„Tod in Blau – Ein Fall für Leo Wechsler“

von Susanne Goga

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsjahr: 2007
Verlag: dtv Taschenbuch
ISBN: 978-3423214872
Seitenanzahl: 304 Seiten

https://www.dtv.de/buch/tod-in-blau-21487

Klappentext:
1922. Arnold Wegner malt seine Zeit in starken Kontrasten – Armut und Luxus, Krieg und Vergnügungssucht, Krankheit und Irrsinn. Seine radikalen Bilder, in denen er sich provokant mit der Gesellschaft und der jüngsten Vergangenheit, dem Ersten Weltkrieg, auseinandersetzt, erregen Bewunderung und Abscheu, lassen aber niemanden kalt. Als der Maler tot in seinem Atelier gefunden wird, führt eine erste Spur Kommissar Leo Wechsler zur rechtsextremen Asgard-Gesellschaft, in der viele ehemalige Offiziere verkehren.
Gibt es möglicherweise auch eine Verbindung zu dem Toten im Landwehrkanal, bei dem ein Schriftwechsel mit der Asgard-Gesellschaft gefunden wurde? Die Ermittlungen kommen nicht recht voran, bis Leo Wechsler einen Hinweis von der avantgardistischen Tänzerin Thea Pabst erhält. Und es stellt sich heraus, dass es einen Zeugen gibt – der jedoch entzieht sich allen Befragungen durch die Polizei.“


Hinweise:
-Das Buch habe ich freundlicherweise über den dtv-Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar in Form eines eBooks zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!-Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Tod in Blau“ ist der zweite Fall für Kommissar Leo Wechsler, welcher im Berlin der 1920er Jahre ermittelt.

November 1922: Der Berliner Maler Arnold Wegner wird in seinem Atelier niedergeschlagen und verbrannt. In seinen Bildern setzte er sich provozierend mit der Gesellschaft und der jüngsten Geschichte auseinander. Zudem stellte er die Wesenszüge seiner Porträtierten meist unvorteilhaft und in großen Gegensätzen dar und sorgte so für den ein oder anderen gesellschaftlichen Skandal.
Leo Wechsler und sein Ermittlerteam stehen vor vielen Rätseln und die Ermittlungen geraten immer wieder ins Stocken. Hat Wegners Frau sich aus einer lieb- trostlosen Ehe befreit? Und was ist mit der aufstrebenden Tänzerin Thea Pabst, welche die Geliebte des Malers war und noch kurz vor seinem Tod gemalt wurde? Paul findet in dem 12jährigen Paul einen wichtigen Zeugen und wird zudem auf die rechtsextreme Asgard-Gesellschaft aufmerksam.
Eine Intrige gefährdet nicht nur Leos berufliche Karriere, sondern auch sein von Spannungen geprägtes Privatleben.

Als ich im Februar den achten Teil um den Kommissar Leo Wechsler „Schatten in der Friedrichstadt“ zugesendet bekommen und diesen mit großem Vergnügen gelesen habe, wollte ich unbedingt auch die vorherigen Teile lesen, um mehr über die Vorgeschichte der Protagonisten (allen voran natürlich Leo Wechsler) zu erfahren. Ich fragte beim dtv-Verlag an und bekam die sieben Teile als Rezensionsexemplare in Form von eBooks zugesendet. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den dtv-Verlag!
Hier findet ihr meine Rezension zum ersten Teil: „Leo Berlin – Ein Fall für Leo Wechsler“ und zum achten Teil: „Schatten in der Friedrichstadt – Ein Fall für Leo Wechsler“

Die Hauptfigur dieser Krimireihe ist der Kommissar Leo Wechsler: Ein sympathischer und vor allem empathischer Mann. Er stammt aus einfachen Verhältnissen und hatte schon immer eine Abneigung gegenüber Unrecht und Intoleranz.

„Im Grunde verkörperte von Mühl genau das, was er am meisten verachtete: Standesdünkel, reaktionäres Gehabe und Intoleranz […]“

Kapitel 12

Leo Wechsler ist eine unglaublich authentisch und facettenreich gezeichnete Figur. Er steht zu seinen Prinzipien und ist absoluter ‚Teamplayer‘. In seiner Arbeit routiniert und abgeklärt, privat ist er mitunter sehr verletzlich aber gleichzeitig auch so liebevoll im Umgang mit seinen Kindern. Mitunter wirkt er auf mich auch sehr geheimnisvoll, da vieles aus seiner Vergangenheit erst nach und nach erzählt wird. Ich bin ja so gespannt, wie sich seine Geschichte und auch seine Liebe zu Clara in den nächsten Teilen entwickeln.

„Auch Kinder hatten ein Recht auf eine Entschuldigung, das war immer sein Prinzip gewesen und er konnte Ungerechtigkeit in der Familie ebenso wenig ertragen wie bei der Arbeit.“

Kapitel 19

Clara ist die Frau, welche Leo Wechslers Herz erobert hat. Sie betreibt eine Leihbücherei und legt größten Wert auf ihre Unabhängigkeit. Ich mochte Claras ruhige, besonne aber auch geheimnisvolle Art sehr gerne und auch, dass sich die Liebe zwischen ihr und Leo leise und langsam entwickelt.
Neben Clara ist Leos ältere Schwester Ilse sein Fels in der Brandung. Auch wenn es immer mal wieder ordentlich kracht, können sich die Beiden aufeinander verlassen. Ilse ist, wie ihr Bruder, ein sehr interessanter und vielschichtiger Charakter, ihre Geschichte werde ich mit großem Interesse weiterverfolgen.
Georg und Marie, Leos Kinder, bringen auch in die Geschichte eine wunderbare Wärme. Die Beiden muss man einfach gerne haben.
Das Team der Mordkommission agiert gut zusammen und setzt alles daran, den Mordfall rasch und gründlich zu lösen. Sie arbeiten Hand in Hand, jeder kann sich auf den anderen verlassen. In Robert Walther hat Leo Wechsler einen Kollegen an der Seite, der ihm auch gleichzeitig ein guter Freund ist und ihn gerne mal bremst, wenn mit Leo die Emotionen etwas zu sehr durchgehen.
Auch bei diesen Ermittlungen läuft nicht alles glatt und Leo steht einer Intrige gegenüber, welche nicht nur seine Karriere gefährdet.
Neben diesem „harten Kern“ der Geschichte, gibt es auch in diesem Teil Figuren, die diesem Fall ihr Gesicht geben.
Allen voran der Maler Arnold Wegner, der durch seine Bilder die Gesellschaft anprangert und kurz darauf ermordet wird.
Mit dem jungen Paul hat die Autorin eine sehr liebenswürdige Figur geschaffen – ich werde ihn so schnell nicht mehr vergessen. Er ist etwas zurückgeblieben und wächst in ärmlichen Verhältnissen und einer lieblosen und von Gewalt geprägten Familie auf. Wie gerne hätte ich ihn in die Arme genommen und fest gedrückt.
Die Tänzerin Thea Pabst ist ein charmanter, etwas undurchsichtiger und anfangs etwas naiv wirkender Charakter. Im Laufe der Geschichte macht sie aber eine spannende Wandlung durch.
All ihre Figuren beschreibt Susanne Goga wunderbar und lebensecht und zeigt mit ihnen einen authentischen Querschnitt der Gesellschaft der 1920er Jahren, welche noch immer unter den Kriegserlebnissen leidet und sozial und politisch tief zerrissen ist.

Wie im ersten Teil der Reihe nahm mich Susanne Gogas rasanter, flüssiger und bildhafter Sprachstil von der ersten Seite an direkt mit in die Geschichte. Nur ungern legte ich das Buch aus den Händen – vor allem zum Schluss hin.
Die Handlung des Buches ist chronologisch aufgebaut und zeigt den spannenden Fortgang der Ermittlungen. Es spielt wenige Monate nach den Ereignissen des ersten Bandes und schließt sich damit nahtlos an diesen an.

Den geschichtlichen Hintergrund des Buches bildet das Berlin im Jahr 1922. Vier Jahre sind seit dem Ende des Ersten Weltkrieges vergangen, doch die gesellschaftlichen und sozialen Wunden, die der Krieg geschlagen hat, sind noch längst nicht verheilt. Die Gesellschaft ist politisch und sozial gespalten, die Weimarer Republik steht auf wackligen Füßen.
Während der eine Teil der Bevölkerung im Luxus lebt, herrschen auf der anderen Seite Not, Krankheit, Armut und Gewalt.
Mit viel Wissen und akribischer Recherche lässt Susanne Goga diese Zeiten wieder vor dem Auge der Leser/ der Leserinnen aufleben und bettet ihre größtenteils fiktiven Charaktere gekonnt in diese geschichtlichen Hintergründe ein.

Fazit: Eine spannende Kriminalgeschichte, welche vor einem farbenprächtigen und geschichtlichen Hintergrund spielt und eine Buchreihe, welche mit ihren facettenreichen und vielschichtigen Charakteren süchtig macht. Top!

*Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Leo Berlin – Ein Fall für Leo Wechsler“

von Susanne Goga

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Bibliografische Angaben:
Ersterscheinungsjahr: 2005
Verlag: dtv Taschenbuch
ISBN: 9783423213905
Seitenanzahl: 288 Seiten

https://www.dtv.de/buch/leo-berlin-21390

Klappentext:
Ein atmosphärischer Krimi aus dem Berlin der zwanziger Jahre.
Berlin 1922. Deutschland ist politisch zerrissen, die Menschen finden nach dem verlorenen Krieg keine Ruhe. Kriminalkommissar Leo Wechsler bekommt es mit einem mysteriösen Mord zu tun: Ein Wunderheiler, der in besseren Kreisen verkehrte, wurde mit einer Jade-Figur erschlagen. Keine Zeugen, keine Spuren …“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise über den dtv-Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar in Form eines eBooks zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Die Taschenbuchausgabe habe ich selbst gekauft.

– Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Leo Berlin “ von Susanne Goga ist der Auftakt einer Krimiserie um den Kommissar Leo Wechsler, welcher bei der Berliner Mordkommission in den 1920er Jahren in mysteriösen Mordfällen ermittelt.

1922 in Berlin: Vier Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges steht die Weimarer Republik auf wackligen Beinen: Die Menschen finden keine Ruhe – politisch und sozial ist Deutschland zerrissen und die Inflation steuert unaufhaltsam ihrem Höhepunkt entgegen.
Leo Wechsler wird zu einem Mordfall gerufen, bei dem ein angesehener Wunderheiler erschlagen wurde. Als wenig später eine verarmte Prostituierte ermordet aufgefunden wird, vermutet Leo Wechsler einen Zusammenhang. Doch ohne verwertbare Spuren und keinerlei Zeugen kämpft er auf verlorenen Posten.
Auch privat hat Leo Wechsler zu kämpfen: Nach dem plötzlichen Tod seiner Frau, kümmert sich seine Schwester Ilse um seinen Haushalt und seine Kinder. Doch zwischen seiner Schwester und ihm kommt es vermehrt zu Misstönen und Unstimmigkeiten.

Als ich im Februar den achten Teil um den Kommissar Leo Wechsler „Schatten in der Friedrichstadt“ zugesendet bekommen und diesen mit großem Vergnügen gelesen habe, wollte ich unbedingt auch die vorherigen Teile lesen, um mehr über die Vorgeschichte der Protagonisten (allen voran natürlich Leo Wechsler) zu erfahren. Ich fragte beim dtv-Verlag an und bekam die sieben Teile als Rezensionsexemplare in Form von eBooks zugesendet. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den dtv-Verlag!

Die Hauptfigur der Krimireihe ist Leo Wechsler: 34 Jahre alt, zweifacher Vater und verwitwet. Noch immer schmerzt ihn der plötzliche Verlust seiner geliebten Frau Dorothea, welche im Jahr 1919 an der Spanischen Grippe verstarb. Seit diesem Schicksalsschlag kümmert sich Leos Schwester Inge um seinen achtjährigen Sohn Georg und seine vierjährige Tochter Marie und besorgt darüber hinaus seinen Haushalt. Als leidenschaftlicher Kommissar der Mordkommission ist er routiniert und sicher, doch immer wieder kommt er in Zwiespalt zwischen seinen Kindern und seinem Beruf.

Der Mann war hin- und hergerissen zwischen seinen Kindern und einer Arbeit, die ungewöhnlichen Einsatz und Dienststunden weit über das übliche Maß forderte.“

[S. 55, Zeilen 19 – 22]

Leo Wechsler ist eine unglaublich authentisch und facettenreich gezeichnete Figur. Einerseits ist in seiner Arbeit routiniert und abgeklärt, privat ist er mitunter sehr verletzlich aber gleichzeitig auch so liebevoll im Umgang mit seinen Kindern. Mitunter wirkt er auf mich auch sehr geheimnisvoll, da vieles aus seiner Vergangenheit erst nach und nach erzählt wird. Ich bin ja so gespannt, wie sich seine Geschichte in den nächsten Teilen entwickelt.
Seine Schwester Inge ist etwas schwer zu durchschauen und in den Gesprächen und im Umgang mit ihrem Bruder Leo entwickelt sich oft eine ganz eigene Dynamik, welche mir sehr gut gefallen hat. Auch ihre weitere Geschichte werde ich mit viel Interesse weiterverfolgen.
Leos Kinder Georg und Marie bringen in die Geschichte sehr viel Wärme. Sie sind zwar Leos ganzer Stolz, aber auch sein wunder Punkt. Man muss die Beiden einfach gerne haben.
Das Team der Mordkommission agiert gut zusammen und setzt alles daran, die Mordfälle zu lösen. Auch wenn nicht immer alles glatt läuft und es den oder anderen Ausreißer und Intriganten gibt, empfand ich die Ehrlichkeit zwischen den Kollegen sehr gelungen, sie arbeiten Hand in Hand. Dieser gemeinsame Wille, die Morde rasch und gründlich aufzuklären, hat mich sehr beeindruckt.
Neben diesem „harten Kern“ der Geschichte, gibt es auch Figuren, die diesem Fall ihr Gesicht geben. Diese Figuren, allen voran den innerlich völlig zerstörten Täter, beschreibt Susanne Goga wunderbar und lebensecht und zeigt mit ihnen einen authentischen Querschnitt der Gesellschaft der 1920er Jahren, welche noch immer unter den Kriegserlebnissen leidet und sozial und politisch tief zerrissen ist.

Susanne Gogas rasanter, flüssiger und bildhafter Sprachstil nahmen mich von der ersten Seite an direkt mit in die Geschichte. Nur ungern legte ich das Buch aus den Händen – vor allem zum Schluss hin.
Die Handlung des Buches ist chronologisch aufgebaut und zeigt die Entwicklung ab dem ersten Mordfall. Zwischendrin wird immer wieder aus der Sicht des Mörders erzählt, was zusätzlich eine immense Spannung in die Geschichte bringt.

Den geschichtlichen Hintergrund des Buches bildet das Berlin im Jahr 1922. Vier Jahre sind seit dem Ende des Ersten Weltkrieges vergangen, doch die gesellschaftlichen und sozialen Wunden, die der Krieg geschlagen hat, sind noch längst nicht verheilt.
Die Gesellschaft ist gespalten – politisch und sozial. Immer wieder kommt es zu Attentaten auf Politiker, welche die Gesellschaft zersetzen und die Menschen gegeneinander aufbringt.
Während der eine Teil der Bevölkerung im Luxus lebt, herrschen auf der anderen Seite Not, Krankheit und Armut.
Mit viel Wissen und akribischer Recherche lässt Susanne Goga diese Zeiten wieder vor dem Auge der Leser/ der Leserinnen aufleben und bettet ihre größtenteils fiktiven Charaktere gekonnt in diese Hintergründe ein.

Vielen Dank an Susanne Goga für diese spannenden Lesestunden.

Fazit: Ein bildgewaltiger und gut recherchierter Krimi, welcher mich von der ersten bis zur letzten Seite gepackt und nicht mehr losgelassen hat. Die authentischen und lebensechten Charaktere und ihre Geschichten machen Lust auf die weiteren Teile dieser Reihe. Denn eines ist klar: Diese Reihe und ihre Figuren machen süchtig!

*Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Schatten in der Friedrichstadt – Ein Fall für Leo Wechsler“

von Susanne Goga

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Erschienen am 16. Februar 2022 bei dtv
ISBN: 978-3-423-21962-4


https://www.dtv.de/buch/schatten-in-der-friedrichstadt-21962

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom dtv-Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension vom Verlag und/ oder der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Klappentext:
November 1928: Der Journalist Moritz Graf stürzt vom Dach des Ullsteinhauses an der Kochstraße. War es wirklich ein Unfall? Oder wurde er hinuntergestoßen? Graf hatte offenbar an einer explosiven Geschichte gearbeitet. Doch worum es dabei ging, weiß niemand. Kommissar Leo Wechsler trifft bei seinen Ermittlungen auf den ebenso charmanten wie skrupellosen Clemens Marold, die Graue Eminenz des einflussreichen Hugenberg-Konzerns. Der Mann scheint überall zu sein und ganz Berlin zu kennen. Und bald stellt Leo fest, dass er sich einen einflussreichen Feind gemacht hat.“

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Das Buch „Schatten in der Friedrichstadt – Ein Fall für Leo Wechsler“ von Susanne Goga ist der achte Fall für Kommissar Leo Wechsler, welcher im Berlin der 1920er in einem rätselhaften Mordfall an einem Journalisten ermittelt.

Es ist Mitte November 1928 als der angesehene Journalist Moritz Graf vom Dach des Ullsteinhauses in den Tod stürzt. Für Kommissar Leo Wechsel und seine Kollegen steht schnell fest, dass es Mord war. Das Opfer war für seine Reportagen bekannt, die oft Missstände aufdeckten, ihn mitunter aber Misstrauen und Feinde einbrachten. Dazu lebte er sehr zurückgezogen und hatte mit seinen Arbeitskollegen eher wenig zu tun.
Kommissar Leo Wechsler steht vor einer schier unlösbaren Aufgabe und mit seinen Ermittlungen scheint er sich einen einflussreichen Feind zu machen.

Die Reihe um den Kommissar Leo Wechsler ist mir immer mal wieder begegnet und sie wurde auch immer gut besprochen. Leider fehlte mir dann aber doch irgendwie die Zeit und Muse, mich damit zu beschäftigen. Am 11. Februar lag dieser achte Teil dann überraschend als Rezensionsexemplar im Briefkasten – ganz herzlichen Dank an den Verlag für die Bereitstellung und Zusendung . Zuerst war ich skeptisch, ob ich wirklich eine Reihe mit dem achten Teil beginnen möchte – doch die Autorin Susanne Goga beruhigte mich und meinte, dass sie nicht aufeinander aufbauen und deshalb diesen Teil auch ohne Vorkenntnisse lesen kann. Also wagte ich es – und wurde nicht enttäuscht.

Kommen wir aber erst mal zu den Figuren.
An erster Stelle möchte ich hier Kommissar Leo Wechsler nennen. Was für ein feinfühliger, aber trotzdem unerschrockener Polizist. Er scheut keine Konflikte, auch wenn es dann persönlich wird. Was er aber nicht ab kann ist, wenn seine Familie mit hineingezogen wird. Ich mochte ihn von Anfang an und seine offensichtlich sehr bewegte Vergangenheit, machte mich sehr neugierig auf die vorherigen Bände, die ich nun unbedingt auch lesen möchte. Auch die Geschichte seiner Frau und seiner Kinder (alle wunderbar authentisch beschrieben) machen mehr über sie zu lesen.
Um Leo Wechsler agieren seine Kollegen, die ich auch sehr gerne mochte, da sie zwar sehr unterschiedlich sind, aber einen tollen Zusammenhalt zeigen und offen und ehrlich zueinander sind. Auch hier wurde ich sehr neugierig, in den anderen Bänden noch mehr über diese Figuren und ihre Vergangenheit zu erfahren. Trotzdem hatte ich nie das Gefühl, den Figuren nicht richtig folgen zu können oder mir Informationen fehlen – oft wird ihr Verhalten oder auch ihre Geschichte kurz rückblickend erklärt. Trotzdem möchte ich mit den anderen Teilen noch mehr erfahren und noch mehr in die Tiefe gehen.
Neben diesem ‚festen Kern‘ tauchen in diesem Buch einige andere Figuren auf, welche diesem Fall ihr Gesicht geben. Diese sind größtenteils Journalisten/ Journalistinnen, welche für ihre Arbeit leben und von Susanne Goga äußerst lebensecht und authentisch beschrieben wurden. Sie zeigt anhand dieser Geschichte, wie die Presselandschaft damals in der Weimarer Republik organisiert war und auch, welche Macht die (gedruckten) Medien damals hatten. Auch der Arbeitsalltag der Journalisten in den großen Verlagshäusern (hier das Ullsteinhaus) wird eindrucksvoll dargestellt – das war kein Job für schwache Nerven.
Aber auch andere Figuren spielen in diesem Roman eine Rolle und Susanne Goga versteht es ganz wunderbar, Figuren und ihrer Geschichte eine Wendung zu geben, welche ich nicht vorausgeahnt habe und mich immer wieder überrascht hat.

Susanne Goga hat einen wunderbar flüssigen, packenden und rasanten Sprachstil, der mich gleich mit in die Geschichte und die Handlung nahm. Ich musste einfach immer weiter lesen und konnte völlig in diesem äußerst spanneden Kriminalfall abtauchen.
Die Handlung ist chronologisch aufgebaut und zeigt den Todesfall, die Ermittlungen und die Lösung des Falls. Während der Ermittlungen erfährt der Leser/ die Leserin dann rückblickend mehr über das Opfer.
Trotz der fehlenden sieben Teile konnte ich der Handlung immer gut folgen und hatte nicht das Gefühl, dass mir elementare Teile fehlen.

Den geschichtlichen Hintergrund bildet das Jahr 1928 in Berlin.
In Berlin gab es zu dieser große Armut und eine hohe Arbeitslosigkeit in der Bevölkerung, viele Menschen hatten kein Dach mehr über dem Kopf und mussten täglich in Fürsorgestellen ihr Glück versuchen, eine Nacht im Trockenen zu verbringen und ein Essen zu bekommen.
Auf der anderen Seite gab es die wohlhabenden Menschen, die im Luxus lebten und kein Auge für den ‚kleinen Mann‘ hatten.
Zeitungen waren das wichtigste Medium zu dieser Zeit und es gab einige große Medienhäuser, die in größter Konkurrenz zueinander standen.
Die NSDAP und Adolf Hitler waren noch sehr im Hintergrund, waren aber trotzdem schon sehr präsent und sorgten für ordentlich Gesprächsstoff und Diskussionen.
Susanne Goga hat ihre Charaktere in diese perfekt recherchierten Hintergründe wunderbar eingebettet und lässt fiktive und historische Personen miteinander agieren. Sie zeichnet ein unverzerrtes und ehrliches Bild dieser Zeit, die auf mich immer etwas düster wirkt. Ich habe eine Menge dazu gelernt.

Danke liebe Susanne Goga für diese genialen Lesestunden und auch ein Dankeschön an den dtv-Verlag für die Zusendung und Bereitstellung des Buches als Rezensionsexemplar.

Fazit: Das Buch „Schatten in der Friedrichstadt – Ein Fall für Leo Wechsler“ von Susanne Goga ist sehr packend, spannend und auch lehrreich.
Auch wenn ich die anderen Teile noch (!) nicht gelesen habe, konnte ich der Handlung sehr gut folgen. Ich werde auf jeden Fall noch die anderen Teile lesen. Leo Wechsler ist einfach unverwechselbar. Top!

*Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Fräulein Gold – Die Stunde der Frauen“

von Anne Stern

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Erschienen am 16. November 2021 im Rowohlt-Verlag
ISBN: 978-3-499-00652-4

https://www.rowohlt.de/buch/anne-stern-fraeulein-gold-die-stunde-der-frauen-9783499006524

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt-Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
Falls ihr den ersten drei Teile

„Fräulein Gold – Schatten und Licht“ ,
„Fräulein Gold – Scheunenkinder“ und „Fräulein Gold – Der Himmel über der Stadt“
noch nicht kennt, diese aber lesen möchtet, solltet ihr diese Rezension zum vierten Teil nicht lesen – ‚Spoilergefahr‘!

Klappentext:
Berlin, 1925: Hulda Gold ist in der Frauenklinik in Berlin-Mitte zur leitenden Hebamme aufgestiegen. Gegen die Übermacht der männlichen Ärzte kämpft sie für das Wohlergehen der Schwangeren. Nur zu dem jungen Arzt Johann Wenckow hat sie großes Vertrauen. Zwischen ihnen entsteht ein zartes Band – obwohl er aus der wohlhabenden Villengegend Frohnau stammt und seine Eltern nicht gerade begeistert sind von der Verbindung ihres vielversprechenden Sohns mit der unabhängigen, starrsinnigen Hebamme. Hulda selbst fühlt sich zwischen den Welten hin- und hergerissen. Zum einen ist da das quirlige Viertel in Schöneberg, wo sie immer noch «Fräulein Hulda» ist, zum anderen die reiche Villenkolonie an der Havel mit all ihren Erwartungen und ihrer strengen Etikette. Aber wo Glanz ist, ist auch Schatten. Und schon bald merkt Hulda, dass ein Leben wenig zählt, wenn es darum geht, die Traditionen aufrechtzuerhalten.“

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Coverrechte: Rowohlt-Verlag

Das Buch „Fräulein Gold – Die Stunde der Frauen“ ist der vierte Teil um die Hebamme Hulda Gold, welche im Berlin der 1920er Jahre gegen das Unrecht an Frauen und für ihre eigenen Träume kämpft.

Berlin im September 1925: Hulda ist die leitende Hebamme der Frauenklinik Berlin-Mitte, wo sie immer wieder gegen das männerdominierte Geburtssystem ankämpft und mit der männlichen Ärzteschaft aneinander gerät. Sie möchte, dass sich die gebärenden Frauen wohl und sicher fühlen, und nicht als Anschauungsobjekt herhalten müssen.
Auch ihr Privatleben gleicht eher einer Holperfahrt: Mit dem jungen Arzt Johann Wenckow genießt sie ein enges Vertrauen und eine zarte Liebe, doch eine Hochzeit mit ihm ist für Hulda in weiter Ferne. Zu sehr genießt sie ihre Unabhängigkeit. Außerdem scheinen Johanns Eltern nicht sehr begeistert von der Beziehung ihres vielversprechenden Sohnes und Erben zu der eigensinnigen Hebamme zu sein.
Als Hulda zu Besuch in der Villa einer befreundeten Familie der Wenckows ist, kommt sie einem Geheimnis auf die Spur, welches ihren Ermittlerinnen-Instinkt weckt, sie aber auch in Gefahr bringt.

Im Juni 2020 erschien der erste Teil der Reihe um die Hebamme Hulda Gold und ich war direkt begeistert: Huldas eigenwilliger Charakter, ihre Spürnase und ihr Dickschädel, zusammen mit jeder Menge spannender Zeitgeschichte, ist es eine ideale Kombination und macht den großen Reiz dieser Buchreihe aus.
Im Oktober 2020 erschien der zweite Teil, im April 2021 der dritte Teil, welche mich beide von der ersten bis zur letzten Seite begeistert haben. Als der vierte Teil angekündigt wurde, freute ich mich sehr und wartete seit dem sehr ungeduldig auf die Fortsetzung. Hulda ist mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen.
Ich bewarb mich beim Rowohlt-Verlag um ein Rezensionsexemplar, welches ich freundlicherweise zugesendet bekommen habe – an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Rowohlt-Verlag.

Wie schon in den vorherigen Teilen zeigt Hulda hier wieder, dass sie eine Kämpferin ist und für ihre Prinzipien einsteht. Sie sieht Ungerechtigkeiten, verschließt nie ihre Augen davor und ist stets für andere da, auch wenn sie sich dabei auch selbst in Gefahr bringt.
Doch im Gegensatz zum ersten Teil ist Hulda mittlerweile in ihren Entscheidungen gereift. Sie begibt sich nicht mehr kopflos in Gefahr, sie wägt ab und nimmt auch mal gerne Hilfe an. Außerdem sehnt sich ein Teil von ihr nach mehr, der Leser/ die Leserin bekommt einen tiefen Einblick in Huldas Innenleben.

Wie immer fühlte Hulda sich nach vollbrachter Tat gleichzeitig erfüllt und leer. Sie war glücklich, weil sie dem kleinen Leben gesund auf die Welt geholfen hatte, und sie war einsam, weil sie jetzt allein fortgehen musste. Weil es nicht ihre Arme waren, in denen der kleine Wassermann zur Ruhe kommen würde. Weil er, wie die unzähligen Kinder zuvor, nur kurz durch ihre Hände geglitten war wie Sandkörner. Keines davon blieb ihr. Keines davon erhellte ihre Nacht mit seinem Stimmchen, keines verlangte mehr nach ihr.“
[S. 233 Z. 18 – 26]

Für Hulda scheint der Graben zwischen ihrer Berufung als Hebamme und dem Wunsch, doch auch irgendwann Mutter zu werden, unüberwindbar. Noch immer sucht Hulda ihren Platz in der Gesellschaft und ist innerlich sehr zerrissen. Sie traut sich selbst das Mutter-Sein nicht zu.
Hulda ist ein so facettenreicher und authentisch gezeichneter Charakter, den ich nie wieder vergessen werde und sie wird immer einen festen Platz in meinem Herzen einnehmen. Mittlerweile fühlt es sich schon fast wie eine Freundschaft an, die Hulda und mich verbindet. Wie oft hätte ich sie einfach gerne in den Arm genommen (was sie wahrscheinlich nie zulassen würde).
Die anderen Charaktere des Buches haben mich ebenfalls sehr mit ihrer Authentizität begeistert. Teilweise kamen einige neue Figuren hinzu, teilweise war es ein Treffen wie mit ‚alten‘ Bekannten. Schön fand ich, dass nun auch der Vater von Hulda etwas in den Vordergrund rückt und ich einiges über ihn und sein Leben erfahren habe.
Bert, der Kioskbetreiber, ist für Hulda nach wie vor der Fels in der Brandung und immer für sie da. Er bringt immer wieder eine Wärme und Geborgenheit in die Geschichte und gehört schon ab dem ersten Teil zu meinen Lieblingscharakteren der Buchreihe.
Karl North, der ehemalige Liebhaber von Hulda, rückt in diesem Teil etwas in den Hintergrund, ist aber trotzdem präsent.
Anne Stern zeichnet mit ihren authentischen Figuren ein gutes Bild der gespaltenen Gesellschaft der 1920er Jahre: Auf der einen Seite die höhere Gesellschaft in ihren pompösen Villen, auf der anderen Seite die arme Bevölkerung der Arbeiter, welche in jämmerlichen Zuständen leben mussten. Dazwischen steht Hulda als Bindeglied, da sie weder der einen noch der anderen Gesellschaftsschicht angehörig ist.

Wie bei den vorherigen Bänden konnte ich ab dem ersten Kapitel wieder tief in die Geschichte abtauchen. Mit ihrer wunderbaren, detaillierten, bildgewaltigen und flüssigen Sprache, lässt Anne Stern auf keiner Seite Langeweile aufkommen und entführt den Leser mit viel Ortskenntnis in das Berlin der 1920er Jahre.
Die Handlung des Buches wurde wieder so spannend, dass ich das Buch stellenweise nur noch schwer aus den Händen legen konnte. Auch wenn das Verbrechen in diesem Teil etwas in den Hintergrund rückt und Anne Stern den Schwerpunkt auf Huldas Entwicklung und Innenleben setzt, muss man nicht auf Huldas unübertroffene Spürnase verzichten. Für mich persönlich ist dieser Teil der Reihe der bisher stärkste Teil. Hulda ist stark, aber sie zeigt auch ihre verletzliche Seite. Ihre Entwicklung und ihre Gedanken sind stets authentisch beschrieben und nahmen mich mit in die Geschichte.

Den geschichtlichen Hintergrund des Buches bildet die Weimarer Republik im Jahre 1925:
Die Hyperinflation ist vorbei, doch die junge Republik, mit ihrem instabilen politischen System, welches für Putsche anfällig war, stand auf wackeligen Füßen und immer mehr Bürger verloren die Glauben in die Republik. Das Hauptthema des Buches „Fräulein Gold – Die Stunde der Frauen“ ist, wie schwer der Stand der Frauen in der Gesellschaft der 1920er Jahre war:
Die Frauenheilkunde, sowie die Geburten waren zu dieser Zeit in der Hand der Männer. Es gab zwar noch die Hebammen, welche aber unter der Fuchtel der Ärzte standen und nur noch wenige Freiheiten hatten.
Zudem wurden mittellose Frauen unter der Geburt zu Anschauungsobjekten degradiert, was bedeutete, dass während einer Geburt mehrere Ärzte und Studenten zuschauten. Von einer entspannten und selbst bestimmten Geburt konnte keine Rede sein.
Der vorzeitige Schwangerschaftsabbruch stand damals unter Strafe, was viele Frauen zu verzweifelten Mitteln greifen lies, immer mit der Gefahr im Rücken für mehrere Jahre im Zuchthaus zu landen.
Außerdem zeigt Anne Stern, dass viele Frauen damals um ihre berufliche Zukunft kämpfen mussten. Sollten sie heiraten, durften sie nur noch mit der Erlaubnis ihres Mannes arbeiten.
Einfach unvorstellbar, aber leider nach wie vor auch noch heute in vielen Ländern nach wie vor gängige Praxis.
Die geschichtlichen Hintergründe und das Hauptthema des Buches hat Anne Stern äußerst akribisch recherchiert und bettet ihre, größtenteils fiktiven, Charaktere perfekt in diese hinein.

Fazit: „Fräulein Gold – Die Stunde der Frauen“ ist meiner Meinung nach der stärkste und emotionalste Teil der Reihe um Hulda Gold. Mit einer spannenden Handlung, einer starken, doch innerlich zerrissenen Hauptfigur und einer wunderbar kraftvollen Sprache hat mich Anne Stern wieder restlos begeistert.
UND: Wir dürfen uns auf einen fünften Teil freuen, welcher im September 2022 erscheinen soll. Ihr glaubt nicht, wie sehr ich mich freue!

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Fräulein Gold – Der Himmel über der Stadt“

von Anne Stern

Erschienen am 21. April 2021 im Rowohlt-Verlag
ISBN: 978-3499004315
https://www.rowohlt.de/buch/anne-stern-fraeulein-gold-der-himmel-ueber-der-stadt-9783499004315

Klappentext:
„Berlin, 1924. Hulda Gold arbeitet in der neuen Frauenklinik in Berlin-Mitte und versorgt dort die Frauen und ihre Neugeborenen. Die Geburtshilfe ist modern, Berlin am medizinischen Puls der Zeit. Doch es kommt zu einem tragischen Todesfall: Eine junge Schwangere stirbt bei einer Operation, die ausgerechnet der ehrgeizige Chef-Gynäkologe Egon Breitenstein durchführt.
Zufällig stößt Hulda auf Ungereimtheiten, die einen üblen Verdacht keimen lassen. Die Mauer des Schweigens, die sich in der Klinik aufbaut, ist für die Hebamme aber kaum zu durchdringen. Ein Dickicht aus Ehrgeiz und falschen Ambitionen umgibt die Ärzte, die bereit sind, ihr männliches Imperium zu verteidigen – wenn nötig, bis zum Äußersten.“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt-Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen .
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ odervom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Falls ihr den ersten beiden Teile „Fräulein Gold – Schatten und Licht“ und „Fräulein Gold – Scheunenkinder“ noch nicht kennt, aber lesen möchtet, solltet ihr diese Rezension zum dritten Teil nicht lesen – ‚Spoilergefahr‘!
– Meine Rezension zum ersten Teil findet ihr hier: https://buechertanz.de/?p=1330, zum zweiten Teil hier: https://buechertanz.de/?p=1690

Das Buch „Fräulein Gold – Der Himmel über der Stadt“ von Anne Stern ist der dritte Teil einer Reihe, in welcher die Hebamme Hulda Gold im Berlin der 1920er Jahre immer wieder auf tragische Todesfälle stößt und mit eigenen Ermittlungen beginnt.

Der Prolog des Buches setzt im Jahr 1922 an. Bei einer jungen Frau kommt es während der Geburt ihres Wunschkindes in einer Berliner Klinik zu schweren Komplikationen.
Zwei Jahre später tritt die ehemals freischaffende Hebamme Hulda Gold eine Stelle in der neuen Frauenklinik Berlin-Mitte an. Da die Hausgeburten immer mehr zurückgehen und zudem feste Arbeitszeiten winken, hat sich Hulda entschieden, ihrer Selbstständigkeit den Rücken zu kehren und diesen neuen Lebensweg einzuschlagen. Leicht fällt ihr es nicht, da sie sich nun den Ärzten der Klinik unterordnen muss und nur noch in Ausnahmefällen eine Geburt leitet.
Doch da stößt Hulda auf Ungereimtheiten und mysteriöse Todesfälle in der Klinik und beginnt eigenmächtig nachzuforschen. Sie stößt innerhalb und außerhalb der Klinik auf eine Mauer des Schweigens.
Aber auch in ihrem Privatleben muss Hulda kämpfen: In ihrer Beziehung mit dem Kommissar Karl North kriselt es zunehmend, da dieser immer öfter dem Alkohol zu spricht. Es droht zum Zerwürfnis der Beiden zu kommen, da sie Beide nicht wissen, wie sie ihre Zukunft gestalten möchten.

Vor einem Jahr habe ich den ersten Teil der Reihe um die Hebamme Hulda Gold gelesen und war direkt begeistert. Huldas eigenwilliger Charakter, ihre Spürnase und ihr Dickschädel, zusammen mit jeder Menge spannender Zeitgeschichte, machen für mich eine ideale Kombination aus.
Im Oktober 2020 erschien der zweite Teil und seit dem wartete ich ungeduldig auf den dritten Teil. Ich wollte unbedingt wissen, wie es mit Hulda und Karl weitergeht… und endlich war es soweit und ich konnte den lang ersehnten dritten Teil in den Händen halten.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Rowohlt-Verlag und die Autorin, für die Zusendung des Buches als kostenloses Rezensionsexemplar.

Hulda Gold ist ein Charakter mit vielen Gesichtern: In diesem Teil hat sie sich von ihrem Leben als freie Hebamme verabschiedet und bekommt durch ihre Arbeit in der Klinik zwar geregelte Arbeitszeiten und Sicherheit, allerdings muss sie sich unterordnen – wer Hulda kennt weiß, wie schwer ihr das fallen kann. Und wenn sie dann auch noch auf die Spur von Unrecht und tragischen Todesfällen kommt, kann sie sich Nichts und Niemand zurückhalten. Sie kämpft für ihre Prinzipien und für schwächere Personen. Dabei vergisst sie sich auch immer mal wieder selbst und bringt sich dadurch in Gefahr.
Sie hadert aber auch immer wieder mit ihrer Entscheidung, ihre Selbstständigkeit aufgegeben zu haben.

Sie stellte sich vor, wie die Geburt verlaufen wäre, wenn sie Frau Bogenmüller in deren Wohnung entbunden hätte […] Mit klammen Handtüchern, Kindergeschrei von nebenan und dem ewigen Geruch nach gekochtem Kohl und Briketts, der die Berliner Mietshäuser tränkte, ja, der die Steine der Häuser zusammenzuhalten schien wie Zement. Eine unerklärliche Sehnsucht nach dieser Welt überfiel Hulda. Diese Welt war nicht immer schön, sie zeigte ihren Bewohnern nur allzu oft ihr grausames Antlitz. Doch sie, Hulda, hatte dort etwas bewirken können. Sie war dort Fräulein Gold gewesen, die Hebamme, die jeder kannte! Hier aber, in der peinlich sauberen, modernen Klinik, war sie einfach nur ein Fräulein ohne Namen, das zufällig Schicht hatte.“
[S. 148, Z. 16-30]

Mit ihrer Sturheit, aber auch mit ihren Selbstzweifeln, ist Hulda Gold einer der faszinierendsten und authentischsten fiktiven Figuren, die ich in meiner Lese-Laufbahn kennenlernen durfte und nie vergessen werde. Wie gerne würde ich mit Hulda durch das Berlin der 1920er Jahre flanieren und mit ihr einen Kaffee trinken.

Huldas Freund, Karl North, macht in diesem Teil leider eine nicht so gute Figur: Er hadert mit sich und seiner Vergangenheit. Als Waisenkind in grausamen Verhältnissen und ohne Liebe aufgewachsen, ohne Wurzeln, weiß er nicht, wo sein Platz im Leben ist. Auch wenn er als Kommissar bei der Kriminalpolizei angesehen wird, so richtig geht er nicht in seiner Arbeit auf. Er flüchtet sich immer mehr in den Alkohol und streitet sich mit Hulda über ihre gemeinsame Zukunft. Er ist ein trauriger und verunsicherter Charakter, den man ab und zu einfach nur in den Arm nehmen und kräftig drücken möchte.
Um Hulda und Karl finden sich noch eine Vielzahl an verschiedensten Figuren. Sie alle haben mich durch ihre Vielschichtigkeit und ihre Eigenheiten begeistert. Hier möchte ich an erster Stelle Huldas Vermieterin Frau Wunderlich und den Kioskbesitzer Bert nennen. Seit dem ersten Teil habe ich diese warmherzigen Charaktere ins Herz geschlossen, die für Hulda oft der Fels in der Brandung sind und immer ein offenes Ohr für sie haben. In jedem Teil erfährt man Neues über diese beiden starken Charaktere.
In der Klinik trifft Hulda auf Personen, die sie, aber auch der Leser/ die Leserin erst noch kennenlernen müssen. Sie alle geben ein gutes Bild der Gesellschaft der 1920er Jahre ab. Ich möchte nicht näher auf die einzelnen Charaktere eingehen, da ich sonst einiges der Spannung vorwegnehmen würde.
Huldas Freundin, die Apothekerin Frau Martin, brachte noch einmal Wärme und Authentizität in die Geschichte. Sie ist die Person, um die sich Hulda sorgt und für die sie da ist. Aber auch andersrum kann sich Hulda immer auf ihre Freundin verlassen und hat mir ihr eine Ansprechpartnerin auf Augenhöhe.

Wie bei den vorherigen Bänden konnte ich ab dem ersten Kapitel wieder tief in die Geschichte abtauchen. Mit ihrer wunderbaren, detaillierten, bildgewaltigen und flüssigen Sprache, lässt Anne Stern auf keiner Seite Langeweile aufkommen und entführt den Leser mit viel Ortskenntnis in das Berlin der 1920er Jahre.

Die Handlung des Buches konnte mich auch wieder ab der ersten Seite begeistern, machte mich teilweise aber auch wieder fassungslos, wie die Lebensverhältnisse waren, wie mit Frauen umgegangen und wie schwer es ihnen die Gesellschaft damals machte. Diesmal lag der Schwerpunkt des Buches nicht komplett auf der Aufklärung eines Verbrechens, die Entwicklung der Charaktere wurde mehr in den Mittelpunkt der Geschichte gestellt. Ganz verzichten müssen wir aber auf Huldas Spürnase nicht, da sie in der Klinik auf Ungereimtheiten stößt, die ihren Nachforschungen bedürfen.

Das Hauptthema des Buches „Fräulein Gold – Der Himmel über der Stadt“ ist die Veränderung der Geburt: Die Hausgeburten rückten damals in den Hintergrund, immer mehr Geburten fanden in Kliniken statt. Damit wurde aber auch die Arbeit der Hebammen weniger geschätzt und geachtet, die Geburten wurden männliches Hoheitsgebiet und sollten kalkulierbarer werden. Erschreckend fand ich, wie wenig die Privatsphäre von Frauen aus den ärmeren Gesellschaftsschichten in der Klinik geachtet wurde.
Der geschichtliche Hintergrund bildet das Berlin der 1920er Jahre. Die Inflation ist überwunden, die Wunden des Ersten Weltkrieges klaffen allerdings noch immer im Leben der Menschen. Am Horizont ziehen die dunklen Vorboten des Dritten Reiches auf, das Gedankengut eines Adolf Hitler nehmen immer mehr Raum ein.

Und ganz große Freude: Wir dürfen uns noch auf einen weiteren Teil mit unserer Hulda freuen – am 16. November erscheint der vierte Teil. Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich freue!

Fazit: Der dritte Teil um Hulda Gold ist eine lesenswerte Fortsetzung der Reihe um die neugierige und dickköpfige Hebamme, die sich von Niemanden etwas vorschreiben lässt. Ich fühlte mich stets gut unterhalten, lernte noch einiges dazu und konnte das Buch stellenweise nur schwer aus der Hand legen. Mit ihrer wunderbaren, detaillierten, bildgewaltigen und flüssigen Sprache hat mich Anne Stern direkt in das Berlin der 1920er Jahre katapultiert. Absolute Lese- Empfehlung!

Hinweis: Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt-Verlag als Rezensionsexemplar bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.



„Fräulein Gold – Scheunenkinder

von Anne Stern

Erschienen am 13. Oktober 2020 im Rowohlt-Verlag
ISBN: 978-3-499-00429-2
https://www.rowohlt.de/paperback/anne-stern-fraeulein-gold-scheunenkinder.html

Hinweise:
– Lest diese Rezension bitte nicht, wenn ihr Teil 1 „Fräulein Gold – Schatten und Licht“ noch nicht kennt
– Meine Rezension zum ersten Teil findet ihr hier.
– Alle Zitate beziehen sich auf die Seitenzahl der gedruckten Ausgabe.
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt-Verlag als Rezensionsexemplar bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

Das Buch „Fräulein Gold – Scheunenkinder“ von Anne Stern ist der zweite Teil einer Trilogie um die Hebamme Hulda Gold, die im Berlin der 1920er Jahre auf der Spur eines unvorstellbaren Verbrechens an Kindern ist.

Coverrechte: Rowohlt-Verlag

Im Oktober 1923 ist für Hulda Gold noch fast alles beim Alten: Noch immer wohnt sie am Winterfeldtplatz, der Kioskverkäufer Bert bildet ihren Fels in der Brandung, ihr Ex-Freund Felix bereitet ihr nach wie vor Kummer und Kommissar Karl North, Huldas neue Beziehung, ist für sie nicht der sicherer Hafen.
Da wird Hulda zu einer Geburt ins Scheunenviertel nach Mitte gerufen. Dort entbindet sie Tamar, die mit ihrem jüdischen Ehemann und ihren Schwiegereltern im Elend wohnt, von einem gesunden Sohn. Doch wenige Tage später verschwindet das Neugeborene und Hulda beginnt ihre Nachforschungen und ist einem furchtbaren Verbrechen auf der Spur.
Karl North, Huldas Freund, steht vor einem großen Fall: Er bekommt es mit Kinderhändlern zu tun und Hulda ahnt, dass es einen Zusammenhang mit dem Verschwinden des Neugeborenen geben könnte.
Kurze Zeit später ist die Inflation auf dem Höhepunkt. Angefacht von rechten Gedankengut wird das Scheunenviertel gestürmt, der Judenhass entlädt sich in einem Pogrom und Hulda selbst gerät als Halbjüdin in große Gefahr.

Im Mai 2020 habe ich den ersten Teil der Reihe um Hulda Gold gelesen und war von diesem starken Charakter sehr angetan. Außerdem empfinde ich die Mischung aus Historie und Krimi sehr interessant. Damit war klar, dass ich den zweiten Teil auch direkt lesen wollte.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Autorin Anne Stern, die mit ein Rezensionsexemplar beim Rowohlt-Verlag vermittelte und auch an den Rowohlt-Verlag für die Zusendung des Buches.

Hulda Gold ist für mich ein äußerst faszinierender Charakter – sie gehört zu den interessantesten fiktiven Charakteren, die ich in meiner Leselaufbahn kennenlernen durfte. Nach außen hin wirkt sie taff und selbstsicher, ist ihrem Beruf eine Konifere und damit die Rettung vieler Frauen und Neugeborenen. In ihrem Inneren sieht es aber anders aus: Sie hadert mit ihrem Leben, mit ihrem Beruf, mit ihrer Liebe und auch mit ihrem Leben. Beruflich hat sie ihren Platz gefunden, privat sieht es da eher weniger nach aus. Ihre vergangene Liebe zu Felix, ihre aktuelle Liebe zu Karl – sie möchte eine Beziehung, fühlt sich jedoch schnell eingeengt. Sie liebt das Feiern, sie ist aber auch gerne mit sich alleine.
Trotz aller Selbstzweifel, eines ist sie immer: Eine starke Frau, die für ihre Überzeugungen und gegen das Unrecht gegenüber anderen Menschen vorgeht. Leider vergisst sie sich dabei oft selbst und bringt sich damit oft in gefährliche Situationen.
Hulda ist ein sehr authentisch gezeichneter Charakter, den ich so schnell nicht vergessen werde.

Huldas Freund Karl, der im Waisenhaus ohne Liebe und Zuwendung aufgewachsen ist, tut sich schwer damit, für Hulda ein Fels in der Brandung zu sein. Auch er hadert mit sich selbst, fühlt sich schnell zurückgesetzt und redet sich selbst gerne klein.

Nun, dachte er grantig, während er Hulda ungeduldig zuwinkte, die über die Pfützen am Straßenrand stakste, vielleicht war eigentlich er es, der über sich selbst so hart urteilte. Doch wie hätte er auch lernen sollen, sich selbst zu mögen? Aufgewachsen in einem lieblosen Heim für Waisenkinder, in der täglichen Angst vor Schlägen und dem Wissen, dass seine Eltern ihn ihrer Fürsorge nicht für würdig gehalten hatten. Nein, er hatte als Kind und als junger keinen Grund gehabt, an sich zu glauben, und heute, da er erwachsen war, ein Mann mit einem angesehenen Beruf und einer hübschen Freundin, schien er dies nicht mehr lernen zu können. [S. 161 Z. 13- 24]

Er wirkt oft sehr kalt und emotionslos – kennt man aber seine Vergangenheit wird klar, warum er so ist. Karl hat in seinem Leben nichts geschenkt bekommen, er hat sich alles selbst erarbeitet.

Es gibt eine Vielzahl an Figuren in diesem Buch, die aber alle mit ihren vielen Facetten überzeugen konnten. Unbedingt zu nennen ist der Zeitungsverkäufer Bert: Schon im ersten Teil ein liebenswerter Mensch, nun erfährt man in diesem Teil ein wenig mehr über ihn. Er ist für Hulda ein väterlicher Freund, zu dem sie immer wieder kommen kann. Er sagt ihr Sachen, die sie nicht unbedingt hören möchte, die sie dann aber doch weiter bringen. Er ist immer für Hulda da.
Frau Wunderlich, Huldas Vermieterin, muss man einfach lieb haben, Auch wenn sie Hulda kontrolliert, sie möchte nur das Beste für sie und sorgt sich beständig um Hulda.
Auch Nebenfiguren wie die Apothekerin Jette oder Tamar, haben mich mit ihren fein gezeichneten und liebenswerten Charakteren sehr überzeugt.
Die Figuren in dem Buch „Fräulein Gold – Scheunenkinder“ sind wie ein bunter Blumenstrauß: Vielfältig, farbenprächtig und jede Figur hat ihren Platz. Einige Charaktere mochte ich nicht direkt, nachdem man aber ihre Geschichte erfahren hat, konnte ich vieles an ihrem Verhalten verstehen.

Ab dem ersten Kapitel konnte ich wieder tief in die Geschichte abtauchen. Anne Stern hat eine wunderbare, detaillierte, bildgewaltige und flüssige Sprache, die auf keiner Seite Langeweile aufkommen lässt. Sie beschreibt Menschen, Gerüche und Geräusche so, dass ich völlig in das Berlin der 1920er Jahre abtauchen konnte.

„Eine nächtliche Bahn fuhr über ihrem Kopf durch den dunklen Himmel. Metall kreischte auf Metall, langgezogen und jammernd – der fortwährende Gesang der Großstadt, der niemals verstummte.“ [S.120, Z. 27 – 30]

Die Handlung des Buches konnte mich, wie auch schon im ersten Teil, wieder überzeugen: Hulda, die Unrecht sieht, erkennt und dagegen vor geht. Auch wenn sie sich damit in Gefahr bringt.
Sehr mitgenommen hat mich die Geschichte um die Kinder, die Kinderhändlern in die Hände fallen. Anne Stern beschreibt das Grauen, sie zeigt es aber nicht in jeder Einzelheit.
Sehr beeindruckt hat mich, wie die Autorin das Scheunenviertel, welches im Jahr 1933 zerstört wurde, vor den Augen des Lesers wieder lebendig werden lässt. Enge, dunkle Wohnungen, aber auf den Straßen tobte das bunte Leben.

Ein großes Thema in „Fräulein Gold – Scheunenkinder“ ist die Inflation, die im Jahr 1923 ihren Höhepunkt erreichte. Die Menschen mussten das Geld säckeweise zum Einkaufen mitnehmen und bekamen trotzdem fast nichts mehr für ihr Geld. Unzufriedenheit und Wut waren die Antwort der Bevölkerung. Diesen Unfrieden nutzten Hetzer, um gegen die „reichen Juden“ zu wettern. Das Scheunenviertel wurde im November 1923 Ziel eines Pogroms: Häuser und jüdische Geschäfte wurden zerstört, Menschen gejagt und verletzt oder getötet. Die Bevölkerung hatte endlich einen Sündenbock gefunden, die Presse spielte das Pogrom gehörig runter.
Es war erschreckend zu lesen, wie leicht es den Hetzern fiel, Gift zu versprühen und auf welch fruchtbaren Boden ihre Saat gefallen und aufgegangen ist.
Spannend fand ich, dass die Autorin viel über den Alltag in jüdischen Familien geschrieben hat. Ich habe viel Neues über Feste und Rituale des Judentums gelernt.
Ein weiteres Thema ist, wie sich die Geburten in dieser Zeit verändert haben: Waren Hausgeburten noch einige Jahre zuvor ganz selbstverständlich, wurde freien Hebammen das Leben immer schwerer gemacht. Geburten in Kliniken und damit unter ärztlicher Aufsicht gewannen immer mehr an Bedeutung.

Fazit: Das Buch „Fräulein Gold – Scheunenkinder“ ist eine lesenswerte Fortsetzung der Reihe um die Hebamme Hulda Gold. Mit einer bildgewaltigen, detaillierten Sprache und einer packenden Handlung bringt uns das Buch zurück in das Berlin von 1923. Unbedingt lesen! Danke an Anne Stern für die unterhaltsamen, aber auch lehrreichen Lesestunden.

Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt-Verlag als Rezensionsexemplar bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

„Fräulein Gold – Schatten und Licht“

von Anne Stern

eBook erschienen am 01.Juni 2020, das Paperback Taschenbuch erschien am 16.06.2020 im Rowohlt Verlag
ISBN: 978-3499004278
https://www.rowohlt.de/buch/anne-stern-fraeulein-gold-schatten-und-licht.html

Das Buch „Fräulein Gold – Schatten und Licht“ von Anne Stern ist der packende Auftakt einer Trilogie um die Hebamme Hulda Gold, die im Berlin der 1920er Jahre auf der Suche nach sich selbst und einem Mörder ist.

Coverrechte: Rowohlt Verlag

Zum Inhalt:
Berlin, im Elendsviertel Bülowbogen, Ende Mai 1922: Ein Mord geschieht, doch die Polizei geht von einem tragischen Suizid der älteren Prostituierten Rita aus.
Doch die junge und engagierte Hebamme Hulda, die in diesem Elendsviertel einen guten Ruf hat, sieht das anders und stürzt sich in Nachforschungen um das Leben der „fixen Rita“. Sie findet schnell heraus, dass der leitende Kriminalkommissar Karl North etwas verheimlicht, gleichzeitig aber auch ein eher ungewöhnlich starkes Interesse an dem Fall zeigt.

Auf das Buch bin ich durch eine Ankündigung der Autorin auf ihrer Facebook-Seite aufmerksam geworden. Das Cover und die Zeit, in der das Buch spielt, weckten sofort mein Interesse. Berlin übt auf mich eine große Faszination aus, vor allem aber auch die 1920er Jahre in dieser Metropole. Eine Zeit, in der Glanz und Elend so nah beieinander lagen – die Goldenen Zwanziger.
Außerdem habe ich von Anne Stern schon die beiden Bücher „Die Frauen vom Karlsplatz – Auguste“ und „Das Lied der Seiltänzerin“ mit großer Begeisterung gelesen.
Als mich die Autorin fragte, ob sie mich auf eine Bloggerliste für ihren neuen Roman setzen darf, musste ich nicht lange überlegen.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Rowohlt Polaris Verlag für die Zusendung des Leseexemplars.

Von der ersten Seite an war ich in der Geschichte angekommen, die Spannung baute sich sehr schnell auf und ich wollte das Buch nur noch ungern aus der Hand legen.
Die Anzahl der Figuren ist überschaubar gehalten, was ich als äußerst positiv empfand. So konnte sich jeder Charakter gut entfalten und ich hatte das Gefühl, dass mir die Figuren nochmal viel näher kamen.
Hulda Gold, die Titelfigur, ist einer der interessantesten fiktiven Charaktere, die ich in meiner Leselaufbahn kennen lernen durfte. Sie ist einerseits von ihrer Arbeit in dem Elendsviertel Bülowbogen völlig ausgefüllt und hat dort ihre Bestimmung gefunden. Sie hadert aber immer wieder mit sich und ihrem privaten Leben. Sie hat ihren Weg im Leben noch nicht gefunden, wirkt wie ein kleines verlorenes Schifflein auf dem großen Meer. Da ist die selbstsichere Hebamme Hulda, die ängstliche Frauen ruhig und besonnen durch Geburten führt, aber da ist auch die Hulda, die sich im Berliner Nachtleben im Rauschzustand berauben lässt. Aber eines ist sie immer: Eine starke Frau, die für ihre Überzeugungen und gegen das Unrecht gegenüber anderen Menschen vorgeht. Leider vergisst sie sich dabei oft selbst. Hulda ist so lebensnah, so authentisch gezeichnet. Teilweise konnte ich mich selbst in ihr sehen. Sie ist so herrlich unperfekt.
Eine andere Figur ist der Kriminalkommissar Karl North. Anfangs noch sehr distanziert und in sich gekehrt, wird er durch seine tragische Geschichte immer lebendiger und greifbarer.
Am Rande agieren unter anderem Huldas Vermieterin Frau Wunderlich und der Kioskverkäufer Bert. Die Beiden sind Figuren, die man einfach von der ersten Seite an gerne hat. Ich hatte gleich ein Bild von Beiden im Kopf und hatte so eine Freude daran, immer wieder weiter über sie zu lesen. Huldas Ex-Freund Felix ist eine Figur, die viele Facetten aufweist. Ein zutiefst verunsicherter Mann, der mit Hulda abschließen will, es aber nicht wirklich kann.
Die Sprache von Anne Stern ist ein wahres Geschenk: Poetisch, kraftvoll aber auch sanft. Sie führt uns mit ihrer bildhaften Sprache das Elend in dieser Zeit genau so vor Augen, wie auch den Glanz dieser Zeit. Ich fühlte mich beim Lesen komplett in die 1920er Jahre zurückversetzt. Ich spürte die Musik in den Clubs und konnte mir alles bildlich vorstellen.

Den Hintergrund des Romans bilden die 1920er Jahre in Berlin. Der Erste Weltkrieg hat seine Spuren hinterlassen: Armut in vielen Vierteln und auch der Unglaube der Bevölkerung an die Demokratie und damit die Wut auf die noch junge Weimarer Republik bilden den Alltag vieler Menschen.
Die Menschen hatten große Hoffnungen, dass es in einer Demokratie nur besser werden kann, nun fühlen sich viele Menschen belogen und betrogen. Ganz deutlich wird der Zwist zwischen Aufbruchsstimmung und bitterer Armut dargestellt. Auch die aufstrebende organisierte Kriminalität spielt eine große Rolle.
Aber nicht nur in den Städten hat der Krieg seine grausamen Spuren hinterlassen: Auch an, teils sehr jungen, Männern, die als sogenannte „Kriegszitterer“ aus dem Krieg zurück kamen: Männer, die äußerlich unversehrt waren, innerlich aber nicht. Es hat mich zutiefst schockiert, wie die Gesellschaft auf diese Männer reagierte, vor allem aber wie Ärzte mit diesen Männern umgegangen sind.

Anne Stern hat mit dem Buch „Fräulein Gold – Schatten und Licht“ ein authentisches und starkes Buch mit vielschichtigen und spannenden Charakteren geschrieben. Eine lebensechte Hauptfigur vor einem fein recherchierten geschichtlichen Hintergrund – hier werden die Goldenen Zwanziger mit all ihren Facetten wieder lebendig. Ein fantastischer Auftakt.
Ich freue mich schon so sehr auf den zweiten Teil „Fräulein Gold – Scheunenkinder“, der im Oktober 2020 und auf den dritten Teil „Fräulein Gold – Der Himmel über der Stadt“, der im April 2021 erscheinen soll.

Fazit: Ein Buch mit Sogwirkung – man möchte es nicht mehr aus den Händen legen. Mein bisheriges Jahreshighlight. Lesenswert!

Anmerkung: Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst!