„Die Trostbriefschreiberin“

von Michael Paul

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungstermin: Mai 2023
Verlag: Bunte Hunde
Ausgabe: Hardcover & eBook
ISBN: 978-3-947081-11-0
Seitenanzahl: 352 Seiten
Preis: 22,00€
https://www.michael-paul.eu/bücher/

Klappentext:
Als die Freiburger Reporterin Mel Burger den Auftrag erhält, in ein aufgelöstes Kloster in der Eifel zu fahren, ahnt sie nicht, was sie damit auslöst. Die 99-jährige, sehr angesehene und beliebte ehemalige Priorin weigert sich, als Letzte das Kloster zu verlassen. Niemand weiß, warum.
Als der Investor eine Millionenspende für die klamme Stadt auslobt, überschlagen sich die Ereignisse. Während die Bürger vor dem Kloster demonstrieren, erzählt die Nonne Mel Burger ihr Leben. Aber es gibt ein schreckliches, dunkles Geheimnis im Lebenslauf der Nonne. Was hat sie 1940 gemacht, über das sie nicht sprechen will?
Nach dem Erfolg von „Versteckt im Schwarzwald“ greift Michael Paul in diesem packenden Roman das Thema Schuld aus verschiedenen Perspektiven auf, auch wenn diese mehr als 80 Jahre zurückliegt.“

Hinweise:
-Das Buch habe ich freundlicherweise über den Autor Michael Paul als vorzeitiges und kostenloses Rezensionsexemplar (eBook) zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension vom Autor keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
Da ich dieses Buch als eBook gelesen habe, werden die angegebenen Zitate nicht mit einer Seitenzahl versehen.

Coverrechte: Michael Paul

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Das Buch „Die Trostbriefschreiberin“ von Michael Paul ist ein Roman, welcher größtenteils im Jahr 2022 spielt und das Thema und die Frage der Schuld in den Fokus stellt.

Nach einem schweren Schicksalsschlag hat die Reporterin Mel Burger ihrer Heimatstadt Freiburg den Rücken gekehrt und lebt und arbeitet in Köln. Ihr Schwerpunkt liegt in der Lokalredaktion, eine Arbeit, welche sie nur mäßig begeistert. Doch dann erhält Mel den Auftrag in ein aufgelöstes Kloster in der Eifel zu fahren und dort eine 99jährige ehemalige Priorin zu interviewen. Diese weigert sich vehement das aufgelöste Kloster zu verlassen. Niemand weiß warum, die Priorin lässt bisher niemanden an sich und ihre Lebensgeschichte heran.
Mel schafft es, dass Vertrauen der im Ort angesehenen und beliebten ehemaligen Priorin zu gewinnen und bekommt Einblicke in ein Leben, welches von einem schrecklichen und dunklen Geheimnis überschattet wird. Doch als der Investor, welcher das Kloster zu einem Luxushotel umbauen will, eine Millionenspende für den Ort in Aussicht stellt, überschlagen sich die Ereignisse.

Nachdem ich die Bücher „Wimmerholz“, „Das Haus der Bücher“ und „Versteckt im Schwarzwald“ gelesen hatte und diese mich sehr beeindruckt hatten, freute ich mich auf das neue Buch von Michael Paul. Er schreibt sehr präzise und lebendige Bücher gegen das Vergessen, welche mir noch immer im Gedächtnis sind.
Das Buch „Die Trostbriefschreiberin“ erhielt ich vom Autor als vorzeitiges Rezensionsexemplar, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Da ich das eBook gelesen habe, kann ich in dieser Rezension das Hardcover nicht beschreiben – aber eines ist klar: Wie auch die anderen historischen Romane von Michael Paul, wird auch dieses als gebundenes Buch den Weg in mein Regal finden. Das sind Bücher, die ich einfach besitzen muss.
Das stimmungsvolle Cover zeigt eine Person im Habit, welche mir nach vorne verschränkten Armen mit dem Rücken zum Betrachter steht. Sie steht vor einem Fenster, welches aus mehreren Teilen zusammengesetzt ist und mit der nach oben spitz förmig zusammenlaufenden Form an ein gotisches Kirchenfenster erinnert. Die Verdunklungen sind geöffnet und die Person steht im hellen Tageslicht, in welches sie schaut. Jedoch scheinen vor den Fenstern Gitter zu sein. Sie schaut in eine Welt, aus der sie ausgesperrt ist.
Das Buch beginnt mit einem Gedanken von Dietrich Bonhoeffer (geb. 1906, ermordet 1945), dann folgt ein Vorwort von Kurt Schrimm (leitendet Oberstaatsanwald a.D.). Mit dem Prolog des Buches befinden wir uns im Jahr 1940 in Mosbach. Dieser Prolog trieb mir schon direkt die Tränen in die Augen und ich musste schwer schlucken. Das erste Kapitel setzt dann im Jahr 2022 an und der Leser/ die Leserin lernt die junge Reporterin Mel, ihren Chef, den Erzabt und einen Cellerar kennen. Die weiteren 17 Kapitel, spielen größtenteils im Jahr 2022, gehen aber auch zeitlich zurück in die 1930er und 1940er Jahre. Das Nachwort ist dann das ‚Vorwort zum Schluss‘ und wird dann mit einem informativen, eindringlichen und erschreckenden Bericht zu „Grafeneck 1940 – »Euthanasie«-Verbrechen in Baden und Württemberg“ von Thomas Stöckle (Historiker und Politologe) ergänzt. Es folgen Angaben zum Autor, die Danksagungen und eine Übersicht über die bisherigen Werke von Michael Paul.

Mel, die junge Reporterin, ist eine der Figuren, welche im Mittelpunkt der Geschichte stehen. Nach einem schweren Schicksalsschlag lässt sie ihr Leben und ihre Karriere in Freiburg hinter sich und fängt in Köln ein neues, einfacheres Leben an. Doch sie kann ihre Vergangenheit nicht gänzlich hinter sich lassen und wird auch immer wieder von dieser eingeholt. Auch wenn sie mitunter sehr taff wirkt, ist sie doch sehr vom Leben gezeichnet und hat Ängste und Schwächen, welche sie sich auch eingesteht. Dazu verfolgt sie ein unerträgliches Schuldgefühl, welches sie immer wieder aus der Bahn wirft. Somit ist dieser Auftrag ins Kloster zu gehen für Mel auch eine Art des Heilungsprozesses. Sie muss sich nun sich selbst und ihren Gefühlen stellen. Mels ehrlicher Charakter und ihre sehr authentische und dramatische Lebensgeschichte konnten mich sehr schnell überzeugen und in den Bann ziehen.
Neben Mel steht die ehemalige Priorin Schwester Scholastika im Zentrum der Handlung. Mit ihren 99 Jahren hat sie in ihrem Leben schon vieles erlebt, gesehen und durchgemacht. Zu Beginn des Buches wirkt sie mit sich und ihrem Leben im Kloster sehr beherrscht und zufrieden. Es wird aber schnell klar, dass sie etwas zu verbergen versucht und damit eine Last und ein Geheimnis mit sich trägt, welches schwer auf ihr lastet. Diesem Geheimnis und dieser Bürde möchte Mel auf die Schliche kommen. Schwester Scholastika hat sich in ihrem Leben noch keinem Menschen geöffnet, Mel findet einen Zugang zu ihr und ihrem Geheimnis.

„Kathrin hatte recht gehabt, Schwester Scholastika war eine außergewöhnliche Frau. Und sie trug ganz sicher mehr als nur ein Geheimnis in sich, das es wert war, angemessen erzählt zu werden.“

[Kapitel 4]

Es ist zu Beginn auch für die Leser/ Leserinnen völlig undurchsichtig, wie und warum Schwester Scholastika nicht aus dem Kloster ausziehen möchte. Ihre Lebensgeschichte enthüllt sich erst im Laufe der Handlung Stück für Stück.
Neben Mel und Schwester Scholastika gibt es noch einige weitere fiktive Figuren in diesem Roman, welche aber eher am Rande stehen – trotzdem aber für den Fortgang der Geschichte immens wichtig sind. Hier sind zum Beispiel Kathrin und ihr Mann Stefan zu nennen, welche sich ganz rührend um Schwester Scholastika kümmern. Mels Chef Joe ist ein mitunter knallharter Vorgesetzter, agiert sehr impulsiv, ist aber trotzdem für Mel da. Aber auch die weiteren Charaktere wie der Erzabt Christian, der Cellerar Johannes, der Investor Konradi und der Bürgermeister Wittkamp konnten mich mit ihren äußerst lebensechten Darstellungen überzeugen. Sie alle haben ihre Ecken und Kanten und vieles aus ihrer Lebensgeschichte offenbart sich erst im Laufe der Handlung. Dies sorgt für einen guten Lesefluss, da man einfach wissen will und muss, wie und warum es so gekommen ist und wie es weitergeht.

Michael Paul hat einen sehr eindrücklichen, lebendigen und detaillierten Sprachstil, welcher nie langatmig wird und mich, wie bereits in seinen vorherigen Romanen, sofort mit in die Handlung genommen hat. Aber auch seine bildhaften Beschreibungen des leerstehenden Klosters sorgten bei mir für die oder andere Gänsehautmomente und ich konnte mir die Handlungsorte sehr gut vorstellen.

„Gespenstisch kam es ihr vor. Das gesamte Kloster, ein riesiges Gebäude, oder besser eine Ansammlung von mehreren zusammenstehenden Gebäuden, stand komplett leer, nur hier in den Zimmern war so eingerichtet, als hätte sich die letzten mindestens fünfzig Jahre nicht verändert. Steven King hätte an der Kulisse für »Shining 2« seine wahre Freude, war sich Mel sicher und verspürte ein Unwohlsein.“

[Kapitel 4]

Was ich als sehr gelungen empfand, waren auch die wiedergegeben Einblicke in das Klosterleben. Der Autor hat einige Zeit im Kloster Maria Hilf in Bühl/ Baden verbracht und dort den größten Teil seines Romans verfasst. Für viele Menschen ist ein Kloster und das Leben darin völlig aus der Zeit gefallen, weshalb auch immer mehr Klöster geschlossen werden müssen. Jedoch würden mit einem Wegfall dieser Einrichtungen ein einzigartiger Teil unserer Kultur verloren gehen.

„Ein Kloster war eine Kommune, eine eigene Art der Gesellschaftsform, eine eigene Lebensrealität, abseits der Welt, außerhalb der Klostermauern. Ein Leben in Bescheidenheit und Demut, weitab von Ehrgeiz und Karrieredenken, Hektik und Stress, in Bedeutungslosigkeit von Geld und Statussymbolen. Was auf den ersten Blick wie ein Verlust von Freiheit aussah, war in Wirklichkeit vielleicht genau das Gegenteil, eine Befreiung. Schwester Scholastika hatte mit ihrem Gang ins Kloster ihre Freiheit nicht aufgegeben, sie hatte eine neue, geschützte Freiheit gewählt.“
[Kapitel 7]

Den geschichtlichen Hintergrund bildet das Jahr 1940 und die damit beginnenden Krankenmorde in der Zeit des Nationalsozialismus. Diese systematischen Morde kosteten von 1933 bis 1945 etwa 216.000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen das Leben.
Allein in der Tötungsanstalt Grafeneck (im heutigen Baden-Württemberg) wurden 10.654 Menschen mit Behinderung ermordet. Diese Zahlen machen mich immer wieder fassungslos, da sich hinter diesen Zahlen Menschen befinden. Menschen mit Gefühlen, Gedanken und Geschichten. Michael Paul greift hier ein Thema auf, welches immer wieder für enormen Zwiespalt sorgt: Ab wann ist ein Mensch mitschuldig an diesen Taten? Hat man als reine Schreibkraft eine Mitschuld an tausenden Toten? Hätte man diese Tötungen verhindern können?

„»Zuletzt wurden Wachleute, denen keine direkte Tat nachgewiesen werden konnte, trotzdem wegen Beihilfe zum Mord angeklagt und verurteilt. Der letzte Fall liegt noch nicht so lange zurück. Und die Angeklagten sind mittlerweile alle über fünfundneunzig Jahre alt. Aber welches Rad soll ich aus der Uhr nehmen? Läuft sie nur richtig wegen der großen Rädchen? Die kleinen winzigen Zahnrädchen oder Federn sind ebenso notwendig, damit das Uhrwerk präzise funktioniert, oder?«“

[Kapitel 14]

Diese Frage wird von dem Autor nicht vorgebend beantwortet, sondern es wird dem Leser/ der Leserin selbst überlassen, diese Antwort für sich selbst zu beantworten. Immer wieder legte ich das Buch zur Seite und fragte mich: „Schuldig oder unschuldig?“ und „Wie hätte ich mich in dieser Zeit verhalten?“
Die geschichtlichen Hintergründe und Themen stellt Michael Paul völlig ungeschönt da und verbindet diese Fakten gekonnt mit den Geschichten und Lebensgeschichten seiner fiktiven Charaktere.
Sehr interessant, aber auch erschreckend empfand ich die Darstellung, wie schnell die Medien dabei sind, die die Menschen mit teilweise ungesicherten Informationen aufzuschrecken und auch gegeneinander aufzubringen.

Zum Schluss dieser Rezension möchte ich mich ganz herzlich bei Michael Paul für dieses intensive, berührende aber auch stellenweise sehr bedrückende Leseerlebnis bedanken. All seine Bücher sind etwas Besonderes … dieses Buch ist etwas ganz besonders Besonderes. Vielen Dank.

Fazit: Was für eine Geschichte – ich bin mir sicher, dass diese mich noch lange nach Beendigung des Buches beschäftigen und begleiten wird. Es ist ein Buch, welches zum Nachdenken anregt und gleichzeitig bestens und spannend unterhält. Ein absolutes Highlight – unbedingt lesen!

*Ich habe für diese Rezension vom Verlag Autor keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Wo die Störche fliegen“

von Claudia Ley

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 26. April 2023
Verlag: Heyne
Ausgabe: Hardcover
ISBN: 978-3453273375
Seitenanzahl: 528 Seiten
Preis: 22,00€

Klappentext:
Westpreußen, 1918: Umgeben von weiten Wiesen, Wäldern und Seen wächst Gerda von Westkamm auf Gut Lapienen auf. In den Sommern ihrer Kindheit träumt sie sich gemeinsam mit ihrem besten Freund Thomas in eine Welt aus Märchen und Geschichten. Zehn Jahre später wird aus der Kinderfreundschaft die große Liebe. Doch die Nachbarsfamilien trennt nicht nur der Stand, sondern auch die politische Gesinnung, denn Gerdas preußisch- protestantischer Vater möchte seine Tochter keinesfalls mit einem Polen verheiraten. Als die Situation eskaliert, flüchtet Gerda in die Freie Hansestadt Danzig, um als Schreibkraft bei einem Reeder ihr Glück auf anderen Wegen zu finden. Aber ihre Sehnsucht nach Thomas, die Wirren des Zweiten Weltkrieges und schließlich die Flucht aus Westpreußen ändern alles.“

https://www.penguinrandomhouse.de/Buch/Wo-die-Stoerche-fliegen/Claudia-Ley/Heyne/e581807.rhd

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Heyne Verlag über das ‚Bloggerportal‘ als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Heyne Verlag

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Das Buch „Wo die Störche fliegen“ von Claudia Ley ist ein Roman, welcher von 1918 bis Ende 1944 in der Nähe von Schlochau in Westpreußen und in der Stadt Danzig spielt.

Schlochau in Westpreußen im Jahr 1918: Schon seit frühster Kindheit wissen Gerda und Thomas, dass sie zusammen gehören. Während Gerda auf dem Gut Lapienen aufwächst und es ihr dort vordergründig an nichts fehlt, wächst Thomas ganz in der Nähe des Guts bei seiner Mutter in eher ärmlichen Verhältnissen, jedoch mit viel Liebe und Zuwendung auf. Immer wieder flüchten sich die beiden Kinder in ihre eigene Welt aus Märchen und Geschichten. Vor allem das Märchen „Die Schneekönigin“ von Hans-Christian Andersen hat es Gerda und Thomas angetan.
Aus der Kinderfreundschaft wird Jahre später die große Liebe – doch durch den zunehmende Hass der Gesellschaft gegenüber Polen, rückt eine gemeinsame Zukunft der Beiden in weite Ferne.
Als Thomas plötzlich eines Tages aus Gerdas Leben verschwindet, bleibt Gerda nur die Flucht in die Stadt ihrer Träume: Die freie Hansestadt Danzig.
Dort versucht sie als Schreibkraft in einer Reederei ihr Leben zu ordnen und ihr Glück zu finden. Ihre Sehnsucht nach ihrer Jugendliebe Thomas bleibt bestehen und als dann der Zweite Weltkrieg unerbittlich über die Menschen und Länder hinwegfegt, muss Gerda eine Entscheidung treffen.

Hinter dem Pseudonym Claudia Ley steht die erfolgreiche Autorin Charlotte Lyne, welche sich vorwiegend mit dem Namen Charlotte Roth in mein Leseherz geschrieben hat. Ich liebe ihre außerordentlich mitreißenden Geschichten, die vielen verschiedenen Schauplätze und vor allem ihren bildhaften und sehr poetischen Sprachstil. Als das Buch „Wo die Störche fliegen“ in den Sozialen Medien ankündigt wurde, war mir direkt klar, dass ich dieses Buch lesen muss.
Ich fragte das Buch im „Bloggerportal Randomhouse“ an und bekam es freundlicherweise vom Heyne Verlag als Rezensionsexemplar zugesendet. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.

Das Buch ist ein sehr schön aufgemachtes und gestaltetes Hardcover mit Schutzumschlag, worüber ich mich sehr freue, da in letzter Zeit historische Romane nur noch selten als gebundene Bücher auf den Markt kommen.
Auf der Vorderseite des Schutzumschlags befindet sich das Cover, auf der Rückseite befindet sich die Inhaltsinformation. Den Rücken des Schutzumschlags zieren der Name der Autorin und der Titel des Buches. In der vorderen Klappe des Schutzumschlags befindet sich ein kleiner Textausschnitt, welcher direkt große Lust auf die Geschichte macht, in der hinteren Klappe befindet sich ein Foto und eine kurze Biographie der Autorin.
Das stimmige Cover zog sofort meine Blicke auf sich: In der Bildmitte befinden sich eine Frau hellbraunen Sommerkleid und ein junger Mann. Die beiden laufen nebeneinander über eine üppige Blumenwiese, sie scheinen ins Gespräch vertieft. Zusammen schieben sie ein Fahrrad, welches sich zwischen den Beiden befindet. Rechts am Bildrand in der Ferne befindet sich eine Villa, darüber erhebt sich ein schier endlos wirkender, jedoch leicht bewölkter Himmel. Auf der Buchrückseite setzt sich üppige Landschaft fort.

Die chronologisch erzählte Handlung gliedert sich in 47 Kapitel auf, welche sich in sieben Teile (hier ‚Geschichten‘ genannt) aufteilen. Am Ende des Buches folgt ein Glossar der verwendeten Begriffe, Örtlichkeiten und geschichtlichen Hintergründen. Hier muss ich leider erwähnen, dass mir ein Personenregister gefehlt hat, da mir doch ab und zu ein Name, eine Figur und ihre Geschichte entglitten ist. Die erste Geschichte beginnt im Februar 1918, die zweite im Februar 1926, die dritte im Oktober 1927, die vierte im Jahr 1928, die fünfte 1929, die sechste 1933 und die siebte im Februar 1943. Diese Abschnitte, Zeit- und Ortsangaben sorgen während des Lesens für eine gute zeitliche und räumliche Orientierung, da die Gesamthandlung des Buches bei über 25 Jahre liegt. Besonders schön und erwähnenswert finde ich, dass jede Geschichte mit einem Zitat aus dem Märchen „Die Schneekönigin“ beginnt – jenes Märchen von Hans-Christian Andersen, welches sich wie ein roter Faden durch die gesamte Handlung zieht.
Ich habe in den letzten Jahren viele Bücher über das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg gelesen – das Buch „Wo die Störche fliegen“ hat mich außerordentlich tief berührt. Mit ihrem bildhaften und poetischen Sprachstil hat mich Claudia Ley schnell mit in die Geschichte genommen und mich meinen Alltag vergessen lassen. Ab der ersten Seite bauen sich eindrucksvolle Bilder im Kopf auf und ich nahm das Buch immer wieder gerne in die Hand, freute mich aufs weiterlesen, war, wenn ich nicht weiterlesen konnte, in Gedanken ständig weiter in der Handlung gefangen. Die mehr als 500 Seiten flogen nur so dahin.

Im Mittelpunkt der Geschehnisse stehen Gerda und Thomas, welche man im ersten Teil der Geschichte als Kinder kennenlernt. Ich habe Beide direkt in mein Herz geschlossen.
Gerda ist das jüngste Kind der Familie und steht immer etwas im Schatten ihrer vier älteren Geschwister. Sie ist ein herzensguter Mensch, möchte immer das Beste für die Menschen in ihrer Umgebung und lässt sich nicht so schnell unterkriegen. Doch sie muss auch immer wieder Rückschläge einstecken und merkt, dass nicht alle Menschen ihr und vor allem Thomas und der großen Liebe zu ihm aufgeschlossen gegenüber stehen. Ihre Entwicklung von einem jungen Mädchen zu einer jungen Erwachsenen und schließlich zu einer erwachsenen Frau stellt Claudia Ley sehr glaubhaft und authentisch da. Ihr Mut und ihre Entschlossenheit auf der einen Seite, stehen Traurigkeit und Verlusten gegenüber. Gerda ist eine Hauptfigur, welche man einfach direkt und über die gesamte Handlung hinwegmag und mit der man hofft, leidet und sich freut.
So geht es mir auch mit Thomas: Auch er entwickelt sich authentisch von einem Jungen in einen Erwachsenen, auch sein Leben wird von Verlusten geprägt. Doch er gibt nie auf. Auch wenn er mitunter Entscheidungen trifft, welche nicht immer auf den ersten Blick einleuchten, konnte Thomas mich mit seiner bewegenden Geschichte und der Liebe zu Gerda vollends mitreißen.
Einfach wunderschön fand ich auch die vielen Parallelen der beiden Hauptfiguren zu den beiden Figuren des Märchens „Die Schneekönigin“.
An dieser Stelle möchte ich nicht detaillierter auf die vielen weiteren Charaktere und Figuren in dieser Geschichte eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Allgemein konnten mich die vielfältigen Figuren, egal ob sie eher zu den Guten oder zu den Widersachern gehörten, überzeugen. Claudia Ley zeichnet mit ihnen ein sehr authentisches Bild der damaligen Gesellschaft und zeigt, wie die Menschen durch Hass und Propaganda tief gespalten und getrennt wurden. Und ja: Bitte haltet Taschentücher bereit, da die ein oder andere Lebensgeschichte tragisch-traurige Wege nimmt.

Den geschichtlichen Hintergrund bilden die Jahre 1918 bis 1943/1944 in Westpreußen. Nach Ende des Ersten Weltkrieges verlor Deutschland durch den Versailler Vertrag größere Teile der preußischen Provinzen Posen und Westpreußen. Die Stadt Schlochau blieb zwar bei Deutschland, jedoch lag die polnische Grenze nur 10 Kilometer östlich der Stadt entfernt. Viele deutsche Bewohner fühlten sich den verlorenen Gebieten beraubt und es entstand ein Hass auf die polnisch-stämmigen Menschen, welche weiterhin in den noch in Deutschland verbliebenen Teilen lebten und dort ihre Heimat hatten – diese Menschen waren ab sofort unerwünscht und wurden ausgegrenzt. Anhand des fiktiven Thomas und seiner Mutter wird diese Ausgrenzung sehr greifbar und erschütternd erzählt.
In den Gebieten, welche Polen zugeschrieben wurden wurden zwischen 1920 und 1929 vielen ortsansässigen Deutschen die polnische Staatsbürgerschaft nicht zuerkannt, viele wurden enteignet und mussten ihre Heimat verlassen.
Danzig hingegen wurde aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrages 1919 mit den umliegenden Gebieten vom Deutschen Reich abgetrennt und bei gleichzeitiger Einrichtung des polnischen Zugangs zur Ostsee im Jahr 1920 zu einem unabhängigen Staat: Der Freien Stadt Danzig. Dieser stand unter Aufsicht des Völkerbundes; polnische und britische Truppen gewährleisteten den neuen Status der Stadt.
Mit dem Überfall auf Polen im September 1939 und dem damit beginnenden Zweiten Weltkrieg, wurden unter anderem die verlorenen Teile der Provinzen und auch Danzig wieder dem Deutschen Reich angegliedert. Unermessliches Leid, Verfolgung und auch Tod in der polnischen und jüdischen Bevölkerung waren nun an der Tagesordnung.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges folgten dann die Flucht und Vertreibung der Deutschen aus den ehemaligen Ostgebieten. Auch hier kam es wieder zu großen Leid in der Bevölkerung. Meine Großmutter väterlicherseits war von diesen Vertreibungen direkt betroffen, sie flüchtete mit einigen Familienmitgliedern aus der Provinz Posen.
Ein weiteres großes Thema ist, wie die Nationalsozialisten ihre Macht immer weiter ausgebaut haben. Wie bei einem unheilvollen und bedrohlichen Gewitter ziehen die dunklen Wolken am Horizont auf und vielen Menschen ist lange nicht klar, was da auf sie zukommt und wie es ihr Leben für immer verändern wird.
All diese vielen geschichtlichen Hintergründe und Themen stellt Claudia Ley sehr ungeschönt, nachvollziehbar und detailliert da. Gekonnt verbindet sie diese Hintergründe mit ihren größtenteils fiktiven Charakteren und deren unvergesslichen Schicksalen.
Geschichte, welche so mitreißend vermittelt wird, vergisst man nie wieder. Danke liebe Claudia Ley für dieses Lese-Erlebnis.

Fazit: Eine Geschichte, welche sich ab der ersten Seite stetig aufbaut und mich auch nach Beendigung noch immer tief berührt und beschäftigt. Es entstehen während des Lesens eindrucksvolle und unvergessliche Bilder, welche mich in vergangene Zeiten mitgenommen haben und mich meinen Alltag vergessen haben lassen. Ein Buch, welches definitiv das Zeug zu einem Jahreshighlight hat. Unbedingte Leseempfehlung!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Kinder der Luftbrücke“

von Juliana Weinberg

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 29. April 2023
Verlag: Ullstein
Ausgabe: Klappbroschur
ISBN: 978-3-548-06672-1
Seitenanzahl: 448 Seiten
Preis: 14,99€

Klappentext:
Berlin, Westsektor, 1948. Nora schafft es kaum noch, ihre Kinder mit genügend Lebensmitteln zu versorgen, geschweige denn sich selbst. Westberlin ist abgeriegelt. Ihr Ehemann gilt seit Jahren als vermisst. Wird er je zu ihr zurückkommen? Noras Verzweiflung wächst mit jedem Tag, den ihre hungernden Kinder schwächer werden. Sie hört nicht auf zu kämpfen, bis sie endlich Arbeit als Übersetzerin bei den US-Alliierten am Flughafen Tempelhof findet. Dort trifft sie auf den amerikanischen Piloten Matthew, in den sie sich unerwartet und heftig verliebt. Hin- und hergerissen zwischen Schuldgefühlen gegenüber ihrem verschollenen Ehemann und der Hoffnung, ein besseres Leben für ihre Kinder zu ermöglichen, stellt sie sich ihren Gefühlen. Bevor sie Matthew ihre Entscheidung mitteilen kann, stürzt dieser mit seinem Rosinenbomber vom Himmel …“

https://www.ullstein.de/werke/die-kinder-der-luftbruecke/paperback/9783548066721

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Ullstein Buchverlage

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Das Buch „Die Kinder der Luftbrücke“ ist ein Roman, welcher im Jahr 1948 im Westteil der Stadt Berlin spielt und beschreibt, wie die Bewohner und Bewohnerinnen der Stadt nach der Blockade der sowjetischen Besatzungsmacht durch die Luftbrücke versorgt wurden.

Berlin, westlicher Sektor im Juni 1948: Der Zweite Weltkrieg ist vorüber, Deutschland ist in vier Besatzungszonen aufgeteilt, Berlin in vier Besatzungssektoren.
Doch auch wenn die Zeiten hoffnungsvoll erscheinen, bekommt die junge Mutter Nora ihre zwei Kinder nicht satt. Die Kinder, aber auch Nora selbst, ihre Mutter und Noras Schwester werden immer schwächer, die Verzweiflung wächst ins Unermessliche.
Als Nora eine Anstellung als Übersetzerin bei der US-Airforce am Flughafen Tempelhof findet, schöpft die Familie langsam wieder Hoffnung. Nora trifft auf den charismatischen Piloten Matthew und die beiden verlieben sich Hals über Kopf ineinander.
Doch Nora ist zwischen den Schuldgefühlen gegenüber ihrem seit Jahren als vermisst geltenden Ehemann und ihrer Hoffnung auf ein besseres Leben für sie und ihre Kinder mit Matthew hin und hergerissen.
Als sich die weltpolitische Situation immer weiter zuspitzt, muss Nora eine Entscheidung treffen.

Nach den beiden Roman-Biographien „Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne“ und
„Josephine Baker und der Tanz des Lebens“ und der „Gut Erlensee“ – Reihe gehört Juliana Weinberg zu meinen Lieblingsautorinnen. Ich mag ihren bildhaften, aber auch ruhigen und aufgeregten Schreibstil sehr gerne und auch ihre vielfältigen Geschichten wissen mich immer zu begeistern.
Als sie das Buch „Die Kinder der Luftbrücke ankündigte, war mein Interesse schnell geweckt, da ich Bücher, welche in der Nachkriegszeit und in Berlin spielen sehr gerne lese und mich zudem das stimmungsvolle Cover und der Klappentext überzeugten. Über die Luftbrücke selbst habe ich noch keinen Roman gelesen – diese wurde in anderen Romanen, wenn überhaupt, nur als Randthema behandelt. Dabei ist mir die Berliner Luftbrücke aus meinem Geschichtsunterricht im Gedächtnis geblieben, da diese so viel Zuversicht und Zusammenhalt in einer schwierigen Zeit zeigt.
Dieses Buch musste ich einfach lesen und ich freute mich nochmal mehr, als ich das Buch als signiertes Rezensionsexemplar von der Autorin erhielt – an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön dafür.

Das wunderschöne und stimmungsvolle Cover des Buches sprang mir sofort ins Auge: Es zeigt im unteren linken Bereich zwei Kinder, deren Blicke nach oben in den bewölkten Himmel gehen. Der Junge zeigt mit seinem linken Arm nach oben. Im oberen rechten Bereich befindet sich ein Flugzeug, welches gerade die berühmten kleinen Fallschirme mit Süßigkeiten und Rosinen abgeworfen hat. Zusammen mit dem in blau gehaltenen Titel „Die Kinder Luftbrücke“ wird schnell klar, um was es in diesem Roman geht. Schön fand ich auch, dass die beiden Kinder auf dem Cover an Veronika und Jörg, die Kinder von Nora, erinnern.
Es handelt sich bei diesem Buch um eine sehr hochwertig gestaltete Klappbroschur aus dem Ullstein Verlag. Auf der vorderen Klappe befindet sich ein Textausschnitt, in der Klappe wird die Handlung kurz umrissen und graphisch mit dem oberen Teil des Covers hinterlegt. Auf der hinteren Klappe befindet sich ein Foto und eine kurze Biographie der Autorin, im inneren findet sich eine Karte von Deutschland, welche zeigt, wie die Berliner Luftbrücke 1948/1949 aufgebaut war und funktionierte. Ich liebe Kartenmaterial in Büchern, da man sich dann einfach alles nochmal besser vorstellen und nachvollziehen kann.

Die chronologisch erzählte Handlung des Buches gliedert sich in insgesamt 34 Kapitel und einen Epilog auf und beginnt im Juni 1948. Nach Ende des letzten Kapitels befinden wir uns im Mai 1949, der Epilog setzt dann im Juni 1963 an. Es gibt kein Personenregister, welches mir auch nicht gefehlt hat. Was mir aber etwas gefehlt hat, war ein historisches Nachwort, da ich gerne immer etwas mehr über Fakten und Fiktion in einem Roman lese.
Dadurch, dass die Ereignisse des Romans zusammenhängend und aufeinanderfolgend erzählt werden, konnte ich mich von Anfang an gut in die Geschichte einfinden und auch den vielen und vielfältigen Figuren stets folgen. Zudem hat mir gefallen, dass über jedem Kapitel der Monat und das Jahr stehen, was für eine gute zeitliche Orientierung sorgt.
Auch der bildhafte und einfühlsame Sprachstil der Autorin ließen mich das Buch immer wieder gerne in die Hände nehmen und die 448 Seiten flogen nur so dahin.
Die Liebesgeschichte zwischen Nora und Matthew ist schon sehr präsent und nimmt einen großen Teil der Geschichte ein, jedoch wirkte diese auf mich nicht kitschig oder überladen. Die geschichtlichen Hintergründe und die Liebesgeschichte harmonieren wunderbar miteinander, wobei keiner der beiden Teile etwas verliert.
An dieser Stelle möchte ich ebenfalls positiv hervorheben, dass Juliana Weinberg auch immer wieder auf verschiedene Liedtitel verweist, welche während der Handlung abgespielt werden. Das macht das gesamte Buch nicht nur authentischer sondern sorgt auch den perfekten Soundtrack während des Lesens.

„Sie teilte das Schicksal unzähliger Frauen, deren Männer im Krieg verschollen oder gefallen waren, Frauen, die nun alleine für ihre Kinder sorgen mussten. Es half nichts, mit sich zu hadern oder vergangenen Zeiten nachzutrauern, man musste das Beste aus der Situation machen.“

[S. 102, Z. 13 – 17]

Im Zentrum der Handlung steht die junge Mutter Nora. Ihre beiden Kinder Veronika und Jörg, ihre Mutter Else und ihre Schwester Hanna bilden für Nora den Mittelpunkt ihres Lebens. Auch wenn die fünf Familienmitglieder sehr beengt leben, wissen sie alle, was sie aneinander haben.
Nora leidet sehr darunter, dass ihr Ehemann Joachim schon seit einigen Jahren in Russland als verschollen gilt. Jede Such- und Vermisstenanzeige verläuft ins Leere und auch die Sehnsucht ihrer Kinder nach dem Papa wächst.

„[…] doch wünschte sie sich mittlerweile, endgültige Gewissheit zu haben, dass Joachim tot war. Sie hatte keine Hoffnung mehr, dass er noch am Leben war. Alles andere hieße nur, die Ungewissheit und das Leiden zu verlängern, so wie eine Wunde, die nie aufhörte zu bluten, statt allmählich zu heilen.“

[S. 208, Z. 15 – 19]

Ich schloss Nora schnell in mein Herz, da sie einerseits sehr stark ist und sich nie beklagt, andererseits aber doch auch immer wieder mit ihrem Schicksal hadert. Sie gibt für die Menschen in ihrem Umfeld sehr viel, nimmt die Gefühle ihrer Mitmenschen wahr und versucht immer das Gute in ihnen zu sehen – auch wenn sie sich und ihre Bedürfnisse öfter mal hinten an stellt. Den inneren Zwiespalt und die Zerrissenheit, dass sie nach wie vor als verheiratete Frau gilt, sich aber frisch verliebt und damit Aussicht auf ein neues Leben hat, stellt Juliana Weinberg sehr glaubwürdig und facettenreich da.
Auch Noras beide Kinder und deren Entwicklung wirken auf mich sehr authentisch. Veronika ist hier deutlich der schwierige Charakter. Ihre frühste Kindheit wurde von Nächten in Luftschutzräumen, Ängsten und dem Verlust des Vaters geprägt. Ihr jüngerer Bruder Jörg hingegen, sieht die Welt aus noch ungetrübten Kinderaugen. Natürlich bekommt auch er Mangel und Verzicht zu spüren, jedoch vertraut er mit kindlicher Vertrauensseligkeit einfach darauf, dass irgendwann alles wieder besser wird. Jörg ist mein persönlicher Liebling, da er mit seiner Unbekümmertheit und seinem kindlichen Blickwinkel die Geschichte immer wieder aufheitert.
Noras Mutter Else und auch Noras Schwester Hanna und deren Freund Friedrich konnten mich ebenfalls schnell mit ihrer liebevollen und herzlichen Art überzeugen.
Pilot Matthew lernte ich erst in der fortgeschrittenen Handlung kennen – und schätzen. Er hat alles, was sich Nora von einem Mann erhofft und er trifft auch damit genau in mein Leseherz. Matthew ist freundlich, höflich, kann gut mit Kindern umgehen und hat sein Herz einfach am rechten Fleck. Die Liebesgeschichte zwischen Nora und Matthew, welchen einen großen Teil der Handlung einnimmt, wirkt auf mich sehr echt. Ich fand es schön, wie es bei den Beiden von Beginn an geknistert hat, wie sie sich nach und nach kennengelernt haben und wie ehrlich sie zueinander sind.
Erwähnen möchte ich noch Noras Chef Major James Bloom: Er ist ein gerechter und ehrlicher Mann, welcher für Nora stets ein offenes Ohr hat und viele ihrer Nöte und Ängste erkennt.
Es spielen noch einige historische und fiktive Figuren mit, auf welche ich aber nicht detailliert eingehen möchte, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Mich hat vor allem aber die Mischung aus historischen und fiktiven Figuren in diesem Roman gefallen, wie deren Schicksale gekonnt miteinander verbunden und mit der Weltgeschichte verwoben werden. Sie alle geben ein gutes Bild der damaligen Gesellschaft ab. Eine Gesellschaft, welche noch immer schwer von Krieg und Verlust gezeichnet war, aber auch gespalten war. Während in den Westgebieten von Deutschland der wirtschaftliche Aufschwung stattfand, mussten die West-Berliner aufgrund der Blockade weiterhin Verzicht üben und mit dem Lebensmittelmangel umgehen.
Die Autorin zeigt, wie groß der Zusammenhalt der Menschen untereinander war und wie durch die Luftbrücke aus ehemaligen Feinden wieder Verbündete wurden, welche zusammen einen Blick in eine gemeinsame Zukunft warfen.

„Menschen in Amerika spendeten tatsächlich Geld für die Deutschen, die noch vor wenigen Jahren ihre Feinde gewesen waren? Die Welt schien plötzlich eine andere zu sein, die Staatengemeinschaft enger verbunden, bereit, Vergangenes zu verzeihen und gemeinsam nach vorne zu schauen.“

[S. 315, Z. 3 – 8]

Das große und sehr beherrschende geschichtliche Thema ist, wie es auch der Buchtitel verrät, die Berliner Luftbrücke. Diese Luftbrücke diente der Versorgung des Westteils der Stadt Berlin durch Flugzeuge der Westalliierten, nachdem die sowjetische Besatzungsmacht die Land- und Wasserwege von der Trizone nach West-Berlin vom 24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949 durch die Berlin-Blockade gesperrt hatte.

»Retten Sie meine Stadt. Lassen Sie die Leute nicht vor die Hunde gehen. Lassen Sie Lebensmittel, Kohle und Medikamente mit Flugzeugen einfliegen.«“
[S. 84, Z. 4 – 7]

Diesen geschichtlichen Hintergrund hat Juliana Weinberg sehr verständlich und detailliert dargestellt, wodurch ich vieles dazu gelernt habe und mir einige Sachverhalte noch klarer wurden. Aber auch den Nöten der Bevölkerung vor und während der Luftbrücke konnte ich gut nachspüren. Hier ist vor allem die Bedrohung eines Dritten Weltkrieges zu nennen, welche die Menschen in große Angst versetzt hat.

„In den letzten drei Jahren waren die Schrecken des Krieges in den Köpfen langsam verblasst, auch wenn ein jeder Narben beibehielt, persönliche Tragödien, Schmerz und Verlust waren für immer in die Seele eingestanzt. Doch nun schien es, als stünde eine Wiederbelebung dieser grausamen Zeiten bevor.“

[Seite 82/83, Z. 29 – 31, 01 – 02]

Zudem zeigt die Autorin auch, wie die Währungsreform von Statten ging. Mir war nicht bewusst, dass die Menschen in West-Berlin länger auf diese nötige Währungsreform warten mussten, als die Menschen in den Westgebieten von Deutschland.
Ein weiteres Thema ist, was es für die Frauen bedeutete, deren Männer im Krieg als verschollen galten. Zwar konnten diese Verschollenen für tot erklärt werden, doch das war für die Angehörigen sehr emotional. Doch so lange der Status ‚verschollen‘ war, galt man als verheiratet und konnte keine neue Ehe eingehen.
Diese vielfältigen geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergründe hat Juliana Weinberg äußerst akribisch und genau recherchiert und verknüpft diese mit den spannenden Lebensgeschichten ihrer fiktiven und historischen Figuren.

Danke liebe Juliana Weinberg für dieses emotionale Lese-Erlebnis.

Fazit: Dieses Buch bezeichne ich gerne als ein Highlight. Durch die vielen verschiedenen Emotionen der Figuren, ihren Sorgen, Ängsten und auch Nöten, konnte ich tief in die Geschichte abtauchen und habe einiges über diese Zeit und vor allem über die Luftbrücke gelernt. Ein ganz wunderbares und stimmiges Buch, welches ich euch sehr gerne weiter empfehle.

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch die Autorin, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe“

von Sophie Villard

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 12. April 2023
Verlag: Penguin
Ausgabe: Klappbroschur
ISBN: 978-3328108818
Seitenanzahl: 400 Seiten
Preis: 15,00€

https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Mademoiselle-Eiffel-und-der-Turm-der-Liebe/Sophie-Villard/Penguin/e596490.rhd

Klappentext:
Paris 1887: Gustave Eiffel will den höchsten Turm der Welt bauen. Außer ihm glaubt niemand, dass der wahnwitzige Stahlkoloss rechtzeitig zur Weltausstellung fertig wird – bis auf seine mutige Tochter Claire. Zu einer Zeit, als es für Frauen noch als unschicklich gilt, allein spazieren zu gehen, steht sie ihrem Vater als wichtigste Ratgeberin und als Privatsekretärin zur Seite. Doch nicht nur der Wettlauf gegen die Zeit macht den Eiffels zu schaffen: Die Pariser Künstlerszene, allen voran Guy de Maupassant und Alexandre Dumas, formiert sich gegen die angebliche Verschandelung der Stadt. Indes hat Claire auch private Sorgen: Die ständige Angst um ihren Ehemann Adolphe, der als junger Ingenieur für den gefährlichen Bau der Turmspitze verantwortlich ist, bringt ihre Beziehung an den Rand des Abgrunds. Als ein Arbeiter durch einen Sturz vom Gerüst zu Tode kommt und Claire den attraktiven Reporter Gordon Bennett kennenlernt, der ihr ein freies und sorgenloses Leben in Amerika ermöglichen will, muss sie sich entscheiden: Ist der Eiffelturm ihr Schicksal – oder liegt ihre Zukunft in der neuen Welt?

Hinweise:
-Das Buch habe ich freundlicherweise über den Verlag als vorzeitiges und kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
-Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
Die verwendeten Fotos sind privat entstanden – jegliche weitere Nutzung ist untersagt.

Coverrechte: Penguin Verlag

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Das Buch „Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe“ ist ein historischer Roman, welcher Ende des 19. Jahrhunderts in Paris spielt und die Planung und den Bau des Eiffelturms thematisiert.

Paris im Jahr 1887. Gustave Eiffel hat ein ehrgeiziges Ziel: In nur zwei Jahren will er, rechtzeitig zur Weltausstellung 1889, den höchsten Turm der Welt errichten. Unterstützt wird er dabei von seiner ältesten Tochter Claire und deren Ehemann Adolphe.
Doch in der Pariser Künstlerszene formiert sich Widerstand gegen den Stahlkoloss mitten in der Stadt, da befürchtet wird, dass dieser für viele Jahre das historische Stadtbild von Paris zerstört. Dieser Widerstand und der enge Zeitplan bringen das Projekt immer wieder in große Gefahr. Und auch in ihrem Privatleben ist Claire, welche als Privatsekretärin ihres Vaters arbeitet, sehr gefordert: Als Mutter, Ehefrau, Tochter und Schwester.

Mit großer Begeisterung habe ich im Jahr 2020 das Buch „Peggy Guggenheim und der Traum vom Glück“ und im Jahr 2021 „Madame Exupéry und die Sterne des Himmels“ von Sophie Villard gelesen. Beide Bücher konnten mich überzeugen und nahmen mich mit auf Zeitreisen, von welchen ich mir wünschte, dass sie niemals endeten. Als das neue Buch „Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe“ angekündigt wurde, war mir schnell klar, dass ich diesen Roman unbedingt lesen musste. Ich war noch nie in Paris und habe damit den Eiffelturm noch nie gesehen – doch diese Stadt bleibt ein absoluter Sehnsuchtsort, welchen ich unbedingt irgendwann mal besuchen möchte.
Bis dahin reise ich gerne in und mit Büchern in die Vergangenheit dieser unvergleichlichen Stadt. Ich fragte das Buch im „Bloggerportal von Randomhouse“ als Rezensionsexemplar an und bekam es freundlicherweise genehmigt und zugesendet, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanke.

Das stimmige Cover zeigt eine dunkelblonde Frau in einem weinroten Kleid, welche mit dem Rücken zum Betrachter steht. Ihre Arme sind hinter dem Rücken verschränkt, die offenen Haare wehen im Wind. Ihr Blick geht leicht nach links in die Ferne. Links und rechts neben der Frau befinden sich zwei schwarze Torflügel aus Gitter, welche sich vor der Frau zu öffnen scheinen und den Blick auf den im Hintergrund liegenden Eiffelturm freigeben. Der Turm verschwimmt etwas, es wirkt, als läge er im Nebel. In den oberen Ecken des Covers ziehen die drei Kirschblütenzweige die Blicke auf sich. Ich mag das Cover sehr, da es durch den Eiffelturm und den Titel direkt klar wird, um was es bei der Geschichte hauptsächlich geht.
Das Buch ist eine sehr hochwertig gestaltete Klappbroschur. Auf und in der vorderen Klappe befindet sich graphisch aufgearbeitete Zitate aus dem Roman. Die hintere Klappe beinhaltet ein Foto und eine kurze Biographie der Autorin, im inneren werden die beiden vorherigen Romane von Sophie Villard vorgestellt.
Mit dem Prolog des Buches befinden wir uns in Paris am 06. Mai 1889, dem Tag der Eröffnung der Weltausstellung. Das erste Kapitel setzt im August 1886 an und die Handlung läuft dann chronologisch auf die Zeit des Prologes zu.
Insgesamt besteht das Buch aus 57 Kapiteln, welche in drei Teile aufgeteilt sind. Den Schluss des Buches bildet ein Epilog, ein ausführliches Nachwort der Autorin, die Danksagungen, eine Literaturliste und ein Einblick in das Buch „Peggy Guggenheim und der Traum vom Glück“. Besonders schön finde ich, dass die Teile, aber auch die einzelnen Kapitel immer mit einem Kirschblütenzweig verziert sind. Durch die zeitlichen und räumlichen Angaben über den Kapiteln, wusste ich immer, wann und wo sich die Handlung gerade befindet.

Es gibt allerdings kein Personenregister, welches ich auch nicht vermisst habe, da ich den Figuren und ihren Geschichten stets gut folgen konnte.
Die junge Claire steht im Mittelpunkt der Geschehnisse. Die Geschichte wird aus ihrer Sicht in der personalen Erzählperspektive erzählt – allerdings nicht in der Ich-Form. Durch diese Erzählform konnte ich mich sehr schnell in Claire und in ihre Gefühlswelt hineinversetzen und mich mit ihr identifizieren.
Claire ist erst vor kurzem Mutter geworden und möchte eigentlich so vieles mit ihrem Sohn erleben und ihn aufwachsen sehen. Als ihr Vater sie aber zu seiner Privatsekretärin beruft, sind diese Pläne erst mal dahin, es öffnen sich für Claire aber völlig neue und ungeahnte Einblicke in die Baustelle des Eiffelturms.
Sie ist ein sehr selbstbewusste Frau, welche nach dem frühen Tod der Mutter für die Geschwister die Rolle der Mutter übernommen hat. Mit ihrer Weitsicht und ihrer Intelligenz findet sie immer wieder Lösungen für die Großbaustelle, kann auch Unstimmigkeiten unter und mit den Arbeitern abfangen und bringt ihre Berufstätigkeit mit ihrem familiären Leben unter einen Hut.
Doch sie wird auch immer wieder von Selbstzweifeln geplagt und anhand ihrer Geschichte wird deutlich, wie es im ausgehenden 19. Jahrhundert noch mit den Rechten der Frau aussah.

„Was musste das für ein Gefühl der Freiheit sein, wenn man in den Tag schlenderte, hier und dort Platz nahm, einen Kaffee trank, mittags vielleicht eine leichte Quiche aß und Zeitung las, mit dem Kellner plauderte und dann weiterflanierte. Aber natürlich – sie war ja kein Flaneur, kein Bohemien, kein Gentleman auf Reisen. Sie war eine Frau. So einfach war das. Selbstverständlich war es anmaßend, sich das überhaupt vorzustellen, diese Freiheit. Aber irgendwie hoffte sie doch für die zukünftigen Frauengenerationen, dass es schicklich werden würde und dass auch sie Flaneure sein durften, wenn es ihnen beliebte.“

[S. 253, Z. 19 – 29]

Ich mochte Claire und ihre Art schnell sehr gerne, allerdings gibt es ein paar Szenen, in denen ich ihr Verhalten nicht so richtig nachvollziehen kann. Hier ist zum Beispiel der Umgang mit ihrer jüngeren Schwester genannt: Einerseits ist Claire eine moderne junge Frau, welche den gesellschaftlichen Stand der Frau in Frage stellt und berufstätig ist – ihrer Schwester und deren Beziehung gegenüber verhält sie sich aber äußerst altmodisch. Das passt für mich nicht ganz zusammen, steigert aber gleichzeitig ihre Vielschichtigkeit. Da leider nicht vieles aus dem wahren Leben von Claire übermittelt ist, hat Sophie Villard viel Fiktives über die inneren Gedanken und Handlungen dieser interessanten Frau hinzugefügt.
Neben Claire stehen ihr Mann Adolphe und ihr Vater Gustave. Beide haben sich völlig dem Bau des Eiffelturms verschrieben und verlieren mitunter etwas den Blick für die Menschen in ihrer Nähe. Vor allem Claire wird immer wieder vor den Kopf gestoßen, was ich mitunter als sehr ungerecht empfand.
Interessant fand ich, dass einige bekannte Namen und Figuren der Welt- und Kunstgeschichte in dieser Geschichte ihren Platz finden: Zum Beispiel Jules Verne, Guy de Maupassant, Alexandre Dumas, Theo und Vincent van Gogh und Gordon Bennett. Letzterer ist mein heimlicher Star in dieser Geschichte, da er mit seinen mitunter sehr unkonventionellen Ansprachen und seinem Auftreten mir des Öfteren ein Lächeln ins Gesicht zaubern konnte.
Aber auch die fiktiven Charaktere wie Giovanni und seiner Frau Francesca, welche stellvertretend für all die Arbeiter auf der Baustelle stehen, konnten mich mit ihrer glaubwürdigen Art sehr überzeugen und werden mir mit ihrer Geschichte noch länger im Gedächtnis bleiben.
Sophie Villard hat sehr vielfältige und facettenreiche Charaktere geschaffen, welche ein gutes und authentisches Bild der damaligen Gesellschaft zeigen. Geschickt verbindet sie fiktive Charaktere und deren Geschichten mit historischen Figuren und Ereignissen.

Wie bereits erwähnt, beginnt das Buch mit einem Prolog, welcher etwa zwei Jahre vor dem eigentlichen Handlungsbeginn ansetzt. Ab dem ersten Kapitel arbeitet sich die Handlung also auf den Zeitpunkt des Prologs vor. Trotz, oder gerade wegen dieses Vorgriffes, empfand ich die Handlung als sehr spannend und ich nahm das Buch immer wieder gerne in die Hand. Auch wenn die Autorin zu den geschichtlichen Fakten einiges dazu gedichtet hat, ist eine sehr authentische und realistische Handlung entstanden, in welche ich immer wieder gerne abgetaucht bin.
Sophie Villard hat einen sehr bildhaften und angenehmen Sprachstil, welcher mich völlig in der Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts eintauchen ließ.

Ein Hauptthema ist die Errichtung des Eiffelturms in Paris. Mir war vor der Lektüre nicht bewusst, dass dieser Turm auf so viel Ablehnung und Widerstand stieß und der Bau auch mit allen Mitteln verhindert werden sollte. Doch die Eiffels, die vielen Architekten und Arbeiter haben allen Widrigkeiten getrotzt und dieses Kunstwerk geschaffen, welches noch bis heute das Bild der Stadt prägt und weltweit bekannt ist.

„Sie würden die Pariser und Pariserinnen für den Turm gewinnen und alle Widerstände überwinden! Und sie, Claire, würde sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass er Paris bereichern und den Ruf Frankreichs als zukunftsorientiertes Forschungsland festigen würde.“
[S. 81, Z. 13 – 17]

Die Autorin beschreibt die vielen Prozesse des Baus und auch die Arbeiten sehr detailliert und anschaulich – ich konnte mir alles wunderbar vorstellen. Auf Wikipedia finden sich einige interessante Abbildungen zu den Bauabschnitten, welche alles noch einmal verdeutlichen.
Den geschichtlichen Hintergrund bilden die Jahre 1887 bis 1889. Dieses Jahrhundert war von der Industriellen Revolution geprägt: Vor allem die Schlüsseltechnologien wie die Eisenbahn, die Dampfmaschine und die Telegraphie sorgten für einen starken Anstieg von Ausmaß und Geschwindigkeit der globalen Vernetzung.
Die Weltausstellung 1889 in Paris, welche auf 96 Hektar und mit 61.722 Ausstellern stattfand, lockte von Mai 1889 bis Ende Oktober 1889 etwa 32,3 Millionen Besucher an. Unter anderen wurde hier der Phonograph von Edison vorgestellt, aber auch für die französische Automobilbranche war die Weltausstellung die Initialzündung.
Gesellschaftlich bahnte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert eine Wende an, als immer mehr für das Frauenwahlrecht gekämpft wurde.
Diese geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergründe hat Sophie Villard wunderbar und nachvollziehbar in ihrem Roman dargestellt und verbindet diese mit den Lebensgeschichten ihrer Figuren.

Das ausführliche Nachwort, in welchem sie auf Wahrheit und Fiktion eingeht, rundet den Roman perfekt ab.
Danke liebe Sophie Villard für dieses Leseerlebnis, welches mit Sicherheit noch nachklingen wird und mich den Eiffelturm noch einmal mit anderen Augen sehen lässt.

„Was brauchte dieser Turm denn noch die Wissenschaft oder einen anderen offensichtlichen Nutzen? Er berührte auf besondere Weise die Seele und schaffte innige Freude. War das nicht genug?“
[S. 338, Z. 21 – 24]

Fazit: Das Buch „Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe“ ist ein sehr gelungener historischer Roman, welcher Geschichte und Fiktion gekonnt miteinander verbindet. Mit vielfältigen und facettenreichen Charakteren führt und Sophie Villard durch eine realistische Handlung und zeigt spannende Einblicke in den Bau des Eiffelturms.
Sehr lesenswert!

*Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Club Paradies – Im Glanz der Macht“

von Caren Benedikt

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 29. März 2023
Verlag: Blanvalet
Ausgabe: Klappbroschur
ISBN: 978-3764507725
Seitenanzahl: 512 Seiten
Preis: 16,00€

Klappentext:
Berlin, 1976: Der skrupellose Immobilienpatriarch Hanns Borchardt befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere – er ist der Mann, mit dem jeder Geschäfte machen will. Seiner Frau Maria und seinen beiden Kindern Holger und Hanna bietet er ein luxuriöses Leben. Doch die perfekte Fassade der Borchardts trügt: Hanna sehnt sich nach Freiheit und einem selbstbestimmten Leben, Holger begehrt gegen die Familie und die spießige Gesellschaft auf, und Maria denkt über Scheidung nach.Hanns hat aber noch weitaus größere Probleme, denn mit all dem Ruhm und Reichtum geht auch eine Gier einher, die ihn eine verhängnisvolle Entscheidung treffen lässt. Welchen Preis ist Hanns bereit zu zahlen, um sein Lebenswerk zu retten? Und was hat Lea Stern, die Besitzerin von Berlins spektakulärstem Nachtclub, mit alldem zu tun?

https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Club-Paradies-Im-Glanz-der-Macht/Caren-Benedikt/Blanvalet/e587857.rhd

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise über den Verlag als vorzeitiges und kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Blanvalet Verlag

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Berlin im Jahr 1976: Nach außen hin verkörpert die Familie des Immobilienpatriarchen Hanns Borchardt die perfekte Idylle: Hanns ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen und kann damit seiner Frau Maria und den beiden erwachsenen Kindern Holger und Hanna ein Leben im Luxus bieten. Doch der Schein trügt: Maria denkt über eine Scheidung von ihrem narzisstischen Ehemann nach und die beiden Kinder suchen ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung.
Da Hanns ein Mann ist, mit dem jeder und jede gerne Geschäfte macht, steht auch seinem neusten Bauprojekt nichts und niemand im Weg – doch nur fast. Lea Stern, die Besitzerin eines angesehen Nachtclubs stellt sich dem von Reichtum, Ruhm und Gier getriebenen Hanns Borchart in den Weg.
Beide sind bereit, für ihr Lebenswerk alles zu geben und nichts aufzugeben.

In den Jahren 2020, 2021 und 2022 habe ich mit größten Vergnügen die Familiensaga „Das Grand Hotel“ von Caren Benedikt gelesen. Nach dem dritten und letzten Band konnte ich nur schwer von den vielen liebgewonnen Charakteren Abschied nehmen.
Anfang des Jahres 2023 kündigte die Autorin ihre neue Dilogie an und alleine schon dieses wunderbare Cover ließen diesen Auftakt direkt auf meine Liste wandern. Und auch der Klappentext versprach eine spannende Unterhaltung. Die 70er Jahre empfinde ich als eine sehr spannende Zeit, in der unheimlich viel in der zutiefst gespaltenen Gesellschaft im Umbruch war. Deshalb wollte ich dieses Buch lesen und ich fragte es bei erster Gelegenheit im „Bloggerportal Randomhouse“ an. Freundlicherweise bekam ich es genehmigt und das Buch erreichte mich als Rezensionsexemplar, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Das einzigartige Cover und die wunderschön gestaltete Klappbroschur machen direkt große Lust auf die Geschichte:
Das Cover ist in Schwarz- und Goldtönen gehalten und zeigt die Frontalansicht einer jungen Frau, welche mit einem leicht melancholischen Blick direkt in die Kamera schaut. Ein Arm ist angewinkelt, ihre nach unten zeigenden Finger ebenfalls. Über ihr Oberteil wurde ein goldener und glänzender Schimmer gelegt, auf welchem der Name der Autorin, der Buchtitel und der Untertitel stehen. Nach unten hin verläuft die goldene Farbe in den hell erleuchteten Straßenzug des Kurfürstendamms (‚Ku‘damm’) in Berlin, welcher durch den goldenen Schimmer wie im Nebel zu liegen scheint.
Auf der vorderen Klappe wird mit einigen Sätzen die Handlung des Buches umrissen, in der Klappe befindet sich eine Übersicht zu der „Grand Hotel-Saga“. Auf der hinteren Klappe befindet sich ein Foto und eine kurze Biographie der Autorin, im inneren wird der zweite Teil der Dilogie angekündigt.
Nach dem Prolog folgen insgesamt 33 Kapitel, ein Zusatz „Sechs Tage später“, das ausführliche Nachwort und die Danksagung der Autorin. Abgerundet wird das Buch mit einer Leseprobe für den zweiten Band von „Club Paradies“, welcher im Herbst 2023 erscheinen soll.

Hanns Borchardt ist einer der Protagonisten und steht in diesem Auftakt im Mittelpunkt der Geschichte. Schon in den ersten Kapiteln zeigt sich sein gieriger und narzisstischer Charakter, welcher sich nur über Geld und Macht definiert. Es fiel mir sehr schwer, in Hanns Borchardt irgendetwas Gutes zu sehen. Er manipuliert, missachtet und beherrscht seine Mitmenschen – allen voran seine Familie, für welche er zwar finanziell sorgt, aber ihnen nie als ein liebender Ehemann und Vater in Erscheinung getreten ist. Er möchte nur nach außen hin den Schein einer perfekten Familie wahren. Seine Ehefrau Maria bildet einen großen Kontrast zu ihm: Ihr sind die Kinder und ein gute Familienleben äußerst wichtig, sie ist sehr warmherzig, zurückhaltend und auch emotional. Für die Ehe mit Hanns hat sie vieles aufgegeben und sich damit abhängig von ihm gemacht. Doch auch sie hat ihre starken Momente, in denen sie aufbegehrt, doch gegen einen Hanns hat sie wenige Chancen.
Marias Halt im Leben sind ihre beiden Kinder Holger und Hanna. Auch wenn die Beiden bereits volljährig sind, hängt sie sehr an ihnen und versucht die Familie irgendwie zusammen zu halten. Doch nach einem Streit eskaliert die Situation und Holger verlässt die elterliche Villa. Hanna hingegen bleibt, doch ihr Wunsch nach Unabhängigkeit und Freiheit bestimmt auch ihr Denken und Handeln. Auch wenn Holger und Hanna in ihrem bisherigen Leben nichts materielles gefehlt hat, müssen sie sich doch erst in den Welten zurecht finden, in welche sie hinein stolpern.
Die Autorin hat diese vier völlig unterschiedlichen Familienmitglieder sehr gut zusammengesetzt und zeigt mit ihnen, wie sich das Familienleben immer weiter anspannt und unaufhaltsam auseinander driftet. Jede Geschichte der einzelnen Familienmitglieder konnte mich bestens unterhalten und ich bin sehr gespannt, wie es mit einigen von ihnen im zweiten Band weitergehen wird.
Eine weitere Figur, welche im Zentrum der Geschichte steht ist Club-Besitzerin Lea Stern. Sie ist eine sehr selbstbewusste und völlig unabhängige Frau, welche es auch mit einem Hanns Borchardt aufnimmt. Lea Stern ist sehr facettenreich gezeichnet und konnte mich mit ihrer teils rebellischen Art sehr überzeugen. Sie lässt sich nichts gefallen und steht für ihre Ideale ein. Doch sie hat auch eine verletzliche Seite, welche sie aber gut zu verstecken weiß.
Caren Benedikt hat in ihrem Auftakt sehr authentische Charaktere geschaffen welche mich mit ihren unterschiedlichen und packenden Geschichten schnell mit in die Handlung ziehen konnten. Einige der Charaktere sind an realen Persönlichkeiten angelehnt – hierauf geht die Autorin in ihrem ausführlichen Nachwort ein.

Die Handlung beginnt mit einem Prolog, welcher am Heiligabend des Jahres 1976 spielt. Das erste Kapitel setzt dann etwa vier Wochen vor den Geschehnissen des Prologs ein und es wird schnell klar, dass alles auf die Ereignisse des Prologs hinausläuft. In den einzelnen Kapitel spielen abwechselnd die unterschiedlichen Hauptfiguren eine tragende Rolle – wobei jedes Kapitel mit einem Gedanken der jeweiligen Figur beginnt. Somit kann der Leser/ die Leserin auch einen Blick ins Innenleben der Figuren werfen. In und mit diesen vielen unterschiedlichen Geschichten entwickelt sich sehr schnell eine Spannung und Dramatik, welche mich das Buch teilweise nicht mehr aus den Händen legen ließen. Ich musste einfach immer weiter lesen und die über 500 Buchseiten waren innerhalb von zweieinhalb Tagen weg gelesen.
Wie auch schon in ihrer Reihe um das „Grand Hotel“ konnte mich Caren Benedikt mit ihrem temporeichen und bildhaften Sprachstil überzeugen. Allerdings wurde mein Lesevergnügen durch die vielen Sex- und Pornografie-Szenen mitunter etwas getrübt. Diese waren mir stellenweise zu sehr ausgeschmückt. Auch die vielen vulgären Ausdrücke eines bestimmten Personenkreises schreckten mich des Öfteren ab – auch wenn diese gleichzeitig für eine gewisse Authentizität sorgen.

Die geschichtlichen Themen und Hintergründe in „Club Paradies – Im Glanz der Macht sind sehr vielfältig und reichen über die gesellschaftliche Stellung der Frau in den 1970er Jahren, den Studentenstreik 1976/1977, den grausamen Machenschaften der Roten Armee Fraktion (RAF) bis zur skrupellosen Wirtschaftskriminalität im großen Stil.
Bis 1977 war die Ehefrau verpflichtet den Haushalt zu führen. Erst eine Reform des Eherechts ermöglicht Frauen seitdem unter anderem auch ohne Zustimmung des Ehemannes zu arbeiten. Vor dieser Reform waren viele Frauen von ihren Ehemännern finanziell abhängig.
Der Studentenstreik nahm seinen Anfang an der Freien Universität Berlin: Nachdem die Studenten des Fachbereichs Germanistik schon einige Wochen gegen die Suspendierung ihres Professors Gerhard Bauer und des Assistenzprofessors Friedrich Rothe aufgrund eines Wahlaufrufes für die KPD ergebnislos gestreikt hatten, organisierten sie am 24. November 1976 eine studentische Vollversammlung im Audimax der Freien Universität. Die Veranstaltung war mit 4.000 Besuchern so überfüllt, dass nahegelegene große Hörsäle per Lautsprecher angeschlossen wurden. Von Westberlin aus breitete sich der Studentenstreik in der gesamten BRD aus.
Als „Rote Armee Fraktion“ (RAF) benannte sich eine terroristische linksextremistische Vereinigung in Deutschland, die 1968 während der Studentenproteste gegründet wurde. 35 Menschen wurden bis in die 1990er Jahre durch die zahlreichen Anschläge dieser Gruppe ermordet. Begründet wurden die Anschläge damit, dass die kapitalistische Gesellschaftsordnung zerstört werden müsse.
Ein großes Thema ist die Wirtschaftskriminalität – hier verkörpert durch Hanns Borchardt. Dieser Charakter ist zwar fiktiv, aber durch ihn wird gezeigt, wie skrupellos solche Betrügereien von Statten gehen. Es ist Menschen wie ihm egal, wenn viele Menschen durch seine Machenschaften ihre Wohnung und Banken unglaublich hohe Summen verlieren – es geht alleine um den persönlichen Profit und das Ansehen.
Diese vielfältigen Themen und Hintergründe hat Caren Benedikt sehr genau und akribisch herausgearbeitet und stellt diese Sachverhalte absolut nachvollziehbar da. Zusätzlich verwebt sie historische Begebenheiten gekonnt mit den Lebensläufen ihrer zahlreichen Figuren und lässt auch die ein oder andere reale Persönlichkeit mit in ihre Geschichte einfließen.

Ich möchte mich nun ganz herzlich bei Caren Benedikt für dieses mitreißende und spannungsgeladene Leseerlebnis bedanken und ich freue mich jetzt schon auf den zweiten Band der Reihe.

Fazit: „Club Paradies – Im Glanz der Macht“ ist ein sehr spannender, fesselnder und unterhaltsamer Auftakt einer neuen Buchreihe. Mit facettenreichen Figuren und einer auf ein finales Ende zulaufenden Handlung konnte mich das Buch völlig in seinen Bann ziehen und die über 500 Buchseiten waren im Nu gelesen. Unbedingte Leseempfehlung!

*Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Kinder von Beauvallon“

von Bettina Storks

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum:
eBook am 01. April 2023
Print am 12. April 2023
Verlag: Diana
Ausgabe: Klappbroschur
ISBN: 978-3-453-36117-1
Seitenanzahl: 464 Seiten
Preis: 16,00€

https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Die-Kinder-von-Beauvallon/Bettina-Storks/Diana-Verlag/e592696.rhd

Klappentext:
„Dieulefit, 1965: Im Auftrag ihres Freiburger Radiosenders reist die Moderatorin Agnes in einen kleinen französischen Ort, wo im Zweiten Weltkrieg mehr als tausend Flüchtlinge Schutz fanden. Darunter viele jüdische Kinder, die in der Schule Beauvallon von den mutigen Dorfbewohnern versteckt wurden. Könnte auch Agnes’ Freundin Lily überlebt haben, von der seit zwanzig Jahren jede Spur fehlt? Welche Antworten hat ein damals ranghoher Résistance-Offizier? Agnes’ Recherche wird zu einer aufwühlenden Reise in die Vergangenheit, die sie mit der Macht des Schweigens und einem Versprechen von einst konfrontiert.“

Hinweise:
-Das Buch habe ich freundlicherweise über die Autorin Bettina Storks als vorzeitiges und kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Ich habe die Printausgabe gelesen – somit beziehen sich alle Angaben (Seitenzahlen, Ausstattung etc.) auf diese Ausgabe.

Coverrechte: Diana Verlag

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Das Buch „Die Kinder von Beauvallon“ von Bettina Storks ist ein Roman, welcher auf wahren Begebenheiten beruht und zeigt, wie mehr als 1.500 Flüchtlinge während der deutschen Besatzung und des Vichy-Regimes in der französische Gemeinde Dieulefit einen sicheren Zufluchtsort fanden und niemand von ihnen verraten wurde.

Freiburg im Jahre 1965: Die Radiomoderatorin Agnes erhält von ihrem Vorgesetzten einen ganz besonderen Auftrag: Für eine Dokumentation soll sie sich in den Ort Dieulefit begeben – ein Ort, welcher mit Hilfe des großen Zusammenhalt der Bewohner über 1.500 Flüchtlingen einen Zufluchtsort bot. Agnes soll recherchieren, ob auch Juden aus Baden dort untergekommen sind und somit das Schicksal, aber auch die Geschichte der Flüchtlinge/ Verriebenen für die Hörer von jetzt greifbarer machen.
Für Agnes wird eine aufwühlende Reise zurück in die Vergangenheit: 1942 wurde sie von ihrer Freundin Lily getrennt – diese wurde zusammen mit ihren Eltern in das Internierungslager Gurs gebracht. Agnes beginnt zu recherchieren und hofft, dass auch ihre Freundin eines der Kinder war, welche im französischen Ort Dieulefit, in der Schule Beauvallon, Zuflucht gefunden hat.
Doch Agnes trifft auf eine Mauer des Schweigens und auf ein Versprechen, welches vor vielen Jahren gegeben wurde.

Schon seit einiger Zeit gehört Bettina Storks zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen: Ihre aufrüttelnden Themen, ihre akribische Recherche und der sehr intensive und bildgewaltige Sprachstil können mich immer wieder begeistern. Deshalb und auch weil die Geschichte teilweise in meiner Heimat spielt, war mir sofort klar, dass ich auch ihr neustes Werk „Die Kinder von Beauvallon“ unbedingt lesen musste.
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei der sympathischen Autorin für das vorzeitige Rezensionsexemplar bedanken.

Das Cover ist wohl eines der ergreifendsten Cover, welche ich in meiner bisherigen Lese-Laufbahn gesehen habe: Es handelt sich hierbei um ein Originalbild aus der Zeit in Dieulefit und zeigt sechs Kinder, welche der Größe nach aufgestellt sind und in die Kamera blicken. Während dies einige der Kinder sehr selbstsicher machen, blicken einige von ihnen auch eher unsicher. Unwillkürlich fragt man sich, was diese Kinder alles durchmachen und erleben mussten, bis dieses Foto entstanden ist und sie sich halbwegs in Sicherheit fühlen konnten. Im Hintergrund sehen wir einen Straßenzug des Ortes. Zur oberen Buchkante hin verläuft der Himmel in Blau- und Weißtönen auf denen dann in orangenen Buchstaben der Titel des Buches steht, in blau darüber der Name der Autorin. Als ich das Cover Anfang November 2022 in der Vorschau gesehen habe, konnte ich meinen Blick lange Zeit nicht davon losreißen, so gefangen nahmen mich die unterschiedlichen Gesichtsausdrücke der Kinder und die möglichen Geschichten und Erlebnisse, welche dahinter stehen.

„Das Leid und der Schmerz bildeten den Leim, der die Kinder von Beauvallon zusammenhielt, die traumatische Erfahrung des Kriegs, der Verfolgung.“

[S. 271, Zeile 30 und S. 272, Zeilen 01 – 02]

Die Ausgabeform des Buches ist eine sehr hochwertige und wunderschön gestaltete Klappbroschur. Auf der vorderen Klappe befinden sich „Drei Fragen an Bettina Storks“ und ihre Antworten, im inneren der Klappe befinden sich einige Bilder- unter anderen von den Hauptschauplätzen des Romans wie sie damals aussahen und in welchen Zustand sie heute vorzufinden sind.
Auf der hinteren Klappe befindet sich ein Foto der sympathischen Autorin und eine kurze Biographie.
Die Handlung des Romans setzt mit einem Prolog ein, welcher im badischen Sulzburg im Jahr 1940 angesiedelt ist. Schon diese sieben Seiten des Prologs sorgten bei mir für Gänsehaut und trieben mir die Tränen in die Augen.
Mit dem ersten Kapitel befinden wir uns dann im Jahr 1965 in Freiburg im Breisgau, ab dem sechsten Kapitel kommt dann der zweite Erzählstrang hinzu, welcher ab dem Jahr 1942 spielt. Der erste Erzählstrang umfasst etwa ein Jahr, der zweite Erzählstrang umfasst etwa zwei Jahre und endet somit 1944. Ein Epilog, ein umfangreiches Nachwort und ein die Dankesworte der Autorin und ein Überblick über ‚Wahrheit und Fiktion‘ beschließen und runden dieses Buch perfekt ab.

Bettina Storks hat in ihrem Buch neben einer Vielzahl fiktiver Charaktere viele historische Figuren des französischen Widerstands (Résistance) in ihrem Roman untergebracht und ihnen mit ihrem eindrucksvollen Roman „Die Kinder von Beauvallon“, welcher auf wahren Begebenheiten beruht, ein unvergessliches Denkmal gesetzt. Viele dieser Namen hörte ich zum ersten Mal – sie werden nun aber für immer in meinem Herzen und Kopf bleiben. Die Autorin versteht es wunderbar, die vielen historischen Figuren schlüssig mit den Lebenswegen ihrer fiktiven Charaktere und deren Lebenswegen zu verbinden.
Agnes ist eine der Figuren, welche im Mittelpunkt der Geschichte steht. Als Radiomoderatorin in den 1960er Jahren steht sie sehr unter der Fuchtel ihrer männlichen Vorgesetzten, welche ihr nur sehr wenig zutrauen. Doch sie lässt sich von ihren Ideen und vor allem von ihren Idealen nicht abbringen, auch wenn es sie Hals und Kragen kosten kann. In ihrer Kindheit wurde sie von ihrer damals besten Freundin Lily nicht nur getrennt – die beiden Freundinnen wurden auseinandergerissen und hörten dann jahrelang nichts mehr voneinander. Doch Agnes hat die Hoffnung nie aufgegeben, dass sie ihre Freundin irgendwann wieder sehen wird. Bei der ersten Gelegenheit zögert sie keine Sekunde und macht sie sich auf die Suche nach ihrer Lily. Agnes ist eine ruhige und beherrschte Frau, welche ich ab der ersten Seite sehr gerne gemocht habe – sie wächst aber auch über sich hinaus. Auch wenn sie zurückgestoßen wird, gibt sie sich und die anderen Menschen in ihrer Umgebung nicht auf.
Lily steht neben Agnes im Mittelpunkt der Geschichte: Sie ist psychisch schwer von ihrer Vergangenheit gezeichnet, welche sie nie richtig verarbeitet hat, sondern eher vor ihr davongelaufen ist. Es gibt Buch-Charaktere, welche man sein Leben lang nicht mehr vergessen wird – Lily und ihr Freund Jean-Pierre sind zwei davon. Mit ihren eindrücklichen und sehr mitreißenden Lebensgeschichten sorgten sie bei mir für einige Gänsehaut-Momente.
Bettina Storks hat so wunderbare, authentische und lebensechte Figuren geschaffen, welche mich mit Sicherheit noch eine Zeit lang begleiten werden und mit ihren dramatischen und eindrücklichen Lebensgeschichten unvergessen bleiben werden.

Wie in ihren bisherigen Romanen, konnte mich die Autorin mit ihrem intensiven und bildgewaltigen Sprachstil voll und ganz mit in die Geschichte nehmen. Nur wenige Seiten reichten und ich war in der äußerst emotionalen Geschichte angekommen. Nur ungern legte ich das Buch aus den Händen – auch wenn ich es manchmal musste, um durchzuatmen, da mich die Handlung doch teilweise sehr mitgenommen hat.
Die große Themen in „Die Kinder von Beauvallon“ sind die Rolle der Frau in der Nachkriegszeit, die Verarbeitung (und Verdrängung) des Holocaust, eine Freundschaft, welche den Krieg und die Vertreibung überdauert und das Vergeben einer großen Schuld.

Den geschichtlichen Hintergrund bilden die Jahre 1940, 1942 bis 1944 und die die Jahre 1965 und 1966.
Der erste Erzählstrang spielt während des Zweiten Weltkriegs und zeigt ungeschönt die Judenverfolgung und Deportation zu dieser Zeit. Es wird aber auch der französische Widerstand dargestellt: Die Résistance und ihre vielen Ableger bauten verschiedene Organisationen auf, um Menschen zu helfen, über die Grenze in neutrale Staaten zu kommen oder sich in Frankreich oder Benelux mit falschen Papieren zu verbergen. Tausende abgeschossene Piloten wurden gepflegt und über Netzwerke außer Landes gebracht. Jüdischen Familien und Kindern wurden von französischen Familien Unterschlupf geboten – unter anderen eben auch in dem abgelegenen Ort Dieulefit. Hier fanden während des Vichy-Regimes und der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg mehr als 1500 Flüchtlinge einen sicheren Zufluchtsort. Keiner dieser Flüchtlinge wurde von den Einheimischen verraten, keiner wurde nach Deutschland deportiert.

„»Es geht um Dieulefit, um die Menschen dort. Ich glaube nicht, dass die Retter eine große Presse haben wollen. Sie wollen nicht gefeiert werden, sie verstehen sich als Helfer, die ihre Pflicht getan haben, mehr nicht. …«“

[Seite 100, Zeilen 16 – 20]

Der zweite Erzählstrang setzt im Jahr 1965 an. Zwanzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges sind die Spuren des Krieges noch immer zu sehen und die Wunden noch immer nicht verheilt. Die jüngere Generation stellt der älteren Generation Fragen: Sie möchten wissen, wer Täter, wer Mitläufer oder Mitwisser war. Die ältere Generation hingegen möchte einfach nur vergessen statt aufarbeiten und die Vergangenheit bewältigen.

„Vergangenheitsbewältigung. In Deutschland nahmen die wenigsten auch nur das Wort in den Mund. Die meisten Deutschen wollten zwanzig Jahre nach dem Krieg ihre Ruhe haben, nichts mehr von den grausamen Taten des Naziregimes hören und schon gar nicht an das Morden erinnert werden. (…) Die Gesellschaft befasste sich mit anderen Themen als mit den Sünden der Vergangenheit. Sie hießen Wohlstand. Vollbeschäftigung. Tote an der vor vier Jahren erbauten Berliner Mauer. Studentenproteste und Zerfall der guten Sitten.“

[S. 29, Zeilen 14 bis 25]

„Der Boss gehörte zur Tätergeneration. Ihre Generation war die, die Fragen stellte. An die Täter, an die Mitläufer.“

[S. 265, Zeilen 10 bis 12]

Diese geschichtlichen Hintergründe und vielfältigen Themen hat Bettina Storks in ihrem Roman „Die Kinder von Beauvallon“ sehr authentisch herausgearbeitet und verbindet diese mit den Schicksalen und Lebensgeschichten ihrer teils fiktiven, teils historischen Figuren.
Zum Ende dieser Rezension möchte ich mich ganz herzlich bei Bettina Storks für ihr wichtiges Buch danken, mit welchem sie mir unvergessliche Lesestunden geschenkt hat – Dankeschön!

Fazit: Dieses Buch gehört mit zu den besten Büchern, welche ich bisher gelesen habe: Mit viel Leidenschaft fürs Erzählen und vor allem Können, nimmt uns Bettina Storks mit in die Vergangenheit und zeigt uns eine Geschichte, welche nie vergessen werden darf.
Ein Highlight, welches ihr euch auf gar keinen Fall entgehen lassen solltet. Top!

*Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Glückstöchter – Einfach leben“

von Stephanie Schuster

[Werbung*]

Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 29. März 2023
Verlag: S. Fischer Verlage
Ausgabe: Klappbroschur
ISBN: 978-3-596-7074-1
Seitenanzahl: 528 Seiten
Preis: 16€

Klappentext:
„München, 1976: Minze, Vanille und Rosenholz … Für Eva ist die Welt voller Gerüche – und diese sind für sie die Basis aller Gefühle. Besonders Pflanzen und deren heilende Wirkung begeistern sie. Ein Pharmazie-Studium scheint genau das Richtige für Eva zu sein, und sie stürzt sich voller Neugier in das wilde, freie Schwabinger Studentenleben. Doch dann findet Eva etwas heraus, das ihre ganze Welt infrage stellt.Gut Dreisonnenquell im Voralpenland 1910: Wenn Anna Lindenblüten pflückt, die zartgrünen Blätter des Frauenmantels sammelt oder ganz einfach mit den Händen in der Erde arbeitet, fühlt sie sich frei. Als Tochter des bekannten Botanikers Christoph von Quast, möchte sie die Geschicke des Guts weiterführen und die Pflanzenzucht übernehmen. Doch als ihr Vater wieder heiratet, muss sie erfahren, dass sie in seinen Zukunftsplänen nicht auftaucht …

https://www.fischerverlage.de/buch/stephanie-schuster-glueckstoechter-einfach-leben-9783596707461

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Fischer Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!- Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars und diverser Goodies muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: S. Fischer Verlage

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Das Buch „Glückstöchter – Einfach leben“ ist der Auftakt einer Reihe, spielt auf zwei Zeitebenen in den Jahren 1910 und 1976 und zeigt das Leben zweier junger Frauen, welche ihre Leben in bewegten und aufregenden Zeiten leben.

1976 in einem Münchener Vorort: Hier wächst die junge Eva wohlbehütet bei ihren Eltern und ihrer Großmutter auf. Der Lebensinhalt und der ganze Stolz von Evas Eltern ist der gut laufende Friseursalon – allerdings führen Evas großes Interesse an Pflanzen mit heilender Wirkung und ihr feiner Geruchssinn sie zu einem Pharmazie-Studium. Jedoch bringt ein unverhoffter Dachbodenfund Evas ruhiges und unaufgeregtes Leben komplett durcheinander und sie stürzt sich daraufhin in ein neues, unkonventionelles und aufregendes Leben in München.
Mehr als sechs Jahrzehnte zuvor lebt Anna von Quast mit ihrem Vater Christoph auf Gut Dreisonnenquell – einem ehemaligen Kloster in Wessobrunn. Ihr Vater ist ein angesehener Botaniker und hat seiner Tochter schon früh die Faszination für die Pflanzenwelt nahe gebracht. Die Beiden verbindet gegenseitige Zuneigung und Achtung und Anna ist sich sicher, dass sie irgendwann einmal das Erbe ihres Vaters antreten wird. Doch plötzlich ist an der Seite von Annas Vater eine neue Frau. Anna fühlt sich nicht nur völlig überrumpelt, sondern auch übergangen, als sie erkennen muss, dass sie in den Zukunftsplänen ihres Vater keine Bedeutung mehr hat.

Im August 2021 habe ich die ersten drei Bände „Die Wunderfrauen“ von Stephanie Schuster mit großer Begeisterung gelesen. Ich war direkt von der äußerst unterhaltsamen Geschichte und dem flotten Sprachstil der Autorin begeistert. Deshalb freute ich mich sehr, als die Autorin zu Beginn des Jahres eine neue Buchreihe angekündigte. Nachdem ich dann auch mehr über den Inhalt des ersten Bandes gelesen hatte, wanderte das Buch direkt auf meine ‚Muss-ich-lesen-Liste“ und bekam das Buch dann freundlicherweise mit vielen liebevoll ausgewählten Goodies und Postkarten von den S. Fischer Verlagen als Rezensionsexemplar zugesendet. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.


Das stimmungsvolle Cover zieht mit dem großen, in grün geschriebenen und mit gelb hinterlegten Schriftzug „Glückstöchter“ sofort alle Blicke auf sich und hat zudem auch einen leichten Wiedererkennungswert mit der „Wunderfrauen“-Reihe. Hinter dem Schriftzug stehen zwei junge Frauen vor einem gelben Kreis, welcher mit Blütenblättern an den Seiten an eine Sonnenblume erinnert, auf der linken Seite ist das gelb des Kreises verblichen. Die Frauen zeigen die beiden Hauptfiguren des Buches: Die Frau links steht seitlich und zeigt so ihr Profil – ihr offener Blick und ihr Lächeln gehen am Betrachter vorbei in die Ferne. Ihr Reformkleid des frühen 20. Jahrhunderts wird von einem flachen Strohhut ergänzt, welchen sie unterhalb ihrer Schulter trägt. Rechts neben ihr steht ebenfalls eine junge Frau, welche die Haare offen trägt und dem Betrachter ihr Gesicht zuwendet und dabei herzlich lächelt. Sie trägt ein Oberteil mit einem typischen 70er Jahre- Muster. Es wird erst auf den zweiten Blick klar, dass sich diese beiden Frauen optisch sehr ähneln und somit eine Verwandtschaft offensichtlich wird, auch wenn viele Jahrzehnte zwischen ihnen liegen. Mich machte dieses passende und sehr kreative Cover direkt neugierig auf die Geschichte.

Es handelt sich bei diesem Buch um eine hochwertige und liebevoll gestaltete Klappbroschur. Auf der vorderen Klappe wird die Autorin Stephanie Schuster mit einer kurzen Biographie und einem Foto vorgestellt, darunter ist die Trilogie ihrer „Wunderfrauen“ dargestellt. In der Klappe befinden sich das Foto des Covers und graphisch wunderbar aufgearbeitet etwas zum Inhalt und zu den beiden Hauptfiguren Anna und Eva. Auf der hinteren Klappe wird die Reihe „Glückstöchter“ vorgestellt und somit auch auf die Erscheinungstermine der nächsten beiden Teile aufmerksam gemacht. In der hinteren Klappe richtet die Autorin ein Grußwort an ihre Leser und Leserinnen, welches mit einigen stimmungsvollen Fotos von und mit der Autorin unterlegt sind.

Die Handlung des Buches beginnt mit einem Prolog, welcher im Oktober des Jahres 1918 ansetzt und den ersten Erzählstrang mit Anna anschneidet – und mit einem ziemlichen Cliffhanger endet. Mit dem ersten Kapitel beginnt dann der zweite Erzählstrang, welcher in den 1970er Jahren in und um München angesiedelt ist. Dort lernt der Leser/ die Leserin die junge Studentin Eva Klein, ihre Familie und Freunde kennen. Das zweite Kapitel geht dann in das Jahr 1910 zurück und spielt in Wessobrunn – unweit des Ammersees und des Starnberger Sees. Hier treffen wir auf die junge Anna von Quast, ihren Vater und weitere Figuren. Diese Erzählstränge wechseln sich dann kapitelweise ab und enden immer mal wieder so abrupt und spannend, dass ich das Buch nur schwer aus der Hand legen konnte und wollte, da ich wissen musste, wie es weiter geht.
Der erste Erzählstrang spielt von Frühjahr 1910 bis etwa Mai 1911 und umfasst etwas mehr als ein Jahr, der zweite Erzählstrang umfasst die Zeit von Februar 1976 bis Januar 1977.
Hier fehlt mir noch etwas der Bezug der beiden Hauptfiguren zueinander – es bleibt also spannend, wie es im nächsten Band weitergehen wird.
An das letzte Kapitel schließen sich ein liebevoll gestalteter Rezept-Teil, die Danksagung der Autorin und eine Leseprobe zu „Glückstöchter – Einfach lieben“ (ET Frühjar 2024) an.

Die Figuren in diesem Buch sind sehr vielzählig – jedoch auch sehr vielfältig und äußerst facettenreich beschrieben.
Beginnen möchte ich mit den beiden Figuren, welche im Mittelpunkt der Geschichten stehen, eng miteinander verbunden sind jedoch durch Jahrzehnte voneinander getrennt sind.
Anna von Quast wächst im frühen 20. Jahrhundert auf und wird von ihrem Vater alleine groß gezogen, da ihre Mutter sehr früh verstorben ist. Da ihr Vater ein angesehener Botaniker ist, ist er des Öfteren auch auf Reisen und somit bleibt Anna oft bei ihrer recht strengen Gouvernante zurück. Ich mochte Anna sehr schnell, da sie sehr rebellisch und unkonventionell eingestellt ist. Auf der einen Seite wirkt sie sehr selbstsicher und taff, sie hat aber auch Momente, in denen sie schwach und voller Selbstzweifel ist. Doch auch wenn sie immer wieder fällt, steht sie wieder auf und verliert sich und andere Menschen dabei nicht aus den Augen.
Eva, die zweite Protagonistin lebt in den 1970er Jahren. Sie ist, wie auch Anna ein Einzelkind und kann und muss von einem Tag auf den anderen ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Anna und Eva trennen mehr als sechs Jahrzehnte und doch sind sich ihre Geschichten so ähnlich. Während Anna als Tochter keine Chance auf das väterliche Erbe bekommt, muss auch Eva noch Jahrzehnte später mit der männlichen Dominanz in der Universität kämpfen. Auch Eva lässt sich nicht unterkriegen und steht immer wieder auf. Sie ist, wie auch Anna kreativ, leidenschaftliche Natur- und Pflanzenliebhaberin, bricht aus ihrer gewohnten Welt heraus und wünscht sich ein Leben in persönlicher Freiheit und Unabhängigkeit. Ich mochte Evas offene und herzliche, aber auch verletzliche Seite sehr gerne und bin gespannt, wie sich der Bezug der beiden Frauen zueinander noch weiter aufbauen wird.
Neben diesen zwei Protagonistinnen spielen noch eine Vielzahl verschiedenster Figuren in „Glückstöchter – Einfach leben“ mit. Auch wenn ich zu Beginn des Buches etwas Probleme hatte, mich in einige der Figuren einzufühlen, konnten mich diese dann nach einigen Kapiteln doch für sich und ihre Geschichten gewinnen.
Hier ist zum Beispiel der quirlige Vater von Anna zu nennen, welchen man irgendwie gerne haben muss, aber irgendwie auch wegen seiner Blauäugigkeit und Ungerechtigkeit gegenüber seiner Tochter wiederum nicht. Doch genau das mag ich an gelungenen Romanfiguren – wenn sie eben nicht perfekt sind, sondern menschlich mit Macken und Kanten und auch den oder anderen Fehler begehen. Auf die weiteren Figuren dieses Erzählstrangs möchte ich nicht detailliert eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Sie alle konnten mich überzeugen, bilden mit ihren Denkweisen und Äußerungen ein gutes Bild der damaligen Gesellschaft und ich bin sehr gespannt, wie es mit ihnen und ihren Geschichten weitergehen wird.
Aber auch der zweite Erzählstrang lebt von den vielfältigen Figuren um Eva herum: Ihre Eltern, welche sehr schwer zu durchschauen sind, ihre agile Großmutter, die lebhafte Maya und die weiteren Freunde und Bekannten. Sie alle hat Stephanie Schuster so facettenreich und farbenfroh dargestellt und sie zeigen alle zusammen das gelungene Bild einer Gesellschaft, welche von Krisen, Umbrüchen und Veränderungen gezeichnet war.

Den wunderbar bildhaften und rasanten Sprachstil der Autorin empfand ich schon in ihrer Buchreihe „Die Wunderfrauen“ sehr unterhaltsam und bemerkenswert . Auch in diesem Band konnte sie mich wieder bestens unterhalten – auch wenn es mitunter gefühlt etwas ruhiger zuging und sich die Geschichte, die Figuren und ihre Beziehungen zueinander für mich noch nicht völlig geöffnet und entwickelt haben. Es ist eben erst der Auftakt einer Reihe und damit bleiben noch viele Möglichkeiten offene Fragen zu klären.

Die geschichtlichen Hintergründe bilden die Jahre 1910/1911 und die Jahre 1973/1974.
Im ersten Erzählstrang scheint die Welt auf den ersten Blick noch in Ordnung, die Weltkriege liegen in weiter Ferne und es finden viele Forschungsreisen und Expeditionen in weitab gelegene Gebiete der Erde (zum Beispiel der ‚Wettlauf zum Südpol‘) statt. Aber auch in dieser Zeit gab es schon Gedanken über eine fleischfreie Ernährung und auch, wie sich der Mensch und sein Lebenswandel negativ auf die Umwelt auswirkt. Hier ist zum Beispiel das „Monte Verità“ zu nennen, welches in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ein bekannter Treffpunkt von Lebensreformern, Pazifisten, Künstlern, Schriftstellern sowie Anhängern unterschiedlicher alternativer Bewegungen war.
In den 1970er Jahren weiteten sich diese Gedanken weiter aus, wurden noch nachhaltiger aber auch radikaler: Vegetarische/ vegane Ernährung, der ökologische und heimische Anbau von Obst und Gemüse, aber auch die Anti-Atomkraftbewegung sind für viele Menschen dieser Zeit extrem wichtig. Und genau hier haben die beiden Hauptprotagonistinnen ihren Berührungspunkt: Beide sind eng mit der Natur verbunden, setzen sich für deren Erhalt und Achtung ein.
Auch wenn der Schwerpunkt des Romans nicht auf den weltweiten geschichtlichen Hintergründen liegt, sondern eher die persönlichen Entwicklungen der größtenteils fiktiv angelegten Figuren zeigt, hat die Autorin diese Hintergründe gut und nachvollziehbar dargestellt und ich habe einiges dazu gelernt.

Nun bin ich sehr gespannt auf die weiteren Teile der „Glückstöchter“-Reihe und bedanke mich ganz herzlich bei Stephanie Schuster für dieses tolle Lesevergnügen.

Fazit: „Glückstöchter – Einfach leben“ ist ein sehr stimmungsvoller Reihen-Auftakt und ich habe das Buch immer wieder gerne in die Hand genommen – auch wenn ich zu Beginn etwas Probleme hatte, mich richtig in die Geschichte einzufinden und vor allem in die vielfältigen Charaktere einzufühlen. Ich bin sehr gespannt, wie sich die Verbindung der beiden Hauptfiguren in den weiteren Bänden weiterentwickeln wird und freue mich schon so auf den zweiten Band, welcher im Frühjahr 2024 erscheinen soll.
Ein sehr empfehlenswertes Buch, welches mich bestens unterhalten hat.

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung, der Gegenleistung von Lesezeichen und des Links zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Reporterin – Zwischen den Zeilen“

von Teresa Simon

[Werbung*]

Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 15. März 2023
Verlag: Heyne
Ausgabe: Taschenbuch mit Klappen
ISBN: 978-3-453-42407-4
Seitenanzahl: 416 Seiten
Preis: 12€

Klappentext:
„Mai 1962: Marie Graf ist Anfang zwanzig und lebt ihr Leben so, wie von den Eltern geplant. Heimlich jedoch hat sie einen Traum: Sie will Reporterin werden. Sie will schreiben, informieren, aufrütteln. Als die neu gegründete Zeitung „Der Tag“ ihr ein Praktikum anbietet, kann sie ihr Glück kaum fassen. Doch Marie muss sich jeden Schritt ihres Weges hart erkämpfen, sich gegen egozentrische Kollegen, schwierige Interviewpartner und ihre eigenen Eltern durchsetzen. Dank der Hilfe ihres Mentors beim „Tag“ bekommt Marie die Gelegenheit, Größen wie Pierre Brice und Hildegard Knef kennenzulernen. Aus ihr wird Malou Graf, Gesellschaftskolumnistin. Doch der Erfolg im Beruf hat Schattenseiten, nicht zuletzt für Malous Liebesleben. Und dann ist da noch ein Familiengeheimnis, das alles zerstören könnte, was sie sich so mühsam aufgebaut hat …“

https://www.penguinrandomhouse.de/Taschenbuch/Die-Reporterin-Zwischen-den-Zeilen/Teresa-Simon/Heyne/e564770.rhd

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Heyne Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Heyne Verlag

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Das Buch „Die Reporterin – Zwischen den Zeilen“ von Teresa Simon ist der Auftakt einer Dilogie, welche die Geschichte der jungen Marie zeigt, die in den frühen 1960er Jahren ihren großen beruflichen Traum erfüllen möchte und dafür alles geben muss.

München 1962: Die junge Marie Graf arbeitet in der Drogerie ihrer Eltern mit und studiert Pharmazie – genau so, wie es sich ihre Eltern gewünscht haben. Doch Marie ist unglücklich, da sie beides nicht erfüllt. Sie liebt Worte und Texte mehr als Cremes, Shampoos und Tinkturen und möchte unbedingt Reporterin werden – am liebsten bei der Zeitung „Der Tag“. Marie kann ihr Glück kaum fassen, als ihr tatsächlich dort ein Praktikum angeboten wird.
Ihre Eltern dulden diesen Schritt nicht und es kommt zum großen Streit. Aber auch in der Redaktion muss sich Marie immer wieder gegen teils missgünstige Kollegen behaupten.
Und dann ist da noch ein wohl gehütetes Familiengeheimnis, welches Maries gesamtes Leben durcheinander wirbelt und alles gefährdet, was sie sich erkämpft und aufgebaut hat.

Hinter dem Pseudonym Teresa Simon steht meine Lieblingsautorin Brigitte Riebe, welche mich schon seit vielen Jahren mit ihren vielfältigen Geschichten begleitet und begeistert.
Ende 2022 kündigte sie in den Sozialen Medien ihre neue Dilogie „Die Reporterin“ an und mein Interesse war sehr schnell geweckt. Auch wenn es kein Roman ist, welcher auf zwei Zeitebenen spielt und zeitlich etwas später ansetzt, als die bisherigen Romane unter dem Namen Teresa Simon, war klar, dass ich diese Buchreihe einfach lesen muss. Gerade die 1960er Jahre sind eine solch wichtige und ereignisreiche Zeit, in welche ich immer wieder gerne ‚abtauche‘.
Das Buch habe ich vom Heyne Verlag als Rezensionsexemplar mit einem passenden Lesezeichen zur Verfügung gestellt bekommen – ganz herzlichen Dank dafür an dieser Stelle.
Das stimmungsvolle und passende Cover sprach mich direkt an und weckte meine Lust auf die Geschichte. Hier sehen wir eine junge Frau, welche über die aufgeschlagene Zeitung „Der Tag“ hinweg blickt. Ihr freundlicher, offener und sympathischer Blick geht etwas am Betrachter vorbei. Hinter der jungen Frau befinden sich einige Menschen, welche in einem Straßencafé sitzen. Dahinter ist eine Straße, an der einige VW Käfer stehen. Die komplette Szenerie ist in schwarz-weiß gehalten, darüber steht einem glänzenden violetten Farbton der Name der Autorin und der Titel des Buches. Violette Linien rahmen das Cover zusammen mit dem in weiß geschriebenen und violett unterlegten Untertitel ein.
Bei dem Buch handelt es sich um ein hochwertig gestaltetes Taschenbuch mit Klappen. Auf und in der vorderen Klappe befinden sich schön inszenierte Textausschnitte, auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin mit einem Foto einer Kurzbiographie vorstellt, in der Klappe werden die beiden Teile der Dilogie nebeneinander präsentiert.
Die Handlung des Buches beginnt im Mai 1962 und endet im September 1965. Insgesamt besteht das Buch aus vierzehn Kapitel, einer Danksagung und einem Quellenverzeichnis. Es gibt leider kein Personenregister und auch kein historisches Nachwort – ich hätte gerne erfahren, welche Figuren fiktiv sind und welche auf realen Persönlichkeiten beruhen.

„Die Welt braucht junge Frauen mit Köpfchen wie Sie.“

[Seite 54, Zeilen 28 und 29]

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge Marie, welche zu Beginn des Buches Anfang 20 ist und ihren Platz im Leben noch nicht gefunden hat. Als Einzelkind verbindet sie einerseits eine sehr enge Bindung zu den Eltern, andererseits lasten aber auch die hohen Erwartungen der Eltern allein auf ihren Schultern. Für die Eltern ist ihre berufliche Laufbahn bereits klar und drängen sie damit in ein Studium, welches überhaupt nicht ihren Fähigkeiten und Leidenschaften entspricht. Marie liebt das geschriebene Wort, Zeitungen und Reportagen. Hier sieht sie ihre Berufs- und Lebenserfüllung. Ich mochte Maries liebenswerte Art ab der ersten Seite und hatte dann im weiteren Leseverlauf immer mehr das Gefühl, dass sie mir zu einer Freundin wurde. Sie ist nicht perfekt – sie macht Fehler, hat ihre Geheimnisse und Probleme, reagiert und handelt mitunter falsch und hat doch stets ihr Herz aber am richtigen Fleck. Sie sieht ihre Fehler ein, ist für andere Menschen da und stellt auch gerne mal ihre eigenen Bedürfnisse hinten an. Auch von Rückschlägen lässt sie sich nicht entmutigen und steht immer wieder auf. Sehr gefallen hat mir zudem ihre sehr authentische Entwicklung und ich bin sehr gespannt, wie es mit ihr und ihrer Geschichte im zweiten Teil weiter gehen wird.
Maries Eltern stehen für eine Generation, deren Leben vom Dritten Reich und dem Zweiten Weltkrieg geprägt wurden. Die Mutter wurde aus ihrer alten Heimat Schlesien vertrieben, der Vater ist vom Krieg körperlich versehrt zurück gekehrt. Sie beide möchten ihrer einzigen Tochter ein besseres Leben ermöglichen, als sie es jemals hatten und merken nicht, wie sehr sie einengen und auch bevormunden.
Hier bildet Onkel Julius Maries Fels in der Brandung. Er hat stets ein offenes Ohr für seine Nichte und ist immer für sie da. Auch wenn er zu Beginn etwas undurchsichtig ist, konnte mich dieser sympathische Charakter sehr schnell für sich einnehmen.
Roxy ist Maries beste Freundin und auch sie konnte mich mit ihrer Geschichte voller Wandlungen und Ereignissen sehr überzeugen. Sie ist in dieser Freundschaft der mutigere Part, muss aber auch Rückschläge hinnehmen und ist immer mal wieder auf Maries Hilfe angewiesen.
In der Redaktion und während ihrer Arbeit als Reporterin lernt Marie eine Vielzahl unterschiedlichster Menschen kennen. Einige meinen es sehr gut mit ihr, andere weniger. Viele der Figuren und ihre emotionalen Lebensgeschichten gingen mir teilweise sehr nahe und es floss bei mir auch die ein oder andere Träne. Hier möchte ich nicht zu sehr ins Detail gehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme.
Teresa Simon versteht es außerordentlich gut, ihre fiktiven Figuren mit den Geschichten der realen Persönlichkeiten zu verbinden und zu kombinieren und zeichnet mit ihnen ein sehr authentisches Bild der damaligen Gesellschaft. Sie alle konnten mich mit ihren lebensechten Geschichten und Beschreibungen sehr überzeugen.
Zudem zeigt Teresa Simon einen interessanten Blick in das Leben der damaligen Stars und Sternchen, deren Namen vielen Menschen noch immer ein geläufig und sie damit bis heute unvergessen geblieben sind.

„«Im Grunde geht es doch um Menschen und ihre Schicksale, um Hoffnungen und Enttäuschungen, um Aufstieg und Fall, Liebe und Hass – die ganze Skala der Emotionen, die in jedem von uns stecken. Menschen verlieben sich, heiraten, bekommen Kinder, lassen sich wieder scheiden, gehen Geschäfte ein, die mal erfolgreich sind und mal nicht – das ganz normale Leben. Bei den sogenannten celebrities kommt uns das alles nur viel größer und bunter vor, weil wir mit der Lupe auf sie starren. Dabei sind sie eigentlich nicht sehr viel anders als wir – nur eben prominent.«“


[S. 181, Zeilen 16 – 26]

Etwas mehr als drei Jahre umfasst die gesamte Handlung des Buches, welche chronologisch erzählt wird und sich zum Ende des Buches hin zu spitzt. Es bleiben viele Dinge noch unklar und das Ende kommt dann mit einem lauten Knall – damit steigt die Vorfreude auf den zweiten Band der Reihe, welchen ich auf jeden Fall lesen möchte.
Wie auch in ihren bisherigen Büchern, konnte mich Teresa Simon mit ihrem bildhaften, detaillierten, aber auch rasanten Sprachstil wieder schnell mit in die Geschichte nehmen und mich darin abtauchen lassen. Es ist eine wunderbare Geschichte über Träume, Selbstverwirklichung, Freundschaft und Liebe, die auf jeden Fall in meinem Kopf und Herz bleiben wird.
Ich nahm das Buch immer wieder gerne in die Hand und die 416 Seiten flogen nur so dahin.

Den geschichtlichen Hintergrund bilden die frühen 1960er Jahren: Fast 20 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs beherrscht der Generationenkonflikt nach wie vor die Gesellschaft. Die ältere Generation möchte unter der Vergangenheit einen Strich machen und die Themen Drittes Reich, Zweiter Weltkrieg und Holocaust vergessen. Die jüngere Generation legt immer wieder den Finger in die Wunde, welche noch immer nicht gänzlich verheilt ist und möchte die konsequente Aufarbeitung dieser Themen.
Weiterhin zeigt Teresa Simon, dass es auch zu dieser Zeit mit der Gleichberechtigung noch ein langer Weg vor den Frauen lag.
Bedrückend empfand ich, als die Hauptfigur Marie sich als unverheiratete Frau die Anti-Baby-Pille verschreiben lassen möchte und damit auf taube Ohren stößt – sich sogar von dem älteren Frauenarzt erniedrigen und demütigen lassen muss.
All diese geschichtlichen Themen und Hintergründe stellt Teresa Simon sehr authentisch und bildhaft da.
Für mich sehr bemerkenswert und herausragend an diesem Roman ist, dass es eben nicht nur um die große Politik und das große Weltgeschehen geht, sondern es sich viel um die Kultur (Musik, Sänger/ Sängerinnen, Filme und Schauspieler/ Schauspielerinnen) dieser Zeit dreht. Damit kam mir das Lebensgefühl dieser besonderen Zeit sehr nahe.
Auch die spannenden Einblicke in die Arbeit in einer Zeitungsredaktion finde ich sehr gelungen. Hier vor allem, wie sich auf Interviews vorbereitet wird und wie diese geführt werden. Deutlich wird gezeigt, dass die Hauptfigur Marie eben nicht nur auf Effekthascherei aus ist, sondern die Menschen hinter den Prominenten sieht und es mit Leichtigkeit und ihrem untrüglichen Spürsinn schafft, Zugang zu diesen Menschen und ihren spannenden Geschichten zu erhalten.
Mit ihrem immensen Wissen, ihrer akribischen Recherche und ihren liebevoll gezeichneten Figuren hat Teresa Simon einen wunderbaren und unvergesslichen Reihen-Auftakt geschrieben – vielen Dank für dieses tolle Leseerlebnis und auch ein herzliches Dankeschön an die Autorin für die beiden zugesendeten Lesezeichen.

Fazit: Spannend, dramatisch, emotional: Ein sehr stimmungsvoller Roman über Träume, Freundschaft und Liebe, welcher mich ab der ersten Seite gepackt hat und mich direkt mit in die Vergangenheit genommen hat. Zusammen mit den äußerst vielschichtigen Charakteren und ihren mitreißenden Geschichten entsteht ein packendes und farbenfrohes Leseerlebnis, welches im Kopf und Herzen bleibt. Was freue ich mich auf den zweiten Band dieser Buchreihe.

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung, der Gegenleistung von Lesezeichen und des Links zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Das Lachen der Pinguine“

von Arabella Meran

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 14. Februar 2023
Verlag: Tinte & Feder
Ausgabe: Taschenbuch
ISBN: 978-2496713107
Seitenanzahl: 495 Seiten
Preis: 9,99€

Klappentext:
Frederikshavn 1931: Im Fischhandel ihrer Familie lernt die neugierige, lebenslustige Caroline den charmanten Kapitän Klarius Mikkelsen kennen. Von seiner Stimme und seinen blauen Augen fühlt sie sich in eine Welt der Entdeckungen in weiter Ferne getragen. Sie folgt ihm in den norwegischen Walfanghafen Sandefjord und setzt durch, dass sie ihn auf seiner nächsten Expedition begleiten darf. 1935 betritt Caroline Mikkelsen als erste Frau das ewige Eis der Antarktis. Doch dieser Meilenstein erregt kaum Aufsehen. Zurück in Sandefjord begnügt sich Caroline nicht damit, zu Hause auf ihren Mann zu warten, sondern baut ihre eigene Nähschule auf. Erst 60 Jahre später sucht die erfolgreiche, aber unglückliche Journalistin Jesse Brubaker nach der vergessenen Pionierin und will ihre Geschichte erzählen. Als sie die Südpolreisende endlich aufspürt, verändert die Begegnung Jesses eigene Zukunft.“


http://www.ulrikearabella.de/meine-buecher/

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Tinte&Feder

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Das Buch „Das Lachen der Pinguine“ von Arabella Meran erzählt die Geschichte von Caroline Mikkelsen, welche im Februar 1935 als erste Frau die Antarktis betrat.

Frederikshavn, Dänemark im Jahr 1931: Während ihrer Tätigkeit im Fischhandels ihres Onkels lernt die junge Caroline den um einiges älteren und lebenserfahrenen Kapitän Klarius Mikkelsen kennen – und lieben.
Nach der Hochzeit zieht sie mit ihm in das norwegische Sandefjord und behält ihre neugierige und aufgeschlossene Art. Sie begleitet ihrem Mann einige Jahre später auf eine norwegische Expedition in Richtung Antarktis und betritt als erste Frau in der Geschichte das ewige Eis.
Australien im Jahr 1995: Jesse Brubaker ist eine erfolgreiche Journalistin, welche in ihrem Berufs- und Privatleben jedoch mehr als unglücklich ist. Sie spürt die Geschichte einer Frau auf, welche vor 60 Jahren als erste Frau in der Geschichte die Antarktis betreten hat – und sie macht sich auf die Suche nach dieser Pionierin. Eine Pionierin, welche von der Welt vergessen wurde.

Anfang Februar fragte die Autorin Arabella Meran auf Instagram an, ob ich ihr Buch gerne lesen und rezensieren würde – sie würde es mir auch als Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen. Da ich das Buch bereits auf meiner Liste hatte, musste ich nicht lange überlegen und sagte der Autorin zu. Geschichten über bedeutende Frauen der Weltgeschichte lese ich sehr gerne.
Das Buch erreichte mich wenige Tage später zusammen mit Tee, zwei Lesezeichen und einer Postkarte. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an die Autorin für die Zusendung und Bereitstellung des Buches als Rezensionsexemplar.

Bei diesem Buch handelt es sich um ein sehr schön aufgemachtes Taschenbuch, welches direkt mit dem äußerst passenden und stimmungsvollen Cover besticht. Hier steht eine junge Frau, mit einem roten Mantel, Handschuhen, Schal und Fellmütze bekleidet, zwischen einer Schar Pinguine. Um ihre Schultern trägt sie ein Fernglas, ihr Blick und ihre Körperhaltung sind nach rechts ausgerichtet. Im Hintergrund erstreckt sich eine felsige Eislandschaft, ein blauer, leicht bewölkter Himmel überspannt diese friedliche Szenerie, in welcher die Frau wie ein Bestandteil wirkt, nicht wie ein Fremdkörper. Sie ist bei den Pinguinen und die Pinguine sind bei ihr.
Das Buch beginnt mit einer „Einführung in den historischen Hintergrund“ – zusammen mit einer Abbildung der Seereiseroute von Caroline Mikkelsen und einigen historischen Fotos wurde damit meine Lust auf die Geschichte noch größer.
Es folgt der sehr poetisch geschriebene Prolog „Die Stimme der Antarktis“, welcher mich direkt begeistern konnte. Mit dem im Anschluss folgenden ersten Kapitel beginnt der erste Handlungsstrang der Geschichte im Jahr 1941. Das zweite Kapitel setzt dann aber 10 Jahre vor dem ersten Kapitel an und die Handlung arbeitet sich dann stückchenweise bis zur Zeit des ersten Kapitels und die Zeit danach vor.
Der zweite Erzählstrang beginnt im vierten Kapitel und spielt im Februar 1995 in Australien. Dieser Erzählstrang wird immer wieder zwischen dem ersten Erzählstrang kapitelweise fortgesetzt.
Insgesamt besteht das Buch aus 70 Kapiteln, wovon einige in Briefform gehalten sind – hier schreibt die Hauptfigur Caroline an ihre Schwester.
Erwähnenswert finde ich, dass jedes Kapitel mit einer Überschrift und einer Zeit- und Ortsangabe versehen ist. Dies sorgt für eine gute zeitliche und räumliche Orientierung.
An das letzte Kapitel schließt sich ein Epilog an, dann folgt das ausführliche Nachwort der Autorin, in welchem sie auf Wahrheiten und Fiktion eingeht, aber auch erzählt, wie sie auf die Idee kam, diesen Roman über Caroline Mikkelsen zu schreiben.

Das Buch verfügt über kein Personenregister, welches ich aber auch zu keiner Zeit vermisst habe. Alle Figuren werden sehr behutsam in die Geschichte gebracht und beschrieben. Somit hatte ich im Laufe der Handlung keine Probleme, die jeweiligen Figuren und ihre Geschichten zuzuordnen.
Beginnen möchte ich mit Caroline, welche im Mittelpunkt der Geschichte steht. Sie ist eine starke Persönlichkeit, welche auf der Suche nach ihrem Lebensglück ist. Sie wird hier nicht als unerschrockene Forscherin oder gar Heldin dargestellt, sondern mehr als eine sehr genügsame Frau, welche aber trotzdem ihre Träume leben möchte, ohne Ruhm und Ansehen einzuheimsen.

„Sie könnte Caroline zu einer Klischeefigur machen. Zur schüchternen Kapitänsgattin, die von den männlichen Entdeckern vom Ruhm ausgeschlossen wurde: eine schwache Frau, die sich der Dominanz ihrer Männer unterworfen hatte. Aber das stimmt nicht. Caroline ist eine starke Frau. Sie hat ihre Stärke jedoch anders gezeigt, als Figuren in Heldengeschichten es tun. Caroline hat keinen Ruhm für sich eingefordert – damals, 1935, nicht und heute auch nicht.“


[S. 460/ 461, Z. 29-33 und Z.01-03]

Genau diesen starken aber doch auch bescheidenen Charakterzug von Caroline Mikkelsen hat die Autorin Arabella Meran auch in ihrem Roman hervorragend herausgearbeitet und zeichnet ein sehr glaubwürdiges Bild dieser historischen Persönlichkeit. Caroline unterwirft sich niemanden und macht dies auch unter anderem ihren Mann gleich zu Beginn und mehrmals in der Geschichte klar. Ich mochte Carolines wunderbare Entwicklung, aber vor allem, dass sie stets sie selbst geblieben ist, auch wenn ihr das Schicksal mitunter übel mitspielt.
An Carolines Seite steht ihr Mann Klarius: Er ist ein angesehener und routinierter Kapitän in der Walfangflotte und ein sehr gerechter Mann, dem sein Beruf alles bedeutet. Er wirkt zu Beginn der Geschichte sehr undurchsichtig und auch etwas unnahbar, was sich durch die gesamte Handlung zieht. Er scheint vor Caroline immer wieder Geheimnisse zu haben. Doch genau das mag ich an gelungenen Charakteren, wenn sie nicht leicht zu durchschauen sind.
Die beiden zusammen bilden aber trotz ihrer Verschiedenheiten, ihres Altersunterschied und ihrer gesamten Lebenserfahrung eine einträchtige Gemeinschaft – sie ergänzen sich gegenseitig gut. Auch wenn es immer wieder zu einem Wechselbad der Gefühle und zu emotionalen Ausbrüchen kommt und beide die ein oder andere bittere Pille in dieser Ehe schlucken müssen.
In dem Erzählstrang, welcher im Jahre 1995 spielt, steht die fiktive Journalistin Jesse Brubaker im Zentrum der Handlung. Sie ist eine Frau, welche in einem unglücklichen Leben gefangen ist: Verzweifelt in ihrem Job, da sie von ihren männlichen Kollegen und Vorgesetzten immer wieder an ihre persönlichen Grenzen gebracht wird und auch in ihrem Privatleben ist sie alles andere als glücklich. Ähnlich wie Caroline, nur 60 Jahre später, hat auch Jesse mit der männlichen Dominanz und Willkür zu kämpfen und muss ihren Platz im Leben finden. Jesse ist eineFigur, welche mir mit ihrer starken Geschichte auf jeden Fall im Gedächtnis bleiben wird und mich auch zum Nachdenken angeregt hat. Unwillkürlich stellt sich die Frage, wie wichtig beruflicher Erfolg ist und wie dieser mit einem erfüllten Leben in Einklang gebracht werden kann.
Aber auch die vielen anderen Charaktere und ihre vielfältigen Geschichten und Hintergründe hat Arabella Meran wunderbar herausgearbeitet und perfekt mit ihrer Handlung verknüpft. Jede Figur, egal ob historisch oder fiktiv hat ihren Platz in der Geschichte gefunden.
Hier ist beispielsweise noch Carolines Mutter zu nennen, welche mir (und Caroline) mit ihrer Art einem auf die Nerven gehen konnte, trotzdem musste man sie auch irgendwie gerne haben – ähnlich verhält es sich mit Carolines Schwiegermutter. Aber genau solche sperrigen Charaktere braucht eine authentische Geschichte.Elin ist Carolines Schwester und deren Fels in der Brandung. Die beiden Schwestern geben sich in und mit ihren Briefen immer wieder Halt, machen sich Mut und finden neue Wege. Aber auch die Elin außerhalb der Briefe konnte mich mit ihren vielen liebevoll gezeichneten Eigenheiten völlig überzeugen.

Der erste Erzählstrang beginnt im September 1931 und geht bis ins Jahr 1948, der zweite Erzählstrang beginnt im Februar 1995 und endet mit dem Epilog im Mai 1996. Auch wenn im zweiten Erzählstrang die Journalisten Jesse im Mittelpunkt steht, werden beide Stränge durch die Hauptfigur Caroline Mikkelsen und ihre Geschichte und Erlebnisse miteinander verbunden und verknüpft.
Besonders gefallen hat mir, dass ein große Teile des ersten Erzählstrangs in Briefform geschrieben sind: Hier schreibt Caroline ihrer Schwester und lässt sie von Beginn an, an ihrem Leben teilhaben. Somit kam ich Caroline und ihrer Gefühl- und Gedankenwelt direkt sehr nahe. Das empfand ich gerade in den Briefen sehr gelungen, welche sie während ihr Expedition in die Antarktis schreibt. Damit erhält der Leser/ die Leserin die feminine Sicht auf die Eroberung der Antarktis.

„»Wenn Sie die Antarktis mit eigenen Augen sehen würden, würden Sie das verstehen. Dieses Land ist so stark und so einsam – es braucht keine Menschen. Ich habe keine Spuren auf diesem Boden hinterlassen. Nein. Aber die Antarktis hat Spuren in mir hinterlassen.«“

[S. 456, Z. 1 – 5]

Vor allem aber blickt das Buch aus der weiblichen Sicht auf die Ausbeutung der Natur, hier insbesondere auf den systematischen Walfang. Die Erfindung der Margarine war eine der Ursachen für eine Wiederbelebung des Walfangs, da Waltran zunächst essenzieller Bestandteil dieser Erfindung war. Da Waltran auch für die Herstellung des Nitroglycerins verwendet wurde, führte die Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts einsetzende Aufrüstung zu einer stark erhöhten Nachfrage und in Folge zu einem weiteren Anstieg des Walfangs. In den 1930er Jahren entstanden große Flotten, die mit Fabrikschiffen monatelang unterwegs waren auf denen die getöteten Wale direkt verarbeitet werden konnten. Allein in den Jahren 1930 und 1931 wurden mehr als 30.000 Blauwale getötet, erst dann beschloss der Völkerbund 1931 ein Abkommen zur Begrenzung des Walfangs, das 1935 in Kraft trat. Im gesamten 20. Jahrhundert wurden schätzungsweise circa drei Millionen Wale erlegt.
Diese furchtbaren Tötungen beschreibt Arabella Meran sehr detailliert aus der Sicht von Caroline, welche mitunter sehr betroffen aber auch entsetzt ist.

„Wenn ich allerdings an die Blutflecke denke, die wir Menschen im weißen Schnee hinterlassen, fürchte ich beinahe eine Strafe Gottes.“

[S. 315, Z. 31 – 33]

Diese Themenkomplexe hat Arabella Meran akribisch recherchiert und sehr gut herausgearbeitet. Dabei erhebt sie nicht den moralischen Zeigefinger, sondern zeigt, dass es damals so war und es für die Menschen damals völlig normal – und lebensnotwendig – war. Auch wenn mich die Schilderungen der Walschlachtungen teilweise sehr mitgenommen haben.
Mit ihrem lockeren, bildgewaltigen und detaillierten Sprachstil konnte mich Arabella Meran sehr schnell mit in die Geschichte nehmen. Ich hätte das Buch gerne am Stück gelesen, aber ich merkte, dass ich mir für diese tiefgehende Geschichte etwas mehr Zeit nehmen wollte – auch um diese richtig auf mich wirken zu lassen.
Äußerst zufrieden habe ich das Buch am Ende zugeklappt und bin mir sicher, dass ich dieses stimmige Buch irgendwann noch einmal lesen werde.

Danke liebe Arabella Meran für dieses gelungene Lese-Abenteuer.

Fazit: Ein sehr stimmiges, aber auch stimmungsvolles Buch, welches zum Mitfühlen und Nachdenken anregt. Dazu konnten mich die sehr facettenreichen und klischeefreien Figuren mit ihren vielfältigen Geschichten und Hintergründen sehr überzeugen. Auch die geschichtlichen Hintergründe und Themen sind sehr gut und intensiv herausgearbeitet. Eine absolute Lese-Empfehlung für dieses bewegende und emotionale Roman-Debüt.

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch die Autorin, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Brennnesseln schmecken nur im Frühling“

von Kerstin Groeper

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 15. Februar 2023
Verlag: TraumFänger
Ausgabe: Paperback mit Klappen
ISBN: 978-3-948878-34-4
Seitenanzahl: 560 Seiten
Preis: 16,90€

https://traumfaenger-verlag.de/readerview/brennnesseln-schmecken-nur-im-frühling.html

Klappentext:
Das harte Leben zweier Menschen, die sich unter normalen Umständen gar nicht hätten kennenlernen dürfen: Gredel ist glücklich, als sie in den 20er Jahren eine Ausbildung als Röntgenassistentin beginnen darf und damit ihrem strengen Elternhaus in Ostfriesland entfliehen kann. Nach ihrer Ausbildung arbeitet sie in einem Krankenhaus in Lübeck. Dort verliebt sie sich in Walther, einen gutaussehenden Arzt, der seine Karrierechance bei der SS sieht. Als dieser nach Jüterbog versetzt wird, folgt sie ihm dorthin. Längst sind Verlobung und Hochzeit geplant, doch Walther bittet um einen Aufschub von drei Monaten, weil er noch zu einem Einsatz in Afrika abkommandiert wird. Als Gredel merkt, dass sie ein Kind von ihm erwartet, ist sie überglücklich … doch Walther löst die Verlobung und stürzt Gredel damit in tiefe Verzweiflung. Zur gleichen Zeit schlägt sich Hellmuth, der ursprünglich aus Ostpreußen stammt, mehr schlecht als recht in Berlin durch. Er kümmert sich aufopferungsvoll um seine verwitwete Mutter sowie um seine Schwester und deren uneheliche Tochter. Um dem Kind die Schande zu ersparen, geben sie es als Tochter der Großeltern aus – auch, um ihre jüdische Herkunft zu verschleiern, was in der Folge zunehmend zu einem Problem wird. Hellmuth wünscht sich endlich eine eigene Familie, doch die desolate finanzielle Situation kommt seinen Plänen immer wieder in die Quere. Als die Schulden überhandnehmen, drängt ihn seine Mutter, auf eine Heiratsanzeige zu antworten, in der eine hohe „Mitgift“ versprochen wird. So lernt er Gredel kennen, die verzweifelt versucht, ihre uneheliche Tochter Rosemarie durch eine Heirat behalten zu können. Die Leben der zwei Familien geraten aus den Fugen, als der Zweite Weltkrieg ausbricht …

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension vom Verlag oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.

– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: TraumFänger Verlag

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Das Buch „Brennnesseln schmecken nur im Frühling“ von Kerstin Groeper ist ein biografischer Roman und erzählt einen Teil der Lebensgeschichte der Großeltern der Autorin von den 1920er bis in die 1950er Jahre.

Leer, Ostfriesland 1924: Um der Enge der Kleinstadt und ihrem strengen und lieblosen Elternhaus zu entkommen, beginnt die junge Gredel eine Ausbildung zur Röntgenassistentin im fernen Berlin.
Nach der erfolgreichen Beendigung ihrer Ausbildung verschlägt es sie nach Lübeck, wo sie in einem Krankenhaus arbeitet – und sich verliebt: In Walter, einen gutaussehender Arzt, welcher seine Karriere in der SS sieht. Nach Walters Versetzung nach Jüterbog, folgt ihm Gredel dorthin und schon bald soll ihre Beziehung durch eine Hochzeit besiegelt werden. Als Walter jedoch vor der Hochzeit für einige Monate nach Afrika reist, bemerkt Gredl, dass sie schwanger ist. Sie kann ihr Glück kaum fassen. Doch als Walter kurz nach seiner Rückkehr die Verlobung löst, weiß Gredel nicht, wie es weitergehen soll. Sie möchte ihr Kind um jeden Preis bei sich behalten.
Zeitgleich kümmert sich der junge Hellmuth in Berlin aufopferungsvoll um seine Mutter, seine Schwester und deren uneheliches Kind. Die drei mussten nach einem schweren Schicksalsschlag ihre Heimat in Ostpreußen verlassen und schlagen sich nun irgendwie durchs Leben. Doch Hellmuth möchte endlich mehr: Eine eigene Familie. Dies ist allerdings in seiner prekären finanziellen und familiären Lage alles andere als leicht. Da stößt er auf eine Heiratsanzeige, welche sein ganzes Leben verändern wird.

Dieses Buch erreichte mich als Rezensionsexemplar, welches mir die Autorin überraschend zuschickte. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. In ihrem Begleitschreiben erzählt Kerstin Groeper, dass sie sich mit „Brennnesseln schmecken nur im Frühling“ in ein neues Genre begibt, und das Buch in mein „Beuteschema“ fallen könnte. Nach Lesen des Klappentexts war mir direkt klar, dass die Autorin mit dieser Einschätzung absolut ins Schwarze getroffen hatte und ich freute mich schon sehr auf die Lektüre. Es ist somit mein erstes Buch der Autorin.
Neben dem umfangreichen und aussagekräftigen Klappentext weckte auch das stimmungsvolle Cover mein Interesse: Hier steht eine Fotografie der beiden Hauptfiguren im Vordergrund. Den Hintergrund bilden Häuserruinen vor einem blauen, jedoch bewölkten (Nacht-)Himmel, über den mehrere Flugzeuge fliegen. Im unteren linken Bildrand befindet sich das Bild einer Brennnessel. Der Name der Autorin befindet sich im oberen Bereich, der Titel des Buches im unteren Bereich des Covers – beide in weißer Schrift gehalten.
Die Ausgabeform des Buches ist eine Klappbroschur: Auf der vorderen Klappe befindet sich eine Übersicht über die Protagonisten, auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin mit einem Foto und einer kurzen Biographie vorgestellt.
Die 560 Seiten gliedern sich in einen Prolog, insgesamt 31 Kapiteln, einem Epilog und einem ausführlichen Nachwort auf. Hier möchte ich besonders hervorheben, dass jedes Kapitel eine eigene Überschrift hat, welche mich immer direkt neugierig machte. Diese Kapitel sind in einem Inhaltsverzeichnis, welches sich vor dem Prolog befindet, übersichtlich und mit Seitenangabe zusammengestellt. So etwas findet man leider heutzutage nicht mehr so oft in Büchern.

Die Handlung des Buches beginnt im Jahr 1924 und endet in den 1950er Jahren. Somit umfasst die Gesamthandlung von „Brennnesseln schmecken nur im Frühling“ über 30 Jahre und zeigt eindrücklich, wie die Nationalsozialisten die Macht an sich rissen, die Verfolgung der Juden, den Holocaust, den Beginn, den Verlauf und das Ende des Zweiten Weltkrieges, die Vertreibungen aus den ehemaligen ostdeutschen Gebieten und schlussendlich auch die unmittelbaren Jahre nach dem Krieg: Die Errichtung der Besatzungszonen und Besatzungssektoren in Berlin, die Blockade Berlins, die daraus resultierende Luftbrücke, die Gründung und den wirtschaftlichen Aufschwung der BRD.
Diese geschichtlichen Themenkomplexe stellt Kerstin Groeper sehr lebendig, spannend und außerordentlich beeindruckend da. Sie zeigt das Leben der Menschen zu diesen schwierigen Zeiten, zeigt aber auch, wie der Nationalsozialismus und die Parolen Hitlers erst einmal auf fruchtbaren Boden fielen, dann aber irgendwann doch jedes Verständnis für den Krieg verloren ging und welche tiefen Wunden dieser in die Seelen der Menschen schlug.

„Das ist genug Stoff, um eine richtige Familiensaga zu schreiben. Warum immer Königshäuser und Grafen? Die Geschichte meiner Familie ist mindestens genau so spannend.“

[Prolog, Seite 09, Zeilen 01 – 03]

Dieser Aussage möchte ich auf jeden Fall zustimmen, allerdings noch ergänzen, dass es nicht nur mindestens genau so spannend ist – sondern in meinen Augen sogar noch um einiges spannender. Diese biografische Familiengeschichte voller Wendungen und Drehungen war mitunter bedrückend und beklemmend – trotzdem mochte ich das Buch nicht mehr aus den Händen legen. Ich war sehr schnell in der Geschichte angekommen und wollte immer wissen, wie es weitergeht.
Auch wenn Kerstin Groeper in ihrem Nachwort schreibt, dass nicht alle Details der Geschichte überliefert sind und sie einiges dazu dichten musste, ist eine sehr eindrückliche und authentische Familiensaga entstanden.
Kerstin Groeper hat einen sehr bildhaften Sprachstil, welcher auf keiner Seite Langeweile aufkommen lässt und mich sehr schnell mit in die Geschichte genommen hat.

Zu den vielfältig beschriebenen Figuren des Buches bekam sehr schnell einen Zugang.
Hier möchte zuerst auf Gredel eingehen: Zu Beginn des Buches ist sie eine junge Frau, welche aus der Kleinstadt und mit einer Ausbildung ihrem strengen Vater entkommen möchte. Mit ihrem Fleiß und ihrer Gelehrsamkeit macht sie sich beliebt, läuft aber mit ihrer anfänglichen Naivität in das ein oder andere Fettnäpfchen. Ihre imposante und sehr authentisch beschriebene Wandlung während der Geschichte beeindruckte mich sehr. Es ist mitunter schwer zu fassen, was diese Frau in ihrem Leben alles mitmachen, erleben und erleiden musste. Ein Leben, welches von Kriegen, Ängsten, Hunger und Verlusten gezeichnet war.
An Gredels Seite steht Hellmuth: Auch er ist ein äußerst tief gängiger Charakter, welcher während der Handlung eine immense Wandlung durchläuft. Auch seine Lebensgeschichte ist von Kriegen, Hunger und Verlusten geprägt. Erwähnenswert ist, wie sehr Hellmuth sich anfangs für seine Mutter, seine Schwestern und deren uneheliche Tochter aufopfert – auch wenn es ihn mitunter an den Rand der Verzweiflung und um seine Karriere bringt. Er gibt so vieles auf und seine Familie dankt es ihm gefühlt wenig – deren rücksichtsloses Verhalten gegenüber Hellmuth machte mich mitunter sehr fassungslos.
Die Geschichte der beiden Töchter von Gredel und Hellmuth nahm mich wohl am meisten mit. Die Beiden stehen stellvertretend für die Kinder, welche im Krieg geboren wurden und/ oder aufwuchsen. Geprägt wurde ihr Leben durch Bombenangriffe, zahllosen Nächten im Schutzbunker und das Erleben von Tod, Verlusten, Flucht und Vertreibung. Aber auch ein normales Familienleben, wie zum Beispiel Geburtstage und Weihnachten feiern und Geschenke zu bekommen, war einfach unmöglich.
Auch die vielen anderen Charaktere und deren Lebensgeschichten hat Kerstin Groeper sehr gut und vor allem ergreifend dargestellt. Alle zusammenergeben ein gutes Bild der damaligen Gesellschaft – eine Gesellschaft, welche tief gespalten und vom Nationalsozialismus, dem Zweiten Weltkrieg und dessen Nachwirkungen geprägt war.

Danke liebe Kerstin Groeper für eine Geschichte, welche im Herzen und im Kopf bleiben wird.

Fazit: „Brennnesseln schmecken nur im Frühling“ ist ein sehr beeindruckendes Buch, welches mich mit den zahlreichen und liebevoll gezeichneten Figuren und deren ergreifenden Schicksalen sehr bewegt hat. Viele geschichtliche Themen werden in die Geschichte integriert und verständlich, aber auch beeindruckend, vermittelt. Absolut lesenswert!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch die Autorin, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.