wechselvollen und teils sehr emotionalen Geschichte und ihren Schicksalsschlägen noch sehr lange im Gedächtnis bleiben. Auch sie entwickelt sich lebensecht weiter und bleibt dabei sehr authentisch.
Neben diesen beiden Hauptfiguren stehen noch einige weitere Figuren, auf die ich nicht detailliert eingehen möchte, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Es gibt die guten und freundlichen Charaktere, hier seien beispielsweise Konrad von Mure und seine Frau Hedwig genannt, die Wärme und Geborgenheit in die Geschichte bringen, aber auch die eher unliebsamen Figuren, wie zum Beispiel der Antagonist Pater Otto. Sie alle, egal ob freundlich oder unsympathisch, tragen ihren Teil zum Fortgang der Geschichte bei, bringen die Handlung vorwärts und bilden zusammen ein sehr stimmungsvolles und authentisches Bild der Gesellschaft des 13. Jahrhunderts ab
Erika Weigele verbindet die einzelnen kleinen Geschichten ihrer Figuren zu einer großen und mitreißenden Geschichte und verwebt diese gekonnt mit den historischen Hintergründen. Zudem waren auch die Tragik, Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren stets fassbar und zogen mich schnell in die Geschichte hinein.

„Bertram traute seinen Ohren nicht. Seit er denken konnte, war das Reich ohne einen Regenten. Oder besser gesagt, es gab zu viele davon , aber keiner hatte das Sagen. Nach dem Tod des Stauferkaisers Friedrich II. und seines Sohnes Konrad vor knapp zwanzig Jahren waren zwar verschiedene Kandidaten gewählt worden, doch keinem war es gelungen, die allgemeine Zustimmung im Reich zu erlangen.“

[Seite 12]

Den historischen Hintergrund bildet das 13. Jahrhundert. In diesem Jahrhundert folgte dem Hochmittelalter (ca. 1050 bis 1250) das Spätmittelalter (ca. 1250 bis ca. 1500).
Das zentrale Europa wurde in dieser Epoche vom Heiligen Römischen Reich dominiert. Dieses wurde von einem immer schwächer werdenden Königtum regiert, während die Eigenständigkeit der Territorien innerhalb des Reiches im Laufe des Jahrhunderts kontinuierlich größer wurde – allerdings kämpften diese untereinander in zahlreichen militärischen Auseinandersetzungen um eine bessere Machtposition.
Das Jahrhundert begann mit dem Deutschen Thronstreit zwischen dem Staufer Philipp von Schwaben und dem Welfen König Otto IV. Keiner der Beiden setzte sich in den 1210er Jahren als römisch-deutscher König durch – sondern es war Friedrich II. Der letzte große staufische Herrscher führte regelmäßige Auseinandersetzungen mit den Päpsten, da diese einen Machtverlust befürchteten – unter anderem durch eine Vereinigung von Friedrichs Erbreich Sizilien und dem Heiligen Römischen Reich. Ein Anliegen des Königs und späteren Kaisers war die Stärkung der Königsmacht – dieses Anliegen scheiterte. Friedrich musste den Reichsfürsten daraufhin umfangreiche Zugeständnisse machen. Zum Ende seiner Herrschaft hatte er mit seiner Absetzung durch den Papst und Gegenkönigen zu kämpfen. Friedrichs Tod im Jahr 1250 folgte eine Periode von machtlosen Königen. Erst im Jahr 1273 wurde Rudolf von Habsburg zum König gewählt und konnte seinen erblichen territorialen Besitz (Hausmacht) vergrößern und diesen zur Durchsetzung von politischen Zielen einzusetzen. Durch diese Hausmachtpolitik behauptete sich Rudolf von Habsburg als Monarch gegenüber den Fürsten. Eine seiner nachhaltigsten Leistungen gehörte die Errichtung der habsburgischen Hausmacht in Österreich.
Die Ständegesellschaft, die jedem Menschen seinen Platz in der Gesellschaft zuwies, bildete die Grundlage der Menschen. Sie wird auch Drei-Stände-System genannt, weil sie aus drei Gruppen bestand: dem Adel, den Geistlichen („Klerus“) und den Bauern.
Die christliche Religion spielte im Leben der einzelnen Menschen und in der gesamten Gesellschaft eine zentrale Rolle. Zu Beginn des Jahrhunderts wurde die Gegenkirche der Katharer bis auf kleine Reste vernichtet. Andere religiöse Bewegungen konnte die Kirche unter anderem in der Form von Bettelorden, wie die Dominikaner und Franziskaner, integrieren. Die Franziskaner, eine Bewegung aus Laien und Klerikern, entstand aus dem städtischen Milieu. Der klerikale Orden der Dominikaner, der sich der Gelehrsamkeit, der Glaubensvertiefung und -verbreitung widmete, brachte große Gelehrte wie Albertus Magnus und Thomas von Aquin hervor. 
Das Zweite Konzil von Lyon, das 1274 unter Leitung Papst Gregors X. stattfand, entschied über drei wichtige Fragen:

1. Die Möglichkeit der Beendigung des „Morgenländischen Schismas“.
2. Einen Kreuzzug und dessen Finanzierung.
3. Die Reform der Kirche.

Die Buchkunst im Hochmittelalter bildet den Schwerpunkt dieser Geschichte: Der Codex aus Pergament löste zwischen dem 2. und dem 4. nachchristlichen Jahrhundert die Papyrusrolle ab und markiert den Beginn der eigentlichen Buchmalerei. Für die Miniaturmalerei bedeutete das Buch vor allem, dass mit den einzelnen Seiten nun eine abgeschlossene Fläche den Rahmen für die Illustrationen vorgab. Die Möglichkeit, vor- und zurückzublättern, begünstigte eine textgliedernde Funktion der Buchmalerei.
Vor allem diesem Thema galt mein großes Interesse und ich habe hier jede Menge neues Wissen gewonnen.

Bildquelle: Pixabay

Diese vielen und teils komplizierten Hintergründe hat Erika Weigele sehr akribisch recherchiert und baut diese gekonnt und verständlich in ihren Roman mit ein. Sie verwebt und verbindet die Schicksale ihrer Figuren mit diesen Hintergründen, vermittelt bildhaft geschichtliches Wissen und sorgt für einen leichten und greifbaren Zugang zu komplexen Themen und Ereignissen, welche etwa 750 Jahre zurückliegen.

Ich möchte mich noch einmal ganz herzlich bei Erika Weigele für dieses lehrreiche und mitreißende Lese-Erlebnis bedanken. Es ist eine Geschichte, die ich noch lange in meinem Herzen tragen werde.
Beenden möchte diese Buchbesprechung mit einem Zitat von Hedwig – eine meiner Lieblingsfiguren:

»Glaub mir, Kind, man hat immer eine Wahl. Es ist nicht immer einfach und vielleicht macht man sich unbeliebt, aber man hat immer eine Wahl.(…)«

[Seite 302]

Fazit: Diese mitreißende Geschichte hat mir außerordentlich gut gefallen. Ab der ersten Seite baut sich ein Spannungsbogen auf, der bis zur letzten Seite anhält.
Es waren lese-intensive Tage und Nächte, in denen ich mir oft sagte: „Nur noch dieses eine Kapitel…“ Dabei blieb es selten.

„Der Buchmaler von Zürich“ bietet großartige Unterhaltung, die mit authentischen Charakteren besticht und wunderbar erzählt ist. Lohnt sich! Große Leseempfehlung.

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Der Eispalast“

von Rena Rosenthal

[Werbung*]

Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 15. November 2023
Verlag: Penguin
Ausgaben: Taschenbuch mit Klappen und eBook
ISBN:  978-3-328-11064-4
Seitenanzahl: 544
Preise: 13€ (Klappbroschur), 3,99€ (eBook)
Reihe: „Eiskunstlauf-Trilogie“/01

Homepage:
– Verlag: https://www.penguin.de/Taschenbuch/Der-Eispalast/Rena-Rosenthal/Penguin/e617433.rhd
– Autorin: https://www.renarosenthal.de/der-eispalast/

Klappentext:
„Wien, im ausgehenden 19. Jahrhundert: Schlittschuhfahren bedeutet Nikolett alles. Sobald die Kufen das Eis berühren, ist sie glücklich und frei. Doch sie kann ihrer Leidenschaft nur heimlich nachgehen, wegen eines Unfalls lebt sie ein zurückgezogenes Leben – so zurückgezogen, dass sie dreiundzwanzig Arten von Stille unterscheiden kann. Auf keinen Fall möchte sie daher auf dem Wiener Opernball debütieren und zum Gerede der Gesellschaft werden. Erst recht nicht, da sich János, in den sie schon lange insgeheim verliebt ist, mit Händen und Füßen dagegen wehrt, mit ihr zu tanzen. Als sie sich verzweifelt zu ihrem See flüchtet, stößt Nikolett auf eine Eislaufgruppe und ist fasziniert von den fließenden und anmutigen Bewegungen. Begeistert schließt sie sich ihnen an und ahnt nicht, dass diese Begegnung ihr Leben für immer verändern wird …“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Penguin Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Der Eispalast“ von Rena Rosenthal ist der Auftakt einer Trilogie, die im ausgehenden 19. Jahrhundert in Wien spielt und zeigt, wie sich mehrere unterschiedliche Menschen zu einer Eislaufgruppe zusammenfinden und beginnen den Eislauf zu revolutionieren.

»Es liegt an der Schwergängigkeit der Zeit! Nur weil die Zeit noch nicht reif ist, heißt es nicht, dass wir alle falschliegen müssen.«“

[Seite 449]

Wien, im ausgehenden 19. Jahrhundert: Die junge Nikolett führt ein sehr zurückgezogenes und stilles Leben, denn ein dramatischer Unfall hat Spuren hinterlassen. Doch sobald Nikolett das Eis des nahen Sees unter ihren Kufen spürt, ist die Welt eine andere. Hier fühlt sie sich frei und ungebunden und die Sorgen eines Tages auf dem Wiener Opernball zum Gerede der Gesellschaft zu werden, sind weit entfernt.
Eines Tages trifft sie am See auf eine Eislaufgruppe. Nikolett nimmt all ihren Mut zusammen und schließt sich ihnen an – und ihr Leben beginnt sich komplett zu verändern.

Im März 2021 habe ich den ersten Band von „Die Hofgärtnerin“ von Rena Rosenthal mit großer Begeisterung gelesen. Auch die folgenden zwei Bände der Trilogie haben mich sehr beeindruckt und ich war im Januar 2023 richtig traurig, als ich von dieser Buchreihe und den liebgewonnen Charakteren Abschied nehmen musste.
Doch ich freute mich, als die Autorin mit „Der Eispalast“ den Auftakt ihrer neuen „Eiskunstlauf-Trilogie“ ankündigte. Wien und auch die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts üben eine große Faszination auf mich auf. Die Zeit ist so fern … und doch so nah. Über das Thema Eiskunstlauf habe ich bisher noch nichts gelesen und deshalb versprach die Geschichte in dieser Hinsicht meinen Horizont zu erweitern. Ich wollte dieses Buch also unbedingt lesen und fragte bei erster Gelegenheit ein Rezensionsexemplar beim Verlag an. Dieses bekam ich freundlicherweise genehmigt und zugesendet – ganz herzlichen Dank dafür.

Nicht nur der historische Hintergrund, das Thema und der Klappentext sprachen mich direkt an – sondern auch das schöne und romantische Cover. Dieses zeigt eine Winterlandschaft mit einem gefrorenen See, auf dem mehrere Menschen eislaufen. Im Vordergrund steht eine Frau, die mit einem beigen Wollkleid, einer grünen Jacke, einem roten Schal und weißen Handschuhen bekleidet ist. Ihr Blick geht leicht erhoben nach rechts, ein feines Lächeln umspielt dabei ihre Lippen. Der Winterhimmel verläuft nach oben hin in gelb-orangene Töne, auf dem der Titel „Der Eispalast“ steht, darüber steht der Name der Autorin. Der Buchrücken und die Rückseite des Buches greifen die landschaftlichen Elemente des Covers wieder auf – dadurch wirkt das Buch sehr harmonisch und edel.


Auch die Ausgabeart des Buches trägt zu dieser Wirkung bei: Es handelt sich um ein Taschenbuch mit Klappen mit insgesamt 544 Seiten. In der Klappe werden die Hauptfiguren kurz vorgestellt. Diese Vorstellungen sind graphisch wunderschön aufbereitet und wecken, zusammen mit dem Textauszug auf der vorderen Klappe, direkt die Lust auf diese Geschichte. Auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin mit einem Foto und einer kurzen Biografie vorgestellt, im Inneren befindet sich eine Übersicht zu ihrer Trilogie „Die Hofgärtnerin“.
Die Handlung des Buches beginnt mit einem Prolog, der Ende des 19. Jahrhunderts spielt und aus zwei Teilen besteht: Im ersten Teil lernen wir Nikolett kennen, im zweiten Teil das Waisenkind Julianna – beide erzählen aus der Ich-Perspektive. Das erste von insgesamt 61 Kapiteln setzt dann drei Jahre nach dem Prolog an. In den einzelnen Kapiteln wechseln sich die Protagonisten ab und erzählen in der Ich-Perspektive und im Präsens fortlaufend von ihren Erlebnissen. Ich bin – ehrlich gesagt – nicht so der große Freund von dieser Erzählform. Doch diese Geschichte lebt davon, da diese durch die direkte Perspektive eine beeindruckendd Tiefe bekommt, ich mich sehr in die Figuren hineinversetzen konnte und ihre Gedanken und Gefühle einfach genau nachvollziehen konnte. Mit einem Epilog endet der erzählende Teil des Buches. Abgeschlossen wird das Buch mit einem ausführlichen Nachwort der Autorin, einem Verzeichnis österreichischer Wörter, einer Übersicht über ‚Nikoletts wahrgenommene Arten der Stille‘, einigen historischen Bildern, einem Rezept für ‚Punschkrapfen‘ und einer Zusammenstellung der wichtigsten verwendeten Quellen.
Rena Rosenthal hat einen sehr bildhaften, ruhigen und wunderschönen Sprachstil, welcher mich schnell mit in die Geschichte genommen hat.

„Allerdings will ich ohnehin kein Teil dieser Gesellschaft sein, die mir mein Leben immer so schwer macht. Und ich möchte lieber von der Gesellschaft verachtet werden, als junge Männer anzuflehen, mit mir zu tanzen. Ich werde einfach den Rest meines Lebens in meiner eigenen kleinen Welt aus Büchern verbringen. Dort ist es sicher.“

[Seite 44]

In dieser Geschichte stehen einige Figuren im Mittelpunkt, teilweise sind diese historisch oder von echten Personen inspiriert, teilweise sind sie rein fiktiv.
Beginnen möchte ich mit Nikolett Finck von Ehrenbach, die der Leser/ die Leserin gleich zu Beginn der Geschichte kennenlernt. Nikolett ist eine sehr ruhige und nicht nur äußerlich verletzte junge Frau. Sie lebt zurückgezogen in ihrem Elternhaus, liest sehr gerne Bücher und geht nur ungern vor die Tür. Sobald es aber Winter ist und der See auf dem Grundstück ihrer Familie zufriert, blüht Nikolett auf. Für sie gibt es nichts schöneres, als über das Eis zu fahren und dabei all ihre Zweifel und tiefen Verletzungen hinter sich zu lassen. Ich mochte ich ihren interessanten Charakter sehr gerne. Sie ist so anders, als die typischen (weiblichen) Charaktere in Familiensagas. Eben nicht perfekt, sondern verletzt, voller Selbstzweifel und wenig Selbstvertrauen. Ich konnte mich stellenweise sehr gut mit ihr und ihren Gedanken identifizieren und habe sie und ihre herzensgute Art sehr schnell in mein Herz geschlossen. Auch ihre enorme Entwicklung während der Geschichte wird sehr authentisch erzählt.
Neben Nikolett steht Julianna. Sie ist im Waisenhaus aufgewachsen, kennt ihre Wurzeln nicht und eckt mit ihrer Andersartigkeit und Schroffheit immer wieder an. Ihre Zielstrebigkeit und ihre Liebe zum Eislaufen bringen sie in Kontakt mit anderen Menschen – und sie kann diesen zeigen, dass sie nicht nur schroff ist, sondern auch eine sehr liebenswürdige und verlässliche junge Frau. Auch Julianna mochte ich sehr schnell, auch wenn sie mitunter sehr im Kontrast zu der ruhigen Nikolett steht: Während Nikolett sehr behütet (mitunter überbehütet) aufwächst, muss Julianna sich von Anfang in ihrem von harter Arbeit geprägten Leben alleine durchkämpfen.
Neben diesen beiden Figuren stehen noch eine Vielzahl weiterer Charaktere: János, ein Freund von Nikoletts Bruder, hat schon früh seine Eltern verloren und ist ein häufig gesehener Gast im Hause von Ehrenbach.
Leonard Lindenfels ist der Erbe einer Wachstuchfabrik, sein Herz schläft allerdings für das Eislaufen und Hochradfahren. Leonards Charakter und seine Intension sind vage an eine historische Figur angelehnt.
Jackson Haines ist einer historischen Figur nachempfunden. Dieser Mann entwickelte den klassischen Eislauf zum Eistanz, hatte privat aber immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen und eckte auch an der Gesellschaft an.
Da ich nicht zu viel von der Handlung vorwegnehmen möchte, gehe ich nicht zu detailliert auf die vielen Charaktere ein. Jede einzelne ihrer zahlreichen Figuren hat Rena Rosenthal sehr facettenreich, lebensecht und interessant dargestellt und zeichnet mit ihnen ein gutes Bild der damaligen Gesellschaft. Es sind (größtenteils) so liebenswerte Figuren, die ich noch gar nicht gehen lassen möchte. Sie verbindet die einzelnen kleinen Geschichten zu einer großen und mitreißenden Geschichte.
Natürlich gibt es auch die etwas unliebsamen Charaktere, über die ich oft den Kopf schütteln musste – doch eine gute Geschichte lebt meiner Meinung nach auch von und durch unsympathische Figuren.
Es bleibt spannend, wie es mit den Charakteren in den nächsten Bänden der Reihe weitergehen wird.

„Es ist ihnen einerlei, wie wir hier hausen und dass es oft nicht genug Essen für uns gibt. Wir können froh sein, dass unser Hausherr sich nicht an uns vergreift.“

[Seite 46]

Den historischen und gesellschaftlichen Hintergrund der Geschichte bildet das ausgehende 19. Jahrhundert. 1867 wurde das Kaisertum Österreich in die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn umgewandelt. Die Wurzeln hierfür liegen in der Auseinandersetzung des Kaisertums Österreich mit dem Königreich Preußen um die Vorherrschaft im Deutschen Bund. Flächenmäßig war Österreich-Ungarn somit nach Russland der zweitgrößte Staat Europas.
Geographisch war die Doppelmonarchie ein Übergangsgebiet zwischen West- und Osteuropa – aber auch in Bezug auf das Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung. Charakteristisch war eine gewisse Verspätung im Prozess der Entstehung einer Industriegesellschaft. Die Industrialisierung erfasste das Reich im Vergleich zu Westeuropa mit einer Verspätung von zwei bis drei Jahrzehnten. Die Entwicklung war hier nicht vergleichbar mit der Weltmacht Großbritannien, die über ein transkontinentales Kolonialimperium verfügte. Auch war Österreich-Ungarn deutlich schwächer als Deutschland, das seinen neu erworbenen Status als führende Wirtschaftsmacht auf dem Kontinent nun auch mit Ansprüchen auf ein entsprechendes politisches Gewicht verband. Wirtschaftlich vergleichbar war Österreich-Ungarn am ehesten mit Frankreich, das ebenfalls ein industriell-agrarisches Mischgebiet darstellte.
Die Gründung der Doppelmonarchie ist zu Beginn des Buches bereits seit vielen Jahren vollzogen und Kaiser Franz Joseph I. und seine Gemahlin Kaiserin Elisabeth von Österreich regierten.
Wie auch im Deutschen Kaiserreich war auch die Bevölkerung in Österreich-Ungarn stark gespalten. Es gab den Adel, die Industriellen (Neureiche) und die Arbeiter. Zwischen diesen verschiedenen Gesellschaftsgruppen gab es nur wenige Berührungspunkte, was zum Beispiel auch durch die exklusiven Eislauf-Vereine deutlich wird. Hier hatten Arbeiter und Arbeiterinnen keinen Zutritt.
Frauen in der gehobenen Gesellschaft hatten nur selten ein Mitspracherecht, wenn es um ihre Zukunft ging, oft wurde nur aus reinen Prestige-Gründen geheiratet.
Um Armut und Zukunftssorgen mussten sich viele Mitglieder der höheren Gesellschaft keine Sorgen machen. Ganz anders sah es bei den Angestellten in Fabriken und bei dem Dienstpersonal aus: Lange und anstrengende Arbeit von morgens bis abends und das alles für wenig Geld und eine unsicherer Zukunft.
Rena Rosenthal hat diese verschiedenen Gesellschaftsgruppen sehr gut und eingängig mit ihren Figuren dargestellt und verbindet diese gekonnt mit den jeweiligen Schicksalen.
Auch die geschichtlichen Hintergründe lässt sie gekonnt mit einfließen, auch wenn die gesellschaftlichen Hintergründe in „Der Eispalast“ ganz klar im Vordergrund stehen.
Vor allem wird jedoch die Begeisterung der Autorin für die Geschichte des Eis(kunst)laufens deutlich. Sie hat diese Hintergründe sehr akribisch recherchiert und mir damit einiges an neuen Wissen über die Entstehung des modernen Eiskunstlaufens vermittelt.

»Ich freue mich auf das Eis«, sage ich zu Max. »Es knirscht so schön sachte, wenn ich darübergleite.« Und leises Knirschen übertönt jede einzelne der dreiundzwanzig Arten der Stille.“

[Seite 70]

Bildquelle: Pixabay

Am Ende dieser Rezension möchte ich bei Rena Rosenthal für dieses wunderschöne und lehrreiche Leseerlebnis bedanken. Auch wenn ich das Buch nur ungern beendet habe, bin ich sehr glücklich, dass ich mich auf diese Reise begeben habe, und: Ich freue mich schon auf den nächsten Band der Reihe.

Fazit: Mit dem Buch „Der Eispalast“ erzählt Rena Rosenthal eine so kraftvolle und wunderschöne Geschichte, welche ich mit Sicherheit noch lange in meinem Herzen tragen werde.
Dadurch, dass die vielen unterschiedlichen und interessanten Figuren aus ihrer direkten Perspektive erzählen, entsteht eine ganz eigene und dichte Atmosphäre, in der ich mich ab der ersten Seite wohl gefühlt habe.
Dieses Buch empfehle ich euch sehr gerne weiter.

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.


„Dallmayr – Das Erbe einer Dynastie“

von Lisa Graf

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 01. November 2023
Verlag: Penguin
Ausgaben: Klappbroschur und eBook
ISBN:  978-3-328-60224-8
Seitenanzahl: 496 Seiten
Preise: 16€ (Klappbroschur), 12,99€ (eBook)
Reihe: „Dallmayr“/03

Homepage:
https://www.penguin.de/Paperback/Dallmayr-Das-Erbe-einer-Dynastie/Lisa-Graf/Penguin/e597156.rhd

Klappentext:
„München 1933: Eine eigene Kaffeemischung für das Hause Dallmayr – für Lotte Randlkofer sieht so die Zukunft aus. Nichts wünscht sie sich sehnlicher, als dass die Räume des Delikatessenhauses in der Dienerstraße erfüllt werden von dem Aroma der feinen Bohnen, die über die Weltmeere schon längst den Weg nach Hamburg und Bremen finden. Nun sollen sie ihren Zauber auch in München entfalten. Denn was könnte die erlesenen Pralinen aus Frankreich und der Schweiz, die im Mund wie zarte Butter zergehen, besser begleiten als der nussige Geschmack von Kaffee? Lotte ist überzeugt, genau das hätte sich ihre Schwiegermutter Therese Randlkofer für die Zukunft des Dallmayr gewünscht. Doch während Lotte wagemutig das große Erbe der Matriarchin antritt, beginnt der Schrecken von Deutschland Besitz zu ergreifen.“

Hinweise:
– Falls ihr den ersten und zweiten Band der Reihe noch nicht kennt, aber lesen möchtet, solltet ihr diese Rezension NICHT lesen, da ihr euch sonst spoilern könntet.
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Penguin Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Hier findet ihr meine ausführliche Rezension zum ersten Band und zum zweiten Band.

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Das Buch „Dallmayr – Das Erbe einer Dynastie“ von Lisa Graf ist der dritte und abschließende Band der Buchreihe um das Delikatessen-Geschäft Dallmayr in München und spielt von 1933 bis März 1945.

„»Ich spüre, dass unser Kaffee ein großer Erfolg werden wird. Irgendwann werden wir ganz viele verschiedene Sorten haben, für jeden soll etwas dabei sein. (…)«“

[Seite 137]

München 1933: Nach dem Tod von Therese Randlkofer, welche das ‚Dalmayr Delikatessengeschäft‘ mit großer Leidenschaft auf- und ausgebaut hat, führt ihr jüngster Sohn Paul zusammen mit seiner Ehefrau Lotte das Geschäft.
Die Beiden möchten etwas Neues wagen: Eigene und exklusive Kaffeemischungen sollen das Sortiment erweitern. Dafür holen sie sich die Unterstützung eines Kaffee-Spezialisten aus Bremen.
Währenddessen verliebt sich ihr einziger Sohn in die junge Selma. Doch die Zeiten sind schwer und schwierig für die junge Liebe. Als die Nationalsozialisten an die Macht kommen, verändert sich das Leben für die Menschen in der Weimarer Republik komplett. Und in Paul werden schlimme Erinnerungen wach.

Im November 2021 habe ich den Auftakt „Dallmayr – Der Traum vom schönen Leben“ mit großer Begeisterung gelesen. Und auch der zweite Band „Dallmayr – Der Glanz einer neuen Ära“, welcher ein Jahr später im November 2022 erschien, konnte mich von der ersten bis zur letzten Seite überzeugen.
Deshalb musste ich auch unbedingt den dritten Band lesen, da ich wissen wollte, wie es mit der Geschichte und den vielen interessanten Figuren weitergeht und wie diese wunderbare Buchreihe endet.
Die Freude war riesig, als der dritte Band angekündigt wurde, welchen ich als Rezensionsexemplar auf dem ‚Bloggerportal’ anfragte und freundlicherweise vom Penguin Verlag genehmigt und zugesendet bekam. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.

Das Buch ist eine sehr schöne und hochwertig gestaltete Klappbroschur mit 496 Seiten. Auf der vorderen Klappe befindet sich ein Textauszug, in der Klappe findet sich ein Stillleben mit Kaffeebohnen, Kaffeetassen, Blumen und Gläsern vor einem Fenster. Auf der hinteren Buchklappe wird die Autorin Lisa Graf mit einer kurzen Biographie und einem Foto vorgestellt, in der hinteren Klappe findet sich ein grafisch schön aufgemachtes Rezept für ‚Affogato al caffè‘.
Das Cover passt ganz wunderbar zu den ersten beiden Teilen der Reihe:

Band 1
Band 2
Band 3

Es zeigt ein Paar von hinten, welches die Arme umeinander gelegt hat und in Richtung des berühmten Dallmayr-Hauses in der Dienerstraße in München schaut. Sie trägt einen pinkfarbenen Mantel, er einen blau-grünen Mantel und einen braunen Hut. Die Beiden wirken sehr innig und schauen voller Stolz auf ihren Laden – deshalb sehe ich ihnen Lotte und Paul. Rechts von ihnen ist eine vierköpfige Personengruppe zu sehen: Drei der vier Frauen schauen in die Richtung des Paares, eine Frau läuft Richtung Dallmayr. Hinter den Frauen ist ein Automobil zu sehen.
Die Hauptfarbtöne des Covers, des Buchrückens und auch der Buchrückseite sind gelb-orange. Der Haupttitel ‚Dallmayr‘ ist mit einer geprägten Goldschrift aufgetragen, darunter steht der (nicht geprägte) Untertitel.

Nach einem Zitat von Fanny Gräfin zu Reventlow (1871 – 1918) beginnt die Handlung des Buches im Jahr 1933. Es gibt in diesem Buch keine wirklichen Kapitel, das Buch ist in Jahre gegliedert, wobei sich die einzelnen Jahre dann in kleinere Abschnitte aufteilen, in denen dann immer abwechselnd die verschiedenen Charaktere und deren Sichtweisen im Mittelpunkt stehen. Am Ende des Buches befinden wir uns im März 1945 – somit umfasst die gesamte und chronologisch erzählte Handlung des Buches etwa 12 Jahre. Allerdings werden nicht alle Jahre behandelt, einige Jahre werden dann rückblickend beleuchtet. Abgeschlossen wird das Buch mit dem sehr interessanten ‚Nachtrag‘ der Autorin und dem Quellenverzeichnis.
Der dritte Band setzt rund 13 Jahre nach Ende des zweiten Bandes an. In diesen dreizehn Jahren ist einiges passiert und es gab einige (teils sehr unerwartete) Wendungen. Auch wenn man die ersten beiden Bände nicht gelesen hat, findet man wahrscheinlich gut in die Handlung hinein. Allerdings ist es aus meiner Sicht sehr empfehlenswert, dass man auch die ersten Bände gelesen hat, um die Charaktere und ihre Entwicklungen und Entscheidungen besser zu verstehen.

„»Aber wir haben ein Geschäft zu führen, wir haben eine Verantwortung für unsere Belegschaft und die Lieferanten, mit denen wir Verträge geschlossen haben. Wir sind für alle verantwortlich, Paul, das muss ich dir doch nicht erklären. Wir haben schließlich beide unter deiner Mutter gelernt. An erster Stelle kommt immer noch das Geschäft.«“

[Seite 91]

In diesem Roman gibt es nicht eine Hauptfigur, sondern es stehen einige Figuren und ihre Geschichten im Mittelpunkt der Geschichte. Viele der (größtenteils realen) Figuren sind bereits aus den vorherigen Bänden bekannt, es kommen jedoch auch einige neue Charaktere hinzu.
Im ersten und zweiten Band steht die ausdrucksstarke und facettenreiche Therese Randlkofer sehr im Zentrum der Geschichte. Doch diese Zeit ist (leider) vorbei, denn Therese ist zu Beginn des Buches bereits vor einigen Jahren verstorben. Gerade am Anfang des Buches hat mit Therese sehr gefehlt, da sie mir doch sehr ans Herz gewachsen ist. Sie lebt allerdings in den vielen wertschätzenden Erinnerungen ihrer Familie weiter, welche immer mal wieder erzählt werden.
Auf den Schultern ihres jüngsten Sohns Pauls lastet viel Verantwortung, denn er hat das Erbe seiner Eltern angetreten und möchten das Delikatessengeschäft in eine neue Zeit führen und eigene Kaffeemischungen anbieten. Doch nicht nur geschäftlich muss er viele Entscheidungen treffen, auch die Zukunft seines Sohns Georg macht ihm immer wieder Sorgen. Dieser hat noch nicht so wirklich seinen Platz im Leben gefunden, entwickelt sich aber während der Handlung enorm.
Fest an seiner Seite steht seine Frau Lotte. Sie sprüht vor neuen Ideen und kann ihren Mann immer wieder mit ihrem Elan anstecken, wirkt aber auch gleichzeitig sehr beruhigend auf ihn. Die Beiden verbindet eine sehr respektvolle und ehrliche Liebe zueinander, die den jeweils anderen immer wieder auffängt und absichert.
Mittlerweile haben viele der bereits bekannten Figuren ihren Platz im Leben gefunden: Pauls älterer Bruder Hermann und seine Familie und auch die Schwester Elsa haben sich ihre, sehr unterschiedlichen, Leben eingerichtet.
Um diesen Hauptkern der Familie Randlkofer agieren noch einige weitere Familienmitglieder, auf die ich aber nicht detailliert eingehen möchte, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme.
Auch die außenstehenden Figuren hat Lisa Graf sehr gut in die Geschichte integriert und viele Figuren geschaffen, deren Entwicklungen und Schicksale ich so schnell nicht mehr vergessen werde. Es sind schwierige und schlimme Zeiten, in denen diese versuchen einfach ihr Leben zu leben, ihr Glück zu finden. Ich hatte immer wieder die Tränen in den Augen und verfolgte die vielen Schicksale der Figuren, aber auch die Momente des Glücks. Sie alle sind, wie auch die Hauptfiguren, lebensecht, facettenreich und authentisch gezeichnet und haben mir ein gutes Bild der Gesellschaft der 1930er und 1940er Jahre vermittelt.

„»Sie sagen, dass das Land gespalten ist zwischen den Klassen, den Parteien, den verschiedenen Religionen und so weiter. Und dass sie gekommen sind, um alle zusammenzuführen und ein starkes, vereintes Volk zu machen.«
»Das ist doch nichts als Augenwischerei. (…) Eine einheitlich graue Masse aus all diesen Unterschieden zu formen, das geht doch nur mit Zwang und Einschüchterung.«“

[Seite 166]

Es ist eine Gesellschaft, die noch immer vom Ersten Weltkrieg, der Nachkriegszeit und der Weltwirtschaftskrise gezeichnet war und von einer Demokratie auf direkten Weg in eine Diktatur steuerte:
Am 23. März 1933 tagte das Parlament in Berlin. Auf der Tagesordnung stand das sogenannte „Ermächtigungsgesetz“, welches Adolf Hitler ermöglichte, vier Jahre lang und ohne Einmischung des Reichspräsidenten, des Reichsrats und des Parlaments Gesetze zu erlassen. Mit 444 Stimmen dafür und 94 Gegenstimmen nahm das Parlament das Ermächtigungsgesetz an, welches bis 1945 die Grundlage der Nazidiktatur bildete.
Nachdem Hitler so viel Macht hatte, wandelten die Nationalsozialisten die Gesellschaft nach ihren Vorstellungen um- dieser Prozess wird als ‚Gleichschaltung‘ bezeichnet. Während jüdische und politisch unerwünschte Beamte aus dem Dienst entlassen wurden, wurden auch die Gewerkschaften aufgelöst und die existierenden politischen Parteien verboten. Ab Mitte Juli 1933 war Deutschland ein Einparteienstaat.
Auch auf kulturellem und wissenschaftlichem Gebiet fanden die sogenannten ‚Säuberungen‘ statt. Alles ‚Undeutsche‘ sollte verschwinden, worauf es in vielen Städten zu Bücherverbrennungen und der Verbannung ‚Entarteter Kunst‘ kam.
Die jüdischen Bürger und Bürgerinnen Deutschlands wurden zum Opfer von Gewalt, Schikanen und Unterdrückung. Am 1. April 1933 verkündete das Regime einen landesweiten Boykott gegen jüdische Geschäfte. Es ist der erste Schritt in einer Reihe antijüdischer Maßnahmen, die im Holocaust endeten, der schlussendlich über 6 Millionen Menschen das Leben kostete.
Diese vielen gesellschaftlichen, politischen und geschichtlichen Themen bilden den Hintergrund des Buches „Dallmayr – Das Erbe einer Dynastie“. Es wird deutlich, wie die Bevölkerung die Machtergreifung der Nationalsozialisten und auch den Ausbau der Diktatur erlebt haben und wie diese gespaltene Gesellschaft in den Zweiten Weltkrieg gesteuert wurde.
Lisa Graf hat diese Hintergründe akribisch recherchiert und gekonnt mit den vielfältigen Geschichten und Schicksalen ihrer Figuren verwoben. Auch wenn sie die überlieferte Firmengeschichte des Dallmayr hier und da mit fiktiven Elementen und Figuren spickt, wirkt die gesamte Handlung rund.
Mit ihrem sehr eingängigen, angenehmen und bildhaften Sprachstil nahm mich die Autorin mit auf eine gelungene Zeitreise und konnte mir so einiges an geschichtlichen Wissen und auch Wissen zum Anbau und Röstung der Kaffeebohnen vermitteln.

„Wieso mussten ausgerechnet sie die Generation sein, die zweimal in ihrem Leben einen Krieg mitmachte? Was für ein Fluch lastete auf ihnen? Was konnten sie denn dafür?“

[Seite 404]

Nun heißt es Abschied von den Figuren und dieser Geschichte zu nehmen, die mich über zwei Jahre lang begleitet und begeistert haben. Danke liebe Lisa Graf für dieses imposante und lehrreiche Lesevergnügen und für Figuren, die ich noch lange in meinem Herzen tragen werde.

Fazit: Ich habe Therese, die Hauptfigur des ersten und zweiten Bands, zu Beginn des dritten Bandes wirklich sehr vermisst.
Trotzdem erzählt auch dieser Band eine spannende und mitreißende Geschichte – voller Wärme, Hoffnung und Genuss, aber auch mit viel Tragik und vielen Abschieden.
Ich habe jede einzelne der fast 500 Seiten genossen und stelle das Buch sehr zufrieden ins Regal. Große Leseempfehlung.

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.





„Lindy Girls“

von Anne Stern

[Werbung*]

Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 14. November 2023
Verlag: Aufbau
Ausgaben: Klappbroschur und eBook
ISBN: 978-3746640006
Seitenanzahl: 349 Seiten
Preise: 16€ (Klappbroschur), 11,99€ (eBook)

Homepage:
https://www.aufbau-verlage.de/aufbau-taschenbuch/lindy-girls/978-3-7466-4000-6

Klappentext:
„Vier Frauen, die um ihre Freiheit kämpfen – und sie im Tanz finden.
Fasziniert vom neuen Swing aus Amerika gründet die Choreographin Wally eine Tanzgruppe. Ihre Tänzerinnen findet sie in den Straßen Berlins. Doch den »Lindy Girls« bleibt der Zugang zu den großen Tanzpalästen verwehrt, denn hier haben die Männer das Sagen. Dagegen begehrt auch Sekretärin Gila auf, die davon träumt, mehr zu schreiben als das, was ihr diktiert wird. Mit ihr stößt die Industriellentochter Thea zur Gruppe, und ihre Kontakte öffnen endlich Türen. Aber dann kommt den »Lindy Girls« die Liebe in die Quere … 
Bestsellerautorin Anne Stern erzählt von vier Frauen im wilden Berlin der 1920er Jahre – atemlos, traumtänzerisch und romantisch.“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von den Aufbau Verlagen und der Autorin als vorzeitiges Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension vom Verlag und von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistungen bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Der Roman „Lindy Girls“ von Anne Stern spielt in den Jahren 1928/ 1929 in Berlin und handelt von vier Frauen, welche, inspiriert vom neuen Swing aus Amerika, eine Tanzgruppe gründen und um ihre Freiheit kämpfen.

„Du bist verrückt, mein Kind, du träumst …
Nein, nicht von der Liebe. Von etwas, das bis vor Kurzem nur ein vager Schimmer am Horizont gewesen war, nun aber vielleicht schon einen Namen hatte – den Lindy Girls.“

[Seite 61]

Berlin im Jahr 1928: Als der Swing aus Amerika in Berlin ankommt, ist die Choreographin Wally direkt begeistert und gründet eine Tanzgruppe aus jungen talentierten Frauen.
Schnell wachsen die Frauen zu einer Einheit zusammen, doch Auftritte in den großen Tanzpalästen der Stadt bleiben ihnen verwehrt.
Während die Tänzerinnen Thea und Alice in diesem Tanz ihre neue Berufung finden, muss sich auch die junge Sekretärin Gila etwas überlegen, um aus ihrem Leben auszubrechen. Sie ist es leid, immer nur das zu schreiben, was ihr Chef ihr diktiert. Also beginnt Gila mit dem Schreiben eines Romans.
Doch ist die Zeit und die Gesellschaft für soviel weiblichen Mut und Neuanfänge bereit?

Seit vielen Jahren gehört Anne Stern zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen, da ich ihre vielfältigen Geschichten sehr gerne lese. Vor allem mit der Reihe um die „Hebamme Hulda Gold“ hat sie sich in mein Herz geschrieben. Wann immer sie eine Neuerscheinung ankündigt, weiß ich, dass ich diese auch direkt lesen möchte – so auch bei „Lindy Girls“.
Freundlicherweise bekam ich vom Aufbau Verlag ein Buch als kostenloses und vorzeitiges Rezensionsexemplar zugesendet, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Das Buch ist eine sehr schöne und hochwertig gestaltete Klappbroschur mit 349 Seiten. Auf der vorderen Klappe befindet sich der Klappentext, in der Klappe findet sich ein sehr atmosphärischer Textausschnitt, welcher mit einer historischen Stadtansicht unterlegt ist. Außerdem findet sich hier ein QR-Code, welcher zu einer Playlist führt. Mit dieser Playlist kann man dann völlig in den Sound der „Lindy Girls“ eintauchen. Auf der hinteren Buchklappe wird die Autorin Anne Stern mit einer kurzen Biographie vorgestellt, in der hinteren Klappe wird die Intension der Autorin für diesen Roman dargestellt.
Als das Cover im April 2023 enthüllt wurde, war ich total begeistert – und ich bin es immer noch. Es zeigt zwei Frauen, welche hintereinander auf einer Mauer balancieren und tanzen. Während die Frau vorne an der Kamera vorbeischaut, schaut die hintere Frau lächelnd in die Kamera. Das Bild drückt so viel Frohsinn und Lebensfreude aus und passt einfach perfekt zu dieser Geschichte und dem Titel. Der Name der Autorin steht in rosafarbenen Großbuchstaben über dem goldgeprägten ‚Lindy‘ – hier muss ich leider bemängeln, dass die Goldprägung des Schriftzuges sehr empfindlich ist und leicht zerkratzt. Das ‚Girls‘ hingegen ist in weißer und geprägter Schreibschrift gehalten.

Nach einem Zitat von Katharina Rathaus zum Thema ‚Charleston‘ aus dem Jahr 1926 beginnt das erste Kapitel., in welchem Gila das Wort führt. Das zweite Kapitel setzt dann im September 1928 an und die Leser und Leserinnen lernen die Choreographin Wally und ihre sich entstehende Tanzgruppe kennen. In jedem der insgesamt 37 Kapitel stehen abwechselnd die verschiedenen Figuren im Mittelpunkt. So wird diese Geschichte aus vielen unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt, was für eine sehr dichte Atmosphäre sorgt. Das letzte Kapitel spielt im Januar 1929, das letzte Kapitel wird dann wieder aus der Sicht von Gila erzählt. Damit wirkt die Geschichte von Gila wie eine Klammer, welche die gesamte Geschichte ummantelt und zusammenhält.
Die gesamte Handlung umfasst nur etwa vier Monate und wird chronologisch erzählt. Auch wenn ich zu Beginn etwas Probleme hatte, sie vielen unterschiedlichen Figuren und deren Hintergründe und Geschichten im Kopf zu behalten, nahm ich das Buch immer wieder gerne in die Hände und freute mich aufs weiterlesen.
Anne Sterns ausdrucksstarke, bildhafte und poetische Sprache hat mich wieder direkt in die Geschichte und in die Zeit mitgenommen. Sie beschreibt kleine Begebenheiten und einzelne Geschichten, doch genau diese füllen das Buch mit Leben, verbinden sich zu einer großen Geschichte und lassen und eine ganz eigene Atmosphäre entstehen.

„Wally wollte etwas anders, das man auf den großen Bühnen der Stadt bisher nur selten sah. Es hing mit dem zusammen, was Wally einst als junge Frau bei ihrer eigenen Tanzlehrerin gelernt hatte. Dass Tanzen nichts mit Gleichschritt und Marschieren zu tun hatte, und noch weniger mit der absoluten Unterwerfung des Einzelnen unter die Gesetze der Masse. Sondern vielmehr mit der Befreiung des Körpers, um dem Innersten des Menschen Ausdruck zu verleihen. Und nicht zuletzt bot dieser Tanz, den sie so liebte und den man solo ebenso wie in einer großen Gruppe tanzte, aber nicht als Paar, eine verlockende Aussicht auf die dringend notwendige Befreiung der Frauen.“

[Seiten 19/20]

In diesem Roman gibt es nicht eine Hauptfigur, sondern es stehen einige Figuren und ihre Geschichten im Mittelpunkt der Geschichte.
Ganz zu Beginn lernen wir die junge Sekretärin Gila kennen. Sie arbeitet in einer Zeitungsredaktion, ist sehr flink an der Schreibmaschine und damit steht sie auch bei ihrem Chef sehr hoch im Kurs. Doch all das macht Gila nicht glücklich. Sie träumt von höheren Zielen und möchte unbedingt einen Roman schreiben. Um der immerwährenden Tristesse der väterlichen Wohnung zu entkommen, stürzt sich Gila in das aufregende Nachtleben Berlins. Gila ist eine Figur, sie man einfach gerne haben muss. Sie trägt so viel Frohsinn in sich, wirkt aber auch immer wieder leicht verletzlich.
Auch Thea ist möchte aus ihrem konservativen Elternhaus ausbrechen, einer arrangierten Ehe entkommen und ihr eigenes Leben führen. Als sie Gila kennenlernt, nimmt ihr Leben endlich die Wendung, die sich Thea gewünscht hat. Theas etwas leichtgläubige Art, ihre Leidenschaft fürs Tanzen und ihre enorme Entwicklung konnten mich sehr schnell und nachhaltig begeistern.
Die junge Alice ist eine meiner Lieblingsfiguren in diesem Roman. Zu Beginn der Geschichte arbeitet Alice in einer Fabrik, in der sie immer die selben Handgriffe verrichten muss. Da sie Waise ist und auch noch ihren Bruder Ben mit durchbringen muss, ist Alice auf diese Arbeit angewiesen. Doch sie liebt das Tanzen und als sie zufällig von der Tanzlehrerin Wally entdeckt wird, öffnet sich für Alice eine neue Welt. Alice nimmt kein Blatt vor den Mund, sagt immer direkt, was sie denkt und fühlt. Auch wenn sie selbst wenig hat, ihr Leben von Armut und Verlusten geprägt ist, hilft sie gerne den Menschen in ihrer Umgebung – so gibt sie beispielsweise den Straßenkindern Tanzunterricht und lässt diese dadurch für einen kurzen Moment ihren Alltag vergessen.
Neben diesen drei jungen Frauen steht Wally. Sie ist Mitte Dreißig, stammt ursprünglich aus Schlesien und träumt schon seit vielen Jahren davon, eine Tanzgruppe zu gründen, welche erfolgreich auf den großen Bühnen tanzen. Nun scheint ihr Traum zum Greifen nah. An Wally mochte ich, dass sie sehr ambivalent gezeichnet ist. Einerseits ist sie die strenge Tanzlehrerin, die sich nicht auf der Nase umtanzen lässt, auf der anderen Seite ist Wally aber auch sehr sensibel und stellenweise auch einfach nur sehr unglücklich.
Neben diesen weiblichen Protagonisten spielen auch ein paar wenige Männer eine Rolle. Deren Geschichten sind nicht weniger spannend als die Geschichten der Frauen – in einem Fall so tragisch und mitreißend, dass ich mit den Tränen kämpfen musste. Um nicht zu viel von der Handlung vorwegzunehmen, möchte ich nicht allzu detailliert auf all diese Figuren eingehen.
Jede ihrer zahlreichen Figuren hat Anne Stern sehr facettenreich, lebensecht und interessant dargestellt und zeichnet mit ihnen ein gutes Bild der damaligen Gesellschaft: Eine Gesellschaft, welche zwischen Aufbruch, Neubeginn und den Wunden des ersten Weltkrieges zerrissen war. Mitunter konnten mich einige Figuren mit ihren Taten, Gedanken und vor allem ihren teils immensen Entwicklungen überraschen und zu Tränen rühren.

„Die Zeiten änderten sich, man las es überall in den Zeitungen. Die Frauen waren nicht länger Eigentum ihrer Eltern und Ehemänner, sie durften wählen, sie tanzten mit bloßen Brüsten auf den Bühnen der Stadt, und sie bestimmten über sich selbst, zumindest forderten sie es. Jetzt kam es für Thea darauf an, den Beweis anzutreten, dass sie das auch vermochte.“

[Seite 41]

Den geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergrund bilden die „Goldenen Zwanziger“: Diese waren die Blütezeit der Weimarer Republik und begannen 1924 mit der Einführung der Rentenmark, wurden 1929 durch die Weltwirtschaftskrise jedoch schon wieder beendet.
Vor allem zu Beginn des Jahrzehnts, waren die „Goldenen Zwanziger“ keineswegs golden, denn die Folgen des verlorenen Ersten Weltkrieges waren in der jungen Weimarer Republik überall spürbar. Viele Menschen lebten am Rand des Existenzminimums. Kriegsversehrte und unterernährte Kinder waren ein häufiger Anblick auf den Straßen. Dazu ließen die Arbeitslosigkeit, der Hunger und das Elend die Kriminalität drastisch steigen.
Im Jahr 1923 verschärfte die Inflation die Lage, Papiergeld verlor immer schneller seinen Wert. Die Menschen gingen mit Schubkarren voller Geld einkaufen – oft bekamen sie jedoch für ihr am Morgen verdientes Geld am Abend schon keine Waren mehr. Am 20. November 1923 wurde dann die Rentenmark eingeführt – mit dieser Währungsumstellung konnte die Inflation gestoppt werden.
Der Dawes-Plan sorgte dafür, dass die Reparationenzahlungen aus dem Versailler Vertrag für die Weimarer Republik einfacher zu stemmen waren. Eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs begann, welcher sich allerdings auf Anleihen aus dem Ausland stützte. Bis 1929 flossen rund 21 Milliarden Mark Kredite in die Weimarer Republik – vor allem aus den USA. Die Wirtschaft erholte sich und im Vergleich zu den vorangegangenen Krisenzeiten ging es den Menschen so gut, dass sich die zweite Hälfte der Zwanziger Jahre geradezu „golden“ anfühlt. In dieser relativ stabilen Situation kam es außerdem in den Bereichen Wissenschaft, Kunst und Kultur zu einer Blütezeit.
Es ist vor allem das blühende kulturelle Leben, das den „Goldenen Zwanzigern“ ihren Ruf verschaffte. Die Zeit war geprägt von Zuversicht und Lebensfreude: Neben Cafés und Theatern entstanden auch Varietés – das Nachtleben in den Großstädten war ausgelassen und vor allem freizügig. Aus Amerika kam nicht nur das Geld, sondern auch die neue Musik – der Swing – und auch eine ganz neue Art des Tanzes – der Charleston.
Nach Europa schwappte die Welle des neuen Tanzes durch eine einzige Solotänzerin: Josephine Baker brachte die Charleston-Begeisterung auch nach Deutschland, indem sie nur mit Bananen bekleidet 1925 mit dem Tanz in Berlin auftrat. Während Baker in den USA unter Rassenvorurteilen zu kämpfen hatte, konnte die schwarze Tänzerin in Frankreich und Deutschland hingegen groß Erfolg feiern.
Der Charleston war neu, vor allem frech und vor allem nach Wiener Walzer und Co ein Skandal. Da der Charleston auch wunderbar allein getanzt werden konnte, spielte dieser neue Tanz dem neuen Selbstvertrauen der Frauen in den Goldenen Zwanziger nur in die Karten.

Damit war der Charleston vor allem der Gesellschaftstanz für die emanzipierte Dame in den Zwanzigerjahren. Durch zahlreiche gesellschaftliche Veränderungen gewannen sie ein ganz neues Selbstbewusstsein, das sich auch in ihrem Verhalten in der Öffentlichkeit ausdrückte. Sie rauchten, sie fuhren Autos, sie hatten öffentlich Spaß und sie tanzten den Charleston. Der Tanzstil war einer der ersten in der westlichen Kulturgeschichte, bei der Frauen führende Rollen einnehmen oder ihn ganz und gar allein tanzten. Mit dem Swing wurde aus der geführten Tanzpartnerin die emanzipierte Solistin, welche mit den neuen, in Mode gekommenen, kurzen Partykleidern viel Bein und Ausschnitt zeigten – was die Bewegungen des Charlestons zusätzlich noch frecher erscheinen ließ.

(Bildquelle: Pixabay)

Anne Stern hat diese vielen geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergründe akribisch recherchiert, vor allem aber das Lebensgefühl dieser Zeit, wunderbar in ihrem Roman eingefangen und eingebaut.
Während des Lesens liefen einige der vielen im Roman vorkommenden Songs im Hintergrund – das sorgte noch einmal mehr für einen hohen und intensiven Lesegenuss.

Zum Ende dieser Rezension möchte ich mich bei Anne Stern für diesen erneuten unvergesslichen Roman bedanken, welcher mir wieder einmal neues geschichtliches und musikalisches Wissen vermittelt hat.

Fazit: „Lindy Girls“ von Anne Stern ist ein Roman, welcher voller Leben und Musik, Leichtigkeit aber auch Tragik ist. Mir hat das Lesen viel Freude bereitet, es gab aber auch Momente, bei denen ich schlucken musste.
Mit ihren facettenreichen Charakteren und ihrer bildhaften und vor allem poetischen Sprache hat mich Anne Stern wieder auf eine unvergessliche, musikalische und tänzerische Zeitreise genommen. Sehr lesenswert.

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Der Schwur der Gräfin“

von Silke Elzner

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 07. November 2023
Verlag: Selbstverlag
Ausgaben: Taschenbuch und eBook
ISBN:  978-3758418150
Seitenanzahl: 676 Seiten
Preise: 21,95€ (Taschenbuch), € (eBook)

Homepage:
https://silkeelzner.de/der-schwur-der-graefin/

Klappentext:
„Anfang des 15. Jahrhunderts wütet in Holland ein blutiger Bürgerkrieg. Jakobäa, das einzige Kind des verstorbenen Grafen, bangt um ihr Erbe. Nur mit einer Heirat kann sie als Frau ihren Anspruch durchsetzen.
Als ihr erster Gatte ermordet wird und der zweite sich als unfähig herausstellt, beschließt sie, auf eigene Faust Verbündete zu suchen.
Am Hof in London scheint ihre Mission von Erfolg gekrönt. Was sie nicht ahnt: Fataler noch als jede Schlacht ist ein Mann, der es vermag, ihr Herz zu erobern …“


Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin Silke Elzner als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Silke Elzner

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Der historische Roman „Der Schwur der Gräfin“ von Silke Elzner spielt im 15. Jahrhundert in Holland und zeigt das Leben der Gräfin Jacobäa von Bayern, welche in einer von Männern beherrschten Welt um ihr Erbe und persönliches Glück kämpfen muss.

„»(…) Ich habe nur mein Erbrecht verteidigt. Ich habe genau das getan, was mein Vater, der letzte Graf, von mir verlangt hat. Es war meine Pflicht als seine Tochter. (…)«“

[Kapitel 29]

Dezember 1415: Die vierzehnjährige Jacobäa lebt mit ihrem Ehemann, ihrem Vater und der Mutter in Quesnoy. Erst im August desselben Jahres hat sie dem drei Jahre älteren Jean de Valois, dem Sohn des französischen Königs Karl VI., geheiratet.
Da erreicht sie die Nachricht vom Tod von Jeans älteren Bruder Louis. Jean wird daraufhin zum Thronfolger des französischen Königthrons ernannt, Jacobäa soll die nächste Königin Frankreichs werden.
Doch die Ereignisse überschlagen sich, als Jean im April 1417 völlig überraschend stirbt und Jacobäa mit gerade einmal 16 Jahren zur Witwe wird. Wenige Wochen später stirbt ihr Vater und für Jacobäa beginnt in einer von Männern beherrschten Welt ein endloser Kampf um ihr Erbe.

Im September 2022 habe ich mit großer Begeisterung den Debüt-Roman „Die letzte Fehde an der Havel“ von Silke Elzner gelesen. Im Juni 2023 hat sie mich mich mit ihrem zweiten Roman „Der Verrat der Kaufmannswitwe“ auf eine unvergessliche und mitreißende Zeitreise mitgenommen.
Auch ihr neuster Roman „Der Schwur der Gräfin“ weckte sofort mein Interesse, da ich die Zeit des Spätmittelalters und die Geschichte der Niederlande sehr spannend finde. Mir sagte der Name Jacobäa von Bayern noch nicht viel, deshalb war ich sehr gespannt auf diese Geschichte und freute mich auf neues geschichtliches Wissen. Freundlicherweise bekam ich das Buch von der Autorin als vorzeitiges Rezensionsexemplar zugesendet. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bedanken.

Das Cover zeigt einen Ausschnitt des Gemäldes „Burning Windmill“ (‚brennende Windmühle‘) von Johan Christian Dahl (1788 bis 1857). Es ist ein sehr düsteres Bild, welches jedoch sehr gut zu der Grundstimmung des Romans passt.
Nach dem Impressum folgt eine sehr schön gestaltete Karte, auf der einige der Haupthandlungsorte vermerkt sind. Der Karte folgt eine ausführliche Zusammenstellung der Figuren. Dem erzählenden Teil folgen das Nachwort, die Danksagung, eine kurze Biographie der Autorin und schlussendlich ein Überblick über die Bücher von Silke Elzner.
Die gesamte Handlung des Buches erstreckt sich auf insgesamt 33 Kapitel, spielt von 1412 bis 1438 und wird in fünf Teile aufgegliedert:

  • Teil Eins: Hennegau, 1415 – 1417
  • Teil Zwei: Brabant, 1417 – 1421
  • Teil Drei: England, 1421 – 1423
  • Teil Vier: Holland, 1424 – 1428
  • Teil Fünf: Zeeland, 1430 – 1438

Wie in ihren beiden ersten Büchern konnte mich auch diese großartige Geschichte ab der ersten Seite in ihren Bann ziehen. Silke Elzner erzählt bildgewaltig, fesselnd und mit großer Leidenschaft. Sie zeichnet die ein starkes und unverzerrtes Bild der damaligen Zeit und schafft in ihrem Buch eine sehr dichte Atmosphäre, in welcher ich völlig abtauchen konnte. Die größtenteils chronologisch erzählte Handlung ist durch die vielen Verstrickungen nie langweilig oder langatmig – auch wenn es zu Beginn etwas verwirrend ist, wer mit wem und wie verwandt ist. Hat man sich aber erst in diese spannende Zeit und Thematik eingelesen, möchte man das Buch nicht mehr aus den Händen legen.

„»Man huldigt also lieber einen zugezogenen Prinzen aus Frankreich als der legitimen Tochter des Grafen. Nur, weil sie ein Mädchen ist.«“
»Nichts ist gerecht im Leben. Besonders nicht für Frauen.«

[Kapitel 1]

Ein Blick in das Personenregister zeigt, dass fast alle der Figuren in diesem Buch historisch belegt sind.
Im Mittelpunkt steht Jacobäa von Bayern (1401 – 1436). Sie ist das einzige eheliche Kind von Wilhelm von Bayern ( 1365 bis 1417), dem Grafen von Holland, Friesland, Zeeland und des Hennegaus. Ihr Großvater Albrecht I. war durch seine geschickte Heiratspolitik zu europäischer Bedeutung gelangt, ihr Vater wollte diesen Weg fortsetzen und verlobte Jacobäa im Alter von fünf Jahren mit dem drei Jahre älteren Jean de Valois, dem Sohn des französischen Königs Karl VI. – im Jahr 1415 fand die Hochzeit statt.
Als kurz nach der Hochzeit ihr Schwager Louis stirbt, winkt Jacobäa der französische Königsthron. Doch dieser ist ihr nach dem plötzlichen Tod ihres Ehemanns nicht vergönnt. Das Erbe ihres Vaters kann sie auch nur mit einer erneute Hochzeit durchsetzen. Ihre eigenen Wünsche und Ziele spielen hierbei jedoch keine Rolle.
Ich mochte den ehrlichen und sehr kämpferischen Charakter von Jacobäa sehr schnell. Mitunter war es fast unerträglich zu erleben, wie diese junge und politisch völlig unerfahrene Frau (eigentlich noch ein Mädchen) zum Spielball ihrer überwiegend männlichen Verwandten wurde. Silke Elzner spürt in diesem Roman dem interessanten Leben der hier in Deutschland ziemlich unbekannten Jacobäa von Bayern nach und zeigt mit ihr einen Einblick in eine Zeit, welche vom Hundertjährigen Krieg und zwei Bürgerkriegen geprägt war. Hierbei hat mich sehr beeindruckt, dass es Silke Elzner gelingt, Jacobäas Charakter sehr ambivalent darzustellen. Ich litt mit ihr mit und konnte mich nur schwer von diesem unvergesslichen Charakter trennen.
Neben Jacobäa spielen in diesem Roman eine Vielzahl historischer Figuren eine Rolle, viele von ihnen gehören zu den schillerndsten Figuren jener Zeit: Als Beispiele seien Henry V., Isabeau von Bayern, Catherine de Valois, Humphrey of Lancaster und Johann von Burgund genannt. All diese Figuren hat Silke Elzner sehr authentisch und lebensecht dargestellt und ich konnte ich den vielen und vielfältigen Figuren immer gut folgen. Auch wenn mich das Denken und das ungerechte Verhalten des ein oder anderen Charakters gegenüber Jacobäa mitunter sehr wütend gemacht hat – doch das größtenteils die überlieferte Geschichte.
Die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen den Figuren waren stets fühlbar und zogen mich schnell in diese spannende Geschichte hinein. Es sind Figuren, welche ich mit Sicherheit noch lange in meinem Herzen tragen werde – allen voran die unvergessliche Geschichte von Jacobäa.

»Warum herrscht eigentlich Krieg zwischen England und Frankreich?«, fragte sie frustriert. »Mit Verlaub, warum kann Henry nicht einfach auf dieser Insel bleiben und den Menschen den Frieden gönnen?«
»Es ist gut, dass du danach fragst. Die wenigsten tun das. Der Krieg dauert nun schon so lange an, dass man ihn als gegeben hinnimmt.«
»Beinah hundert Jahre!«

[Kapitel 19]

Den geschichtlichen Hintergrund bildet das 15. Jahrhundert und damit der Hundertjährige Krieg. Im Jahr 1328 endete in Frankreich mit dem Tod Karls IV. die Herrschaft der Kapetinger, da dieser keinen direkten Nachfolger hinterließ. In England regierte zu dieser Zeit Edward III. Dieser war nicht nur englischer König, sondern er erhob auch Anspruch auf die französische Krone, weil er sich aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen erbberechtigt sah. Somit wollte er sowohl über England wie auch über Frankreich herrschen, also eine Doppelmonarchie errichten. Der Krieg zwischen England und Frankreich begann im Jahr 1338 und endete 1453 und kostete zwischen 180.000 und 3.000.000 Menschen das Leben.
Aber auch auf dem Gebiet der heutigen Benelux-Staaten fanden im 15. Jahrhundert heftige Kriege und Konflikte statt, unter anderen der Bürgerkrieg der Armagnacs und Bourguignons.
Aber auch die Auseinandersetzungen zwischen Jocobäa und ihren männlichen Verwandten um das Erbe ihres Vaters sorgten für weitere Unruhen.
Diese vielen und teilweise sehr komplexen geschichtlichen Hintergründe hat Silke Elzner sehr anschaulich und detailliert dargestellt und mir damit eine Menge an neuen geschichtlichen Wissen geschenkt.

„»(…) Wir Frauen sind alle nur Figuren auf seinem Schachbrett.«

[Kapitel 15]

Am Ende dieser Rezension möchte ich mich ganz herzlich bei Silke Elzner für dieses erneute wunderbare und sehr lehrreiche Lesevergnügen bedanken.

Fazit: „Der Schwur der Gräfin“ ist ein sehr authentischer und spannender historischer Roman, der mich mit einer solch interessanten und ambivalent gezeichneten Hauptfigur komplett überzeugt und begeistert hat.
Eine wahre Perle im Genre des Historischen Romans – unbedingt lesen. 

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Papierkinder“

von Julia Kröhn

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 18. Oktober 2023
Verlag: Blanvalet
Ausgaben: Hardcover und eBook
ISBN: 978-3764508364
Seitenanzahl: 560 Seiten
Preise: 24€ (Hardcover), 15,99€ (eBook)

Homepage:
https://www.penguin.de/Buch/Papierkinder/Julia-Kroehn/Blanvalet/e608505.rhd

Klappentext:
„Als die Zeit der Kinder kam … Ein mitreißender Roman mit aktueller Brisanz, den man nie mehr vergisst.
Berlin 1874: Im Armenhaus von Steglitz retten zwei Mädchen einen vernachlässigten Säugling vor dem Hungertod. Obwohl sie in einer harten, mitleidslosen Welt aufwachsen, eint sie die feste Überzeugung, dass jedes Kind wertvoll ist. Es ist der Beginn einer tiefen Freundschaft – und zugleich einer Bewegung, die unermüdlich Verständnis und Liebe, Respekt und Schutz für Kinder einfordert. Mutige, tatkräftige Frauen schließen sich ihr an. Und sie alle sind erst am Ziel, als 1924 in der Schweiz ein ganz besonderes Papier unterzeichnet wird: die erste Kinderrechtserklärung.
Der Sozialistin Emma Döltz, der Montessori-Lehrerin Clara Grunwald und der Wohltäterin Eglantyne Jebb ist es zu verdanken, dass 1924 die »Genfer Erklärung« verabschiedet wurde – die Grundlage für die UN-Kinderrechtskonvention von 1989.“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Blanvalet Verlag als Rezensionsexemplar über das ‚Bloggerportal‘ zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension vom Verlag und von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistungen bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Blanvalet Verlag

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Der historische Roman „Papierkinder“ von Julia Kröhn spielt von 1874 bis 1925 in Berlin und Genf und zeigt den beschwerlichen und mutigen Weg unterschiedlicher Frauen, welche sich für die Rechte der Kinder stark gemacht haben.

„»Du hattest recht«, murmelte Mathilde, »Kinder kosten nichts. Ich fürchte, für viele Menschen haben sie überhaupt keinen Wert. Sonst würde man ihre Mütter nicht so darben lassen.«
»Dann müssen wir den Müttern eben helfen«, sagte Emma energisch. »Die Kinder haben den Wert, den man ihnen gibt.«“

[Seite 26, Kapitel 1]

Berlin im Jahr 1874: Die beiden Mädchen Emma und Mathilde wachsen in ärmlichsten Verhältnissen im Armenhaus Steglitz auf. Als die beiden einen Säugling vor dem Hungertod retten, entsteht zwischen den Mädchen eine tiefe Freundschaft und Verbundenheit, welche auch noch Jahre später besteht – auch wenn sich ihre Leben in verschiedene Richtungen entwickeln.
Emma, die schon immer leidenschaftlich gedichtet hat, erkennt das Unrecht, welches vielen Kindern widerfährt und möchte dagegen angehen, Mathilde ist in einer unglücklichen Ehe gefangen.
Doch als das Schicksal erbarmungslos zuschlägt, wird die Freundschaft der Beiden und auch die Zukunft ihrer Kinder auf eine harte Probe gestellt.

Schon seit einigen Jahren gehört Julia Kröhn zu meinen Lieblingsautorinnen, da sie mich mit ihren tief gängigen Geschichten immer sehr berührt. Die „Riviera-Saga“, welche 2020 erschienen ist, gefiel mir außerordentlich gut, ebenso die Reihe um die „Lehrerin von Hamburg“ (erschienen 2021) und auch Reihe um die „Die Buchhändlerinnen von Frankfurt“ aus den Jahren 2022/2023 konnte mich völlig begeistern.
Als die Autorin ihr neues Buch „Papierkinder“ vorstellte, war mir schnell klar, dass ich auch dieses Buch unbedingt lesen wollte und fragte im ‚Bloggerportal‘ ein Rezensionsexemplar an. Dieses bekam ich genehmigt und zugesendet, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Die Ausgabeart des Buches ist ein sehr schön und hochwertig gestaltetes Hardcover mit 560 Seiten. Neben dem vielversprechenden Klappentext sprach mich auch das schlichte, jedoch sehr ausdrucksstarke Cover direkt an. Der komplette Buchumschlag ist in einem dunklen rosa gehalten und zeigt auf der Vorderseite eine Sepia-farbene Fotografie eines jungen Mädchen, welches auf einem Sessel sitzt und konzentriert in einem Buch liest. Der untere Rand des Covers sieht aus, als wäre er vom Feuer angesengt worden.
Auf der vorderen Klappe des Buchumschlags befindet sich der Klappentext, welcher mit einem Zitat aus dem Buch beginnt. Auf der hinteren Klappe wird die Autorin mit einem Foto und einer kurzen Biographie dargestellt.
Die Handlung verteilt sich auf insgesamt 18 Kapitel und wird in drei Teile aufgegliedert:

  • „Teil 1: Die Dichterin, 1874 – 1905″
  • „Teil 2: Die Lehrerin, 1910 – 1920″
  • „Teil 3: Die Juristin, 1920 – 1925″

Nach einer außerordentlich schönen Widmung beginnt das Buch im Herbst 2023. Danach geht die Handlung mit Teil 1 zurück in das Jahr 1874. Nach dem dritten Teil, welcher im Jahr 1925 endet, befinden wir uns dann nochmals im Herbst 2023. Damit ist es eine sehr runde und in sich abgeschlossene Geschichte.
Dem erzählenden Teil schließen sich die historische Anmerkung und das Quellenverzeichnis an.
Da die Handlung fortlaufend und gleich zu Beginn mit hohen erzählerischen Tempo erzählt wird, fand ich mich sehr schnell in der Geschichte ein und zurecht. Auch der klare, bildhafte und detaillierte Sprachstil der Autorin zog mich schnell mit in die Geschichte und schon nach den ersten beiden Kapiteln war mir klar, was für einen Buchschatz ich da gerade in den Händen halte. Ein Gänsehaut-Schauer jagte den nächsten, immer wieder stiegen mir die Tränen in die Augen.

„Wie das kleine Kind von einst fühlte sie sich jäh, das so viele Fragen gehabt hatte, die Welt so gerne hatte begreifen wollen und das von allen stets abgebügelt worden war, bis es endlich geschwiegen hatte. Aber sie wollte kein Kind mehr sein, das vergebens gegen die Wände der Gleichgültigkeit rannte, und schweigen wollte sie erst recht nicht.“

[Seite 50, Kapitel 3]

Das Buch verfügt über kein Personenregister – welches ich jedoch auch zu keiner Zeit vermisst habe. Jede der zahlreichen Figuren wird sehr behutsam in die Handlung eingeführt und so beschrieben, dass ich mir die jeweiligen Hintergründe gut merken konnte.
Einige der Hauptfiguren sind fiktiv, andere Figuren hingegen sind historische Persönlichkeiten. Wobei die Autorin in ihrem Nachwort auch klarstellt, dass sie sich „bei der Schilderung der historischen Figuren nicht nur auf Fakten gestützt“ (Zitat ‚Historische Anmerkungen) hat, sondern sich auch ihrer Fantasie bedient hat.
So sind Mathilde Albrecht und ihre Familie fiktiv, verbinden aber die Geschichten der historischen Figuren Clara Grunwald, Eglantyne Jebb, Ottilie Baader und Emma Döltz, geborene Lehmann, mit- und untereinander.
Emma und Mathilde lernen sich im Kindesalter kennen, sind sich in vielem ähnlich und gleichzeitig doch sehr unterschiedlich. Sie stammen beide aus ärmlichen Verhältnissen und wachsen im Armenhaus in Steglitz auf. Sie verschließen ihre Augen nicht vor Ungerechtigkeiten und vor allem Emma bringt sich damit immer wieder in Schwierigkeiten. Beide möchten Kindern zu mehr Rechten verhelfen, verlieren dabei aber doch des Öfteren ihre eigenen Familien aus den Augen.
Julia Kröhn hat mit diesen beiden Figuren sehr lebensechte Charaktere geschaffen, welche der Leser/ die Leserin über 50 Jahre hinweg begleitet. Beide entwickeln sich äußerst glaubhaft von Mädchen zu jungen Frauen, hin zu Müttern und Großmüttern. Die ergreifenden Geschichten und Schicksale der Beiden, welche mir immer wieder die Tränen in die Augen trieben, werde ich so schnell nicht mehr vergessen.
Viele der weiteren Figuren in diesem Roman hängen unmittelbar mit dem Werdegang und den Schicksalen von Emma und Mathilde zusammen. Um nicht zu viel von der Handlung und Spannung vorwegzunehmen, möchte ich nicht detailliert auf diese Figuren eingehen.
Die ambivalenten Zeichnung und die teils sehr überraschenden Handlungen aller Figuren konnten mich sehr überzeugen. Außerdem ist es Julia Kröhn wieder vortrefflich gelungen, ihre fiktiven Figuren in einen hervorragend recherchierten geschichtlichen Hintergrund einzubetten und gekonnt mit den historischen Figuren und deren Schicksalen zu verbinden. Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren waren stets fass- und fühlbar und zogen mich schnell in die emotionale Geschichte hinein.
Mit ihren vielen und vielfältigen Figuren zeigt Julia Kröhn ein sehr authentisches Bild der sich rasch entwickelten Gesellschaft des ausgehenden 19. Jahrhundert und des beginnenden 20. Jahrhunderts.

„»Es klingt, als wäre der Krieg eine dunkle Wolke, die der Wind ganz zufällig und ohne unser Zutun über uns getrieben hat«, hatte Clara bemerkt. »Dabei braut sich Krieg nicht am Himmel zusammen, sondern in den Herzen.«“

[Seite 301, Kapitel 16]

Den geschichtlichen Hintergrund bilden die Jahre von 1874 bis 1925. In dieser Zeit war die Gesellschaft sehr im Wandel und es gab einige bedeutende historische Begebenheiten.
Der erste Teil des Buches spielt im Deutschen Kaiserreich, welches drei Jahre zuvor gegründet wurde und von Beginn an ein Land voller Widersprüche war: Den Prachtbauten erfolgreicher Unternehmer und des Adels standen die dunklen Mietskasernen (mit ihren vielen teils dunklen Hinterhöfen) gegenüber. Armut und Reichtum klafften im Deutschen Kaiserreich weit auseinander. Infolge des großen Bevölkerungswachstums und der wirtschaftlichen Entwicklungen entstanden neue Eliten: Unternehmer gewannen immer mehr an Ansehen und Bedeutung. Während der Staat und die Gesellschaft von Aristokratie und Großbürgertum geprägt wurden, formierte sich in der Arbeiterklasse der Kampf um soziale und politische Emanzipation – und eben auch für die Durchsetzung von Kinderrechten. Mit der fortschreitenden Industrialisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts und der Einführung der Schul­pflicht veränderte sich auch die Diskussion um den Gehorsam und die Pflichten der Kinder. Es begann sich die Auffassung durchzusetzen, dass Kinder auch bestimmte Rechte haben. Das internationale Interesse an Fragen der Rechte von Kindern wurde immer größer und das führte dazu, dass schon früh völkerrechtliche Verträge zum Schutz und zur Wahrung der Rechte von Kindern zustande kamen. 
Im zweiten Teil der Geschichte, welcher von 1910 bis 1920 spielt, stehen die Zeiten vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg im Fokus. Viele Errungenschaften und Erneuerungen (vor allem in der Bildung) wurden durch diesen Krieg zunichte gemacht und es musste nach Kriegsende wieder vieles neu aufgebaut werden. In der gespaltenen Gesellschaft klafften tiefe Wunden, welche der Krieg hinterlassen hatte.
Auch im dritten Teil, welcher von 1920 bis 1925 spielt, wird deutlich, wie zerrissen und verwundet die Gesellschaft nach Ende des Ersten Weltkriegs war: Die bittere Armut, der Kampf um Lebensmittel, die vielen heimgekehrten und teilweise versehrten Soldaten, sowie auch der Unglaube der Bevölkerung an die Demokratie und damit die Wut auf die noch junge Weimarer Republik bildeten den Alltag zahlreicher Menschen. Viele hatten große Hoffnungen, dass es in einer Demokratie nur besser werden sollte, doch die Weimarer stand von Beginn an auf wackeligen Füßen. Die hohen Reparationszahlungen und die ‚Dolchstoßlegende‘ forderten ihren Tribut, wodurch sich viele Menschen von der Demokratie belogen und betrogen fühlten.
Bereits während des Ersten Weltkriegs griff der amerikanische Präsident Woodrow Wilson in seinem 14-Punkte-Pogramm vom Januar 1918 den Gedanken einer Friedensorganisation auf. Wilsons Forderung nach einer internationalen Gemeinschaft zur Sicherung des Friedens konnte auf der im Januar 1919 beginnenden Pariser Friedenskonferenz erfolgreich umgesetzt werden. Die teilnehmenden Staaten beschlossen die Gründung des sogenannten Völkerbunds. Dessen Satzung wurde als Artikel 1 bis 26 Bestandteil des Versailler Vertrags. Als der Vertrag am 10. Januar 1920 in Kraft getreten war, nahm der Völkerbund mit Hauptsitz in Genf seine Arbeit offiziell auf. Hier wurde auch die erste Satzung für Kinderrechte von Eglantyne Jebb entworfen: die ‚Children’s Charta‘. Am 24. September 1924 wurde die Charta von der Generalversammlung des Völkerbundes verabschiedet und als Genfer Erklärung bekannt. Die Erklärung enthielt grundlegende Rechte der Kinder in Bezug auf ihr Wohlergehen und sollte dazu beitragen, den Schutz bzw. die Versorgung der Kinder in der Zwischenkriegszeit zu sichern.
Diese vielen geschichtlichen Hintergründe hat Julia Kröhn sehr akribisch recherchiert und stellt diese sehr anschaulich in ihrem Roman „Papierkinder“ da. Ich habe viel Neues zu diesen Themen, vor allem aber über die Thematik und Entstehung der Kinderrechte, erfahren.

„»Ich weiß«, sagte Nelly, »es mag ein kühner Traum sein. Aber es ist kein unmöglicher. Save the Children hat es schon jetzt geschafft, die unterschiedlichsten Menschen zu vereinen, die für das Wohl der Kinder zusammenarbeiten. Weil die Kinder die Verletzlichsten sind. Und weil Kinder die Hoffnung auf eine bessere Zukunft sind.«“

[Seite 467, Kapitel 23]

Am Ende dieser Rezension möchte ich mich ganz herzlich bei Julia Kröhn für dieses erneute emotionale, unvergessliche und lehrreiche Lesevergnügen bedanken.

Fazit: Auch wenn das Buch nun beendet ist, bin ich noch nicht wirklich bereit Abschied von dieser großartigen Geschichte und den liebgewonnen Figuren zu nehmen.
Bereits nach den ersten Kapiteln war mir klar, was für einen Buchschatz ich da gerade lese. Ein Gänsehaut-Schauer jagte den nächsten, immer wieder stiegen mir die Tränen in die Augen.
Auch wenn die letzte Seite gelesen ist, wird diese starke und unvergessliche Geschichte, welche nichts von ihrer Brisanz verloren hat, noch lange nachklingen. Eine absolute Leseempfehlung
.

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Elizabeth Taylor – Die größte Liebende Hollywoods“

von Juliana Weinberg

[Werbung*]

Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 28. September 2023
Verlag: Ullstein
Ausgaben: Klappbroschur und eBook
ISBN: 978-3548068152
Seitenanzahl: 416 Seiten
Preise: 14,99€ (Klappbroschur), 11,99€ (eBook)

Homepage:
https://www.ullstein.de/werke/elizabeth-taylor/paperback/9783548068152

Klappentext:
„Schon jung muss die kleine Elizabeth höchsten Ansprüchen genügen: Ihre Mutter Sara hat ihr ehrgeizige Ziele gesetzt. Die kleine Liz soll der größte Stern am Himmel Hollywoods werden. Schon als Zehnjährige ergattert Elizabeth einen Vertrag bei der namenhaften Agentur MGM. Ihr erster großer Film »Lassie« macht sie schlagartig zum Megastar, ihr Leben findet ab diesem Augenblick fast ausschließlich am Filmset statt. Ein liebevolles Umfeld aus Familie und Freunden kennt sie nicht. Sie begibt sich auf die Suche nach einer Liebe, groß genug, um diese Lücke zu füllen …“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin Juliana Weinberg als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Ullstein Buchverlage

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Die Romanbiografie „Elizabeth Taylor – Die größte Liebende Hollywoods“ von Juliana Weinberg spielt von 1939 bis 2003 und zeigt das wechselvolle Leben der großen und unvergessenen Schauspielerin.

„»Es macht mich so wütend, dass sich diese verdammten Reporter nicht auf unsere Leistung als Schauspieler konzentrieren und diese anerkennen. Wird der Film nicht großartig werden, Joseph? Aber nein, das zählt natürlich nicht. Alles, was die Journaille interessiert, sind die aufgebauschten Skandälchen drum herum.«“

[Seite 363]

Schon von frühster Kindheit an muss sich die junge Elizabeth Taylor den Wünschen und Träumen ihrer ehrgeizigen Mutter Sara unterordnen. Diese möchte aus ihrer Tochter eine angesehene und erfolgreiche Schauspielerin machen – koste es, was es wolle.
Es kostet Elizabeths Kindheit: Sie darf sich nie unbeschwert mit Freunden treffen und muss eine sogenannte Studioschule besuchen. Liebe und Geborgenheit lernt sie in ihrem Elternhaus nie kennen.
Ihre Rolle im Film „Lassie“ macht sie über Nacht weltberühmt und es folgen viele weitere sehr erfolgreiche Filme.
Als sie den jungen Hotel-Erben Nicky Hilton Jr. kennen lernt, bietet eine Ehe mit ihm doch die ersehnte Flucht aus dem engen Elternhaus. Doch Elizabeth muss lernen, sich im Showbusiness und in der Welt zurechtzufinden und sie bemerkt schnell, dass nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick erscheint.

Nach den beiden Roman-Biografien „Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne“ und
„Josephine Baker und der Tanz des Lebens“, ihrer Familiensaga „Gut Erlensee“ und dem Roman „Die Kinder der Luftbrücke“  gehört Juliana Weinberg zu meinen Lieblingsautorinnen. Ich mag ihren bildhaften, aber auch ruhigen und aufgeregten Schreibstil sehr gerne und auch ihre vielfältigen Geschichten wissen mich immer zu begeistern.
Ich freute mich sehr, als sie ihre Romanbiografie über Elizabeth Taylor ankündigte, da mir diese Schauspielerin schon länger ein Begriff war, ich mich aber noch nicht detailliert mit ihrem Leben beschäftigt habe.
Das Buch erhielt ich freundlicherweise direkt von der Autorin als signiertes Rezensionsexemplar, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte. Auch für den stets freundlichen Kontakt in den Sozialen Medien möchte ich nochmals meinen großen Dank ausdrücken.

Die Ausgabeart ist eine wunderschön gestaltete Klappbroschur mit 416 Seiten.
Das Cover zeigt Elizabeth Taylor, welche in einem weißen Kleid mittig vor einem weißen Geländer steht. Ihre linke Hand ruht auf einem Pfeiler. Am linken Bildrand sieht man eine Palme, am rechten Bildrand das „Hollywood Sign“ – den bekannten weißen Schriftzug in den Hollywood Hills. Übrigens zeigt das Cover von „Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne“ die selbe Örtlichkeit, allerdings aus einer etwas anderen Perspektive.

Auf der vorderen Klappe befindet sich ein Textausschnitt, im inneren ein Zitat von Elizabeth Taylor, welches mit einem Ausschnitt aus dem Cover hinterlegt ist. Auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin mit einem Foto und einer kurzen Biografie vorgestellt. Da das Buch in der Reihe „Ikonen ihrer Zeit“ erschienen ist, werden in der hinteren Klappe weitere Titel dieser Reihe vorgestellt. Diese Buchreihe erzählt in Romanform das Leben von starken Frauen.
Nach einem Zitat von Elizabeth Taylor beginnt die Handlung mit dem Prolog „Die kleine Prinzessin“, welcher im April 1939 ansetzt. Es folgen 27 Kapitel, welche in sechs Teile aufgegliedert sind:

  • Teil I: Im goldenen Käfig, 1940 – 1942
  • Teil II: Verliebt in die Liebe, 1949 – 1952
  • Teil III: Mutterinstinkte, 1951 – 1956
  • Teil IV: Dramen und Diamanten, 1956 – 1958
  • Teil V: Die Königin von Rom, 1959 – 1962
  • Teil VI: Nimmerland, 1984 – 1991

Hier fand ich es wunderschön, dass jeder Teil mit einem passenden Zitat von Elizabeth Taylor beginnt. Mit dem Epilog, welcher 2003 spielt, wird das Buch beendet. Somit umfasst die Handlung des Buches insgesamt 64 Jahre.
Der ruhige, aber doch auch äußerst bildhafte Schreibstil der Autorin konnte mich wieder sehr schnell in die Geschichte mitnehmen und ich nahm das Buch immer wieder gerne in die Hände und freute mich sehr auf das weiterlesen.
Zum Ende hin gibt es in der Handlung einige größere Zeitsprünge, welche meinen Lesefluss aber in keiner Weise gestört haben.

„Wie sie sich danach sehnte, die warme Abendsonne auf ihrer Nase und ihren Haaren zu spüren, die raue Rinde der Bäume unter ihren Handflächen, auch wenn sie sich diese dabei aufschürfte. Vielleicht sollte sie es einfach wagen, mutig zu sein, nicht immer nur dieses artige Mädchen darzustellen, das alle lobten. Sie könnte sich heimlich nach draußen stehlen. Wenn Vater sie erwischen würde, hätte sie nichts zu befürchten – es interessierte ihn wenig, ob sie in ihrem Zimmer oder im Garten spielte -, nur Mutter würde sie natürlich schnurstracks nach drinnen beordern.“

[Seite 36]

Im Mittelpunkt des Romans steht das Leben von Elizabeth Taylor (geboren am 27. Februar 1932 in London; gestorben am 23. März 2011 in Los Angeles).
In diesem Roman lernt der Leser/ die Leserin Elizabeth im Alter von sieben Jahren kennen. Mit ihrer Familie verlässt sie vor Beginn des zweiten Weltkriegs ihre Heimat England und siedelt sich in Kalifornien an. Schon früh nimmt sie Reitunterreicht und Ballettstunden.
Während sich ihr Vater ganz dem Kunsthandel verschreibt und seinen Kindern (vor allem Elizabeth) nur wenig Zuneigung zeigt, kümmert sich die Mutter Sara voller Ehrgeiz um die schauspielerische Zukunft ihrer Tochter. Sie selbst war bis 1927 als Schauspielerin tätig, nun soll aus ihrer Tochter ein großer Star werden. Sie möchte mit ihrer Tochter all die Ziele erreichen, die sie selbst nicht erreicht hat. Das Elizabeth unter dem Druck und dem Anspruch ihrer Mutter leidet und sie dadurch nicht wirklich eine Kindheit erlebt, sieht Sara nicht. Elizabeths erste Ehe ist ein erster Fluchtversuch aus dem engen Elternhaus.
Auch wenn Elizabeths schauspielerischer Aufstieg kometenhaft erscheint, ist ihr gesamtes Leben eine Berg- und Talfahrt. Vor allem in ihrem Privatleben (welches durch die vielen Paparazzi und die Klatschpresse eigentlich keines ist) gibt es viele Höhen und Tiefen. Sie strauchelt, fällt oft hin und steht wieder auf. Sie führt den Beruf der Schauspielerin gerne aus, sieht diesen aber eher als Hobby an und nicht als Berufung.

„Tatsächlich erschien ihr die Zeit beim Film mittlerweile wie etwas lange Vergangenes, an das man sich nur flüchtig erinnert, wie eine alte vergilbte Fotografie, die man zufällig in einer Kiste auf dem Dachboden wiederfindet. Hatte sie ihre Arbeit als Schauspielerin nicht von jeher als Hobby, als Liebhaberei empfunden? So richtig berufen hatte sie sich dazu nie gefühlt.“

[Seite 229]

Elizabeths Ärger und Verdruss darüber, dass dass die Presse nicht nur ihre Leistungen als Schauspielerin sehen will, sondern sich vor allem auf ihr Privatleben und ihre viele Skandale und Skandälchen stürzt, hat Juliana Weinberg sehr gut und deutlich herausgearbeitet.
Ihre Mutter treibt Elizabeth immer wieder an und redet ihr ununterbrochen in ihr Leben rein. Dabei ist ihr nur der äußere Schein wichtig, wie es in ihrer Tochter aussieht, interessiert Sara nicht wirklich – Show must go on.
Es fiel mir mitunter sehr schwer, die Launen und das Verhalten der Eltern von Elizabeth zu ertragen. Sara zieht und reißt an ihrer Tochter herum, als hätte diese keinen eigenen Willen, ihrem Vater ist seine Tochter eigentlich egal. Sie schaffen es nie, ein ehrliches und inniges Vater-Tochter-Verhältnis zueinander aufzubauen.
Dieses Fehlen einer Bezugsfigur prägte Elizabeth ihr gesamtes Leben, welches, vor allem in Sachen Ehe, von großer Unstetigkeit gezeichnet war.
Juliana Weinberg hat mit ihrer Romanbiografie den Menschen hinter der großen Schauspielerin Elizabeth Taylor sichtbar gemacht und gibt damit einen privaten Einblick in die wechselvolle Gefühls- und Gedankenwelt dieser interessanten Frau, welche auch 12 Jahre nach ihrem Tod noch immer sehr präsent ist.
Ich habe eine Menge über das Leben von Elizabeth Taylor und zusätzlich auch einiges über die Filme, deren Schauspielern und Produzenten und Regisseuren und deren Produktionen zu dieser Zeit gelernt.
Die vielen und vielfältigen Figuren, welche alle einen historischen Hintergrund haben, werden sehr detailliert beschrieben und damit gekonnt wieder zum Leben erweckt. Vor allem die emotionale Lebensgeschichte von Elizabeths besten Freund Montgomery Clift hat mich sehr bewegt.

„Dabei war er wahrhaftig nicht der Einzige, dem seitdem ein fragwürdiges Image anhaftete. Sie grämte sich jedenfalls nicht deswegen, Hedda Hopper, Louella Parsons und wie sie alle hießen, konnten ihr gestohlen bleiben. Ihr Lebenszweck bestand doch nicht darin, es den Klatschkolumnisten recht zu machen.“

[Seite 281]

Am Ende dieser Rezension möchte ich mich ganz herzlich bei Juliana Weinberg für dieses wunderbare und lehrreiche Lesevergnügen und das Rezensionsexemplar bedanken. Auch wenn das letzte Wort gelesen ist und das Buch nun im Regal steht, bin ich mit meinen Gedanken noch in der Geschichte.

Fazit: Es ist ein ganz wunderbarer und schöner Roman über eine faszinierende und starke Frau und Schauspielerin. Ich bin in dieser großartigen, emotionalen und vielseitigen Geschichte völlig versunken und empfehle euch dieses Buch gerne weiter.

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Löwin vom Tafelberg – Catharina Ustings‘ kühner Weg in die Freiheit“ 

von Inès Keerl

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 23. März 2023
Verlag: Emons
Ausgaben: Taschenbuch
ISBN: 978-3740817077
Seitenanzahl: 448 Seiten
Preis: 15€

Homepage:
– Autorin: https://www.ineskeerl.com/werke/romane
– Verlag: https://emons-verlag.de/p/die-loewin-vom-tafelberg.-catharina-ustings-kuehner-weg-in-die-freiheit-6742

Klappentext:
„Ein mitreißender Roman um Liebe, Mut und Abenteuer. 1662: Um einer Zwangsheirat zu entgehen, begibt sich die junge Catharina Ustings von Lübeck aus auf eine abenteuerliche Reise. Als Mann verkleidet versteckt sie sich auf einem Schiff der Vereinigten Ostindischen Kompanie und gelangt ans Kap der Guten Hoffnung. Doch in der brutalen Männerwelt der ersten Siedlungsjahre Kapstadts muss sie ihren Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung fortsetzen – an der Seite starker Frauen wie Krotoa, die als Urmutter Südafrikas und Begründerin der Sprache Afrikaans gilt, aber auch getragen von der Liebe.“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Emons Verlag über die Autorin als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Emons Verlag

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Das Buch „Die Löwin vom Tafelberg – Catharina Ustings‘ kühner Weg in die Freiheit“ von Inès Keerl ist ein Roman, welcher im 17. Jahrhundert am Kap der Guten Hoffnung spielt und die Lebensgeschichte der historischen Catharina Ustings darstellt.

„Sie spürte noch die rauen Fasern von Ides Hose in den Fingerspitzen, da durchzuckte sie ein Gedanke. Flucht! Fliehen, um der Ehe mit Hinrich zu entkommen. Nicht als Frau – sie wäre augenblicklich Freiwild. Sondern als – Mann. Unmöglich, schalt sie sich. Wirklich? Warum? War es nicht der zweite Weg? Einer, den sie einschlagen konnte?“

[Seite 16]

Lübeck im Jahr 1661: Die junge Catharina wächst bei einer strengen und hartherzigen Ziehmutter auf. Sie hat sich mit ihrem von harter Arbeit geprägten Leben arrangiert, als sie jedoch einen Säufer und Tunichtgut heiraten soll, ist für Catharina das Maß voll: Sie flüchtet als junger Mann verkleidet aus Lübeck in die große Stadt Hamburg. Dort entdeckt sie ein Segelschiff der VOG (Vereinigte Ostindien-Kompanie), überlegt nicht lange und schmuggelt sie sich als blinder Passagier auf das Schiff – ihr Ziel: Batavia.
Doch sie landet nicht in Batavia sondern gelangt an das Kap der guten Hoffnung in Südafrika.
Es ist eine brutale Männerwelt, in der sie versucht, sich ein eigenes Leben in Selbstbestimmung aufzubauen. In diesem fremden Land sind viele Menschen an ihrer Seite, so auch Krotoa, die als Urmutter Südafrikas und Begründerin der Sprache Afrikaans gilt.
Doch ein mächtiger Feind ist Catharina immer dicht auf den Fersen…

Mitte September 2023 erhielt ich von der Autorin Inès Keerl eine Rezensionsanfrage für ihr Roman-Debüt „Die Löwin vom Tafelberg – Catharina Ustings‘ kühner Weg in die Freiheit“.
Das wunderschöne Cover sprach mich direkt an und auch der interessante Klappentext versprach einen eher ungewöhnlichen und exotischen historischen Roman. Von der Hauptfigur hatte ich bisher noch nichts gehört, was ich mit diesem Roman ändern konnte und wollte. Deshalb sagte ich der Autorin eine Rezension zu und erhielt das Buch wenige Tage später vom Emons Verlag als Rezensionsexemplar, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Die Ausgabeart des Buches ist eine einfache Broschur, ohne Klappen und mit insgesamt 448 Seiten. Wie bereits angemerkt, hat mich das außergewöhnliche Cover sehr schnell auf die Geschichte neugierig gemacht: Der Name der Autorin, der Titel und Untertitel stehen auf weißen Hintergrund, unter dem sich verblasste Umrisse einer Seekarte abheben. Die Umrandung bilden Pflanzen und Tiere der afrikanischen Fauna und Flora: Links oben kriecht eine Echse, links unten schlängelt sich eine Schlange ins Bild. Die Rückseite greift die einzelnen Elemente des Covers auf und bildet zudem den vielversprechenden Klappentext ab.

Als ich das Buch zum ersten Mal in den Händen hielt und auch einen Blick ins Innere werfen durfte, war ich von der liebevollen Ausstattung des Buches mehr als begeistert:
Direkt am Anfang findet sich eine Karte der ‚Kapkolonie 1662‘ mit einer ausführlichen Legende. Diese sorgte für eine große Vorfreude auf die Geschichte und den Handlungsort, aber auch für eine gute Orientierung während des Lesens der Geschichte.
Der Widmung des Buches folgt ein ‚Vorweg‘, in dem die Autorin einen kurzen Einblick in den geschichtlichen Hintergrund gibt und auch auf die meist historischen Figuren gibt. Nach diesem Vorwort beginnt die Geschichte direkt mit dem ersten Kapitel, welches in Lübeck im Dezember 1661 ansetzt. Nach insgesamt 52 Kapiteln folgen ein Glossar und die Danksagung der Autorin. Was meiner Meinung nach die Ausstattung perfekt gemacht hätte, wären ein historisches Nachwort und ein Personenregister: Einmal, um zu erfahren, welche Figuren historisch und welche fiktiv sind und auch, um Figuren und deren Hintergründe nachzuschlagen zu können
Während über dem ersten Kapitel noch eine Zeitangabe steht, gibt es diese Angabe bei den folgenden Kapiteln nicht mehr. Somit kann ich nun rückblickend nicht mehr sagen, wie viel Zeit vom ersten bis zum letzten Kapitel vergangen ist, es sind aber einige Jahre, in denen wir Catharina Ustings‘ authentische Entwicklung von einem Mädchen hin zu einer wehrhaften, starken Frau begleiten dürfen.
Ab der ersten Seite hat mich die Autorin Inès Keerl mit ihrer bildhaften und lebendigen Sprache mit in die Geschichte genommen. Es entsteht sofort eine sehr dichte und vor allem realistische Atmosphäre, in welche ich abtauchen konnte und mitunter wollte ich das Buch gar nicht mehr aus den Händen legen. Es war für mich eine Geschichte, für die ich mir Zeit genommen habe, die ich mit jedem einzelnen Wort, jeder Zeile, jeder Seite in mich aufgenommen habe und die sich anfühlte wie ein langer und aufregender Traum.
Vor allem die bildhaften Beschreibungen der südafrikanischen Landschaft und deren Tiere sorgten dafür, dass ich mich fühlte, als wäre ich direkt vor Ort.

„Der Himmel klarte mehr und mehr auf. Links der flachen aber breiten Erhebung machte sie einen kantigen Berg aus und gen Süden einen deutlich kleineren, spitz zulaufenden. Sie rahmten den riesigen Tischberg ein. So hatte Martin das Wahrzeichen beschrieben. Sie konnte sicher sein, den südlichsten Zipfel Afrikas erreicht zu haben. Ein warmes Gefühl kroch ihr vom Bauch bis ins Herz.“

[Seite 72]

Im Mittelpunkt des Buches steht Catharina Ustings, welche der Leser/ die Leserin als junge Frau in Lübeck kennenlernt. Hier führt sie ein trauriges und hartes Leben: Die Mutter ist kurz nach Catharinas Geburt verstorben, der Vater ist unbekannt. So wächst Catharina bei einer strengen Ziehmutter auf, sie muss hart arbeiten und erhält keiner Chance, sich ein eigenes Leben aufzubauen. Als ihre Ziehmutter sie mit einem Säufer verheiraten will, flüchtet Catharina, als Mann getarnt, aus Lübeck. Sie ergreift die erste Gelegenheit, um ihr bisheriges Leben ganz weit hinter sich zu lassen und schmuggelt sich als blinder Passagier an Bord eines Segelschiffs der VOG. Was ich an Catharina immer wieder bewundert habe, ist ihre Stärke und ihr unbändiger Mut. Sie lässt alles hinter sich und fängt völlig auf sich alleine gestellt, in einem fremden Land ein neues Leben an. Auch wenn sie immer wieder fällt, steht sie doch wieder auf. Eine absolut starke und unvergessliche Figur, welche ich noch lange in meinem Leseherz tragen werde.
Um und neben Catharina Usting agieren noch viele weitere Figuren, von denen viele ebenfalls historisch sind. Krotoa, auch Eva genannt, stammte von den ‚Khoikhoi‘ ab und wurde 1643 geboren. Sie wurde als Kind von ihrem Stamm getrennt und war später als Übersetzerin tätig. Eva wird in diesem Roman sehr ambivalent gezeichnet, sie ist zerrissen zwischen den Kulturen. Auch wenn sie christlich getauft ist, kann und will sie ihre Wurzeln nicht vergessen. Außerdem gibt sie der jungen Catharina immer wieder Halt und Rückhalt, welchen sie dann im Laufe der Geschichte auch selbst braucht, da sie zum Spielball in der von Männern dominierten Welt wird und daran fast zerbricht. Zusammen mit Catharina ist Eva eine Figur, welche mir lange in Erinnerung bleiben wird.
Neben diesen beiden sehr starken Frauen, spielen noch eine große Vielzahl an weiteren Figuren mit. Um nicht zu viel von der Handlung vorwegzunehmen, möchte ich nicht allzu detailliert auf diese eingehen. Die Figuren erfahren mitunter harte Schicksalsschläge, Leid und Tod, erleben aber auch Glück, Liebe und Zusammenhalt. Viele der Figuren in diesem Roman haben einmal gelebt. Ob sie ihre Leben genau so gelebt haben, wie es im Roman beschrieben wird, kann nicht mehr ermittelt haben – es könnte aber so gewesen sein. Inès Keerl hat in ihrem Roman viele der historischen Figuren wieder zum Leben erweckt, verwebt deren Lebensgeschichten gekonnt mit den Schicksalen ihrer fiktiven Figuren und zeichnet mit ihnen ein gutes und glaubwürdiges Bild der unterschiedlichen Gesellschaften des 17. Jahrhunderts, welche durch die Kolonialisierung aufeinander trafen.

„»Ihr wisst, dass es stimmt. Ihr gebt uns Perlen aus Holz oder Glas für das, was unser Reichtum ist. Knechtet uns mit Tabak und Alkohol. Vertreibt uns von unserem Land.«“

[Seite 247]

Den geschichtlichen Hintergrund bildet das 17. Jahrhundert:
Die Niederlande hatten sich im Achtzigjährigen Krieg  (1568–1648) die vollständige Unabhängigkeit von den spanischen Habsburgern erkämpft. Damit wurden die Niederländische Westindien-Kompanie (WIC) und die Veinigte Niederländische Ostindien-Kompanie (VOC) von Spanien anerkannt und diesen erlaubt, in der Karibik und Südostasien Freihandel zu treiben.
Das heute als Kapstadt bekannte Gebiet, war ursprünglich von den San und Khoikhoi besiedelt. Im Jahre 1652 ging der Niederländer Jan van Riebeeck in der Tafelbucht an Land und gründete dort eine Versorgungsstation für die Handelsschiffe der VOC auf dem Seeweg nach Indien. Dieser Ort wurde gewählt, weil sich die geschützte Bucht als natürlicher Hafen anbot. Die Niederländer vertrieben die Ureinwohner, die bisher das Gebiet besiedelt hatten. Da sich die Ureinwohner weigerten, mit den Eroberern Handel zu treiben und für sie zu arbeiten, importierte die VOC Menschen aus ihren Handelsgebieten in Indien, Malaysia, Madagaskar, und Indonesien, um sie als Sklaven zu halten. Da nicht nur ein Mangel an Arbeitskräften, sondern auch an Frauen in der noch jungen Kolonie herrschte, wurden die Sklavinnen in doppelter Hinsicht ausgebeutet: für Arbeit und sexuelle Beziehungen.

Auf diesem Bild sehr ihr einen Nachbau der „Amsterdam“, die heute als Teil des Amsterdamer Schifffahrtsmuseums besichtigt werden kann.
Die Amsterdam war ein Handelsschiff des 18. Jahrhunderts unter der Flagge der VOC und begann seine Jungfernfahrt am 8. Januar 1749 von Texel nach Batavia, geriet jedoch am 26. Januar 1749 in einen Sturm in der Nordsee und lief an der englischen Küste auf Grund. 
Als ich 2005 dieses Schiff besichtigt habe, weckte dies mein Interesse für die Geschichte der niederländischen Kolonialisierung.


Das 17. Jahrhundert war eine von Männern dominierte und geprägte Zeit, in der Frauen nicht viel mitzureden hatten. Frauen war es unmöglich, alleine zu reisen/ auszuwandern und damit blieb oft nur der Ausweg, sich als Mann verkleidet auf den Weg zu machen.
Inès Keerl hat in ihrem Roman diese vielfältigen historischen und gesellschaftlichen Hintergründe sehr anschaulich und nachvollziehbar dargestellt. Die mitunter brutalen und grausamen Szenen sorgen für eine hohe Glaubwürdigkeit und Authentizität der Geschichte.
Mit viel Wissen und Begeisterung entführt Inès Keerl die Leser an die Orte des Geschehens. Ich habe eine Menge zu der Geschichte von Kapstadt, der Kolonialisierung und der Vereinigten Ostindien-Kompanie (VOG) dazugelernt.

Am Ende dieser Rezension möchte ich mich bei Inès Keerl ganz herzlich für dieses wunderbare und lehrreiche Lesevergnügen bedanken und bin schon sehr gespannt, wie die Geschichte von Catharina Ustings fortgeführt wird. Denn das Ende des Buches ist noch nicht das Ende der Geschichte.

„Mehr und mehr verliebte sie sich in diesen Flecken Erde. Nicht in die Station mit ihren Schiffen und dem Trubel, sondern in dieses Stück Land zwischen Himmel und Erde.“

[Seite 185]

Fazit: Ab der ersten Seite hat mich die aufregende und spannende Geschichte der Catharina Ustings mitgenommen und ich schloss sie einfach direkt in mein Herz.
Auch die anderen vielfältigen Charaktere konnten mich überzeugen – wie auch der spannende und bildhafte Sprachstil der Autorin. Oft wollte und konnte ich das Buch nicht mehr aus den Händen legen und wenn ich es dann musste, überlegte ich mir, wie die Geschichte weitergehen könnte.
Dieses Buch ist ein absoluter Lesegenuss und ich empfehle euch dieses Roman-Highlight sehr.

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Bittermandeln aus Byzanz“

von Dorothe Zürcher

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: September 2023
Verlag: Acabus
Ausgaben: Taschenbuch
ISBN: 978-3862828616
Seitenanzahl: 296 Seiten
Preis: 16€

Homepage:
http://www.dorothe-zürcher.ch

Klappentext:
„Lorbeerduft und Rosenwein – Ein Kreuzritter Barbarossas wird verzaubert von der Kochkunst einer Delikatess-Köchin. Eine Leidenschaft, die viele in Gefahr bringt.
Byzanz im Jahre 1189: Das Kreuzritterheer Barbarossas plündert und brandschatzt auf seinem Weg nach Jerusalem. Bei der Besetzung von Adrianopol wird Alkmene, eine Köchin aus der Palastküche, Ritter Diethelm als Zeltmagd zugeteilt. Dieser hat schon längst den Glauben an den Kreuzzug verloren und will sich nicht um sie kümmern. Doch sie ringt ihm ein Versprechen ab: Sie wird ihm eine so köstliche Mahlzeit vorsetzen, dass Diethelm Alkmene dem Herzog empfehlen würde.
Er schlägt ein, ohne zu wissen, dass Liebe durch den Magen geht. Diethelm interessiert sich jeglicher Sitten zum Trotz für Pares, Alkmenes heimliche Liebe. So werden alle drei zum Spielball mächtiger Intriganten.“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Acabus Verlag/ Dorothe Zürcher

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Das Buch Bittermandeln aus Byzanz von Dorothe Zürcher ist ein historischer Roman, welcher im 12. Jahrhundert während des Dritten Kreuzzuges vorwiegend in der Stadt Adrianopel (heute Edirne) spielt.

„Mit einem Spritzer Zitronensaft, Pfeffer und Kardamom aus ihrem Beutel schmeckte sie das Moretum ab. Sie kostete, der Knoblauch harmonierte mit dem Öl und der Säure. Fehlte noch etwas Salz. Und da spürte sie es, dieses innere Lächeln, ihren ruhigen Atem. Waren es die geübten Handgriffe, der Knoblauchduft? Auch wenn es im Zelt dämmerig und rauchig war. Die Feuerstelle war ihr Platz, ihr Reich. Kein Franke konnte ihr hier zu nahe treten.“

[Seite 70]

Adrianopel im Jahr 1189: Die junge Alkmene arbeitet als Delikatess-Köchin in der Palastküche. Ihr Leben ist von ihrer Arbeit bestimmt, welche sie mit einer großen Leidenschaft ausübt. An ihrer Seite ist ihr Freund und ihre heimliche Liebe Pares und ihre Freundin Merapi, eine Hofdame am Palast.
Als das Kreuzritterherr von Kaiser Barbarossa in die Stadt einfällt und diese belagert, verändert sich das Leben von Alkmene komplett: Sie wird Ritter Diethelm als Zeltmagd zugeteilt und muss unter schwierigsten Bedingungen für ihren Feind kochen. Doch es fällt ihr zunehmend schwerer, in dem introvertierten Diethelm das Böse zu sehen. Und auch in Diethelm wächst, allen Sitten zum Trotz, eine Sehnsucht für Pares – aber auch gleichzeitig für Alkmene.
Als Alkmene wieder im Palast für die angehende Schwiegertochter Barbarossas kochen darf, wird der Kaiser selbst auf ihre Kochkünste aufmerksam.
Plötzlich finden sich Alkmene, Diethelm und Pares in einer mächtigen Intrige wieder, welche nicht nur ihre eigenen Leben in große Gefahr bringt.

Im Juni 2021 habe ich mit Begeisterung das Buch „Im Schatten der Krone – Die Grafen von Lenzburg“ von Dorothe Zürcher gelesen, welches ich von der Autorin als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen habe.
Mitte September 2023 fragte die Autorin an, ob ich auch ihren neuen Roman „Bittermandeln aus Byzanz“ lesen und rezensieren wollte. Nach Lesens des Klappentext sagte ich der Autorin zu, auch wenn ich eher selten historische Romane lese, in denen es um die Kreuzzüge geht. Diese Zeit ist mit mitunter etwas zu düster und brutal. Da dieser Klappentext aber doch interessant klang und auch das Thema Kochen im Vordergrund steht, wollte ich dieses Buch gerne lesen. Ansonsten wäre mir ein sehr genussvoller und eher ungewöhnlicher historischer Roman entgangen.
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Dorothe Zürcher für die Zusendung und Bereitstellung des Buches als Rezensionsexemplar bedanken – und auch für die schöne Signierung.

Die Ausgabeart des Buches ist eine einfache Broschur, ohne Klappen und mit insgesamt 296 Seiten.
Das wunderschöne passende und stimmige Cover sprach mich direkt an und machte mir direkt Lust auf diese Geschichte: Es zeigt eine goldfarbenes Kochgeschirr, welches sich in der Mitte des Bildes befindet. Rechts neben dem dem Kochgeschirr befinden sich drei Mandelblüten, dahinter ein orientalisches Muster. Der Hintergrund ist dunkelblauer Farbverlauf, dadurch heben sich die Gegenstände auf dem Cover, der Name der Autorin und der Buchtitel gut ab. Auch den Buchrücken sowie die Buchrückseite werden von den Mandelblüten geschmückt.
Das Buchinnere ist wunderschön gestaltet: Auf der zweiten Seite wird das Motiv des Covers zeichnerisch dargestellt, auf der nächsten Seite findet sich eine Karte mit den Stationen des Dritten Kreuzzuges und damit auch die wichtigsten Handlungsorten des Romans. Die einzelnen Kapitel sind wunderschön gestaltet und beginnen mit liebevoll ausgewählten Rezepten, welche auch in der Handlung vorkommen und mit gezeichneten Mandelblüten graphisch eröffnet werden.
Das erste von insgesamt 25 Kapiteln setzt im November 1189 in der Nähe der Stadt Philippopel (heute Plowdiw) ein, das letzte Kapitel spielt im Frühjahr 1190 in Adrianopel. Somit umfasst die gesamte Handlung des Buches etwa ein halbes Jahr. Ein kurzes Nachwort (mit einem Ausblick auf den zweiten Band), der Dank der Autorin, ein Personenverzeichnis, eine Liste mit Worterklärungen, sowie eine kurze Biographie der Autorin und weiteren Buchtipps runden das Buch harmonisch ab.
Wie schon in „Im Schatten der Krone – Die Grafen von Lenzburg“ schafft Dorothe Zürcher auch in diesem Buch eine sehr dichte und realistische Atmosphäre. Ab den ersten Seiten konnte mich Dorothe Zürcher wieder mit ihrer lebendigen Sprache, den interessanten Charakteren und den geschichtlichen Hintergründen begeistern und ich verlor mich ganz in der Handlung und flog nur so durch die spannende Geschichte. Zwar hatte ich ganz zu Beginn der Geschichte etwas Probleme mit den vielen und doch etwas ‚fremden‘ Namen – das hat sich nach den ersten Kapiteln jedoch schnell gelegt.
Dorothe Zürcher die historischen Hintergründe akribisch recherchiert und entführt den Leser mit viel Wissen an die Orte des Geschehens. Vor allem die sinnlichen Beschreibungen der Speisen und deren Zubereitung nehmen viel Raum in diesem Roman ein und machen den ganz besonderen Reiz dieses Romans aus – es wird jedoch niemals langatmig oder gar langweilig. Ich habe viel über die (damalige) südeuropäische Kochkunst gelernt.

„Schon der Geruch ließ Alkmene innehalten. Das leichte Stechen des Pfeffers, gemischt mit dem lieblichen Streicheln der Nelken, dazwischen hing der Anisduft.“

[Seite 146]

Ein Blick in das Personenregister, welches sich am Ende des Buches befindet, zeigt, dass viele der Figuren in diesem Roman historisch belegt, einige hingegen fiktiv sind.
Die fiktiven Figuren fügen sich gut in die historischen Hintergründe ein und Dorothe Zürcher verwebt deren Schicksale und Lebensgeschichten gekonnt mit den Leben der historischen Figuren.
Die Köchin Alkmene ist fiktiv – wie auch und ihre Freunde und Freundinnen, sowie auch viele weitere Personen in ihrem direkten Umfeld. Alkmene steht im Mittelpunkt der Geschichte und ist ein sehr vielschichtig angelegter und facettenreicher Charakter. Sie lebt für ihre Arbeit und hat sich im Laufe ihres Lebens ein immenses Wissen über das Kochen angeeignet. Auch wenn sie es nicht immer leicht hat und des Öfteren hinfällt, verliert sie ihre Ziele und auch die anderen Menschen in ihrer Umgebung nicht aus den Augen. Beruflich hat sie ihre Erfüllung gefunden, in ihrem Privatleben scheint sie aber noch nicht recht angekommen zu sein. Alkmene ist eine Figur, welche ich ab der ersten Seite in mein Herz geschlossen habe und ich bin sehr gespannt, wie es mit ihr und ihrer Geschichte weitergehen wird.
Alkmenes bester Freund (und heimliche Liebe) Pares und ihre Freundin Merapi sind ebenfalls fiktiv jedoch sind auch diese Charaktere sehr lebensecht gezeichnet und etwas abseits des ‚Gewohnten‘.
Ritter Diethelm von Toggenburg ist eine historische Figur und wird sehr ambivalent dargestellt. Einerseits ist er in Eroberungen und Schlachten der erbarmungslose Ritter, auf der anderen Seite ist er mit seinem Leben alles andere als glücklich und sehnt sich nach Liebe und Geborgenheit, welche er in seinem Elternhaus nie erfahren hat.
Es war sehr spannend, mitunter auch erheiternd, wie die verschiedenen Kulturen der Figuren aufeinander treffen und jeder sich so seine Gedanken über den jeweils anderen macht.
Um die Spannung nicht vorwegzunehmen, möchte ich nicht allzu detailliert auf die verschiedenen Charaktere eingehen, ich bin mir aber sicher, dass auch ihr diese vielschichtigen Figuren mögen werdet. Auch die Tragik, Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren war stets fassbar und zogen mich schnell in die emotionale Geschichte hinein.
Man trifft in diesem Roman auf die großen der Weltgeschichte, aber eben auch auf die ’normalen‘ Menschen, wie sie vor über 830 Jahren gelebt, gearbeitet, gedacht und geliebt haben. Dorothe Zürcher zeichnet mit ihren fiktiven und historischen Figuren ein sehr authentisches Bild der damaligen Zeit und Gesellschaft und bringt auch einen sehr interessanten und unkonventionellen Aspekt in ihre Geschichte ein, welchen man so in historischen Romanen eher selten findet.

„Und da war es, das Rauschen in den Ohren, alle Anspannung in den Armen war weg. Der Schild wurde ein Teil von ihm, die Sicht klar. Zusammen wurden sie zu einem, dem Tier. Er wollte schlagen, stoßen, das Schwert in einen Körper rammen. Wenn die feigen Byzantiner das Tor nicht öffneten, mussten sie dafür büßen, für all den Hunger, das Leid, den Tod seines Bruders, für alles, was ihm angetan worden war.“

[Seite 45]

Den geschichtlichen Hintergrund bildet das Jahr 1189 und damit die Zeit des Dritten Kreuzzuges. Zu diesem Kreuzzug hatte der der Papst in einer Bulle die Königreiche des Abendlandes aufgerufen, nachdem Sultan Saladin das Heer des Königreichs Jerusalem besiegt und die Stadt Jerusalem erobert hatte und die Kreuzfahrerstaaten nach dem Zweiten (gescheiterten) Kreuzzug immer mehr in Bedrängnis gerieten.
Im Zusammenhang mit dem Dritten Kreuzzug tauchte erstmals die Bezeichnung ‚cruce signatus‘ (mit dem Kreuz gekennzeichnet) auf, woraus sich dann die Begriffe ‚Kreuzzug‘ und ‚Kreuzfahrer‘ entwickelten. Davor wurden die Kreuzfahrer als „Pilger“, „Reisende“ oder „Soldaten Christi“ bezeichnet.
Mit dem ersten Kreuzzug wurde Jerusalem im Jahr 1099 von den Christen erobert. Da Jerusalem in dieser Zeit immer wieder von Muslimen zurückerobert wurde, kam es zwischen 1095 und 1270 zu insgesamt sieben Kreuzzügen, welche zwar hohe Kosten verursachten, jedoch nur von geringen Erfolg gekrönt waren. Das langfristige Ziel der Christen – die dauerhafte Vorherrschaft in und um Jerusalem – wurde schlussendlich aber verfehlt.
Über die Opferzahlen ist sich die Geschichtsschreibung uneinig, einige Schätzungen gehen von 1 – 3 Millionen Todesopfern aus.
Neben diesem geschichtlichen Hintergrund lässt Dorothe Zürcher auch die gesellschaftlichen Hintergründe mit in ihren Roman einfließen. Wie bereits erwähnt, findet in „Bittermandeln aus Byzanz“ ein Aspekt den Weg in die Geschichte, welchen man so (leider) in viel zu wenigen historischen Romanen findet. Dorothe Zürcher vermittelt große Weltgeschichte sehr spannend, greif- und fühlbar.

Am Ende dieser Rezension möchte ich mich bei Dorothe Zürcher für dieses ganz besondere Leseerlebnis bedanken. Ich bin schon sehr gespannt, wie die Geschichte weitergehen wird.

Fazit: Ich flog nur so durch diese mitreißende Geschichte und wollte das Buch gar nicht mehr aus den Händen legen. Mit vielen facettenreiche Figuren, welche abseits des ‚Gewohnten‘ leben und agieren, führt uns Dorothe Zürcher durch eine spannende und unvergessliche Geschichte.
Ein sehr genussvoller, rasanter und ungewöhnlicher historischer Roman, welchen ich euch sehr sehr empfehlen möchte.

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.