„Fräulein Gold – Die Lichter der Stadt“

von Anne Stern

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 12. September 2023
Verlag: Rowohlt
Ausgaben: Paperback & eBook
ISBN: 978-3-499-00918-1
Seitenanzahl: 464 Seiten
Preise: 18,00€ (Paperback), 12,99€ (eBook)
Reihe: „Hebamme Hulda Gold/ Band 06“

Homepage:
https://www.rowohlt.de/buch/anne-stern-fraeulein-gold-die-lichter-der-stadt-9783499009181

Klappentext:
„Berlin, 1929: Hulda Gold arbeitet als Hebamme in einer Mütterberatungsstelle in Schöneberg. Für ihre Schützlinge tut sie alles. Aber sie muss auch für sich und ihre kleine Tochter Meta kämpfen, denn das Leben als alleinerziehende, ledige Mutter ist selbst in ihrem Heimatkiez alles andere als leicht. Als sie eine junge Schauspielerin am berühmten Theater am Nollendorfplatz betreut, lernt sie eine neue Facette ihres Viertels kennen: die faszinierende Welt der Künstlerinnen und Bühnenstars, in der nichts ist, wie es scheint. Doch mit der beginnenden Weltwirtschaftskrise kämpft auch das Theater ums nackte Überleben. Als es zu einer seltsamen Einbruchsserie im Viertel kommt, ist Hulda alarmiert, denn nicht nur einer ihrer Freunde ist von der Gefahr direkt betroffen. Sie beginnt, Nachforschungen anzustellen, und muss all ihren Mut und ihren unerschütterlichen Gerechtigkeitssinn unter Beweis stellen – nicht nur für sich selbst, sondern auch für Meta.“

Hinweise:
– Lest diese Rezension bitte nicht, wenn ihr die Bände 1 – 5 noch nicht gelesen habt, diese aber noch lesen möchtet – Spoilergefahr!
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt Verlag und der Autorin als vorzeitiges Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Hier findet ihr meine ausführliche Rezension zu den vorherigen Bänden:
– Band 1: „Fräulein Gold – Schatten und Licht“
– Band 2: „Fräulein Gold – Scheunenkinder“
– Band 3: „Fräulein Gold – Der Himmel über der Stadt“
– Band 4: „Fräulein Gold – Die Stunde der Frauen“
– Band 5: „Fräulein Gold – Die Rote Insel“

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Das Buch „Fräulein Gold – Die Lichter der Stadt“ ist der sechste Band um die Hebamme Hulda Gold und entführt in das Jahr 1929 – dem Schicksalsjahr der Weimarer Republik.

„Sie schüttelte den Kopf über sich selbst. Denn ihr ging auf, dass eigentlich nichts an ihrem Leben perfekt war. Nichts außer Meta.“

[Seite 16]

Drei Jahre nach der Geburt ihrer Tochter Meta muss sich Hulda Gold mit den Problemen und Sorgen einer (alleinerziehenden) Mutter herumschlagen und arrangieren.
Während ihre Tochter eine Kindertagesstätte besucht, arbeitet Hulda in einer Mütterberatungsstelle – eine Arbeit, welche ihr zwar Freude bereitet, sie aber nicht erfüllt. Zu gerne würde sie wieder Geburten begleiten und betreuen. Doch das scheint alles in weite Ferne gerückt, da die Arbeitszeiten als Hebamme nicht mit dem Leben als Mutter vereinbar sind.
Als Hulda in der Beratungsstelle die junge Schauspielerin Milli und deren Tochter kennenlernt, zeigt sich Hulda nochmal ein anderes Bild ihres Wohnviertels. Doch eine rätselhafte Einbruchsserie hält die Bewohner rund um den Winterfeldtplatz in Atem und auch Hulda beginnt mit ihren eigenen Ermittlungen. Diese Ermittlungen kosten Hulda viel Mut, denn als junge Mutter ist sie nicht mehr nur für sich verantwortlich.

Als Mitte des Jahres 2020 der Auftakt „Fräulein Gold – Schatten und Licht“ erschien, war ich von dieser Buchreihe sofort eingenommen. Ich schloss Hulda sofort in mein Herz und freute mich auf jeden neuen Band, welche 2020,2021 und 2022 erschienen sind. Ursprünglich war diese Buchreihe als Trilogie angekündigt. doch Hulda hat so viele Anhänger, dass ihre spannende Geschichte immer weiter erzählt werden muss. Ihr außerordentlicher Dickschädel und ihre untrügliche Spürnase für Ungerechtigkeiten und Straftaten in Kombination mit jeder Menge Zeitgeschichte, können mich immer wieder sehr begeistern. So war absolut klar, dass ich auch den hier vorliegenden sechsten Band unbedingt lesen musste, welchen ich freundlicherweise als kostenloses und vorzeitiges Rezensionsexemplar vom Verlag und der Autorin zur Verfügung gestellt bekommen habe – an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön dafür.

Das Cover des Buches passt wunderbar zu den bereits erschienen Bänden – damit besitzt die Buchreihe einen gelungenen Wiedererkennungswert:

Dieser sechste Band ist in der Farbe lila gehalten. Zu sehen ist eine junge Frau, welche seitlich zum Betrachter/ zur Betrachterin steht, ihren Kopf aber zu diesem/ dieser dreht und mit einem durchdringende Blick in die Kamera schaut. Ihre dunklen Haare sind kinnlang geschnitten, ihre Arme ruhen vor ihr. Zu ihrer blusenähnlichen Oberteil trägt sie eine Perlenkette um den Hals. Die gesamte Szenerie ist in schwarz-weiß gehalten, der Haupttitel ist in lila-glänzenden Buchstaben aufgebracht. Der Untertitel steht in weißer Schrift darunter, der Name der Autorin befindet sich im mittleren linken Bereich. Das Cover und auch der Text auf der Rückseite des Buches werden von lila-glänzenden Linien eingerahmt. Der Buchrücken ist ebenfalls lila, der Name der Autorin, Titel und Untertitel sind hier in schwarz gehalten.
Das Buch ist eine sehr hochwertig gestaltete Klappbroschur mit insgesamt 464 Seiten. Auf der vorderen Klappe befindet sich ein kleiner Textausschnitt, in der Klappe ist eine wunderschöne Karte, welche einen Teil von Berlin im Jahr 1929 zeigt. Die hintere Klappe ziert ein Foto und eine kurze Biographie der sympathischen Autorin, im Inneren befindet sich eine Übersicht der bisher erschienen sechs Teile der Reihe.
Dem Impressum des Buches folgen zwei stimmungsvolle Zitate: Eines von Gabriele Tergit, eines von Berthold Brecht. Dann folgt der Prolog, welcher am 27. August 1927 ansetzt. Mit dem ersten Kapitel beginnt die Handlung dann zwei Jahre nach dem Prolog am 29. August 1929. Dem 36. Kapitel schließen sich der Epilog, welcher im Oktober 1929 spielt, das Nachwort und der Dank der Autorin sowie eine Leseprobe zum siebten Band (ET im Dezember 2024) an.
Somit umfasst die gesamte und chronologisch erzählte Handlung des Buches inklusive des Prologs und des Epilogs etwas mehr als zwei Jahre – wobei die Haupthandlung nur wenige Wochen umfasst und etwa zweieinhalb Jahre nach Ende des fünften Bandes ansetzt.
Ich empfehle sehr, dass man die vorherigen fünf Bände bereits gelesen hat, da immer wieder Bezug auf Geschehnisse in der Vergangenheit genommen wird und es ist auf jeden Fall ein größeres Lesevergnügen, da man dann auch die Entwicklungen und Entscheidungen der Figuren besser verstehen und nachvollziehen kann.
Wie bei den vorherigen Bänden konnte ich ab dem ersten Kapitel wieder schnell in die Geschichte abtauchen, auch wenn die Geschichte etwas gemächlicher beginnt. Mit ihrer wunderbaren, detaillierten, bildgewaltigen und flüssigen Sprache, lässt Anne Stern auf keiner Seite Langeweile aufkommen und sie entführte mich mit viel Ortskenntnis nach Berlin in das Jahr 1929.

„Wo war ihre Jugend hin, wo waren die Jahre geblieben, in denen sie die Nächte zum Tag gemacht und sich in allerlei Spelunken herumgetrieben hatte? Plötzlich war sie zu einer Mutter geworden, einer richtigen Matrone, die an den Abenden das Haus hütete und nur noch vom Sofa aus den Eskapaden der Romanfiguren folgte, deren Leben sie als Ersatz für eigene Abenteuer begierig Seite für Seite verschlang, während sie Schokoladenkekse in sich hineinstopfte.“

[Seite 93]

Auch in diesem Band steht die namensgebende Hulda Gold im Mittelpunkt der Geschichte. Ihr Leben und auch sie selbst haben sich sehr verändert. Als alleinerziehende und ledige Mutter einer dreijährigen Tochter hat sie es nicht immer leicht und stößt bei vielen Menschen oft auf Ablehnung und Abneigung. Außerdem kann sie ihren geliebten Beruf als Hebamme nicht mehr ausüben, da sich die Arbeitszeiten nicht mit einem Kleinkind vereinbaren lassen. Hulda arbeitet in einer Mütterberatungsstelle, eine Arbeit, die ihr zwar auf der einen Seite Freude bereitet, auf der anderen Seite jedoch alles andere als erfüllend ist. Ihre Welt ist nun, da sie Mutter ist, eine völlig andere geworden, in der sie zum ersten Mal nicht nur auf sich alleine aufpassen muss, sondern auch die Verantwortung gegenüber ihrer Tochter tragen muss. Oft plagen sie Selbstzweifel und Bedenken, ob sie als Mutter alles richtig macht. Sie ist innerlich zerrissen zwischen ihrem Beruf und ihrem Mutter-Dasein. Doch sie hat sich ihr stets gutes Gespür für die Menschen um sie herum behalten, sagt auch sehr oft direkt, was sie denkt und fühlt und lässt sich sehr oft von ihrem Bauchgefühl leiten. Ihrer untrüglichen Spürnase in Sachen Verbrechen kann sie stets vertrauen und sieht die Ungerechtigkeiten, gegen welche sie direkt vorgeht. Auch wenn es mittlerweile der sechste Band um und mit Hulda Gold ist, kann mich diese Hauptfigur immer wieder überraschen und ich habe das Gefühl. ihr mit jeden Band ein Stückchen näher zu kommen. Anne Stern hat mit Hulda Gold eine solch facettenreiche Protagonistin erschaffen, welche die Leserinnen und Leser in jedem Band dieser wunderbaren Reihe neu entdeckt. Ich bin so gespannt, wie es mit ihr und ihr wunderbaren Tochter Meta im nächsten Band weitergehen wird.

„Und obwohl Hulda wusste, dass sie in der Betreuung und Begleitung ihres eigenen Kindes wohl meistens tatsächlich recht gut abschnitt, kannte sie diesen Schmerz doch ganz genau. Jede Mutter kannte ihn. Jede Mutter hatte Angst davor, ihrem Kind nicht genug bieten zu können. Es nicht immer so lieben zu können, wie es das verdiente, oder die Liebe vielleicht nicht oft genug zu zeigen.“

[Seite 119]

Um Hulda Gold agieren wieder zum größten Teil die Charaktere, welche schon ab dem ersten Band dabei sind – mittlerweile fühlt es sich so an, wie auf liebgewonnene Freunde zu treffen – ein Gefühl. wie ein ’nach Hause kommen‘.
Es ist wunderschön, diese lebensechten Figuren wieder zu treffen und auch deren authentische Weiterentwicklung zu sehen. Hier ist vor allem der Kioskbesitzer Bert zu nennen, welcher noch immer Huldas Fels in der Brandung ist. Nach wie vor mit bringt er mit seiner wunderbaren und ehrlichen Art sehr viel Wärme und Geborgenheit in die Geschichte, bereitet Hulda, und damit auch dem Leser/ der Leserin, jedoch die ein oder andere Sorge.

„Er hatte es nicht gern, wenn er um Hilfe bitten musste, lieber war er derjenige, der anderen beisprang.“

[Seite 171]


Ganz besonders angetan hat es mir die dreijährige Meta – Huldas Tochter. Natürlich hat es Hulda nicht immer leicht mit ihr, doch mit ihrem kindlichen Blick auf die Dinge und ihren unvorhersehbaren Launen bringt sie einen ganz eigenen Zauber in die Geschichte.
Es kommen auch wieder einige neue Figuren hinzu, Figuren aus den bisherigen Bänden stehen teilweise etwas mehr am Rande. Doch sie alle, egal ob sie liebgewonnene Freunde oder neue Charaktere sind, sie im Zentrum oder am Rande der Geschichte eine Rolle spielen – sie alle sind von Anne Stern authentisch gezeichnet und entwickeln sich lebensecht weiter. Keine der Figuren ist perfekt und es wird mitunter auch immer mal wieder die ein oder andere Fehlentscheidung getroffen.
Auf einige der Charaktere möchte ich an dieser Stelle allerdings nicht detailliert eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehmen könnte.
Die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen den Figuren waren für mich stets fass- und fühlbar und zogen mich schnell in die spannende Geschichte hinein.
Nun bin ich sehr gespannt, wie es mit all den Figuren im siebten Band der Reihe weitergehen wird.

Das Jahr 1929, welches als Schicksalsjahr der Weimarer Republik eingehen sollte, bildet den historischen Hintergrund von „Fräulein Gold – Die Lichter der Stadt“.
Lange vor dem Schwarzen Freitag des Oktober 1929 und der damit ausgelösten Weltwirtschaftskrise, brodelte es in der Bevölkerung gehörig. Im langen und kalten Winter 1928/29 hatten sich die sozialen Konflikte angestaut und die immensen Wirtschaftsprobleme verstärkt: Die Hochkonjunktur flaute ab – fast drei Millionen Menschen waren ohne Arbeit. Zudem waren die die Kassen der Stadt Berlin und auch die Staatskassen leer und politische Zusammenstöße zwischen links und rechts häuften sich.
Im Mai 1929 kam es bei den Maifeiern in Berlin während einer kommunistischen Kundgebung zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten und der Polizei. Diese Auseinandersetzung kostete sieben Menschen das Leben und es gab über 100 Verletzte. Der Monat ging als ‚Blutmai‘ in die Geschichte ein.
Im Juni 1929 unterzeichneten Delegierte den ‚Young-Plan‘, welcher im August 2029 von der deutschen Regierung ratifiziert wurde. Dieser Plan war eine Vereinbarung über die von Deutschland zu leistende Reparationszahlungen: Die Reparationssumme wurde auf 34,5 Milliarden Goldmark, zahlbar in 59 Jahresraten, herabgesetzt und es wurde die vorzeitige Räumung des Rheinlands zum 01. Juli 1930 vereinbart. Die Zahlungen wurden damit überschaubarer, außerdem erhielt die Weimarer Republik weitere internationale Kredite und profitierte so von den Vereinbarungen. Die politische Rechte setzte allerdings die Diffamierung der politisch Verantwortlichen fort und griff den Young-Plan in ihrem Wahlkampf auf .
Im Oktober 1929 starb der deutsche Außenminister Gustav Stresemann, kurz darauf kam es zu einem fatalen Kurssturz an der New Yorker Börse, worauf die Weltwirtschaftskrise ausgelöst wurde.
Die gesellschaftlichen Themen sind sehr mit den geschichtlichen Hintergründen verbunden und teilweise auch noch heute – fast 100 Jahre später – sehr aktuell. Als Beispiel sei hier die Probleme und Herausforderungen der alleinerziehenden Elternteile zu nennen – an erster Stelle die Vereinbarkeit der Elternschaft mit einem Beruf.
Ein weiteres gesellschaftliches Thema ist, wie schwer der Stand der Frau im Berufsleben allgemein war, vor allem dann, wenn es um ‚typische Männerberufe‘ ging. Die Arbeit der Frauen wurde, wie auch die Frau selbst, nicht ernst genommen und es wurde ihr jegliche Kompetenz abgesprochen. Exemplarisch wird dies an der Kommissarin Irma gezeigt.

„Und doch wurden ihre Leistungen nach wie vor nicht wahrgenommen, ja vielmehr öffentlich geschmäht. Wieso, in Gottes Namen, war dies im Jahr 1929 noch immer normal? Hatten die Frauen sich nicht längst ihre Rechte erkämpft? Das Wahlrecht, das Recht, zu studiere und den Beruf frei zu wählen?“

[Seite 247]


Diese vielen geschichtlichen und gesellschaftlichen Themen und Hintergründe hat Anne Stern wunderbar herausgearbeitet und stellt diese sehr verständlich in ihrem Roman da. Die vielen Ereignisse sind mit den Lebensgeschichten der größtenteils fiktiven Figuren verwoben und werden oft durch deren Augen beschrieben, wodurch die Historie sehr erleb- und greifbar wird.

Auch diesen Band stelle ich wieder rundum zufrieden ins Regal und bedanke mich bei Anne Stern für dieses wunderbare, mitreißende und emotionale Leseerlebnis.
Mögen Hulda, ihre zuverlässige Spürnase und ihr Gerechtigkeitsempfinden uns noch lange begleiten.

„… und Hulda hatte längst beschlossen, ihrem Gerechtigkeitsempfinden in diesem Fall die Oberhand zu lassen und nicht dem manchmal blinden Gesetz.“

[Seite 322]

Fazit: Die Handlung geht zwar etwas gemächlicher los als in den vorherigen Bänden und trotzdem konnte und wollte ich diesen grandiosen sechsten Teil der Reihe nur ungern aus den Händen legen. Ich bin der Hauptfigur Hulda Gold wieder ein Stückchen näher gekommen und litt und fieberte stellenweise sehr mit ihr mit.
Zusammen mit den wunderbar herausgearbeiteten geschichtlichen Hintergründen und dem wunderbar bildhaften Sprachstil liegt hier ein absolut lesenswerter sechster Band einer Buchreihe vor, welche sich von Band zu Band in ihrer Intensivität steigert.
Absolut lesenswert!

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung des Verlages in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Schwestern vom See – Neue Wege“

von Lilli Beck

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 23. August 2023
Verlag: Blanvalet
Ausgaben: ebook & Taschenbuch
ISBN: 978-3-7341-1085-6
Seitenanzahl: 352 Seiten
Preis: 9,99€ (eBook), 11,00€ (Taschenbuch)
Reihe: „Die Schwestern vom See“ 02/03


Homepage:
https://www.penguin.de/Taschenbuch/Die-Schwestern-vom-See-Neue-Wege/Lilli-Beck/Blanvalet/e592014.rhd

Klappentext:
„Auerbach am Bodensee: Rose König steckt mitten in den Planungen für ihre Hochzeit. Doch ausgerechnet am Polterabend kommt ein Geheimnis ihres Verlobten Nico ans Licht, das Rose an dessen Ehrlichkeit zweifeln lässt. Auch zwischen ihrer Schwester Iris und deren Ehemann kriselt es gewaltig. Zudem hadert Iris mit ihrer neuen Rolle als Adoptivmutter.
Als wäre das nicht genug, steckt die familieneigene Pension in immer größeren finanziellen Schwierigkeiten. Neue Ideen sollen her, um das Unternehmen zu retten. Und einmal mehr müssen die Schwestern neue Wege gehen, um für ihr Erbe – und um die Menschen, die sie lieben – zu kämpfen.“

Hinweise:
– Lest diese Rezension bitte nicht, wenn ihr den ersten Band noch nicht gelesen habt, diesen aber noch lesen möchtet. Da die beiden Teile aufeinander aufbauen, könnte euch diese Rezension sonst spoilern.
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Blanvalet Verlag über das ‚Bloggerportal‘ als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Hier findet ihr meine ausführliche Rezension zum ersten Band „Die Schwestern vom See“
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Das Buch „Die Schwestern vom See – Neue Wege“ von Lilli Beck ist der zweite Band einer Buchreihe, welche in der Gegenwart am Bodensee spielt und das turbulente Leben und den Pensionsalltag der Familie König zeigt.

„Sie dachte an den Schwur, den sich die Schwestern gegeben hatten, als Viola noch lebte. Sie wollten immer füreinander da sein und sich in allen Notlagen beistehen.“

[Seite 115]

Nach dem plötzlichen Tod ihrer Schwester Viola ist für die zwei verbliebenen Schwestern Iris und Rose nichts mehr so, wie es einmal war. Iris hat die Tochter von Viola adoptiert und lebt in Trennung von ihrem Noch-Ehemann Christian, hat aber mit Fritz einen neuen Mann an ihrer Seite. Rose König ist kurz davor ihren Verlobten Nico zu heiraten. Doch am Polterabend kommt ein Geheimnis ans Licht, welches Rose an der Aufrichtigkeit von Nico zweifeln lässt. Es folgt ein furchtbares Unglück, welches Rose alles abverlangt.
Und als wäre das noch nicht alles genug, steckt die Pension König in großen finanziellen Nöten. Rose und Iris müssen für die Pension, welche schon seit Generationen in Familienbesitz ist, aber auch für ihre Liebe und ihr privates Glück kämpfen.

„Seit drei Generationen war die jetzt im Dezember weihnachtlich geschmückte Pension in Familienbesitz, und alles Glück und Leid ihrer Familie, auch das ihres eigenen Lebens, war mit diesem Haus verbunden.“

[Seite 182]

Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich den Auftakt der Reihe „Die Schwestern vom See“ mit großer Begeisterung gelesen und ich freute mich schon sehr auf die Fortsetzung dieser Geschichte, da ich unbedingt wissen wollte, wie es mit den Mitgliedern der Familie König weitergeht, welche ich alle sehr fest in mein Herz geschlossen habe.
Auch diesen Teil bekam ich freundlicherweise vom Blanvalet Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar über das ‚Bloggerportal‘ zugesendet, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.
Das Cover des hier vorliegenden zweiten Bandes passt wunderbar zu dem ersten Band, was für einen gelungenen Wiedererkennungswert der Reihe sorgt:

Links: „Die Schwestern vom See“ – Band 1
Rechts: „Die Schwestern vom See – Neue Wege“ – Band 2

Das Cover von „Die Schwestern vom See – Neue Wege“ zeigt zwei junge Frauen, welche seitlich zum Betrachter auf einer hölzernen Plattform im See sitzen. Die hintere Frau trägt ein weißes T-Shirt und eine kurze Jeanshose, ihre dunkelblonden Haare sind schulterlang geschnitten und sie hat ihre Beine leicht angezogen. Die andere Frau trägt ein rotes Kleid mit weißen Punkten, auf ihren brustlangen blonden Haare sitzt ein weißer Hut, ihre Füße spielen im See. Beide Frauen sind auch auf dem Cover des ersten Bandes zu sehen. Der Blick der Beiden ist auf ein herrschaftliches Haus gerichtet, welches sich mittig am rechten Bildrand befindet und direkt am See liegt. Am Horizont ist eine Ortschaft mit einem Kirchturm in der Mitte zu sehen – über dieser steht die tiefstehende Sonne. Es erhebt sich ein blauer, jedoch leicht bewölkter Himmel über dem See.
Das Buch ist ein einfaches Taschenbuch ohne Klappen und hat 352 Seiten. Dem Impressum folgt ein kleiner, aber wunderschöner Einleitungssatz. Dann beginnt der erzählende Teil mit einem sehr stimmungsvollen Prolog: Dieser setzt im März 2023 in Auerbach an und fasst auch einige Geschehnisse aus dem ersten Band zusammen. Das erste Kapitel beginnt dann im November in Auerbach, die gesamte Handlung setzt sich aus 32 Kapiteln zusammen. Dem letzten Kapitel folgen ein kurzes Nachwort der Autorin und ein vielversprechendes Rezept für eine Malakofftorte an.
Da das Buch an die Handlung des ersten Bandes anknüpft, empfehle ich, dass ihr den ersten Band vorher gelesen habt. Im Prinzip geht es auch ohne diese Vorkenntnisse, allerdings fehlen dann einige wichtige Hintergründe zu den Figuren und der Handlung.

„»Lächle, wenn du traurig bist, dann lächelt dir die Welt entgegen.«“

[Seite 100]

Während im ersten Band noch die drei Schwestern im Mittelpunkt stehen, sind es in diesem Band nur noch die beiden Schwestern Rose und Iris. Viola, die jüngste der drei Schwestern, ist im ersten Band völlig überraschend verstorben und hat Iris ihre neugeborene Tochter Jasmin hinterlassen. Auch wenn Viola nicht mehr körperlich da ist, ist sie dank der vielen Erinnerungen ihrer Familie an sie und auch durch ihre Tochter, noch immer sehr präsent und vor allem spürbar in der Geschichte.
Nach einigen Jahren in Köln ist Iris, die älteste der Schwestern, wieder zurück zu ihrer Familie an den Bodensee gekommen und von ihrer Familie mit offenen Armen empfangen worden. Für sie ist klar, dass sie sich direkt auch wieder in die Familie einbringt. So wie sie sich auf ihre Familie verlassen kann, kann sich die Familie auch auf Iris verlassen. Während Iris in ihrer neuen Mutterrolle aufgeht und Jasmin alles gibt, muss sie sich eingestehen, dass ihre Ehe mit Christian gescheitert ist. Dieser lebt noch immer in Köln und weigert sich die Scheidungspapiere zu unterschreiben und verwehrt damit Iris und deren neuen Partner Fritz eine gemeinsame Zukunft. Ihr neuer und sympathischer Partner Fritz steht unerschütterlich und unverrückbar an ihrer Seite. Iris und Fritz bilden ein sehr harmonisches Paar, sie geben sich gegenseitigen Halt und spenden sich Zuversicht. Auch wenn ihre Familie stets hinter ihr steht, fühlt sie sich doch auch immer wieder in ihrer Freiheit etwas eingeengt.
Rose ist die mittlere der drei Schwestern und sie hat nach dem Tod des Großvaters und den gesundheitlichen Einschränkungen des Vaters die Leitung der Pension übernommen. Sie ist eine sehr zielstrebige und ehrliche Frau, welche für die Fortführung des Familienbetriebs alles gibt. Aber auch privat scheint sich endlich am Ziel ihrer Träume angekommen zu sein und mit Nico den Mann fürs Leben gefunden zu haben. Doch als an ihrem Polterabend ein Geheimnis von Nico ans Licht kommt, handelt Rose völlig unkontrolliert.

Rose lächelte und wusste nicht erst jetzt, er würde ihr Fels in der Brandung sein. Ihr sicherer Hafen bei jedem Schicksalssturm. Wenn nötig, hätte er den Bodensee für sie ausgeschöpft (…).

[Seite 33]


Herbert und Florence sind die Eltern der drei Schwestern und sie mussten sich aus gesundheitlichen Gründen aus der Leitung der Pension zurückziehen. Herbert hatte einen leichten Herzinfarkt und kümmert sich seit dem um den Garten, wo er die nötige Ruhe findet. Doch er hat immer ein offenes Ohr für die Sorgen seiner Töchter, kann aber oft mit seiner ehrlichen Meinung und spitzen Bemerkungen nicht immer hinterm Berg halten. Seine liebevolle Frau Florence ist stets an seiner Seite und die Beiden verbindet eine tiefe und von Respekt geprägte Liebe.
Die liebenswerte Tante Annemarie ist die Schwester von Herbert und stets an seiner Seite aber auch immer für ihre Nichten da. Als Inhaberin des ‚Tortenhimmels‘ hat sie sich einen langersehnten Traum erfüllt, in ihrem Privatleben scheint sie aber noch nicht richtig angekommen zu sein.
Wie im ersten Band hat mir die immense Vielfalt an unterschiedlichsten Charakteren in dieser Geschichte sehr gefallen. Sie alle führen ihre eigenen Leben, bilden aber doch eine wunderbare Einheit. Sie halten Familienrat, sie streiten sich, sie kloppen sich und sie vertragen sich wieder. Keine(r) von ihnen ist perfekt und sie treffen mitunter auch immer mal wieder die ein oder andere Fehlentscheidung. Lilli Beck hat Figuren geschaffen, welche mich, egal ob Haupt- oder Nebenfigur, mit ihrer Authentizität sehr begeistert haben und die sich alle sehr glaubhaft weiterentwickelt haben. Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren war stets fassbar und zogen mich schnell in die emotionale Geschichte hinein.
Da bereits ein dritter Band der Reihe angekündigt ist, bin ich sehr gespannt, wie es mit all den liebgewonnen Charakteren weitergehen wird.

„»Das ist wie im Leben: Glück empfinden wir nur, wenn wir auch mal unglücklich waren (…)«“.

[Seite 167]

Die Haupthandlung des Buches spielt ab November 2023 und erzählt zeitlich aufeinanderfolgend über das weitere abwechslungsreiche und teils dramatische Leben der Familie König und ihrer Pension am Bodensee.
Auch wenn ich den ersten Band der Reihe vor etwa einem Jahr gelesen habe, war ich wieder sehr schnell in der Geschichte angekommen und konnte mich auch wieder gut in die Gefühlswelt und die Hintergründe der vielen Figuren einfühlen und einfinden.
Der bildhafte, detaillierte und unaufgeregte Sprachstil von Lilli Beck konnte mich wieder völlig in die Handlung mitnehmen und ich fühlte mich in der Geschichte sehr wohl – auch wenn es, wie bereits im ersten Band, einige Szenen gibt, bei denen ich sehr mit den Tränen kämpfen musste.

Danke liebe Lilli Beck für diese wunderbaren Lesestunden – ich freue mich schon sehr auf den dritten Band dieser Reihe.

Fazit: Das Buch „Die Schwestern vom See – Neue Wege“ ist eine schöne Geschichte und Fortsetzung, welche stellenweise doch sehr ans Herz geht und die ich unheimlich gerne gelesen habe und ich euch deshalb absolut empfehlen kann. Sehr lesenswert!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Reporterin – Worte der Wahrheit“

von Teresa Simon

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 16. August 2023
Verlag: Heyne
Ausgaben: ebook & Taschenbuch
ISBN: 978-3-453-42707-5
Seitenanzahl: 432 Seiten
Preis: 9,99€ (eBook), 12,00€ (Taschenbuch)
Reihe: „Die Reporterin/02“

Homepage:
https://www.penguin.de/Taschenbuch/Die-Reporterin-Worte-der-Wahrheit/Teresa-Simon/Heyne/e603918.rhd

Klappentext:
„September 1965: Malou Graf kämpft darum, in ihrem Beruf als Reporterin weiter Erfolg zu haben. Sie schreibt mit viel Feingefühl und Empathie, entlockt ihren Gesprächspartnern private Informationen, ohne sie bloßzustellen. Bald wird sie als »Gräfin der Gesellschaftskolumnen« bekannt. Romy Schneider, die Rolling Stones, Roy Black: Sie alle reißen sich förmlich darum, von ihr interviewt zu werden. Als sie Mutter wird und versucht, die angeschlagene Beziehung zu ihren Eltern zu kitten, erfährt Malou auf schmerzhafte Weise, wie schwierig es als Frau ist, Karriere und privates Glück zu vereinen. Muss sie eine Entscheidung fällen? Kann sie das überhaupt?“

Hinweise:
– Lest diese Rezension bitte nicht, wenn ihr den ersten Band noch nicht gelesen habt, diesen aber noch lesen möchtet. Da die beiden Teile direkt aufeinander aufbauen, könnte euch diese Rezension sonst spoilern.
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Hier findet ihr meine ausführliche Rezension zum ersten Band „Die Reporterin – Zwischen den Zeilen“

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Das Buch „Die Reporterin – Worte der Wahrheit“ von Teresa Simon ist der zweite und abschließende Band der Buchreihe mit der jungen Malou, welche in den 1960er Jahren in München ihr berufliches Glück findet, in ihrem bewegten Privatleben aber ihren ganz eigenen Weg gehen muss.

„»(…) Aber ich spreche mit berühmten Menschen, oder sagen wir lieber: mit bekannten Menschen, und schreibe auf, was sie mir erzählen – und manchmal auch das, was ich zwischen den Zeilen so höre. Das kann richtig aufregend sein. Ich liebe meinen Job!« setzte sie emphatisch hinzu. »Der beste auf der ganzen Welt!«“

[Seiten 272 und 273]

Die junge Reporterin Marie-Louise Graf (von allen Malou genannt) ist beruflich endlich am Ziel ihrer Träume angekommen: Als ‚Gräfin der Gesellschaftskolumnen‘ hat sie sich einen Namen bei der Zeitung ‚Der Tag‘ gemacht und entlockt ihren bekannten Gesprächspartnern mit viel Empathie und Feingefühl das ein oder andere Geheimnis. Dabei können sich diese immer sicher sein, dass Malou sie niemals bloßstellen wird – es sind interessante Gespräche auf Augenhöhe.
Malous Privatleben würde selbst besten Stoff für ihre Gesellschaftskolumnen bieten: Nach dem ein wohlgehütetes Familiengeheimnis nach und nach ans Licht kommt, ist für Malou nichts mehr so, wie es einmal war. Als Malou selbst Mutter wird, erkennt sie, dass das Netz von Geheimnissen in ihrer Familie noch dichter ist, als sie angenommen hat und nicht nur sie alleine betrifft. Sie muss sie sich für einen Weg entscheiden. Doch dann ereilt sie ein folgenreicher Schicksalsschlag.

Hinter dem Pseudonym Teresa Simon steht meine Lieblingsautorin Brigitte Riebe, welche mich schon seit vielen Jahren mit ihren vielfältigen Geschichten begleitet und begeistert.
Ende 2022 kündigte sie in den Sozialen Medien ihre neue Dilogie „Die Reporterin“ an und mein Interesse war sehr schnell geweckt. Auch wenn es kein Roman ist, welcher auf zwei Zeitebenen spielt und zeitlich etwas später ansetzt, als die bisherigen Romane unter dem Namen Teresa Simon, musste ich diese neue Buchreihe lesen. Gerade die 1960er Jahre sind eine solch wichtige und ereignisreiche Zeit, von welcher ich immer wieder gerne lese. Es ist die Zeit, in der meine Eltern Jugendliche waren.
Das Buch habe ich vom Heyne Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen – ganz herzlichen Dank dafür an dieser Stelle.
Das Cover passt hervorragend zum ersten Band der Reihe, was zu einem gelungenen Wiedererkennungswert führt und auch direkt wieder meine Vorfreude auf die Geschichte weckte.

Bild links: Band 1 „Die Reporterin – Zwischen den Zeilen“,
Bild rechts: Band 2 „Die Reporterin – Worte der Wahrheit“


Zu sehen ist hier eine junge Frau, welche in die aufgeschlagene Zeitung „Der Tag“ vertieft ist. Dabei wirkt ihr Blick sehr aufmerksam und konzentriert. Hinter der Frau spielt sich eine lebendige Straßenszene ab: Hier flanieren links und rechts Menschen an Geschäften vorbei. Die komplette Szenerie ist in schwarz-weiß gehalten, darüber steht einem glänzenden türkisen Farbton der Name der Autorin und der Titel des Buches. Türkise Linien rahmen das Cover zusammen mit dem in weiß geschriebenen und türkis unterlegten Untertitel ein.
Bei dem Buch handelt es sich um ein hochwertig gestaltetes Taschenbuch mit Klappen. Auf und in der vorderen Klappe befinden sich schön inszenierte Textausschnitte, auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin mit einem Foto einer Kurzbiographie vorstellt, in der Klappe werden die beiden Teile der Dilogie nebeneinander präsentiert.
Vor dem erzählenden Teil, welcher aus insgesamt 13 Kapiteln besteht, sind eine Widmung und eine Playlist vorangestellt – also eine Zusammenstellung von Liedern, welche in diesem Roman eine Rolle spielen. So hat man während der Lektüre den perfekten Soundtrack. Nach dem erzählenden Teil folgt die Danksagung der Autorin, die Zitatnachweise und zwei lyrische Texte.
Die Handlung des Buches beginnt im September 1965 und endet im Sommer 1969. Somit knüpft die Handlung direkt an das Ende des ersten Bandes an. Ich empfehle ausdrücklich, dass man den ersten Band vor dem zweiten Band gelesen haben sollte, da einem sonst vieles von der Handlung fehlt und man auch Begebenheiten und die Hintergründe der Figuren nicht richtig einordnen kann.

„»So wie du könnte ich nicht sein, so rational, immer vom Kopf beherrscht. (…)«“

[Seite 265]

Auch in diesem zweiten Band steht die junge Malou im Mittelpunkt der Geschichte. Allerdings ist aus der jungen Frau eine erwachsene Frau geworden, welche, zumindest beruflich, ihren Platz im Leben gefunden hat. Sie ist, allen Widrigkeiten zum Trotz, ihren Weg gegangen und ist nun eine erfolgreiche Reporterin, welche ihren Beruf mit Hingabe und Leidenschaft ausübt.
Privat dagegen hat das nun gelüftete Familiengeheimnis Malous Welt aus den Angeln gehoben. Alles, was sie ihr Leben geglaubt hat, entspricht nicht der Wahrheit – somit verändert sich ihr Leben grundlegend.
Ich mochte Malous liebenswerte Art ab der ersten Seite des ersten Bandes und hatte dann im weiteren Leseverlauf immer mehr das Gefühl, dass sie mir zu einer Freundin wurde. Sie ist nicht perfekt, denn sie macht Fehler und hat ihre Geheimnisse und Probleme. Sie hat ihr Herz aber am richtigen Fleck, sieht ihre Fehler ein, ist für andere Menschen da und stellt auch gerne mal ihre eigenen Bedürfnisse hinten an. Auch von Rück- und Schicksalsschlägen lässt sie sich nicht unterkriegen, steht immer wieder auf und denkt dabei immer vernünftig und rational. Als Malou dann Mutter wird, ist sie ab diesem Moment nicht mehr nur für sich verantwortlich. Diese immense Wandlung, von einer jungen Frau hin zu einer liebevollen Mutter, hat Teresa Simon sehr glaubwürdig dargestellt. Zudem kam ich Malou noch einmal sehr viel näher als im ersten Band, ich litt und fieberte mit ihr mit. Durch sie und ihre interessanten Interviews lernte ich einige Stars ‚hautnah‘ kennen, von denen mir viele durch meine Eltern ein Begriff sind.
Auch die anderen Figuren in Malous Umfeld haben sich authentisch weiterentwickelt und durchleben Höhen und Tiefen. Viele von ihnen sind bereits aus dem ersten Band bekannt, es kommen aber auch einige neue Charaktere hinzu. Teilweise wurden diese viele kleinen Geschichten so emotional und auch traurig, dass ich das Buch mit Tränen in den Augen aus den Händen legen musste.
Maries Eltern stehen für eine Generation, deren Leben vom Dritten Reich und dem Zweiten Weltkrieg geprägt wurden. Die Mutter wurde aus ihrer alten Heimat Schlesien vertrieben, der Vater ist vom Krieg körperlich versehrt zurück gekehrt. Beide sind stets für ihre Tochter Malou da, auch wenn das Mutter-Tochter-Verhältnis nicht immer leicht ist.
Wie im ersten Band ist Onkel Julius für Malou der Fels in der Brandung. Auch wenn er körperlich sehr eingeschränkt ist, ist sein Geist wach und er hat stets ein offenes Ohr für seine Nichte. Ein Charakter, der mich mit seiner sympathischen Art sehr für sich einnehmen konnte.
Roxy ist nach wie vor Malous beste Freundin. Ihre Geschichte voller Wandlungen und Ereignissen konnte mich, wie schon im ersten Band sehr überzeugen. Zusammen mit Malous Arbeitskolleginnen Adrienne und Ella und dem liebenswerten Fotografen Samy stehen diese immer hinter Malou.
Auch wenn Malou mittlerweile in der Redaktion angekommen ist und sie sich als Reporterin einen Namen gemacht hat, meinen es noch immer einige Kollegen nicht gut mit ihr.
Ein sehr interessanter Charakter ist Chris, welcher ein turbulentes und ereignisvolles Leben lebt. Genauer möchte an dieser Stelle nicht auf diese Figur eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Zusammen mit seinem Vater
Teresa Simon versteht es außerordentlich gut, ihre fiktiven Figuren mit den Geschichten der realen Persönlichkeiten zu verbinden und zu kombinieren und zeichnet mit ihnen ein sehr authentisches Bild der damaligen Gesellschaft und den Stars und Sternchen jener Zeit. Sie alle konnten mich mit ihren lebensechten Geschichten und Beschreibungen sehr überzeugen.

„»Unsere Marie-Louise hat ihren Platz gefunden. (…) Beruflich wie privat. Was könnten sich Eltern Schöneres für ihr Kind wünschen?«“

[Seite 66]

Wie auch in ihren bisherigen Büchern hat mich Teresa Simon mit ihrem bildhaften und detaillierten Sprachstil wieder schnell mit in die Geschichte genommen und mich darin abtauchen lassen. Der Roman erzählt eine wunderbare Geschichte über Träume, Selbstverwirklichung, Freundschaft und Liebe, die auf jeden Fall in meinem Kopf und Herz bleiben wird. Ich freute mich immer wieder aufs weiterlesen und die 432 Seiten flogen nur so dahin. Ich litt und fieberte mit all den liebgewonnen Charakteren, vor allem aber mit Malou, mit. Also Achtung: Diese Buchreihe macht süchtig.

Den geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergrund bilden die 1960er Jahre in München. Wie auch in anderen Teilen der BRD brodelte es in der jungen Generation gewaltig.
Der wirtschaftliche Aufschwung der BRD war zu dieser Zeit bereits vorbei und die Arbeitslosenzahlen stiegen.
Die Studentenvertretungen begannen, die alten Strukturen an den Universitäten scharf und öffentlich zu kritisieren. Sie forderten soziale Chancengleichheit im Bildungswesen, bessere Lernbedingungen, zeitgemäße Lerninhalte und die Entlassung von Lehrkräften mit Nazi-Vergangenheit.
Wie die Studenten in den USA forderten auch die deutschen Studenten ein Ende des Vietnamkriegs und den Stopp der atomaren Aufrüstung. Die erlassenen Notstandsgesetze schürten die Unruhe unter den Studenten noch mehr, da sie gravierende Einschränkungen der demokratischen Grundrechte befürchteten.
Nach der Gründung der APO (Außerparlamentarische Opposition), nahmen die Studentenbewegungen noch einmal ordentlich Fahrt auf, da die APO diese ab Mitte der 1960er-Jahre in weiten Teilen beeinflusste. Sie sah sich als einzige Gegenkraft zur herrschenden Regierung, denn durch die große Koalition gab es im Parlament praktisch keine Opposition mehr.
Als am 2. Juni 1967 der persische Schah Reza Pahlevi zum Staatsbesuch in der BRD eintraf, demonstrierten die jungen Menschen gegen den Besuch des Diktators. Dieser ließ in seiner Heimat Oppositionelle foltern und unternahm zudem nichts gegen die Verarmung der persischen Bevölkerung. Es wurde aber auch gegen die finanzielle und materielle Unterstützung protestiert, die der Schah vor allem von den USA und der Bundesrepublik erhielt. Während dieser Demonstration wurde der 26-jährige Student Benno Ohnesorg getötet. Bis dahin waren die Demonstrationen noch wenig radikal gewesen. Das änderte sich ab diesem Abend schlagartig: Die Protestaktionen wurden radikaler.
Mit dem Attentat auf Rudi Dutschke, der Galionsfigur der deutschen Studentenbewegung, im April 1968, gab es für die Proteste kein Halten mehr. Es entwickelte sich eine Studentenrevolte, welche sich in fast allen deutschen Universitätsstädten ausbreitete.
Insgesamt waren die Studentenbewegungen aber auch das Ventil eines großen Konflikt der Generationen. Die jüngere Generation warf ihren Eltern die Verbrechen im Dritten Reich vor, fragten nach deren Vergangenheit und ihren Taten. Die ältere Generation wollte einfach nur vergessen, während die jüngere Generation immer wieder den Finger in die noch offene Wunde legte.

„»Das Nazi-Regime mit seiner Rassenideologie ist erst seit einem guten Vierteljahrhundert beendet«, sagte Ella. »Das ist gerade mal eine Generation. So schnell funktioniert Umdenken leider nicht, nicht von Grund auf. (…)«

[Seite 307]


Ein weiteres gesellschaftliches und politisches Thema ist das sogenannte ‚Nichtehelichengesetz‘. Dieses Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder trat am 01. Juli 1970 in Kraft und sollte die Ungleichheiten zwischen ehelichen und unehelichen Kindern beseitigen. Bis in Krafttreten dieses Gesetztes galt die seit 1900 gültige Regelung des BGB, wonach ein uneheliches Kind und dessen Vater als nicht verwandt galten. Auch wenn die die Verabschiedung dieses Gesetzes in dieser Dilogie nicht vorkommt , wird der große Wunsch nach einer Änderung des Gesetzes durch einige der Figuren deutlich.
All diese geschichtlichen, politischen und gesellschaftlichen Themen und Hintergründe stellt Teresa Simon sehr authentisch und nachvollziehbar mit ihren vielfältigen Figuren da. Sie verwebt deren Lebensgeschichten mit der großen Politik und dem Weltgeschehen dieser Zeit.
Wie auch schon beim ersten Band, empfinde ich es als sehr bemerkenswert und herausragend dass es nicht nur um Politik und das große Weltgeschichte geht, sondern es sich viel um die Kultur (Musik, Sänger/ Sängerinnen, Filme und Schauspieler/ Schauspielerinnen) dieser Zeit dreht. Damit kam mir das Lebensgefühl dieser besonderen Zeit sehr nahe.
Auch die spannenden Einblicke in die Arbeit in einer Zeitungsredaktion finde ich sehr gelungen, vor allem, wie Interviews geführt werden. Deutlich wird gezeigt, dass die Hauptfigur Marie eben nicht nur auf Effekthascherei aus ist, sondern die Menschen hinter den Prominenten sieht und es mit Leichtigkeit und ihrem untrüglichen Spürsinn schafft, Zugang zu diesen Menschen und ihren spannenden Geschichten zu erhalten.
Mit ihrem immensen Wissen, ihrer akribischen Recherche und ihren liebevoll gezeichneten Figuren hat Teresa Simon ein wunderbares und unvergessliches Reihen-Finale geschrieben – vielen Dank für dieses tolle und mitreißende Leseerlebnis.

„»Die Liebe kommt, wann sie will, und wenn man nicht aufpasst, fliegt sie auch wieder davon, wann sie will. Für mich ist Liebe ein Geheimnis, abgesehen vom Tod vielleicht das größte von allen …«

[Seite 117]

Fazit: Mit diesem zweiten und abschließenden Band ihrer äußerst interessanten Dilogie hat Teresa Simon sich noch einmal selbst übertroffen. Ein Roman, welcher seine Leser und Leserinnen mit unterschiedlichsten Emotionen und viel Zeitkolorit ab der ersten Seite in die wilden 1960er Jahre mitnimmt. Sehr lesenswert! Aber Vorsicht: Einmal angefangen, möchte man das Buch nicht mehr zur Seite legen.

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Gut Erlensee – Marillas Schicksal“

von Juliana Weinberg

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 25. Juli 2023
Verlag: HarperCollins
Ausgaben: ebook & Taschenbuch
ISBN: 978-3-365-00061-8
Seitenanzahl: 400 Seiten
Preis: 8,99€ (eBook), 12,00€ (Taschenbuch)
Reihe: „Gut Erlensee/03“

Homepage:
https://www.harpercollins.de/products/gut-erlensee-marillas-schicksal-9783365000618

Klappentext:
„Juli 1924 bei Kiel. Marillas Welt liegt in Scherben. Als ihre große Liebe sie verlassen hat, hat die junge Frau auch ihren Lebensmut verloren. Am liebsten würde Marilla gar nicht mehr vor die Tür gehen, doch das lassen ihre Schwestern nicht zu. Marillas Hilfe wird auf dem Gut der Familie gebraucht. Sie beugt sich dem Druck der Familie und muss schon bald feststellen, dass ihr die frische Luft, die Nähe zu den Pferden und die Natur guttun. Besonders der nebenan lebende Leonhard ist ihr eine Stütze in dieser Zeit. Aber gerade als Marilla wieder Vertrauen in das Schicksal fasst, ereilt sie eine unheilvolle Nachricht …“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Hier findet ihr meine ausführliche Rezension zum ersten Band „Gut Erlensee – Margaretas Traum“ und zum zweiten Band 
„Gut Erlensee – Cäcilias Erbe“.

Das Buch „Gut Erlensee – Marillas Schicksal“ von Juliana Weinberg ist der dritte und abschließende Teil einer Buchreihe, welche in den frühen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg angesiedelt ist. Dieser Teil spielt 1923/ 1924 und beschreibt das Leben von Marilla, der mittleren Tochter der Familie Lamprecht, welche nach einem Schicksalsschlag wieder zurück ins Leben finden muss.

„Aber Emilie zuliebe musste sich sich zusammenreißen, musste ihrer Tochter ein halbwegs normales Leben ermöglichen, auch wenn ihre eigene Welt wie eine zerbrechliche Glaskugel zu tausend Splittern geborsten war, die sich nie wieder zusammenfügen ließen.“

[Seite 13]

Nach einem furchtbaren Verkehrsunfall ist im Leben von Marilla nichts mehr, wie es einmal war: Ihr Ehemann Eduard ist tot und sie lebt zusammen mit ihrer Tochter Emilie auf dem Gut ihrer Eltern am Erlensee. Wochen vergehen, bis Marilla sich dazu aufraffen kann, an die frische Luft zu gehen und auch andere Menschen in ihrem Leben zuzulassen. Sie trifft auf den Grafensohn Leonhard, welcher mit seinen Eltern am gegenüberliegenden Ufer des Sees lebt. Die Beiden fühlen sich schnell zueinander hingezogen und geben sich gegenseitig Halt und Mut. Doch ihre Verbindung sieht nicht jeder gerne.
Gerade als Marilla und Leonhard eine gemeinsame Zukunft planen und sich die dunklen Wolken etwas lichten, zeigt sich am Horizont ein erneutes Unwetter: Die Familie erhält eine Nachricht, welches alles verändern kann.

Nach den beiden Roman-Biographien „Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne“ und
„Josephine Baker und der Tanz des Lebens“ gehört Juliana Weinberg zu meinen Lieblingsautorinnen. Ich mag ihren bildhaften, aber auch ruhigen und aufgeregten Schreibstil sehr gerne und auch ihre vielfältigen Geschichten wissen mich immer zu begeistern.
Als sie in den sozialen Medien ihre neue Trilogie „Gut Erlensee“ ankündigte, war mein Interesse sofort geweckt. Ich mag Buchreihen, die im 20. Jahrhundert spielen und zeigen, wie schwer der Weg der Frauen damals in Richtung Gleichberechtigung war.
Mit großer Begeisterung habe ich den Auftakt „Gut Erlensee – Margaretas Traum“ gelesen und auch der zweite Band „Gut Erlensee – Cäcilias Erbe“ konnte mich begeistern.
Diesen dritten Teil erhielt ich, wie auch den zweiten Band, freundlicherweise direkt von der Autorin als signiertes Rezensionsexemplar, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte. Auch für den stets freundlichen Kontakt in den Sozialen Medien möchte ich meinen großen Dank ausdrücken.

Der dritte Band passt optisch wunderbar zu den ersten beiden Bänden der Geschichte – damit hat die Reihe einen sehr gelungenen Wiedererkennungswert. Während der erste Band von außen in Türkis gehalten ist, erstrahlt der zweite Band in beige, der dritte Band besticht mit einem warmen rötlichen Ton.
Über dem in weiß geschriebenen Haupttitel „Gut Erlensee“, welcher mit einem Foto eines Guts hinterlegt ist und sehr dominant wirkt, steht ebenfalls in weißer Schrift der Name der Autorin. Unter dem Haupttitel befindet sich der Untertitel „Marillas Schicksal“ – dieser ist in roter Schrift gehalten.

Auf allen drei Covern nimmt der See eine zentrale Rolle ein. Während er auf den ersten beiden Bänden still und idyllisch da liegt, versinkt er bei diesem Cover in einem Meer aus Nebel und Wolken. Vor dem See steht leicht mittig eine Frau mit dem Rücken zum Betrachter auf einem schmalen Weg inmitten einer hochgewachsenen Wiese. Sie trägt ein langärmliges orangefarbenes Kleid, ihre blonden Haare sind am Hinterkopf zu einem leichten Knoten gebunden.

Das Foto des Guts, welches den Haupttitel hinterlegt, findet sich noch einmal auf der Rückseite des Buches, unterhalb des Klappentexts.
Es handelt sich, wie auch bei den ersten beiden Teilen um ein einfaches Taschenbuch mit genau 400 Seiten. Am Anfang des Buches befindet sich der Stammbaum der Familie Lamprecht – an diesen schließt sich der erzählende Teil des Buches an. Das erste Kapitel beginnt im Dezember 1923 – also etwa vier Monate nach Ende des zweiten Bandes. Durch diesen kurzen zeitlichen Abstand war ich wieder schnell in der Geschichte angekommen und fand mich direkt wieder zurecht.
Insgesamt beinhaltet das Buch 29 Kapitel und einen Epilog, welcher im Oktober 1924 endet. Somit umfasst die gesamte und chronologisch erzählte Handlung des Buches etwa 10 Monate.
Nach meiner Meinung lässt sich jeder Teil der Buchreihe eigenständig lesen, allerdings empfehle ich trotzdem, diese Buchreihe komplett und der Reihe nach zu lesen, da man dann Geschehnisse und Hintergründe besser ein- und zuordnen kann und vor allem die Entwicklung der einzelnen Figuren sieht und die zwischenmenschlichen Konflikte besser versteht. Und von diesen Konflikten gibt es so einige.

»Niemand versteht, dass einem die Kraft fehlt, mit anderen zu plaudern, dass einem die Belanglosigkeiten, mit denen andere beschäftigt sind, nicht im Geringsten interessieren.«

[Seite 34]

In diesem Band steht die titelgebende Marilla im Mittelpunkt der Geschichte. Sie ist die mittlere der drei Töchter der Familie Lamprecht und wusste schon immer genau, was sie will. Gegen den Willen ihrer Eltern heiratete sie ihren ehemaligen Musiklehrer Eduard, mit dem sie ihre Tochter Emilie bekam und nach Hamburg gezogen ist, wo sie sich ein gemeinsames Leben aufgebaut haben. Doch das Schicksal schlug erbarmungslos zu und nahm Marilla den Mann und damit ihre gesamte Zukunft. Nun lebt sie wieder auf dem elterlichen Gutshof und muss damit klarkommen, dass sich ihre Eltern, vor allem ihre Mutter, wieder in ihr Leben einmischen.
Marilla ist zu Beginn des Buches eine gebrochene Frau, welche jeglichen Lebensmut verloren hat. Sie weiß nicht, wie es mit ihr und ihrer kleinen Tochter weiter gehen soll und gibt sich ganz ihrer Trauer hin. Doch durch die Bekanntschaft mit dem sympathischen und empathischen Leonhard findet sie einen Ausweg aus der Trauer und lernt allmählich mit dem Verlust umzugehen.
Auch wenn Marillas Art nicht immer freundlich ist und sie in ihrer Trauer auch einigen ihrer Mitmenschen ordentlich vor den Kopf stößt, mochte ich sie sehr gerne. Während sie in den ersten beiden Teilen etwas überheblich wirkte, wird in diesem Band ihre tief verletzte Seite gezeigt.
Ich empfand Marillas Entwicklung sehr gelungen und auch, dass sie auch hin und wieder Fehler und Fehlentscheidungen begeht, macht sie zu einem sehr authentischen Charakter, welcher mir, zusammen mit ihrer hinreißenden Tochter Emilie, auf jeden Fall im Gedächtnis bleiben wird.
Neben ihr steht der Grafensohn Leonhard, welcher auch bereits aus den vorherigen Bänden bekannt ist. Auch er hat eine immense Entwicklung durchlaufen und wird hier schnell zu einem großen Sympathieträger, welcher Marilla viel Halt und auch Geborgenheit gibt.
Marillas Schwestern Margareta, Cäcilia und Carla rücken mit ihren Geschichten etwas in den Hintergrund, bilden aber zusammen mit ihrer famosen und unverwechselbaren Großmutter Ilsegard Lamprecht für Marilla den Fels in der Brandung. Diese Frauen halten auch in schwierigen Zeiten immer zusammen und sie alle verbindet ein inniges Band der Vertrautheit. 

„Die Arbeit in der Brennerei war ganz anders als alles, was sie bisher in ihrem Leben verrichtet hatte, aber sie war es gewöhnt, dass die Lamprecht-Frauen in Krisenzeiten zusammenhielten und tatkräftig mitanpackten.“

[Seite 146]

Während Margareta und Cäcilia ihren Platz im Leben gefunden haben, muss Carla als die Jüngste im Bunde noch ihren Platz erkämpfen. Sie zieht sich von ihrer Familie mehr und mehr zurück und versucht ihr ganz eigenes Leben zu leben. Carla ist ein sehr interessanter und vielschichtiger Charakter und ihre weitere Geschichte wäre eigentlich noch einen vierten Band wert.
Großmutter Ilsegard Lamprecht ist auch in diesem Band wieder sehr präsent. Sie hält sich selten mit ihren Ansichten und Meinungen zurück, legt sich gerne auch mit ihrer Schwiegertochter Adelheid an, welche im Gegensatz zu ihr in der Zeit stehen geblieben zu sein scheint.

»Bei euch ist es immer so unterhaltsam. Dieser subtile Kleinkrieg zwischen deiner Mutter und deiner Großmutter, einfach köstlich. Deine Großmutter ist so jugendlich und modern eingestellt, während deine Mutter am alten Zopf hängt, das ist zum Schießen.«

[Seite 274]

Adelheid ist eine der wenigen Charaktere, welche sich über die gesamten drei Bände hinweg nicht verändert und weiterentwickelt. Ihr Auftreten gegenüber ihrer jüngsten Tochter Carla und deren Erziehung lässt ihre Sympathie nicht gerade steigen, ihre spitzen Bemerkungen und Ansichten gingen mir stellenweise so auf die Nerven. Adelheid ist, wie auch ihr Ehemann Hermann, in der Zeit stehen geblieben. Den Beiden ist gesellschaftliches Ansehen extrem wichtig und sie möchten für ihre Kinder nur die besten Verbindungen. Auch wenn Hermann sich im Gegensatz zu seiner Frau im zweiten Band etwas positiv weiterentwickelt hat, setzt Adelheid ihre wenig sympathische Gesinnung weiter fort. Auch in diesem Teil hätte ich sie gerne das ein oder andere Mal kräftig geschüttelt, so ungerecht empfand ich ihr Verhalten – vor allem gegenüber Carla.
Neben Adelheid gibt es noch eine weitere Figur, welche mich mit ihrem Verhalten regelrecht abgestoßen hat und, ähnlich wie Adelheid, einer anderen Zeit entsprungen ist und noch nicht in die moderne Gesellschaft nach Ende der Kaiserzeit hineingefunden hat. Aber auch solche unliebsamen Charaktere, die einen entsetzen, muss es meiner Meinung nach in Büchern geben.
Die dramatische Geschichte von Gregor Lamprecht konnte mich schon im ersten und zweiten Band mitreißen. Er ist der einzige Sohn von Hermann und Adelheid und hat, zusammen mit seinem Geschäftspartner und Freund Benno, seinen Lebenstraum eines eigenen Gestüts verwirklicht. Es könnte alles perfekt und er so glücklich sein. Als jedoch sein großes Geheimnis ans Licht kommt, erfährt er von seinen Eltern alles andere als Rückendeckung. Ich spürte seine große Verzweiflung und Traurigkeit – aber auch seine immensen Ängste.

„Sie wusste, wie unerträglich es für Gregor war, in der Luft zu hängen, ohne zu wissen, wann er vor Gericht erscheinen musste, um seine Strafe entgegenzunehmen. Strafe wofür? Dafür, dass er jemanden liebte, so wie sie Eduard geliebt hatte (…)“

[Seite 185]


Hier kommt dann eine Figur hinzu, welche sehr viel Bewegung, aber auch Wärme in die Geschichte bringt. Die Arzt-Nichte Konstanze fegt wie ein frischer Wind durch die Geschichte. Ich möchte nicht näher auf diesen interessanten Charakter eingehen, da ich sonst zu viel von der Geschichte vorweg nehme.
Auch wenn einige Figuren nicht mit Sympathien glänzen, konnten mich aber alle Charaktere in ihrer Gesamtheit sehr begeistern, da sie sehr facettenreich und ambivalent beschrieben sind und zusammen ein gutes und authentisches Bild der Gesellschaft abgeben.


Es war eine Gesellschaft, welche noch immer unter den Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges (1914 – 1918) litt und von starken Gegensätzen und auch einem Gefühl des Aufbruchs geprägt war.
In den Großstädten der Weimarer Republik pulsierte das Leben, die ‚Goldenen Zwanziger‘ waren im vollen Gange – die Menschen wollten den Krieg und die Hyperinflation im Jahre 1923 vergessen.
Von Beginn an stand die Weimarer Republik auf wackligen Füßen und verlor schon früh das Vertrauen der Menschen. Durch die Zuweisung der Alleinschuld am Ersten Weltkrieg und die daraus resultierenden hohen Reparationszahlungen, sowie die Arbeitslosigkeit nahmen den Menschen den Glauben an die Demokratie. Am Horizont bildeten sich zu dieser Zeit bereits die ersten dunklen Wolken, als die Nationalsozialisten mehr und mehr in der Politik auftauchten. Nach dem missglückten Putschversuch am 09. November 1923 wurde die NSDAP verboten und Adolf Hitler erhielt im Hochverratsprozess im Februar 1924 fünf Jahre Festungshaft.
Auch das Streben nach Gleichberechtigung spaltete die Gesellschaft. Die Verfassung der Weimarer Republik stellte Frauen dem Gesetz nach gleich, worauf Frauen zum Beispiel wählen durften. Viele Frauen zog es ins Studium, doch noch immer mussten vielen Frauen mit dem Argwohn der Bevölkerung und der männlichen Studenten kämpfen, welche diese Frauen gerne als „Blaustrümpfe“ bezeichnete – also Frauen, welche für ihre geistige Bildung und Arbeit ihre vermeintlich typische Aufgaben vernachlässigten. Vor allem die ältere Generationen, welche im Kaiserreich groß wurden, hatten mit diesen freiheitsliebenden jüngeren Frauen ihre Probleme und fanden schwer in die offenere und moderne Gesellschaft hinein.

»Ich finde, man sollte Frauen überhaupt nichts vorschreiben, sondern jede von uns frei entscheiden lassen, wie sie ihr Leben gestalten möchte. Sicherlich macht es die Mehrheit auch heute noch glücklich, sich darauf zu konzentrieren, eine Familie zu versorgen. Allerdings sollte man auch jenen Frauen, die anderes anstreben, die Türen dazu weit öffnen. Leider ist die Gesellschaft noch nicht so weit.«

[Seite 113]


Ein weiteres gesellschaftliches Thema ist der §175 des deutschen Strafgesetzbuches, welcher vom 1. Januar 1872 (Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches) bis zum 11. Juni 1994 existierte. Dieser Paragraf stellte sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe und ermöglichte somit die Verfolgung Homosexueller. In den zwanziger Jahren gab es mehrere Vorschläge zur Reform des Paragrafen 175. Vor allem linke Parteien drängten auf seine Abschaffung, konnten sich aber nicht durchsetzen. Die von der Zentrumspartei geführte Mitte-rechts-Regierung strebte hingegen eine Verschärfung des Strafrechts an.
Während es im Jahr 1919 noch 89 Verurteilungen gab, waren es 1924 bereits 696 verurteilte Männer.
Dieses Thema erzählt Juliana Weinberg mit der ergreifenden Geschichte von Georg und seinem Geschäftspartner Benno.

» (…) Vielleicht ist das meine Art der stillen Revolte gegen das System. Gesetze, die Gefühle unter Strafen stellen, sind selbst Verbrechen.«

[Seite 352]

All diese gesellschaftlichen und geschichtlichen Hintergründe hat Juliana Weinberg akribisch recherchiert und in ihrer Romanreihe einen Platz gegeben und stellt diese mit ihren facettenreichen Charakteren und deren Lebensgeschichten sehr greif- und fühlbar da.

Wie in den ersten beiden Teilen konnte mich der ruhige, aber doch auch äußerst bildhafte Schreibstil der Autorin wieder sehr schnell in die Geschichte mitnehmen. Ich nahm das Buch immer wieder gerne in die Hände und freute mich sehr auf das weiterlesen.
Jeder Band dieser Buchreihe hat mich überzeugt und abgeholt. Dieser dritte und abschließende Band hat nochmal eine ganz eigene und sehr emotionale Grundstimmung. Eine Gänsehaut jagte die nächste, die Tränen standen mir in den Augen und ich wollte Marilla oft einfach nur ganz fest in den Arm nehmen.
Was ich zudem noch sehr beeindruckend fand, ist wie Juliana Weinberg das Wetter und die Jahreszeiten mit der Gefühlswelt von Marilla in Verbindung setzt. Als das Buch beginnt, herrscht tiefster Winter mit Nebel und Schnee. Auch in Marilla herrschen Dunkelheit und Tristesse, welche sich erst mit dem Frühjahr und der Beziehung zu Leonhard beginnen, sich etwas zu lösen. Marilla blüht auf – wie die Blumen durch die Frühlingssonne. Bedrohliche Gewitter finden nicht nur am Himmel statt, sondern auch in Marillas Leben.
Doch auch der Erlensee ist sehr präsent: Neben dem Gut der Familie ist dieser der Rückzugsort und die Konstante einzelnen Familienmitglieder. Auch wenn sich die Welt verändert, bleibt der See unveränderlich an Ort und Stelle.

„Die Gemeinschaft mit ihren Schwestern, Mutter und Großmutter war wider Erwarten wie ein kleines Trostpflaster; in schwierigen Zeiten hielten die Lamprechts zusammen, das war schon immer so gewesen und würde immer so sein, komme was da wolle.“

[Seite 305]


Nun heißt schweren Herzens Abschied zu nehmen.
Ich bin sehr dankbar, dass ich über drei Bände hinweg ein Teil dieser turbulenten Familie sein durfte, welche ich sehr liebgewonnen habe, auch wenn mich die ein oder andere Figur mit ihren Ansichten und Aussagen genervt hat. Vermissen werde ich sie alle.
Danke liebe Juliana Weinberg für dieses großartige, lehrreiche und unvergessliche Lese-Erlebnis.

Fazit: Voller verschiedener und breitgefächerten Emotionen bildet dieser Band einen gelungenen und wunderbaren Abschluss einer Buchreihe, die mich ab dem ersten Band mit jeder Figur und jeder Geschichte überzeugt hat. Absolut lesenswert und eine ganz große Empfehlung.

*Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Bodensee-Saga – Töchter eines neuen Morgens“

von Maria Nikolai

[Werbung*]

Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 01. August 2023 eBook, 30. August 2023 Taschenbuch
Verlag: Penguin
Ausgaben: ebook & Taschenbuch
ISBN: 978-3328107613
Seitenanzahl: 608 Seiten
Preis: 12,00€
Reihe: „Die Bodensee-Saga/03“

Homepage:
https://www.penguin.de/Taschenbuch/Toechter-eines-neuen-Morgens/Maria-Nikolai/Penguin/e586522.rhd (Homepage Verlag)
https://www.marianikolai.de/#bodenseesaga-1
(Homepage Autorin)

Klappentext:
„München und Meersburg 1927: Schon seit ihrer Kindheit am idyllischen Bodensee weiß Katharina, dass ihr Herz der Medizin gehört. Nachdem sie den ersehnten Studienplatz in München erhalten hat, widmet sie sich mit besonderer Hingabe der Frauenheilkunde. Doch als Frau hat sie es an der Universität nicht leicht und muss gegen die konservativen Widerstände und unerbittlichen Moralvorstellungen ihrer Zeit kämpfen. Bei ihrer Arbeit lernt Katharina den charmanten Arzt Thomas von Bogen kennen, der neben seiner angesehenen Privatpraxis auch eine Praxis für mittellose Patienten führt, und die beiden kommen sich näher. Als Katharina fälschlicherweise einer Straftat beschuldigt wird, hängt nicht nur ihre berufliche Zukunft am seidenen Faden, sondern auch ihre Liebe zu Thomas.“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Penguin Verlag als Rezensionsexemplar (eBook) zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Hier findet ihr meine ausführliche Rezension zum ersten Band „Die Bodensee-Saga – Töchter der Hoffnung“ und zum zweiten Band „Die Bodensee-Saga – Töchter des Glücks“.

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Das Buch „Töchter eines neuen Morgens“ von Maria Nikolai ist der dritte und abschließende Band der Reihe „Die Bodensee-Saga“, welcher im von 1927 bis August 1928 zum größten Teil in München spielt und zeigt, wie Katharina während ihres Medizinstudiums gegen konservative Widerstände und eine bittere Intrige kämpft.

„» … Man verbietet uns den Mund, ich erlebe es täglich. Und warum? Weil es die Gleichstellung der Geschlechter nur auf dem Papier gibt. Wir dürfen wählen. Immerhin. Aber sonst? Uns gehört nichts. Nicht unser Vermögen, nicht unsere Kinder, nicht unser Körper, nicht unsere Zukunft. Alles wird von Männern beherrscht.«“

[Kapitel 54]

München im Oktober 1927, Katharina könnte nicht glücklicher sein: Sie studiert in der pulsierenden Stadt Medizin, ihre Leidenschaft ist die Frauenheilkunde. Sie erhält von ihrem Professor immer wieder Anerkennung für ihr Wissen und ihre Auffassungsgabe – damit zieht sie den Neid und den Missmut eines männlichen Kommilitonen auf sich. Doch auch in der Gesellschaft sieht man studierende Frauen nicht gerne und Katharina muss gegen die rückständigen Wertemaßstäbe ihrer Zeit kämpfen.
In ihrem aufregenden Leben hat ein Mann keinen Platz, doch dann lernt sie den Arzt Thomas von Bogen kennen, welcher sie bittet, in seiner Armenpraxis mitzuarbeiten. Die Beiden kommen sich näher, doch dann ist Katharina einer Intrige ausgesetzt, welche ihre gesamte berufliche Zukunft und die Liebe zu Thomas gefährdet.

Seit ihrem Buch „Die Schokoladenvilla“, welches im Jahr 2018 erschienen ist, begleitet mich Maria Nikolai mit ihren wundervollen und zauberhaften Buchreihen. Nach „Die Schokoladen-Villa – Goldene Jahre“ (2019) und „Die Schokoladen-Villa – Zeit des Schicksals“ (2020) erschien 2021 der Auftakt ihrer ‚Bodensee-Saga‘: „Töchter der Hoffnung“. Dieser und auch der zweite Band „Töchter des Glücks“ (2022), konnten mich voll und ganz begeistern und bestens unterhalten. Die Bodensee-Region übt auf mich schon immer einen ganz besonderen Reiz aus und ich verbrachte dort schon einige unvergessliche Urlaube.
Mit großer Vorfreude und auch einem Stück Ungeduld fieberte ich dem finalen Band „Töchter eines neuen Morgens“ entgegen und freute mich sehr, als ich diesen als Rezensionsexemplar (eBook) vom Penguin Verlag zugesendet bekommen habe. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an den Verlag und an Maria Nikolai.

Das Cover des dritten Bandes passt hervorragend zu den vorherigen zwei Bänden:
Es zeigt eine junge Frau, bekleidet mit einem hellblauen gemusterten Rock und einer weißen Bluse. Über ihre Unterarme hat sie ein oranges Tuch geschlungen, zudem trägt sie eine braune Tasche, welche an eine Arzttasche erinnert. Sie steht am linken Bildrand und mit dem Rücken zum Betrachter, ihr Blick geht über einen See, hin zu einem herrschaftlichen Gebäude, welches sich hinter dem See erhebt. Der See und auch das Gebäude sind bereits bekannte Elemente von den Covern des ersten und zweiten Bandes.

Während das Cover des ersten Bandes sehr frühlings- und sommerhaft daher kommt, zeigt das Cover des zweiten Bandes den See als Winterlandschaft. Der dritte Band wirkt von den Farben der Bäume im Hintergrund und auch durch die Kleidung der jungen Frau sehr herbstlich.
Die in geprägter und goldfarbener Schrift aufgetragenen Titel und der darüber stehende Name der Autorin sorgen für einen gelungenen Wiedererkennungswert der Buchreihe.
Da ich das Buch als eBook gelesen habe, kann ich an dieser Stelle nicht die Ausstattung des Taschenbuchs beschreiben. Diese Beschreibungen füge ich nachträglich ein, sobald das Taschenbuch bei mir eingezogen ist.

Der erzählende Teil des Buches gliedert sich in 62 Kapitel und in diese vier Teile auf:

  • „Teil 1: Hohe Erwartungen“
  • „Teil 2: Verhängnisvoller Mut“
  • „Teil 3: Gebrochene Flügel“
  • „Teil 4: Ein neuer Morgen“

Nach einem Zitat von Rainer Maria Rilke beginnt die Handlung mit einem Prolog, welcher in Meersburg im April 1911 spielt. Durch diesen sehr rührenden Prolog, bei dem mir direkt die Tränen in den Augen standen, lernt der Leser/ die Leserin Katharina als junges Mädchen kennen und es wird klar, dass sie dafür geboren wurde, anderen Lebewesen zu helfen. Das erste Kapitel setzt dann 16 Jahre nach dem Prolog, also im Oktober 1927 an. Aus Katharina und ihren beiden Schwestern sind junge Frauen geworden, welche ihren Platz im Leben gefunden haben.
Das 62. und damit letzte Kapitel spielt im August 1928, somit umfasst die gesamte Handlung des Buches (ohne Prolog und Epilog) etwas weniger als ein Jahr. Der Epilog fasst dann einige der Ereignisse, welche nach Ende der Handlung passieren, kurz und bündig zusammen.
Dem erzählenden Teil folgt der Anhang: Hier findet sich das ausführliche Personenverzeichnis, die historischen Romanhintergründe, das Glossar und der Dank der Autorin. Vor allem die ausführlich aufbereitenden historischen Romanhintergründe fand ich sehr interessant.
Die Handlung des Buches setzt etwa sieben Jahre nach dem Ende des zweiten Bandes an. Trotz dieses Zeitsprungs fand ich mich schnell wieder in der Geschichte zurecht und konnte auch den vielen Figuren wieder gut folgen. Meiner Meinung nach ist es nicht unbedingt erforderlich, dass man die ersten beiden Bände vorher gelesen hat. Allerdings empfehle ich trotzdem, dass man diese gelesen hat, da man die Begebenheiten, die Figuren und ihr Verhalten/ ihre Entwicklung besser zuordnen und verstehen kann.

„Aber Hilfe zu suchen und anzunehmen war Katharina schon immer schwergefallen. Sie regelte die Dinge lieber selbst.“

[Kapitel 41]

Der Blick in das Personenregister zeigt, dass auch in diesem Band wieder einige Figuren mitspielen. Viele von ihnen sind aus dem ersten und zweiten Band bekannt, es kommen aber auch einige neue Figuren hinzu. Neben den fiktiven Figuren haben auch einige historische Persönlichkeiten den Weg in die Geschichte gefunden.
Im Mittelpunkt der Handlung steht die 26 jährige Katharina. Sie ist die jüngste der drei Lindner-Schwestern und ihre große Leidenschaft ist die Medizin – für sie gibt es nichts Schöneres, als anderen zu helfen. Doch so gerne sie anderen Menschen hilft, umso schwerer fällt es ihr Hilfe anzunehmen.
Katharina besitzt einen sehr sanftmütigen und ruhigen, aber auch entschlossenen und starken Charakter. Sie erkennt Unrecht und versucht gegen dieses vorzugehen, dabei verliert sie aber niemals ihr Ziel aus den Augen: Sie möchte Ärztin werden. Eine Beziehung mit einem Mann, eine eigene Familie und Kinder haben in ihren Plänen keinen Platz. Mit dem bedingungslosen Rückhalt ihrer Familie in Meersburg und ihren Freundinnen Lola, Zara und Eva, findet sie sich schnell in München und in ihrem Studium ein. Neben ihren Freundinnen, welche alle künstlerisch aktiv sind und auch das Nachtleben von München genießen, wirkt Katharina oft sehr diszipliniert und streng mit sich selbst. Katharina ist eine Figur, die ich schon in den ersten beiden Bänden sehr gerne mochte. Ihre Entwicklung von einem jungen Mädchen zu einer erwachsenen Frau ist sehr authentisch dargestellt und ihre mitreißende Geschichte wird mir mit Sicherheit noch lange im Gedächtnis bleiben.
Katharinas Schwestern Helena und Lily und deren Familien, ihr Vater Gustav spielen etwas am Rande der Geschichte mit und trotzdem sind diese liebgewonnen Figuren in der Geschichte sehr gegenwärtig und immer für Katharina da.
Auch meine Lieblingsfigur Pater Fidelis ist wieder ein Teil dieser Geschichte. Wie schon in den ersten beiden Teilen bringt er mit seiner lockeren Art und seinen Sprüchen viel Leichtigkeit, aber auch Tiefgründigkeit – vor allem aber Wärme in die Geschichte.
Zu den bereits bekannten Figuren kommt unter anderen Thomas von Bogen neu hinzu. Von Beginn umweht ihn etwas geheimnisvolles – dadurch wirkt er sehr undurchsichtig. Er hat das Herz am richtigen Fleck und kümmert sich in zwei Praxen um die gesundheitlichen Belange der Menschen: In einer Privatpraxis für die reichen Menschen und in einer Armenpraxis. Die Liebesgeschichte zwischen Katharina und Thomas darf sich langsam entwickeln, damit wurde dieser genügend Zeit und Raum gegeben, sich zu entfalten und kommt dadurch sehr authentisch rüber, ohne kitschig zu wirken.
Ich möchte noch kurz auf eine weitere Figur eingehen, welche mir mit ihrer hilfsbereiten und herzensguten Art und ihrem fortschrittlichen Denken sehr positiv im Gedächtnis bleiben wird: Rosina Gruber. Sie ist eine vermögende Witwe und die Zimmerwirtin von Eva und Zara. Ein ganz wunderbarer und unvergesslicher Charakter.
Auch die vielen weiteren fiktiven Figuren konnten mich mit ihren unterschiedlichen Lebensgeschichten sehr begeistern. Sie alle haben ihre Gründe, wie und warum sie zu den Menschen geworden sind, die sie sind – auch die weniger sympathischen Charaktere unter ihnen.
Neben diesen fiktiven Figuren hat Maria Nikolai auch einige historische Figuren in ihre Geschichte eingebaut. Gekonnt verbindet sie diese mit ihren fiktiven Figuren und deren Schicksalen. All diese fiktiven und historischen Figuren haben ihre Ecken und Kanten, agieren mitunter unvorhergesehen und wirken sie sehr authentisch und auf keiner Seite überzeichnet. Zudem waren die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren stets fassbar, vor allem aber fühl- und spürbar.
Zusammen geben all diese Figuren ein gutes und stimmiges Bild der Gesellschaft der 1920er Jahre ab.

„Ein Jammer, wie vielen jungen Männern der Krieg die Zukunft gestohlen hatte. Eine ganze Generation war ausgedünnt. Diejenigen, die überlebt hatten, schleppten Wunden und Traumata mit sich und fanden nicht mehr zurück ins Leben.“

[Kapitel 16]

Es war eine Gesellschaft, welche noch immer vom Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) geprägt war, aber auch von heftigen Gegensätzen und Aufbruchstimmung:
Während ehemalige und versehrte Soldaten versuchten zurück ins Leben zu finden, pulsierte in den Großstädten der Weimarer Republik das Leben. Die ‚Goldenen Zwanziger‘ waren im vollen Gange – die Menschen wollten den Krieg und die Hyperinflation im Jahre 1923 vergessen. Doch die Weimarer Republik stand von Beginn auf wackligen Füßen und hatte schon früh das Vertrauen der Menschen verloren. Durch die Zuweisung der Alleinschuld am Ersten Weltkrieg und die daraus resultierenden hohen Reparationszahlungen, sowie die Arbeitslosigkeit und die bittere Armut in vielen Vierteln großer Städte nahmen den Menschen den Glauben an die Demokratie.

„»Frauen, die studieren, werden heute noch schief angesehen. Damals sprengten sie jede Vorstellung. Und auch für uns ist es fraglich, ob wir einmal in unserem Beruf werden arbeiten können. Oder als studierte Mutter und Hausfrau enden.«“

[Kapitel 12]

Gespalten wurde die Gesellschaft auch von den Gleichberechtigung-Bestrebungen der Frauen. Zwar stellte die Verfassung der Weimarer Republik Frauen und Männer dem Gesetz nach gleich – dennoch war die Zeit aus frauenhistorischer Sicht eher durch Kontinuitäten als durch Brüche und Neuanfänge gekennzeichnet. 
Zwar konnten viele Frauen einerseits ein freieres Leben führen, zum Beispiel Berufe ergreifen, lockere Kleidung tragen, wählen gehen und auch Freizeitaktivitäten nachgehen, vieles wurde aber noch immer unterdrückt. Wenn eine Frau heiratete, war sie ihrem Ehemann unterstellt. Bis 1958 konnte ein Ehemann über das Dienstverhältnis seiner Frau entscheiden – das heißt, es lag bei ihm, ob sie arbeiten durfte und wenn er seine Meinung ändern sollte, konnte er auch jederzeit das Arbeitsverhältnis seiner Frau kündigen. Auch das änderte sich erst mit dem Gleichberechtigungsgesetz von 1958. Aber: Noch bis 1977 durfte eine Frau in Westdeutschland nur dann berufstätig sein, wenn das “mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar” war. Aufgaben im Haushalt und in der Kindererziehung waren also klar der Frau zugeordnet.
In Bayern durften Frauen ab dem Jahr 1903 studieren – allerdings waren diese oft dem Unmut der männlichen Kommilitonen und Professoren ausgesetzt. Oft wurde Frauen ein Studium geistig nicht zugetraut. Doch die Zahlen der studierenden Frauen in Deutschland nahm kontinuierlich zu: Waren es im Jahr 1909 insgesamt 1.477 studierende Frauen, waren es im Jahr 1927 bereits 10.336 Frauen.
(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Frauenstudium_im_deutschen_Sprachraum#Deutsches_Reich)

„»Diese ganze Thematik ist vielschichtig. (…) Das ist mir in den letzten Wochen klar geworden. Es geht um Pfründe, es geht um Macht, es geht um den Erhalt einer überkommenen Ordnung. In der Verfassung sind wir den Männern seit neunzehnneunzehn gleichgestellt, aber sonst? Man muss nur einmal das Familienrecht anschauen. Meine Schwester Lilly hat am eigenen Leib erlebt, was es heißt, dass der Mann vollkommene Verfügungsgewalt besitzt.«“

[Kapitel 12]


Eine weitere Thematik in „Die Bodensee-Saga – Töchter eines neuen Morgens“ sind die Schwangerschaftsabbrüche. Die Paragrafen 218 und 219 des Preußischen Reichsparagrafengesetzbuch von 1871 legte die Strafen für vorsätzliche Abtreibungen fest. Erst 1926 wurde der als Verbrechen geahndete Abbruch zu einem Vergehen abgemildert. Das hieß, dass die bis dahin geltende Zuchthausstrafe durch eine Gefängnisstrafe ersetzt wurde.
Noch heute tobt die Diskussion und der Kampf der Abtreibungsgegner und der Befürworter. Es ist ein sehr sensibles Thema, welches Maria Nikolai sehr behutsam darstellt und von verschiedenen Standpunkten aus beleuchtet, ohne dem Leser/ der Leserin in eine Richtung zu weisen.

„Hart war dagegen die Erkenntnis, welch festen Platz Abtreibungen in der Geburtenregelung einnahmen. Und dass gegen die Verzweiflung der Frauen kein Strafgesetzbuch ankam.“

[Kapitel 8]

All diese vielen gesellschaftlichen und historischen Hintergründe stellt Maria Nikolai anhand ihrer vielfältigen Figuren und deren Schicksalen und Handlungen sehr anschaulich da. So wird große Geschichte spür- und greifbar. Maria Nikolai hat diese Hintergründe sehr akribisch recherchiert und vermittelt diese mit viel Kenntnis und großer Leidenschaft. Durch die Zusammenstellung der historischen Romanhintergründe am Ende des Buches wird ersichtlich, was Maria Nikolai alles recherchiert hat.
Das Buch spielt zum größten Teil in München, dadurch rückt die Bodenseeregion und die Stadt Meersburg etwas in den Hintergrund. Für Katharina, deren gesamte Familie nach wie vor in Meersburg lebt, bedeutet der Bodensee aber auch immer Heimat und bietet ihr ein Stück Geborgenheit und einen Rückzugsort.

„Dann ging sie ins Wasser und überließ sich den Wellen. Nichts denken, nichts fühlen.
Nur sie und der See.“

[Kapitel 53]

Die Handlung des Buches, welche chronologisch erzählt wird, umspannt insgesamt etwas weniger als ein Jahr. Teilweise wurde es so spannend und dramatisch, dass ich den eBook-Reader nur noch ungern aus den Händen gelegt habe und die über 600 Seiten nur so dahin flogen. Es ist eine Geschichte, in der ich mich wohl gefühlt habe.
Auch der sehr gefühlvolle, emotionale und bildgewaltige Sprachstil der Autorin sorgten für pures Kopfkino und beste Unterhaltung und es kam auf keiner Seite Langeweile auf.

Mit diesem Band endet eine Buchreihe, welche mich seit zwei Jahren begleitet hat. Es schwingt natürlich auch Wehmut mit, die Tür hinter sich zu schließen und damit die Geschichte und die wundervollen Charaktere zurückzulassen, jedoch bin ich dankbar, dass ich diese Geschichte lesen durfte und die Figuren kennengelernt habe, welche für immer in meinem Leseherz bleiben werden. Ich bin gespannt, zu welchen neuen Abenteuern uns Maria Nikolai wieder mitnehmen wird.
Danke liebe Maria Nikolai für das erneute gefühlvolle, spannungsgeladene und vollkommene Lesevergnügen.
Beschließen möchte ich diese Rezension mit einem Zitat von Pater Fidelis:

„»So wollen wir alles, das was gewesen ist, als Erinnerung stehen lassen. Des Schöne, des Schlechte. Und das, was kommt mit Freude erwarten.«“

[Kapitel 15]

Fazit: Das Buch „Die Bodensee-Saga – Töchter eines neuen Morgens“ von Maria Nikolai ist der spannungsgeladene Abschluss einer wunderbaren Buchreihe, welche mit authentischen Charakteren, dem bildhaften Sprachstil und den vielen Emotionen sehr berührt und bewegt hat.
Es ist eine Geschichte, die ich eingeatmet habe und somit ist dieses Buch ein perfektes Leseerlebnis der Super-Klasse.

*Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Köchin – Alte Hoffnung, neue Wege“

von Petra Durst-Benning

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 20. September 2023
Verlag: Blanvalet
Ausgaben: Hardcover
ISBN: 978-3-7645-0788-6
Seitenanzahl: 544 Seiten
Preis: 22,00€
Reihe: „Die Köchin 02/03“

Homepage:
https://www.penguin.de/Buch/Alte-Hoffnung-neue-Wege/Petra-Durst-Benning/Blanvalet/e593841.rhd

Klappentext:
„Südfrankreich 1888. Fabienne Durant glaubt an sich und ihren großen Traum. Schon bald will sie im eigenen Restaurant für anspruchsvolle Gäste kochen. Und so kämpft sie entschlossen um ihren Platz in der von Männern beherrschten Spitzengastronomie. In dem begabten Koch Noé findet sie einen wichtigen Mentor, der sie zu immer neuen Höchstleistungen anspornt. Doch obwohl sich alles zum Besten zu entwickeln scheint, kann Fabienne eins nicht vergessen: die Sehnsucht nach ihrem Sohn, der als Baby spurlos verschwand. Noch ahnt sie nicht, wie nah ihr das geliebte Kind ist – und welchen Preis das Schicksal von ihr für die Chance auf ein Wiedersehen fordern wird …

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Blanvalet Verlag als vorzeitiges und persönliches Leseexemplar in unkorrigierter Fassung zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
Hier findet ihr meine ausführliche Rezension zum ersten Band „Die Köchin – Lebe deinen Traum“.
– Solltet ihr den ersten Band noch nicht gelesen haben, wollt diesen aber lesen, dann diese Rezension bitte nicht lesen, da ihr euch sonst spoilern könntet.

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Das Buch „Die Köchin – Alte Hoffnung, neue Wege“ ist der zweite Band der Reihe um die junge Fabienne, welche im ausgehenden 19. Jahrhundert in Südfrankreich versucht, sich ihren Traum eines eigenen Restaurants zu verwirklichen und auch um ihr privates Glück kämpfen muss.

„»Mir macht die Arbeit einfach Spaß! Köchin in einem Restaurant zu sein war mein großer Traum, das weißt du ganz genau.«“

[Seite 183]

Narbonne in Südfrankreich im Januar 1888: Nach der Hochzeit mit Yves scheint Fabienne endlich auch ihr privates Glück gefunden zu haben. Die beiden richten sich ihr Leben ein und finden Arbeit in einem Restaurant. Während Yves im Service seine Erfüllung findet, muss Fabienne sich als Küchenmädchen den arroganten Köchen in der Restaurantküche stellen – eine Arbeit, welche sie immer unglücklicher macht und auch unterfordert. Durch einen Zufall entdeckt sie in einem anderen Restaurant, welches etwas weiter von ihrer Wohnung entfernt liegt, eine Stellenausschreibung, in der ein Koch gesucht wird. Fabienne nimmt allen ihren Mut zusammen und lässt sich auf einen Einstellungstest ein.
Der dortige Küchenchef Noé Sousa kommt ihr bekannt vor und schon bald steht Fabiennes Leben völlig auf dem Kopf. Für welchen Weg wird sich Fabienne entscheiden?

Petra Durst-Benning und ihre einzigartigen Bücher begleiten mich mittlerweile schon seit fast 15 Jahren und haben mich als Leserin in dieser Zeit sehr geprägt. Immer wieder schafft sie es, mich mit interessanten Themen, historischen Figuren/ Hintergründen und wunderbaren Schauplätzen zu begeistern und mich auf wundervolle Reisen zwischen zwei Buchdeckeln mitzunehmen.
Ich habe jeden ihrer Romane mit großer Begeisterung gelesen und freute mich schon sehr, als sie Anfang des Jahres 2022 ihr neues Buch „Die Köchin – Lebe deinen Traum“ ankündigte. Nicht nur die Handlung und das interessante Thema weckten mein Interesse, sondern auch der Handlungsort Canal du Midi – an diesem magischen Ort verbrachte ich als Kind und Jugendliche einige unvergessliche Urlaube mit meiner Familie.
Bereits nach Beendigung des ersten Bandes freute ich mich schon auf den zweiten Band der Reihe, welcher für den Herbst 2023 angekündigt wurde. Freundlicherweise bekam ich das Buch als vorzeitiges und persönliches Leseexemplar in unkorrigierter Fassung zugesendet und konnte so schon früher auf die gedankliche Reise gehen und Fabienne wieder treffen – an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an den Blanvalet Verlag und an die Autorin.

Das Cover des hier vorliegenden zweiten Bandes passt sehr gut zum ersten Band, auch wenn das Cover und der Titel an die Taschenbuchausgabe des ersten Bandes, welche im August 2023 erscheinen wird, angepasst wurden.

Im Vordergrund steht eine junge Frau, welche zum Betrachter steht und eine gelbe Bluse und einen blauen Rock trägt. Ihr versonnener Blick geht nach links, ihre beiden Hände liegen vorne am Körper und berühren sich leicht. Im Hintergrund erhebt sich eine typische südfranzösische Stadt: Zwei- bis dreigeschossige sandfarbene Steinhäuser mit flachen Dächern und hellblauen Fensterläden, viele Pflanzen dazwischen und das Spiel des Sonnenlichts sorgen für den unverwechselbaren südfranzösischen Flair. Die Frau scheint auf einem Platz oder einem Hof zu stehen, hinter ihr ist ein Brunnen zu sehen.
Der abgesetzte Titel und Untertitel des Buches stehen über dieser Szenerie, darüber der Name der Autorin.

Da ich das Buch als Leseexemplar in unkorrigierter Fassung bekommen habe, und dieses nicht der endgültigen Fassung entspricht, kann ich diese nicht beschreiben. Klar ist aber, dass auch dieser Band wieder als hochwertiges Hardcover auf den Markt kommen wird.
Nach einem Zitat von Leonardo da Vinci, beginnt das Buch mit einem Vorwort der Autorin, in welchem sie auf die Handlung und die Figuren des vorherigen Bandes eingeht. Dieses Vorwort weckt direkt die Lust und die Spannung auf die Geschichte und ich fühlte mich direkt wieder in der Geschichte angekommen.
Nach diesem stimmungsvollen Vorwort beginnt die chronologisch erzählte Handlung, welche mit dem ersten Kapitel im Januar 1888 in der südfranzösischen Stadt Narbonne ansetzt. An das 48. und letzte Kapitel schließen sich die ‚Anmerkungen‘ der Autorin und ein Rezepte-Teil an, welcher mit liebevoll ausgewählten Rezepten zum genussvollen Nachkochen einlädt.

„»(…) Wen interessiert es, wo ein Mensch herkommt? (…) Liegt es nicht an jedem selbst, etwas aus seinem Leben zu machen?«“

[Seite 159]

Wie bereits im ersten Band steht auch in diesem zweiten Band die Köchin Fabienne im Mittelpunkt der Geschichte. Während sie zu Beginn des ersten Bandes ein junges und stellenweise etwas leichtgläubiges Mädchen ist, ist sie in diesem Band eine junge erwachsene Frau, die genau weiß, was sie beruflich erreichen möchte: Sie will als Köchin in einer Restaurantküche arbeiten – für die Erfüllung dieses Lebensziels ist sie bereit, alles zu geben.
Fabienne erfährt auf ihrem Weg immer wieder herbe Rückschläge, wodurch sie ins Straucheln gerät, doch sie gibt sich und ihr großes Ziel nicht auf.
Privat ist Fabienne von einem schweren Verlust gezeichnet, welchen sie noch immer nicht überwunden hat und auch die Hoffnung nicht aufgeben möchte.
Mit ihrer offenen, warmherzigen, zurücknehmenden und gleichzeitig kämpferischen Art konnte mich Fabienne schnell wieder für sich gewinnen, auch wenn Fabienne vieles mit sich selbst aus macht.

„Und so tat Fabie, was sie ihr Leben lang getan hatte: Sie machte die Dinge mit sich selbst aus.“

[Seite 223]

Fabiennes Freundin Stéphanie steht auch in diesem Band der Geschichte neben Fabienne. Diese undurchsichtige, rätselhafte Figur, machte es mir bereits im ersten Band nicht sehr leicht, sie zu mögen und als sympathisch zu empfinden. Auch wenn sie ihre Gründe hat, warum sie zu solch einer Frau geworden ist, konnte ich mich sehr schwer mit ihrer teils sehr egoistischen Art identifizieren. Trotzdem lebt diese Geschichte auch mit ihr und ihrer äußerst ambivalenten Art – auch wenn ich das ein oder andere mal wegen ihren Verhaltens den Kopf schütteln musste.
An Fabiennes direkter Seite ist Yves – der Mann, mit dem Fabienne endlich ihr privates Glück gefunden zu haben scheint. Er ist ein freundlicher und liebevoller Charakter, welchen ich bereits im ersten Band sehr ins Herz geschlossen habe.
Neben diesen drei Figuren spielen noch eine Vielzahl an weiteren Charakteren große und kleine Rollen. Auf diese möchte ich nicht zu detailliert eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme.
Vor allem Fabiennes Familie, hauptsächlich ihre Schwestern und auch Fabiennes Sohn, stehen im Vordergrund. All diese Charaktere haben Ecken und Kanten und agieren auch unvorhergesehen und von außen betrachtet ungerecht – dadurch wirken sie sehr authentisch und lebensecht und auf keiner Seite überzeichnet. Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren waren stets fassbar, vor allem aber fühlbar.
Petra Durst-Benning schafft mit ihren vielen und vielfältigen Figuren ein sehr lebhaftes und stimmiges Bild der Gesellschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

„»(…) Manchmal muss man einfach beweisen, dass das vermeintlich Unmögliche doch möglich ist! Und ich wollte allen beweisen , dass ich als Frau genauso gut kochen kann wie ein Mann.«“

[Seiten 300/ 301]

Den geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergrund von „Die Köchin – Alte Hoffnung, neue Wege“ bildet das ausgehende 19. Jahrhundert in Südfrankreich:
Frauen haben in dieser Gesellschaft noch immer nicht viel zu sagen. Zwar dürfen Frauen in den Küchen der Herrenhäusern als Köchinnen arbeiten, in Restaurants wird ihnen dieser Beruf aber nicht zugetraut. In den Restaurantküchen regieren, wie in vielen anderen Bereichen auch, die Männer. Doch auch hier gab es Ausnahmen: Einzig in Lyon gab es ‚Les mères lyonnaises – Die Mütter Lyons‘. Dies waren Frauen, welche sich aus ihrer finanziellen Not mit der Eröffnung eines eigenen Restaurants befreit und sich gegenseitig unterstützt und geholfen haben. Mit diesen mutigen und kämpferischen Frauen kam Fabienne im ersten Band in Kontakt – Verbindungen welche noch immer da sind und Fabienne nach wie vor prägen.
Mitunter machten mich die Bemerkungen und auch das ungerechte Verhalten der Männer gegenüber Fabienne fassungslos und auch ein Stück weit wütend.

„»Eine Köchin? Gibt es so was überhaupt?« fragte einer der Herren.“

[Seite 195]

Ein weiteres Thema, welches am Rande erscheint, aber wahrscheinlich im dritten Band noch ausgebaut wird, ist die Entstehung der Restaurant-Führer (Restaurant-Bewertungen) und damit auch die Sterne-Küche.
Auch die wechselvolle Geschichte des Canal du Midi (‚Kanal des Südens‘) spielt in diesem Band wieder eine große Rolle. Als im 17. Jahrhundert mit dem Bau begonnen wurde, verband er das Mittelmeer mit der Stadt Toulouse und sorgte dafür, dass frische und verderbliche Waren schneller ans Ziel kamen. Zu Beginn des ersten Bandes hat der Canal du Midi bereits vieles von seinem eigentlichen Nutzen verloren – eine Entwicklung, welche sich auch im zweiten Band fortsetzt. Die Waren werden nun häufig mit der Eisenbahn durchs Land geschickt, was schneller geht, jedoch auch die Arbeitsplätze der ‚gens de l‘eau’ – den Wassermenschen‘ gefährdet.
In der heutigen Zeit ist der Canal du Midi eine touristische Attraktion und Sehenswürdigkeit und fördert damit die Wirtschaft der Region. Er wird mit Sport- und Hausbooten befahren und gehört seit 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Aus persönlicher Erfahrung kann ich euch diesen magischen Kanal und die malerische Umgebung dort sehr empfehlen. Unzählige Urlaube verbrachte ich dort und spazierte immer an den Ufern des Kanals entlang. Es ist ein Ort, an dem man die Zeit und alle Sorgen und Nöte vergessen kann.
Mit absoluter Leichtigkeit vermittelt Petra Durst-Benning historische Daten und Fakten über die Regionen am Canal du Midi, über Narbonne und Marseille und erzählt von den Bewohnern und deren vielfältigen Lebensweisen.
Auch die gesellschaftlichen und geschichtlichen Hintergründe hat Petra Durst-Benning wunderbar recherchiert und verwebt diese Fakten gekonnt mit den Lebensgeschichten ihrer fiktiven Figuren.
Mit ihrem wunderbar leichten und bildhaften Sprachstil konnte mich Petra Durst-Benning ab der ersten Seite wieder mit in die Geschichte nehmen und mich bis zum Ende festhalten.
Zum Beispiel wird der Besuch an einem Strand am französischen Mittelmeer so wunderschön beschrieben, dass ich direkt großes Fernweh nach diesem Ort verspürte.

„Das beruhigende und gleichzeitig so belebende Geräusch der Brandung klang wie die schönste Musik in Fabiennes Ohren. Der würzige Geruch von Meersalz, Tang und angeschwemmtem Treibholz – das war für sie Fabienne der Duft der Freiheit.“

[Seite 260]

Die Handlung knüpft ziemlich direkt an das Ende des ersten Bandes an. Meiner Meinung nach ist es nicht unbedingt erforderlich, dass man den ersten Band kennt, allerdings empfehle ich trotzdem, dass man den ersten Band bereits gelesen hat, da man die Begebenheiten, Figuren und ihr Verhalten/ ihre Entwicklung besser zuordnen und verstehen kann.
Wunderbar und sehr genussvoll sind die vielen Szenen, in denen gekocht wird. Hier merkt man einfach, wie sehr Petra Durst-Benning die französische Küche liebt und auch, wie leidenschaftlich und akribisch sie recherchiert hat. Es ist eine Geschichte, bei der man während des Lesens einen ständigen Appetit verspürt und die mit Liebe und Herzblut geschrieben wurde.

Danke liebe Petra Durst-Benning für dieses energiereiche und wunderschöne Lese-Erlebnis. Auch wenn den Reise von Fabienne noch nicht abgeschlossen ist, klappe ich das Buch mit einem guten Gefühl zu und freue mich auf ein Wiedersehen mit den liebgewonnen Charakteren im Sommer 2024 und bin so gespannt, wie sich dann im finalen Band alles finden wird.

„»Im tiefsten Inneren ist jede eine Rebellin, auch wenn nicht alle das, was in ihnen steckt, ausleben dürfen.«“

[Seite 370]

Fazit: Das Buch „Die Köchin – Alte Hoffnung, neue Wege“ ist der sehr gelungene und lesenswerte zweite Teil der Trilogie um die Köchin Fabienne.
Mit viel Flair, geschichtlichen Wissen und interessanten Einblicken in die Welt des Kochens nimmt uns Petra Durst-Benning mit auf eine gedankliche kulinarische Urlaubsreise.
Ich freue mich schon so sehr auf den nächsten Besuch bei Fabienne im Sommer 2024.

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Schwarzen Musketiere – Das Buch der Nacht“

von Oliver Pötzsch

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 23. Mai 2023
Verlag: Lago
Ausgaben: Hardcover
ISBN: 978-3-95761-227-4
Seitenanzahl: 320 Seiten
Preis: 14,00€

Homepage:
https://www.m-vg.de/lago/shop/article/24082-die-schwarzen-musketiere/

Klappentext:
„Als Lukas’ Mutter als Hexe angeklagt wird und sein Vater beim Versuch, sie zu retten, stirbt, ändert sich alles. Während Lukas vor dem Inquisitor Waldemar von Schönborn fliehen kann, bleibt seine kleine Schwester Elsa zurück. Auf sich allein gestellt, hat der junge Grafensohn nur noch ein Ziel: seine Schwester zu finden und Schönborn zur Rechenschaft zu ziehen.
Doch was kann ein einzelner Junge gegen einen mächtigen Inquisitor ausrichten?
Auf dem Weg durch das vom Dreißigjährigen Krieg zerstörte Deutschland findet Lukas gute Freunde und ein neues Ziel: Vielleicht kann ihm die sagenhafte Fechttruppe seines Vaters helfen – die Schwarzen Musketiere. Doch um die mutigste Kampftruppe Wallensteins zu finden, müssen sie direkt an die vorderste Kriegslinie …“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Lago Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension vom Autor und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Die Schwarzen Musketiere – Das Buch der Nacht“ ist ein Fantasyroman mit historischen Hintergrund, spielt zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges und ist der Auftakt einer dreibändigen Buchreihe.

Eigentlich sollte sein Geburtstag ein schöner und unbeschwerter Tag werden, doch es kommt alles anders und das Schicksal schlägt erbarmungslos zu und verändert das Leben des 13 jährigen Lukas für immer:
Seine Mutter wird vom Inquisitor Waldemar von Schönborn als Hexe angeklagt und verhaftet. Bei dem Versuch, ihr zur Seite zu stehen, stirbt der Vater. Lukas kann im letzten Augenblick fliehen, seine Schwester hingegen nicht – sie verbleibt beim Inquisitor.
Völlig auf sich alleine gestellt, muss Lukas schauen, wie er in einer Welt zurecht kommt, welche durch den Dreißigjährigen Krieg komplett aus den Fugen geraten ist.
Doch er findet Freunde, und auch eine Spur, welche zu einer ehemaligen Fechtgruppe seines Vaters führt: Die Schwarzen Musketiere. Doch der Weg zu dieser Gruppe führt in mitten ins Kriegsgetümmel.

„Einer für alle, alle für einen.“

Oliver Pötzsch und seine Bücher sind schon seit vielen Jahren ein fester Bestandteil in meiner Büchersammlung. Mit seiner Reihe um „Die Henkerstochter“ hat er sich zu einer festen Größe im Genre des Historischen Romans gemacht und begeistert mit seinen Büchern viele Leser und Leserinnen.
Seine Jugendbuchreihe „Die Schwarzen Musketiere“ hatte ich immer mal wieder gesehen, ich schaffte es aber nicht, diese zu lesen.
Im Mai 2023 erschien der hier vorliegende erste Teil in neuem Gewand im Lago Verlag. Dieser fragte an, ob ich dieses Buch gerne lesen und rezensieren möchte. Das war die Gelegenheit, mich mit dieser Reihe näher zu befassen – also sagte ich zu.
Das Buch erreichte mich mit einer „Ballade der Schwarzen Musketiere“, einer Autogrammkarte und einer Kette mit drei Pentagramm-Anhängern. An dieser Stelle bedanke ich mich ganz herzlich dafür.

Das Buch ist ein schön gestaltetes Hardcover und überzeugt mit einem schlichten und doch sehr eindrucksvollen Cover. Über zwei gekreuzten Degen steht in weißer Schrift der Name des Autoren, darunter in goldglänzender Schrift der Haupttitel des Buches, der Untertitel ist in weißen Buchstaben gehalten. Der dunkle Hintergrund wird von schemenhaften Pflanzenblättern aufgelockert, in der oberen linken Ecke und in der unteren rechten Ecke befinden sich rote Ornamente.
Direkt am Anfang des Buches ist ein Landkartenausschnitt des Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation um das Jahr 1633 zu sehen, auf welcher Lukas‘ Reise nachvollziehbar wird. Diese Karte befindet sich auch am Ende des Buches.
Nach der Widmung („Für den Jungen, der ich einmal war. Ich glaube, diese Geschichte hätte ihm gefallen.“) beginnt die Geschichte mit einem Prolog, welcher am 08. November 1620 nahe Prag beginnt. Dieser spannende Prolog öffnet die Tür zur Geschichte, hinterlässt auch viele Fragen und macht dementsprechend große Lust auf die Geschichte und darauf, diese Fragen zu lösen. Das erste Kapitel setzt dann im elf Jahre später, im September 1631 an. Wir befinden uns nun auf Burg Lohenstein, in der Nähe von Heidelberg.
Nach dem ersten Kapitel wird die Handlung chronologisch weitererzählt und umfasst hierbei in insgesamt 27 Kapiteln etwas mehr als ein Jahr. Angehängt sind ein Epilog, ein Lexikon, ein „kleines Wörterbuch der Fechtkunde“ und „Von der Kunst zu kämpfen“. Mit dem „Dank“ des Autoren endet das Buch.
Ein Personenregister gibt es nicht, welches ich aber auch zu keiner Zeit vermisst habe – ich konnte den vielfältigen Figuren und ihren Geschichten immer gut folgen.

„Lukas zitterte, er schloss die Augen und versuchte, seine Angst wenigstens für einige Minuten zu vergessen. Doch es gelang ihm nicht. Er fühlte sich so einsam, als wäre er der letzte Mensch auf der Welt. Sein Vater war tot, die Mutter und die Schwester gefangen und er selbst ein namenloser Flüchtling, ohne Heim und Zukunft.“

[Seite 33]

Der dreizehnjährige Lukas steht im Mittelpunkt der Geschichte. Von einer Sekunde auf die andere verändert sich sein bis dahin behütetes und sorgloses Leben und er muss erwachsen werden.
Lukas ist ein sensibler und doch auch gleichzeitig sehr selbstsicherer und freundlicher Junge. Er fasst schnell Vertrauen zu anderen Menschen, hat aber auch einen großen Gerechtigkeitssinn und erkennt Unrecht. Er fällt oft – anfangs auch sehr tief – doch er gibt sich nicht auf. Ich fühlte von Beginn an eine starke Verbundenheit zu Lukas und schloss ihn sehr schnell in mein Herz.
Ähnlich ging es mir mit Lukas‘ kleiner Schwester Elsa. Auch wenn sie selbst nicht so häufig direkt in der Handlung vor kommt, ist sie mit ihrer Geschichte immer sehr präsent und bildet für Lukas den Antrieb, weiter zu machen und immer wieder aufzustehen.
Ähnlich ging es mir mit Lukas Eltern, welche der Leser/ die Leserin nach wenigen Seiten gehen lassen muss – auch ihre Geschichten werden weiter fortgeführt und wirken auf die Handlung und auf Lukas ein. Auch wenn sie nicht mehr da sind, sind sie es irgendwie doch.
Neben Lukas und seiner Familie stehen noch weitere fiktive Charaktere im Zentrum der Geschichte. Auf diese möchte ich nicht detailliert eingehen, da ich sonst zu viel von der Geschichte vorwegnehme. An einigen Charakteren sieht man, wie wichtig, wahre Freundschaft ist und wie diese einen leiten und führen kann.

„Der kurze Wortwechsel (…) hatte ihm klargemacht, dass er trotz aller Beschwernisse über ein wertvolles Gut verfügte. Freundschaft.
Seine Reise war doch nicht ganz umsonst gewesen.“

[Seite 199]

Die Erwachsenen in diesem Jugendroman sind rau, von Krieg, Neid, Missgunst und vom Leben gezeichnet. In diese grobe Welt gerät Lukas und ab sofort sind er und seine Freunde eines nicht mehr: Kinder. Sie sehen schreckliche Gräueltaten und begehen auch Dinge, die heute unvorstellbar sind.
Zwischen all den fiktiven Charakteren spielen auch einige sehr bekannte historische Persönlichkeiten in dieser Geschichte eine Rolle: So machen die Jungen beispielsweise mit Wallenstein Bekanntschaft und auch der schwedische König Gustav II. Adolf kommt in dieser Geschichte vor.
Alle Figuren, egal ob fiktiv oder historisch sind durch ihre Schicksale und Lebensgeschichten miteinander verwoben und verbinden sich zu der großen, spannenden Geschichte. Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse, Differenzen zwischen den Figuren waren für mich fühl- und spürbar und zogen mich schnell in die Geschichte hinein. Es bleibt spannend, wie sich einige der Charaktere in den Folgebänden entwickeln werden und welchen Weg sie einschlagen.
Die sehr gelungene Mischung aus historischen und fiktiven Figuren zeigt einen Querschnitt der damaligen Gesellschaft, welche nach wie vor nach Ständen gegliedert war. Zu den drei Ständen gehörten der Klerus, Adel und Bürger/Bauern.
Außerdem ist diese Gesellschaft vom Dreißigjährigen Krieg beherrscht worden. Dieser Krieg dauerte von 1618 bis 1648 und war ein Konflikt um die Vorherrschaft im Heiligen Römischen Reich und in Europa. Was als Religionskrieg begann, endete als Territorialkrieg: In diesem Krieg entluden sich auf Reichsebene der Gegensatz zwischen dem Kaiser und der Katholischen Liga einerseits und der Protestantischen Union andererseits. Gemeinsam mit ihren jeweiligen Verbündeten trugen die habsburgischen Mächte Österreich und Spanien neben ihren territorialen auch ihre dynastischen Interessenkonflikte mit Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und Schweden vorwiegend auf dem Boden des Reiches aus.
Die Zahl der Toten des Dreißigjährigen Krieges schwankt in der Forschung zwischen drei bis neun Millionen, bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung von 15 bis 20 Millionen Menschen.

„Oben zwischen den Glocken blickten die Freunde über ein verheertes Land, die Felder niedergetrampelt, die Bäume gefällt und als Brennholz mitgenommen, Rauchsäulen standen über den vereinzelten Weilern. Hier gab es kein Leben mehr, nicht mal ein Vogel zwitscherte.“

[Seite 115]

„» Ich stimme Lukas zu. Das ist ein Krieg der Mächtigen, und die Bauern müssen ihn ausbaden. Auch ich bin es leid, den Ärmsten den letzten Pfennig abzupressen, damit unser Tross sich weiter durch die Lande frisst. Wenn wir so weitermachen, wird der Krieg nie enden.«“

[Seite 225]

Ein weiterer geschichtlicher Hintergrund ist die Hexenverfolgung. Dieses Thema und den Hintergrund hat Oliver Pötzsch einerseits realistisch heraus gearbeitet, fügt diesen aber auch eine Prise an Fantasie und Mystik hinzu. Es wird deutlich, wie der Glaube an Hexen über Jahrhunderte in der Gesellschaft weitergetragen wurde und wo dieser seinen Ursprung hat. Auf diesen Teil der Fantasie muss man sich als Leser/in einlassen können. Ich fand das alles sehr stimmig … und vor allem spannend.
Noch etwas zum geschichtlichen Hintergrund: Die Hexenverfolgungen in Europa fanden überwiegend in der Frühen Neuzeit statt – also von 1450 bis 1750. Ihre Höhepunkte erreichten die Verfolgungen zwischen 1550 und 1650, in Österreich bis 1680. Die heutige Forschung, die auf breit angelegten Auswertungen der Gerichtsakten basiert, geht davon aus, dass die Verfolgung in ganz Europa etwa 40.000 bis 60.000 Todesopfer forderte.

Das Buch „Die Schwarzen Musketiere – Das Buch der Nacht“ von Oliver Pötzsch ist eine Geschichte, in der es um das klassische Gut gegen Böse geht. Allerdings machen die akribisch recherchierten Hintergründe und Themen den starken Reiz dieser Geschichte aus. Hier sind auch die vielen interessanten Einblicke in die Kunst des Fechten und Kämpfen zu erwähnen.
Mit viel Gespür für die damalige Zeit, den mitunter drastischen Beschreibungen und dem detaillierten Sprachstil nahm mich Oliver Pötzsch schnell mit in die mitreißende Geschichte. Stellenweise wurde es so spannend, dass ich das Buch nicht mehr aus den schweißnassen Händen legen konnte und wollte und innerhalb von zwei Tagen war die Geschichte ausgelesen.
Die chronologisch erzählte Handlung des Buches wirkt zu keiner Zeit überlastet – alles und jede/r hat seinen/ihren Platz in der Geschichte. Ich konnte der Handlung, den Hintergründen und den vielfältigen Figuren immer gut folgen.
Das Buch hat eine Altersfreigabe ab 13 Jahren, ich würde das Buch aber erst ab 14 Jahren aufwärts empfehlen, denn es ist keine leichte Kost ist: Viele Szenen spielen direkt auf den Schlachtfeldern, einige andere Szenen beschreiben die Auswirkungen des Krieges auf die Bevölkerung und auch die Folter und die Hinrichtungen von Hexen werden sehr drastisch beschrieben.

Am Ende dieser Rezension möchte ich mich ganz herzlich bei Oliver Pötzsch für dieses gelungene Leseerlebnis bedanken.

Fazit: Oliver Pötzsch hat mit „Die Schwarzen Musketiere – Das Buch der Nacht“ einen spannenden Reihenauftakt geschrieben. Gekonnt würzt er die historischen Hintergründe mit einer Prise Fantasie und Mystik und lässt seine interessanten Charaktere eine tolle Entwicklung durchleben. Am Ende möchte man sofort wissen, wie es weitergeht und sich den zweiten Teil der Reihe „Die Schwarzen Musketiere – Das Schwert der Macht“ schnappen und weiterlesen. Dieser wird demnächst definitiv hier einziehen.

* Ich habe für diese Rezension vom Autor und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.



„Kornblumenzeit – Eine ostpreußische Familiengeschichte“

von Simona Wernicke

[Werbung*]

Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 12. Juli 2023
Verlag: Gmeiner
Ausgaben: Paperback & eBook
ISBN: 978-3-8392-0488-7
Seitenanzahl: 508 Seiten
Preis: Paperback 18,00€

Homepage:
https://www.gmeiner-verlag.de/buecher/titel/kornblumenzeit.html

Klappentext:
Ostpreußen 1928. Die junge Käthe verliebt sich in Carl, einen angehenden Bäckermeister mit eigenem Geschäft. Nach der Hochzeit werden ihre Kinder geboren, es folgen arbeitsame und glückliche Jahre in Locken. Doch im Januar 1945 nimmt das Schicksal der Familie eine dramatische Wendung, als sie ihre geliebte Heimat Masuren verlassen müssen. Ist die gesundheitlich stark angeschlagene Käthe den Strapazen der Flucht gewachsen, und was wird aus den fünf Kindern, als Carl in Gefangenschaft gerät?

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Gmeiner Verlag, vermittelt durch die Autorin Simona Wernicke, als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Das Copyright der verwendeten Fotos liegt ausschließlich bei Familie Kühnapfel. Diese Fotos dürfen ohne deren Einverständnis nicht kopiert und weiterverwendet werden. Danke an Simona Wernicke für die Möglichkeit, diese Fotos zu nutzen.

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Das Buch „Kornblumenzeit – Eine ostpreußische Familiengeschichte“ von Simona Wernicke ist die als Roman verfasste Familiengeschichte der Autorin und spielt ab dem Jahr 1928 bis 1949 in den ehemaligen deutschen Ostgebieten, vorwiegend Ostpreußen.

1928 in Ostpreußen: Als die junge Käthe und Carl aufeinandertreffen, wissen die Beiden schnell, dass sie füreinander bestimmt sind. Carl, der angehende Bäckermeister soll nach seiner Prüfung den familieneigenen Betrieb im Dorf Locken übernehmen und bietet Käthe nach ihrer Hochzeit ein sicheres – jedoch arbeitsames Leben. Die Familie wächst schnell und es folgen meist glückliche Jahre, welche jedoch von der Machtergreifung der Nationalsozialisten und dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs überschattet werden.
Doch im Januar 1945 verändert sich das Leben der Familie. Die russische Armee steht an der Grenze und es bleibt ihnen nur die Flucht. Vieles muss die Familie zurücklassen und Käthe kämpft zudem mit ihrer äußerst instabilen Gesundheit.
Es werden katastrophale Wochen und Monate, welche der Familie alles abverlangen und nach denen nichts mehr so ist, wie es einmal war.

Ende April 2023 machte mich die mir zu dieser Zeit noch nicht bekannte Autorin Simona Wernicke auf ihren Debütroman „Kornblumenzeit – Eine ostpreußische Familiengeschichte“ aufmerksam. Das wunderschöne Cover und auch der Klappentext weckten sehr schnell mein Interesse an der Geschichte und ich schrieb mir das Buch auf meine Merkliste. Da ein Teil meiner eigenen Familiengeschichte von Flucht und Vertreibung aus dem ehemaligen deutschen Ostgebieten geprägt ist, sind Romane und Geschichten darüber immer von großer Bedeutung für mich. Meine Großmutter selbst konnte und wollte zeitlebens nicht viel darüber erzählen – sie behielt leider vieles, was damals passiert ist, für sich.
Ende Mai fragte die Autorin an, ob ich ihren Roman lesen und rezensieren möchte – natürlich wollte ich das sehr gerne. Am 11. Juli erreichte mich das Buch als Rezensionsexemplar über den Gmeiner Verlag, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanke.

„Er ging hinüber zum Feld, das nicht bestellt worden war. Nur Mohn- und Kornblumen blühten wie immer.“

[Seite 439]

Das Buch ist eine sehr schön gestaltete Klappbroschur mit 508 Seiten (laut Homepage sind 537 Seiten). Das Cover zeigt eine üppige Blumenwiese mit Mohn und Kornblumen, Blickfang ist ein prächtiger grüner Baum, an dem ein Feldweg vorbeiführt. Hinter der Blumenwiese fließt ein Fluss, dahinter erheben sich grüne Hügel und treffen am Horizont auf einen bewölkten Himmel. Während der blaue Himmel im Vordergrund noch leicht bewölkt wirkt, sammeln sich weiter hinten die Wolken. Der Name der Autorin und der Titel und Untertitel des Buches stehen in passenden Farben auf der vorderen Wolke und es scheint, als schweben diese in den Wolken über die Landschaft.
Das Motiv des Covers wird auf dem Buchrücken und auf der Rückseite aufgenommen und fortgesetzt.
Auf der vorderen Klappe wird der Inhalt des Buches beschrieben. Während das Innere der vorderen Klappe leer geblieben ist, findet sich im Inneren der hinteren Klappe eine Karte des ostpreußischen Gebiets. Leider ist diese etwas unübersichtlich gehalten. Auf der hinteren Klappe wird die Autorin mit einer kurzen Biografie und einem Foto vorgestellt.
Nach der Widmung des Buches („Für meinen Vater und Käthe“) beginnt Teil 1 des Buches „Gute Jahre“, welcher im April 1928 ansetzt, im Januar 1945 endet und aus insgesamt 22 Kapiteln besteht. Auf Seite 334 beginnt dann der zweite Teil „Abschied und Ankunft“, welcher direkt an das letzte Kapitel des ersten Teils ansetzt und insgesamt 11 Kapitel beinhaltet. Das letzte Kapitel gibt die Jahre 1947 bis 1949 wieder – somit umfasst die gesamte und chronologisch erzählte Handlung des Buches etwa 21 sehr bewegte Jahre.
Mit dem sehr interessanten Epilog („Wie es weiterging“) und dem Dank der Autorin endet das Buch.
Ein Personenregister gibt es nicht, welches mir persönlich auch nicht gefehlt hat, da alle Figuren und ihre Geschichten und Hintergründe sehr behutsam eingeführt und beschrieben werden.

„» … Ei, ich wünsche mir die gute alte Zeit zurück. Irgendwie nimmt das alles kein gutes Ende, ich habe so ein mulmiges Gefühl.«“

[Seite 122]

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Käthe und Carl, ihre Kinder und die vielen weiteren realen Familienmitglieder.
Käthe ist zu Beginn der Handlung 21 Jahre alt. Sie und der 25 Jahre alte Carl sind sich schon länger durch die Freundschaft ihrer Väter bekannt, sehen sich aber nur in unregelmäßigen Zeitabständen. Beide erkennen im Jahr 1928, dass aus dem einstigen Kindern anziehende Erwachsene geworden sind.

Hochzeitsbild von Käthe und Carl

„Er war ein kräftiger, gut aussehender junger Mann von 25 Jahren, gut gebaut mit einem glatt rasierten Gesicht, Lachfältchen um die Augen. Das blonde Haar trug er nach der neusten Mode an den Seiten raspelkurz und oben zu einer kurzen Tolle seitwärts glatt gekämmt. Carl hatte freundliche, gütige Augen und einen schmallippigen Mund. Sein Gesicht drückte Forschheit und Willensstärke aus.
(…)
War das das kleine Käthchen, das vor fünf Jahren noch ein Backfisch mit streng gescheiteltem Haar und langen geflochtenen Zöpfen war? Diese schöne junge Frau mit dem verschmitzten und doch so bescheidenen Lächeln?“

[Seiten 17/ 18 und 19]

Von Beginn an spürte ich die tiefe Verbundenheit zwischen Käthe und Carl. Was mit einem leichten Knistern zwischen den Beiden beginnt, endet in einer Ehe, welche von einer tiefen Liebe zueinander und großen Respekt voreinander geprägt ist. Ich schloss die beiden Charaktere sehr schnell in mein Herz und werde deren mitreißende und ergreifende Geschichte nicht mehr vergessen.
Käthe ist eine bescheidene und gutherzige Frau. Ihr ergeht es so, wie es in diesen Zeiten vielen Frauen erging: Sie gebärt ein Kind nach dem anderen, ihre eigene Gesundheit und ihr Befinden stehen immer hinten an. Ihr Leben ist von Haushalt, Kindererziehung und viel Arbeit geprägt, es gibt nur selten eine Atempause für sie. Auch wenn Carl vieles in Sachen Kinder und Erziehung Käthe überlässt, unterstützt er sie trotzdem so gut es geht und auch von Carls liebenswerter Mutter Ida erhält Käthe immer wieder Rückendeckung.


„Sie war eine Frau, aber ihr Bauch gehörte ihr nicht. Er war als Gebärmaschine gedacht. Und Carl wollte offenbar eine ganze Fußballmannschaft.“

[Seite 122]

Familie Kühnapfel

Carl ist ein sehr aufmerksamer und hilfsbereiter Mann. Mit der Übernahme der elterlichen Bäckerei und als leidenschaftlicher Bäcker hat er seinen Platz im Leben gefunden.
Um Käthe und Carl spielen eine Vielzahl weiterer Figuren mit, welche alle einen realen Hintergrund haben. Viele der Figuren kommen im Laufe der Handlung hinzu, von einigen muss man sich jedoch auch verabschieden.
Aus völlig unbedarften und ehrlichen Menschen, welche sich ihr Leben eingerichtet haben, entwickeln sich Menschen, die von Krieg, Flucht und Vertreibung schwer gezeichnet werden und deren Schicksale noch die nachfolgenden Generationen berühren.
Alle Figuren, ihre Schicksale und Lebensgeschichten sind miteinander verwoben und verbinden sich zu der großen, spannenden, tragischen und wahren Familiengeschichte von Simona Wernicke.
Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse, Differenzen aber auch die Anziehung zwischen den Figuren waren für mich fühl- und spürbar und zogen mich schnell in die unvergessliche Geschichte hinein. Es sind Figuren, die ich nach Ende des Buches nicht gerne loslasse und deren Schicksale und Geschichten mich mit Sicherheit noch länger beschäftigen werden.
Es ist die wahre Geschichte einer Familie aus vergangenen Zeiten.

Zwei Bilder aus glücklichen Tagen

Mit viel Gespür für die damalige Zeit, den wunderschönen Beschreibungen der Landschaft und des Ortes und ihrem detaillierten Sprachstil nahm mich Simona Wernicke schnell mit in die Geschichte.
Während es im ersten Teil der Geschichte noch sehr gemächlich und ruhig zugeht, man aber bereits die dunklen Vorboten des kommenden Unheils am Horizont erkennen kann, überschlagen sich im zweiten Teil die Ereignisse. Es wird so dramatisch, emotional und mitreißend, dass ich während des Lesens die ein oder andere Träne vergoss und eine Gänsehaut meinen Körper überzog.
Die Seiten flogen nur so dahin und innerhalb von wenigen Tage waren die etwa 500 Seiten gelesen. Nur äußerst ungern legte ich das Buch – vor allem zum Ende hin – aus den Händen.
Die chronologisch erzählte Handlung des Buches wirkt zu keiner Zeit überlastet oder gar unlogisch – alles und jede/r hat seinen/ihren Platz in der Geschichte. Ich konnte der Handlung und den vielfältigen Figuren immer gut folgen. Diese Geschichte riss mich buchstäblich mit sich und ließ mich nicht mehr los.

„Doch von nun an waren sie an keinem sicheren Ort mehr. Vorher hatte der Krieg überwiegend im Radio stattgefunden, jetzt war er bittere Realität geworden.“

[Seite 299]

Den geschichtlichen Hintergrund des Buches bilden die Jahre 1928 bis 1949. Diese Jahre wurden durch das Dritte Reich, den Zweiten Weltkrieg, Flucht und Vertreibung und der unmittelbaren Nachkriegszeit geprägt.
Während der Hitler-Zeit fanden ungefähr 17 Millionen Menschen den Tod: Juden, Kriegsgefangene, Homosexuelle, körperlich und geistig beeinträchtigte Menschen, Sinti und Roma und sowjetische, polnische und serbische Zivilisten wurden ermordet.

„»Das geht doch nicht. Die müssen sich doch wieder besinnen. Wieso sind Juden Menschen minderen Rechts? Nur wegen ihrem Glauben? Was soll das mit dem Blut. Wir sind doch alle deutsch! Wir sind doch alle Menschen!«

[Seite 127]

Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs (1939 – 1945) starben weltweit über 60 Millionen Menschen und der Krieg brachte unvorstellbare Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Vorschein.
Aber auch kurz vor und nach Kriegsende nahm das Grauen kein Ende: Vor dem Krieg lebten mehr 18 Millionen Deutsche in den Ostprovinzen sowie in Polen, den baltischen Staaten, Danzig, Ungarn, Jugoslawien und Rumänien. Als der Krieg 1945 mit der Kapitulation Deutschlands endete, waren zwischen 1944/45 und 1950 zwölf bis 16 Millionen Deutsche von Flucht und Vertreibung aus den ehemaligen Ostgebieten betroffen – genaue Zahlen gibt es hierzu nicht. Sie mussten vieles zurücklassen und konnten nur das Nötigste mitnehmen. Die flüchtenden Menschen waren eiskalten Temperaturen ausgesetzt und wurden auch aus der Luft angegriffen. Bis zu 600.000 Menschen verloren auf der Flucht ihr Leben. Kinder, die ihre Eltern auf der Flucht verloren hatten, mussten sich alleine durchschlagen und völlig auf sich alleine gestellt um ihr Überleben kämpfen – die sogenannten Wolfskinder.
Diese geschichtlichen Themen und Hintergründe (allen voran die Flucht aus Ostpreußen) stellt Simona Wernicke in ihrem Roman sehr nachvollziehbar, aber auch sehr mitreißend da. Es ist die wahre Geschichte ihrer Familie – und der Gedanke, dass das alles genau so passiert ist, macht es für mich noch emotionaler und mitreißender.

„Und langsam ging es weiter, immer weiter. Wagen an Wagen. Die Dörfer, die sie durchfuhren, waren wie ausgestorben. Leer standen die Häuser . Tote Fensteröffnungen, alles zerstört, geplündert. Kein Hahn krähte mehr, keine Kuh blökte. Kein Kind lachte.“

[Seite 354]

Simona Wernicke hat mit diesem Buch ihrer Familie ein großes und unvergessliches Denkmal gesetzt. Sie zeigt, wie unsagbar schwer und entbehrungsreich diese Zeiten waren, zeigt aber auch eindrucksvoll, dass sich diese starke Familie trotz des erfahrenen Leids und der vielen unfassbaren Schicksalsschläge nicht hat unterkriegen lassen.
Danke liebe Simone Wernicke für dieses bemerkenswerte und bewegende Lese-Erlebnis und den netten Kontakt auf Instagram.

Bild 1: Das Wohn- und Geschäftshaus in Locken, Bild 2: Käthe als junge Mutter, Bild 3: Carl und Käthe jung verheiratet mit Alwine und Hans sowie deren Söhne Walter und Hans im Seebad Cranz

Fazit: „Kornblumenzeit – Eine preußische Familiengeschichte“ von Simona Wernicke ist eine starke und unvergessliche Geschichte, welche auf wahren Begebenheiten beruht und oft zu Tränen rührt. Während der erste Teil der Geschichte noch ruhig und gemächlich daher kommt, überschlagen sich im zweiten Teil die Ereignisse. Eine Geschichte, die mich buchstäblich mit sich gerissen und nicht mehr losgelassen hat. Sehr lesenswert.

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Romy – Mädchen, die pfeifen“

von Felicitas Fuchs

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 12. Juli 2023
Verlag: Heyne
Ausgaben: Paperback & eBook
ISBN: 978-3-453-42644-3
Seitenanzahl: 592
Preis: Paperback 16,00€, eBook 9,99€

Homepage:
https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Romy-Maedchen-die-pfeifen/Felicitas-Fuchs/Heyne/e598290.rhd

Klappentext:
„Bad Oeynhausen 1983: Die 23-jährige Romy arbeitet in einer Diskothek. Sie ist schon früh zu Hause ausgezogen, weil sie sich mit ihrer Mutter Hanne nie gut verstanden hat. Nach außen wirkt sie stark und selbstbewusst, doch im Innersten ist sie sehr verletzlich. Als sie die Hochzeit mit ihrer großen Liebe Falco vorbereitet, stolpert sie in den Familienpapieren über einen Namen, den sie nicht kennt, und es reißt ihr den Boden unter den Füßen weg. Romy macht sich auf die Suche nach der Wahrheit, ohne ihrer Mutter Hanne davon zu erzählen.“

Hinweise:
Das Buch ist der dritte Band der „Mütter-Trilogie“. Solltet ihr die ersten beiden Teile noch nicht kennen, jedoch lesen wollen, solltet ihr diese Rezension NICHT lesen – Spoilergefahr.
– Hier findet ihr die Rezensionen zu den ersten beiden Bänden: „Minna – Kopf hoch, Schultern zurück“ und „Hanne – Die Leute gucken schon“.

– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Heyne Verlag über das ‚Bloggerportal‘ als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank dafür!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Romy – Mädchen, die pfeifen“ von Felicitas Fuchs ist der dritte und abschließende Teil einer Buchreihe, welche die persönliche Familiengeschichte der Autorin in Romanform erzählt.

„»Man sagt, es sei nicht wichtig, dem Leben Tage zu schenken, sondern es ist wichtig, den Tagen Leben zu geben. … «“

[Seiten 479/ 480]

1983 in Bad Oeynhausen: Nachdem Romy sehr früh aus ihrem lieblosen und desinteressierten Elternhaus ausgezogen ist und ihre Ausbildung in der Gastronomie erfolgreich beendet hat, arbeitet die mittlerweile 23-jährige Frau in einer Diskothek und in einem Plattenladen.
Romys Verhältnis zu ihrer Mutter bleibt angespannt, da ändert auch die geplante Hochzeit mit ihrem langjährigen Freund und Arbeitskollegen Falco nichts. Ganz im Gegenteil: Als sie eine Geburtsurkunde beantragt, stolpert Romy bei der Angabe des Vaters über einen ihr völlig unbekannten Namen. Sie beginnt mit ihren Nachforschungen und trifft auf ein lang gehütetes Geheimnis und bei ihrer Mutter auf eine Mauer des Schweigens. Es ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint, doch Romy gibt nicht auf und kämpft dafür, dass ihre Vergangenheit ein Gesicht bekommt.

Felicitas Fuchs ist das Pseudonym der Erfolgsautorin Carla Berling, mit der ich schon seit einiger Zeit auf Facebook befreundet bin. Vor einiger Zeit kündigte sie in den Sozialen Medien an, dass sie eine dreibändige Romanreihe veröffentlicht, welche ihre eigene Familiengeschichte erzählt. Der erste Teil der Reihe „Minna – Kopf hoch, Schultern zurück“ beschreibt hierbei das Leben ihrer Großmutter, welche von 1905 bis 1978 lebte. Mein Interesse an der Reihe war direkt geweckt. Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg finde ich immens spannend und auch wichtig, um die Zeit des Nationalsozialismus halbwegs zu verstehen. Wenn dann auch noch Historie anhand einer teils wahren Lebensgeschichte erzählt wird, wird für mich alles noch mal greifbarer und lebendiger. Das Buch musste ich einfach lesen – und ich wurde auf keiner Seite enttäuscht: Die Geschichte von Minna hat mich komplett umgehauen und mir schlaflose Nächte beschert.
Es war ganz klar, dass ich auch den zweiten Band „Hanne – Die Leute gucken schon“ auch lesen musste und wollte. Dieser stellt Minnas Tochter Hanne in den Mittelpunkt der Geschichte und behandelt das Thema der Nachkriegszeit in Deutschland – ein Thema, über welches ich immer wieder gerne lese. Auch dieser Band schlug mich in seinen Bann, ich hatte immer wieder die Tränen in den Augen und in nur wenigen Tagen war auch dieses Buch ausgelesen.
Danach wollte ich natürlich unbedingt wissen, wie es mit den Figuren und ihrer Geschichte weitergeht und wartete schon voller Sehnsucht auf den dritten Band der Reihe und fragte diesen bei erster Gelegenheit im ‚Bloggerportal‘ an. Meine Anfrage wurde genehmigt und das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zugesendet. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an den Heyne Verlag.

Das Buch ist, wie auch die ersten zwei Bände, eine sehr schöne und hochwertige Klappbroschur. Äußerlich passen die drei Bände wunderbar zueinander.
Das in hellblau gehaltene Cover zieren Zeichnungen von Veilchen, der Titel des Buches prangt in lila Schrift über einen schwarz-weiß Foto, auf welchem eine junge Frau mit offenen langen Haaren zu sehen ist, welche einen Fahrradlenker in den Händen hält. Die Frau schaut den Betrachter nicht an, sondern zur Seite. Der Name der Autorin steht in schwarzen Großbuchstaben über dem Buchtitel.

Auf der vorderen Klappe des Buches findet sich ein Text zum Inhalt des Buches, im inneren der Klappe sind drei Originalfotos der Hauptfiguren zu sehen: Zwei von ihnen zeigen die „echte“ Romy und eines ihren Mann Falco. Auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin mit einem aktuellen Foto und einer kurzen Biografie vorgestellt, in der Klappe sind die drei Bände noch einmal graphisch dargestellt.
Nach der Widmung beginnt der erzählende Teil direkt mit dem ersten Kapitel, welches im Juni 1978 ansetzt. Das 61. und letzte Kapitel beginnt im Juli 2017, mit dem Epilog, welcher im Mai 2019 spielt, endet das Buch. Somit umfasst die gesamte Handlung des Buches etwa 41 Jahre.
Abschlossen wird das Buch mit einem Nachwort und einem umfangreichen und emotionalen „Danke!“ der Autorin.

„»Ich schwöre bei meiner verstorbenen Omi, nie, nie wieder werde ich etwas tun, das ich nicht wirklich will.«“

[Seite 90]

In diesem dritten Band steht Romy im Mittelpunkt der Handlung – und damit die Lebensgeschichte der Autorin selbst. Im Nachwort weist Felicitas Fuchs daraufhin, dass Namen, Aussehen, Berufe, Daten und Abläufe so verändert wurden, „dass niemand außer uns Rückschlüsse auf alle Umstände und Zusammenhänge ziehen kann“.
Romys Hotelkarriere ist fiktiv, die Eckdaten ihrer Lebensgeschichte beruhen auf realen Ereignissen und Erlebnissen. Was sich schon im zweiten Band angekündigt hat, setzt sich hier weiter fort. Romy flüchtet aus ihrem lieblosen Elternhaus. Schon lange zeigt ihre Mutter Hanne nicht wirklich Interesse an ihrer Tochter und an ihrem Leben – sie empfindet sie eher als anstrengend und ist von ihrer flippigen und öfter aufgekratzten Art genervt.
Etwas leichtgläubig stolpert Romy in die große Welt und merkt, dass es nicht alle Menschen mit ihr gut meinen. Auch wenn sie immer mal wieder hinfällt, steht sie immer wieder mutig auf und gibt einfach nicht auf.
Ihr erklärter Wunsch nach einer perfekten Familie lässt sie des Öfteren ihr persönliches Empfinden und Glück hinten an stellen und ihre Augen verschließen.
Ich mochte Romy schon im zweiten Band sehr, auch wenn ich es stellenweise sehr schwer ertragen konnte, wie gleichgültig und abweisend Hanne mit ihrer Tochter Romy umgegangen ist. In diesem Band ist aus dem Mädchen eine junge Frau geworden, welche sich im Verlauf der Handlung zu einer Erwachsenen und Mutter entwickelt. Auf den ersten Blick wirkt Romy sehr taff und willensstark, auf den zweiten Blick zeigt sich jedoch ihre verletzliche und sensible Seite. Ich bewundere Romy, und damit auch die Autorin, für ihre Stärke und den Mut, ihre stürmische Familiengeschichte aufzuarbeiten und zu Papier zu bringen.

„»Wenn dir das Leben Zitronen gibt, machst du Limonade draus, und das konntest du schon mit drei Jahren.«“

[Seite 143]

Romys Mutter Hanne ist so ganz anders als ihre Tochter: In einem unglücklichen Leben gefangen, in welchem sie meistens irgendwie funktionieren muss und in dem viele Dinge über ihren Kopf hinweg entschieden wurden. Einerseits erregte sie des Öfteren mein Mitleid, da ihr schon oft übel mitgespielt wurde und sie auch einige Schicksalsschläge erleiden musste, auf der anderen Seite empfand ich ihr Verhalten Romy gegenüber oft nur als ungerecht und ihr Schweigen und Verharren als sehr anstrengend.

„»Du hast Angst. Und deswegen hast du dich entschieden. Lieber hältst du dich an deinem bekannten Unglück fest, anstatt ein unbekanntes Glück zu wagen.«“

[Seite 213]

In diesem Buch spielen viele weitere Figuren mit – einige von ihnen sind bereits aus den vorherigen Teilen bekannt, andere kommen neu hinzu.
Falco, Romys Arbeitskollege und späterer Ehemann, ist ein Charakter, welcher neu dazu gekommen ist. Er bleibt von Anfang bis zum Ende eher undurchsichtig und ist nicht wirklich der Sympathieträger schlecht hin – und trotzdem mochte ich ihn irgendwie doch. Er gibt Romy viel, verlangt ihr aber im Gegenzug auch wieder viel ab. Seine Geschichte wird auf jeden Fall noch länger nachklingen und unvergessen bleiben.
Aber auch die weiteren Charaktere und deren mitreißenden und wechselvollen Lebensgeschichten werden in meiner Erinnerung bleiben.
Felicitas Fuchs macht es dem Leser/ der Leserin nicht immer einfach: Es wird geheiratet, gefeiert, Kinder kommen auf die Welt – man muss aber auch Charaktere gehen lassen. Teilweise wurde es so emotional und traurig, dass ich mit den Tränen kämpfen musste.
Es ist eine Geschichte aus dem realen Leben, mit allen Facetten, die es zu bieten hat: Hoffnung, Trauer, Liebe, Freundschaft und Drama.
Alle Figuren und ihre Schicksale und Lebensgeschichten sind miteinander verwoben und auch die Tragik, Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren warenfühlbar und zogen mich schnell in die unvergessliche Geschichte hinein.

Wie schon erwähnt, handelt es sich um die etwas abgewandelte Familiengeschichte der Autorin. Während der erste Band der Trilogie „Minna – Kopf hoch, Schultern zurück“ die Lebensgeschichte der Großmutter Minna erzählt, welche 1905 geboren wurde und den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, die Inflation, das Dritte Reich, den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit erlebte, zeigt der zweite Band „Hanne – Die Leute gucken schon“ das Leben der Mutter der Autorin: Ein Leben, welches noch immer sehr vom Zweiten Weltkrieg und der entbehrungsreichen Nachkriegszeit gezeichnet war.
Der dritte Band „Romy – Mädchen, die pfeifen“ schließt ziemlich direkt an das Ende des zweiten Bandes an, spielt in den Jahren von 1983 bis 2019 und zeigt das Leben und die Entwicklung von Romy – Hannes Tochter und somit Minnas Enkelin.
Damit stellt diese Buchreihe das unterschiedliche Leben dreier Generationen von Müttern in den Mittelpunkt: Minna, Hanna und Romy. Auch wenn die Zeiten und damit auch die Geschichten völlig verschieden sind, sind die drei Frauen und ihre Lebensgeschichten immer miteinander verbunden.
Mit ihrem detaillierten, aber durchaus auch flotten Sprachstil hat mich die Autorin wieder direkt mit in die Geschichte genommen. Die Seiten flogen nur so dahin und innerhalb weniger Tage waren die fast 600 Seiten gelesen. Nur äußerst ungern legte ich das Buch aus den Händen.
Die chronologisch erzählte Handlung des Buches wirkt zu keiner Zeit überfrachtet oder gar unlogisch – alles und jede/r hat seinen/ihren Platz in der Geschichte. Ich konnte der Handlung immer gut folgen und mich völlig in diese mitreißende Geschichte fallen lassen.
Wie auch schon die beiden ersten Bände, nahm mich auch diese Geschichte wieder emotional sehr mit, und ich musste das ein oder andere Mal mit den Tränen kämpfen.
Im Prinzip lässt sich dieser Band auch ohne Kenntnis der ersten beiden Teile lesen – ich empfehle aber trotzdem, dass man die Buchreihe nacheinander liest, da man Begebenheiten, Figuren und ihr Verhalten/ ihre Entwicklung besser zuordnen und verstehen kann.

Den geschichtlichen Hintergrund bilden vorwiegend die 1980er/ 1990er und 2000er Jahre – also eine Zeit, die ich schon miterlebt habe. Einige gesellschaftliche Ansichten wirkten auf mich so antiquiert, dass ich es stellenweise gar nicht glauben konnte. Eine Frau hatte auch in diesen Zeiten am besten zuhause zu sein und sich um die Familie zu sorgen. Romy ist eine berufstätige Frau, welche Karriere macht, während ihr Mann zuhause bei den Kindern bleibt und den Haushalt erledigt. Damit waren die Beiden absolute Außenseiter und sorgten für ordentlichen Argwohn und Kopfschütteln in der Gesellschaft. Das wirft natürlich die Frage auf: Hat sich das heute verändert? Ich denke, dass es dieses klassische Rollenbild bis heute noch immer in den Köpfen verankert ist, auch wenn von Seiten der Politik versucht wird, dagegen zu steuern.

Am Ende dieser Rezension bedanke ich mich bei Felicitas Fuchs für diese vielen wunderbaren und mitreißenden Lesestunden und für den Mut ihre Familiengeschichte aufzuschreiben.

Fazit: Das Buch „Romy – Mädchen, die pfeifen“ ist der krönende Abschluss einer großartigen, und bewegenden Buchreihe.
Mit dem ergreifenden und flotten Sprachstil kommt auf keiner Seite Langeweile auf. Es sind Geschichten und Figuren, welche ich noch lange in meinem Herzen tragen werde und so schnell nicht vergessen werde. Unbedingt lesen!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“

von Martha Sophie Marcus

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 11. Juli 2023
Verlag: Tinte & Feder
Ausgaben: Taschenbuch & eBook
ISBN: 978-2496712483
Seitenanzahl: 447
Preis: Taschenbuch 11,99€
Reihe: „Das Gold der Weiden“, Buch 01 von 02

Homepage:
https://martha-sophie-marcus.de/__der_sturz_des_loewen/

Klappentext:
Der packende Auftakt des Historienabenteuers um den jungen Pferdezüchter Micha, der um Gerechtigkeit und seine große Liebe kämpft. Kämpfst du gegen herrschendes Unrecht oder beschützt du diejenigen, die du liebst?
Norddeutschland 1164. Der zwölfjährige Micha hat nur ein Ziel: Gerechtigkeit für den grausamen Mord an seiner Familie. Bei einem Maultierzüchter findet er Zuflucht, in seiner Ziehschwester Sibilla eine beste Freundin. Doch er lebt nun ausgerechnet im Herrschaftsgebiet des verantwortlichen Grafen.
Jahre später hat Micha sich durch sein Geschick im Umgang mit Pferden einen Platz in der Burgmannschaft erarbeitet. Endlich sieht er sich in der Lage, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Aber Michas Herzensdame Johanna und seine Freunde sind von der Grafenfamilie abhängig. Kann und will er sie für seine Vergeltung in Gefahr bringen? Sibilla kämpft unterdessen darum, ihren Vater auch als Frau bei seinen Geschäften unterstützen zu dürfen – und mit ihren heimlichen Gefühlen für Micha“

Hinweise:
Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
-Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars, der Produktnennung und dem Link zur Homepage der Autorin muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ von Martha Sophie Marcus ist der Auftakt einer historischen Romanreihe, welche im 12. Jahrhundert in Norddeutschland spielt und zeigt, wie ein junger Mann auf der Suche nach Gerechtigkeit ist und als Pferdezüchter seinen Platz im Leben sucht.

Norddeutschland im Jahr 1164: Hilflos muss der zwölfjährige Micha mit ansehen, wie sein Vater und sein Bruder grausam ermordet werden. Er und seiner Stiefmutter können flüchten, Micha findet bei einem Maultierzüchter und dessen Familie in Summerburg Zuflucht und ein neues Zuhause. Seine Ziehschwester Sibilla hegt schnell heimliche Gefühle für ihn.
Allerdings ist Vogt Borgward von Egersleben auf der Summerburg der Mann, welcher als Ministerialer unter Graf Meinhard den Mord an Michas Familie zu verantworten hat. Micha befindet sich nun im unmittelbaren Herrschaftsgebiet des Grafen und möchte um jedes Mittel Gerechtigkeit erlangen und die Täter zur Rechenschaft ziehen.
Jahre später hat Micha seinen Platz in der Burgmannschaft gefunden und ist wegen seines geschickten Umgangs mit Pferden beliebt. Doch nicht alle sind ihm wohlgesonnen – der Vogt hat nicht vergessen, wie gefährlich ihm Michas Wissen und Vergeltung werden könnten. Und auch Michas Herzensdame Johanna und seine Freunde sind von der Gunst der Grafenfamilie abhängig.
Als sich die politischen Ereignisse überschlagen, muss Micha sich entscheiden: Kann und will er das Erbe seines Vaters fortsetzen und der Familie seiner Ziehschwester beistehen oder soll er auf der Summerburg bleiben und dem Grafen dienen?

„Alles in allem war die Kälte schlimm, der Hunger schlimmer, aber das Alleinsein das Schlimmste. Er vermisste seinen Vater und seinen Bruder fürchterlich. Jeder hier hatte seinen Platz, jeder kannte jeden, jeder hatte eine Familie oder Freunde. Er fühlte sich wie ein einsames Steinchen im Hafersack. Früher oder später würde man ihn hinauswerfen.“

[Seite 40/ 41]

Bereits seit vielen Jahren gehört die Autorin Martha Sophie Marcus zu den Autorinnen, deren Bücher ich sehr gerne lese. Mit ihrem Debüt „Herrin wider Willen“ und den beiden Teilen der Reihe „Novemberrosen“ konnte sie mich bestens unterhalten.
Als die Autorin ihr neues Buch und Reihenauftakt „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ ankündigte, fiel mir als erstes das stimmungsvolle Cover auf und auch der Klappentext und die Handlungszeit weckten sehr schnell mein Interesse. Das Hochmittelalter (11. Jahrhundert bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts) interessiert mich schon seit einiger Zeit und ich lese immer wieder gerne Geschichten über diese raue Zeit, in der die Menschen mit vielen Problemen zu kämpfen hatten. Zum Beispiel waren Kälte, Krankheiten, politische Unruhen, hohe Kriminalität und geringer Verdienst weit verbreitete Probleme in einer Gesellschaft, welche durch die Ständegesellschaft und das Lehnswesen geprägt war.

Dieses Buch wollte und musste ich einfach lesen und ich freute mich sehr, als die Autorin in den Sozialen Medien Blogger und Bloggerinnen suchte, die ihr neues Buch rezensieren wollten – da meldete ich mich direkt. Das Buch erreichte mich liebevoll signiert und zusammen mit zwei Lesezeichen, einer Broschüre und einer Postkarte, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Das Buch liegt mir als schön gestaltetes Taschenbuch vor, hat 447 Seiten und wie bereits angemerkt, konnte das stimmungsvolle und passende Cover direkt mein Interesse wecken: Im Vordergrund stehen zwei Figuren seitlich zum Betrachter: Links steht ein Mann, dessen Blick auf die Landschaft und die im Hintergrund befindliche Burg gerichtet ist. Rechts steht eine Frau – ihr Blick geht in Richtung des Mannes – hierdurch wird das Profil der Frau sichtbar. Vor den beiden erstreckt sich eine üppige Weidenlandschaft, auf der auch einzelne Pferde zu sehen sind. Hinter den Weiden erhebt sich eine stattliche Burg. Durch den stark bewölkten und dunklen Himmel bricht über der Burg die Sonne hindurch. Besonders gefallen mit die goldenen Ranken, welche das Cover einrahmen und damit sehr edel wirken lässt.
Den Beginn des Buches macht eine kurze und liebevolle Widmung, dieser schließt sich ein kurzes Vorwort über den historischen Kontext an, danach beginnt direkt das erste Kapitel, welches im Oktober 1164 ansetzt. Mit dem 33. Kapitel endet das Buch dann im Oktober 1179. Es folgen ein kurzes Nachwort, die Personenliste und ein Glossar. Über die Personenliste habe ich mich sehr gefreut, da ich diese immer mal wieder gebraucht habe, wenn mir doch mal eine Figur und deren Hintergrund entglitten ist.
Die Handlung wird chronologisch erzählt und umfasst insgesamt 15 Jahre. Ich fand einen schnellen Zugang in die Geschichte und konnte und auch den vielen und vielfältigen Figuren gut folgen.

„»Lass das. Hilf dir lieber selbst. Wenn du deine Schwierigkeiten nicht aus der Welt räumen kannst – und das kannst du nicht – ,dann hör auf, dir die ganze Zeit leidzutun. Du willst mir nicht von deinen Sorgen erzählen, meinetwegen! Dann behalt sie für dich. Aber reiß dich zusammen und mach die Augen auf. Du bist nicht der unglücklichste Mensch der Welt, auch wenn es dir so vorzukommen scheint.«“

[Seite 222]

Viele der Figuren und auch der Handlungsort in „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ sind fiktiv, die Autorin erwähnt im Nachwort, dass „ein Teil ihrer Geschichte und ein Teil des Schicksals des dort herrschenden Grafensgeschlechts an die reale Sommerschenburg angelehnt“ sind. Es gibt auch einige historische Figuren – welche aber nicht die Hauptrollen spielen.
Im Mittelpunkt steht der zu Beginn der Handlung zwölfjährige fiktive Micha. Er muss von einem Moment auf den anderen erwachsen werden und ist dabei völlig auf sich allein gestellt. Doch er gibt sich, seine Träume und sein Erbe nicht leichtfertig auf – allerdings treibt ihn auch immer das immense Verlangen die Mörder seiner Familie zur Rechenschaft zu ziehen unermüdlich an. Seine Entwicklung von einem Jungen hin zu einem erwachsenen Mann ist außerordentlich gut und authentisch gelungen. Auch wenn ich nicht all seine Entscheidungen und Ansichten teilen konnte und auch sein mitunter gedankenloses Verhalten gegenüber seiner Ziehschwester Sibilla mich etwas verwunderten, litt ich mit Micha ab der ersten Seite mit und schloss ihn und seine sympathische Art schnell in mein Herz.
Bis zum Ende des Buches wirkt er rastlos und auf der Suche nach seinem Platz im Leben. Er ist einerseits sehr taff und stark, hat aber auch eine sensible und verletzliche Seite. Seine Liebe zu Pferden und Maultieren und sein stets respektvoller und sorgsamer Umgang mit diesen Tieren hat mir sehr gefallen und ich habe hier einiges neues erfahren und dazu gelernt.

„Micha zuckte mit den Schultern. »Es sind meist gar nicht so sehr die Hände, die viel bewirken. Ich verstehe vielleicht die Sprache der Pferde ein wenig besser als manch anderer, das ist alles.«“

[Seite 169]

An seiner Seite stehen einige weitere fiktive Figuren – allen voran Michas Ziehschwester Sibilla. Sie ist die Tochter des Maultierzüchters Adam und sie kämpft darum, dass sie ihren Vater bei seinen Geschäften unterstützen darf. Das ist kein leichtes Unterfangen in einer Zeit, in der Frauen nichts zu sagen hatten und unterdrückt wurden. Auch Sibilla lernt der Leser/ die Leserin als junges Mädchen kennen und sie entwickelt sich im weiteren Verlauf zu einer willensstarken und durchsetzungsfähigen Frau mit einer trotz allem feinfühligen Seite, welche sie aber unter einer harten Kruste zu verbergen versucht. Auch wenn sie zu den Menschen in ihrer Umgebung sehr direkt und ehrlich ist, schafft sie es nicht, sich Micha gegenüber zu öffnen und ihm ihre Gefühle für ihn zu gestehen. Auch ihre mehr oder weniger deutlichen Signale übersieht/ überhört er.
Auch die restliche Familie um Sibilla konnten mich mit ihren vielfältigen Lebensgeschichten und interessanten Entwicklungen begeistern – vor allem Adam, das Oberhaupt der Familie. Er ist ein aufmerksamer Mann, welcher auf den jungen Micha bei sich und der Familie aufnimmt und ihm damit ein neues Zuhause schenkt. Neben dem Wirt Kilian ist er einer der Charaktere, welche sehr viel Wärme und Geborgenheit in die Geschichte bringen.
Auch Michas beide Freunde Julius und Endris sind fiktiv und immer an Michas Seite. Eigentlich eine unmögliche Freundschaft und Verbundenheit, da Julius der jüngste Sohn von Michas Erzfeind ist. Doch die drei bilden eine gute Gemeinschaft.
Johanna, die Schwester von Endris, ist ein sehr unsteter und sprunghafter Charakter. Mit ihr wurde ich nie so richtig warm, auch wenn ihre ganze Lebensgeschichte sehr tragisch ist.
Die Familie um den Grafen Meinhard, sowie Vogt Borgward von Egersleben und auch dessen Familie sind fiktiv, konnten mich mit ihrer Ambivalenz überzeugen. Borgward ist von Beginn der undurchsichtige Bösewicht, welcher es immer wieder aufs Neue schafft, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und andere für seine Taten büßen zu lassen. Die gegenseitige Bedrohung von Micha und dem Vogt ist äußerst fühlbar.
Heinrich der Löwe, Herzog von Bayern und Sachsen ist der Vetter von Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) – die beiden sind zwei der historischen Persönlichkeiten in diesem Roman. Auch wenn die beiden Figuren und deren Geschichte nicht im Mittelpunkt stehen, sind diese für den Fortgang der Handlung sehr wichtig.
Diese beiden und weitere historische Figuren hat Martha Sophie Marcus wunderbar in ihre Geschichte mit eingebunden, verwebt sie gekonnt mit den Lebensgeschichten ihrer fiktiven Figuren und sie alle konnten mich mit ihrer Lebensechtheit, ihrer Vielfältigkeit und ihren packenden Lebensgeschichten überzeugen. Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren waren stets fühlbar und zogen mich schnell in diese spannende Geschichte hinein. Es sind Figuren, welche ich mit Sicherheit noch lange in meinem Herzen tragen werde und ich bin sehr gespannt, wie es mit einigen von ihnen im nächsten Band weitergehen wird.
Martha Sophie Marcus zeichnet mit ihren vielen Figuren authentisches Bild der damaligen Gesellschaft, welche durch die Ständegesellschaft und das Lehnswesen geprägt war. Zum ersten Stand gehörte der Klerus, also alle Geistlichen, zum zweiten Stand zählten die Adligen, den dritten Stand bildeten die Bauern und einfachen Bürger. Der größte Teil der Menschen im Mittelalter gehörte zum dritten Stand – etwa 90 Prozent waren Bauern.

„»So ist das Leben, Junge. Ein Mann ist entweder ein Bauer oder Knecht, der sich damit begnügt, was er hat. Oder er ist ein Krieger, der für den Kampf lebt und sich nie zufriedengibt. Oder er widmet sein Leben Gott, so wie ich. (…)«“

[Seite 273]

Nicht nur die Ständegesellschaft und das Lehnswesen prägten das Leben der Menschen im Mittelalter. Auch viele Krankheiten, Hunger, Kälte und politische Unruhen und Kriege bestimmten das Leben der Menschen. So kam es durch den aggressiven Herrschaftsausbau des Herzogs Heinrich in Sachsen und nördlich der Elbe zum Widerstand der anderen sächsischen „Großen“.
Diese akribisch recherchierten geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergründe werden in „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ sehr anschaulich dargestellt und ich konnte mit diesem gelungenen Reihenauftakt meinen geschichtlichen Horizont erweitern.
Von der ersten Seite an besticht die Geschichte durch ein hohes erzählerisches Tempo. Martha Sophie Marcus bildhafter, fesselnder und leidenschaftlicher Sprachstil nahm mich direkt mit in die Geschichte. Sie zeichnet ein starkes und unverzerrtes Bild der damaligen Zeit und schafft in ihrem Buch eine sehr dichte Atmosphäre, in welcher ich völlig abtauchen konnte. Nur ungern legte ich das Buch aus den Händen und die 447 Seiten flogen nur so dahin.

Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit einigen der Figuren im nächsten Band und bedanke mich ganz herzlich bei Martha Sophie Marcus für dieses lehrreiche, packende und erkenntniserweiternde Leseerlebnis.

Fazit: „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ ist ein rundum gelungener Reihenauftakt. Mit einer wunderbaren Mischung aus fiktiven und historischen Figuren, einem spannenden geschichtlichen Hintergrund und mit hohem erzählerischen Tempo ist dieses Buch wie eine Reise in längst vergangene Zeiten. Sehr lesens- und empfehlenswert!

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.