„Das Mädchen aus Glas“

von Julie Hilgenberg

Erschienen am 11. Mai 2020 im Diana Verlag
ISBN: 978-3-453-36057-0
https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Das-Maedchen-aus-Glas/Julie-Hilgenberg/Diana/e560079.rhd

Das Buch „Das Mädchen aus Glas“ spielt im 20. Jahrhundert in Berlin und handelt von der jungen Elisa, die trotz ihrer schweren Krankheit ihren Weg und die große Liebe in ihrem Leben sucht und findet.

Coverrechte: Diana Verlag

Berlin im Jahr 1913: Die junge Elisa leidet an der seltenen Glasknochenkrankheit – eine Krankheit, bei der ihre Knochen unter geringer Belastung leicht und schnell brechen. Aus Angst um ihre Tochter und deren Gesundheit, sperren Elias Eltern das junge Mädchen jahrelang in ihrer Villa ein. Eines Tages soll sie aber heiraten eine arrangierte Hochzeit mit Louis Lindquist, dem Sohn eines Bankiers. Die Hochzeit bietet sich für ihren Vater, den Inhaber einer Süßwarenfabrik, gerade zu an. Eigentlich gehört Elias Herz ihrem Arzt und Vertrauten Wilhelm. Aber auch Louis‘ Herz gehört einer anderen Frau.

Das Buch habe ich auf dem ‚Bloggerportal‘ von Randomhouse entdeckt und war von dem Cover und dem Klappentext gleich tief beeindruckt. Bücher, in denen die Hauptfiguren an einer unheilbaren Krankheit leiden, findet man im Genre ‚Historischer Roman‘ eher selten. Deshalb war mein Interesse gleich geweckt und ich bewarb mich um ein Rezensionsexemplar.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Diana Verlag für die unkomplizierte Zusendung des Buches als Rezensionsexemplar.

Nach dem ich die ersten Seiten von diesem Buch gelesen hatte, war mir klar, dass es ein ganz besonderes Buch ist, welches ich da in den Händen hielt. Ein Buch mit einer beeindruckenden und starken, authentischen Hauptfigur, die so zerbrechlich und zart ist, und doch so stark und kämpferisch. Gezeichnet durch ihre schwere Krankheit, die ihre Kindheit von einem auf den anderen Tag beendet und ihr weiteres Leben bestimmt

„Draußen war der Gärtner damit beschäftigt, Holz für den Winter zu stapeln. Elisa sah durchs Fenster, wie seine Stirn im Abendlicht vor Schweiß glänzte. Wie seine Muskeln arbeiten. Wie schön es sein musste, seine Muskeln zu fühlen. Sie selbst hatte keinerlei Gespür für ihren Körper. Was zum einen daran lag, dass sie kaum Muskeln besaß; sie bewegte sich ja nur sehr wenig. Zum anderen daran, dass sie ihren Körper verabscheute. Denn ihr Körper war es, der sie im Haus gefangen hielt.“ [S.41, Z. 12 – 19]

Elisa hasst ihren Körper und ihre Krankheit, leidet aber vor allem unter der gesellschaftlichen Isolation, in die sie durch ihre Eltern gezwungen wird. Auf der einen Seite konnte ich die Eltern verstehen, da sie Angst um das Leben ihrer Tochter haben, aber auf der anderen Seite war es auch einfach nur erschreckend, was Elisa damit angetan wurde. Unvorstellbar. Trotz allem kämpft sich Elisa aus diesem Teufelskreis raus – dank einer unfreiwilligen Hochzeit. Es war so ergreifend, wie Elisa nach und nach die Welt und auch ihr Leben für sich entdeckte. Dinge und Begebenheiten, die für alle selbstverständlich waren, wurden von Elisa komplett neu entdeckt. Ich wollte Elisa sehr oft einfach nur in den Arm nehmen und für sie da sein – das hätte sie aber wahrscheinlich nicht zugelassen.
Ihre Mutter ist eine Person, die man sehr schwer durchschaut. Anfangs war bei mir noch die ein oder andere Sympathien, die aber im Laufe des Buches immer weniger wurden. Ähnlich ging es mir bei ihrem Vater.
Louis Lindquist, Elias Mann, ist ein Draufgänger-Typ – er lebt sein Leben als Sprössling einer reichen Bankiersfamilie: er schmeißt sein Studium und führt die ein oder andere Affäre. Mit seinem Vater steht er eher auf Kriegsfuß, dieser setzt ihm die Pistole auf die Brust. Sollte er Elisa nicht heiraten, verliert er jegliche Unterstützung – nicht nur finanzieller Art. Louis fühlt sich immer sehr im Schatten seines älteren Bruder Franz, der seinen Vater in der Bank unterstützt und der wahre ‚Vorzeigesohn‘ ist. Erst später wird klar, warum Louis seinen Vater regelrecht verachtet. Ich mochte Louis sehr gerne, auch wenn er Anfangs impulsiv und ungestüm ist. Im Laufe der Handlung wird er zum wahren Sympathieträger.
Eine eher tragische Figur finden wir in dem Arzt und Vertrauten von Elisa: Wilhelm. Schon seit Kindertagen verbindet ihn und Elisa ein festes Band der Freundschaft und Vertrautheit. Er kann nicht fassen, dass Elisa einfach einen anderen Mann heiratet. Er muss sich eingestehen, dass er Elisa liebt – doch dafür ist es nun zu spät.
Es gibt noch einige Figuren in diesem Buch, sie alle machten das Buch äußerst lesenswert. Sie alle handeln authentisch, ich konnte mit ihnen lachen, mit ihnen weinen oder sie machten mich fassungslos.

Julie Hilgenberg ist Jahrgang 1991, das Buch „Das Mädchen aus Glas“ ihr erster historischer Roman. Ihre Sprache ist atemberaubend, so feinfühlig und wunderschön zog sie mich direkt in die Handlung und in die Zeit. Auch wenn der geschichtliche Hintergrund das Berlin in der Zeit vor und während des Ersten Weltkrieges zeigt, stehen die Gefühle der Figuren, vor allem von Elisa und Louis, sehr im Vordergrund. Das Geschichtliche muss in diesem Roman arg zurückstecken, was ich aber überhaupt nicht als negativ wahrgenommen habe. Ich kam allen Figuren dadurch nochmal so viel näher. Es wird ein gutes Bild über die Gesellschaft in dieser Zeit dargestellt, eine Zeit, in Luxus und Armut so nah beieinander lagen. Wie lange man brauchte, um in den höheren Kreisen akzeptiert zu werden, wie schnell man aber auch wieder draußen war. Und auch wie die Gesellschaft zu dieser Zeit mit Krankheiten umging.
Der Erste Weltkrieg spielt am Rande auch eine Rolle, es wird noch einmal klar, wie es dazu kam und auch wie sehr dieser Krieg in das Leben der Bevölkerung eingebrochen ist und ihr aller Leben verändert hat.
Ich habe so einiges über die Glasknochenkrankheit gelernt, auch dank des Nachwortes der Autorin. Hier merkt man, dass dieses Thema Julie Hilgenberg sehr wichtig war und sie sehr intensiv recherchiert hat.

Fazit: Ein wunderschöner, sinnlicher Roman mit einer zarten und gleichzeitig so starken Hauptfigur. Lohnt sich!

Hinweis: Dieses Buch habe ich vom Diana Verlag als kostenloses Rezensionexemplar bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

„Die Lilienbraut“

von Teresa Simon

Erschienen am 11. Mai 2020 im Heyne Verlag
ISBN: 978-3-453-42244-5
https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Die-Lilienbraut/Teresa-Simon/Heyne/e529708.rhd

Das Buch „Die Lilienbraut“ von Teresa Simon handelt von zwei Frauen, die auf zwei Zeitebenen durch eine tragische Familiengeschichte und einem besonderen Gespür für Düfte miteinander verbunden sind.

Coverrechte: Heyne Verlag

Köln in den 40er Jahren: Nellie Voss, eine junge Frau aus Köln und mit einem besonderen Gespür für Düfte, tritt eine Stellung bei 4711 an. Ihre Mutter führt eine Kneipe im Stadtviertel Ehrenfeld, ihr Bruder Martin ist ein guter Schüler. Der Vater ist schon seit einigen Jahren tot.
Dann ist da aber noch eine Liebe zu einem Mann, die nicht sein darf. Und das alles, während sich die halbe Welt im Krieg befindet.
Köln in der Gegenwart: Nina eröffnet, nach einer schwierigen und schmerzhaften Trennung von ihrem Freund, ein kleines Geschäft für Düfte und Seifen im Kölner Stadtviertel Ehrenfeld. Als Alleinerziehende schon schwer genug, aber dazu kommt noch, dass Nina Feinde haben muss: Eine ältere Frau beschimpft sie auf offener Straße und auch auf ihr Geschäft wird ein fieser Anschlag verübt.

Den Büchern von Teresa Simon fiebere ich schon Monate vor dem Erscheinungstermin entgegen. Ich liebe Bücher, die auf zwei Zeitebenen spielen und damit Vergangenheit und Gegenwart zusammen führen. Dadurch wird Geschichte nochmal ‚greifbarer und fühlbarer‘. Teresa Simon gehört für mich ganz klar zu den absoluten Meisterinnen dieses Genres – all ihre Bücher sind äußerst emotional, aber äußerst gut recherchiert. Daher musste ich das Buch „Die Lilienbraut“ einfach sofort lesen.
An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an den Heyne Verlag für die Zusendung als Rezensionsexemplar.

Das Buch handelt und erzählt, wie schon erwähnt, auf zwei Zeitebenen. Der Zeitstrang, der in den 40er Jahren in Köln spielt, ist größtenteils in Tagebuchform geschrieben. Mit einem Teil des Tagebuchs beginnt dieser Roman und zog mich damit von der ersten Seite an in die Geschichte. Durch das Erzählen in Ich-Form kamen mir die Geschichte und die Figuren gleich sehr nah, ich konnte direkt eine Verbindung zu den Charakteren aufbauen. Die drückende Stimmung während des Zweiten Weltkrieges wurde sehr intensiv und realistisch dargestellt. Was war das für die Menschen eine schreckliche Zeit, wenn man am Abend ins Bett ging und nicht wusste, ob man am nächsten Morgen noch lebt.
Der zweite Erzählstrang erzählt eine Geschichte in der Gegenwart. Auch wenn ich den Figuren hier nicht direkt nahe kam – ich musste sie erst richtig kennenlernen – empfand ich alle Figuren absolut authentisch und lebensnah beschrieben. Auch die Stimmung in der Stadt Köln, die Lebensart der Kölner sprühte mir regelrecht entgegen.
Eine der Hauptfiguren ist die junge Nellie Voss, die in den 40er Jahren in Köln wohnt. Der frühe Verlust des Vaters hat ihr Leben geprägt, sie versucht aber trotzdem ihr Leben zu leben und auch oft das Gute in Allem und Jedem zu sehen. Der jüngere Bruder Martin, der ihr immer mehr entgleitet, ihre Mutter, die sie in der Kneipe als Bedienung braucht, ihre Stellung in einer Parfümfabrik, ihre beste Freundin, die in eine unglückliche Ehe gedrängt wird und ihre eigene Liebe zu einem Mann, die nicht sein darf – all das muss Nellie in ihrem Leben stemmen. Ein Leben, welches immer wieder unter dem Schrecken des Zweiten Weltkrieges und dem Nazi-Regime steht. Eine Zeit, in der man sehr gut aufpassen musste, was man sagt.
Die Figuren, die um Nellie Voss agieren, sind alle samt Charaktere, die bei mir einen großen Eindruck hinterlassen haben. Benedikt, Nellies heimliche Liebe, ist zerrissen zwischen zwei Welten. Er hat sich eigentlich für seinen Lebensweg entschieden, aber Leben ist bekanntlich das, was passiert, wenn man sich etwas anderes vorgenommen hat.
Nellies Mutter ist eine so starke, selbstbewusste Frau. Sie lässt sich nicht unterkriegen, nimmt aber auch Hilfe dankend an.
Martin, Nellies Bruder, empfand ich als einen der Charaktere, der die größte Wandlung in diesem Roman durchgemacht hat: Von einem unbedarften Jungen zu einem Kämpfer.
Doch auch Greta, Nellies Freundin, macht eine große Wandlung durch und wird zu einer Figur, die man einfach nur noch in den Arm nehmen möchte.
Es gibt noch eine überschaubare Anzahl an Figuren, die mehr oder weniger am Rande eine Rolle spielen. Aus diesen Figuren sticht aber vor allem der Parfümeur Luuk heraus. Ein warmherziger und guter Charakter.
Im zweiten Erzählstrang ist die junge Nina im Mittelpunkt der Geschichte: Von ihrem Partner wegen einer anderen Frau verlassen, und damit allein erziehende Mutter eines kleinen Sohnes, hat sie ihre Zelte in den Niederlanden abgebrochen und ist in Köln-Ehrenfeld gelandet. Dort eröffnet sie, mit dem Nachlass ihrer Tante, einen kleinen Laden. Nina ist ein sehr lebendiger und ehrgeiziger Charakter. Sie hat das Herz auf dem rechten Fleck und gibt alles für ihren Sohn, möchte aber auch etwas in ihrem Leben erreichen.
Ihr kleiner Sohn Thijs hat mein Herz im Sturm erobert. Er bringt in die Geschichte eine ganz besondere Note mit rein – er ist einfach nur zum liebhaben.
Auch in diesem Erzählstrang gibt es noch eine Reihe von Figuren, die um Nina herum agieren. Jede Figur hat so viele Facetten und eine absolut glaubhafte Geschichte. Diese Figuren machen das Buch so bunt, freundlich und lebensecht. Es gibt aber auch Figuren, die erst mal schwer zu durchschauen sind und sehr missgünstig sind.

Teresa Simon hat eine wunderbare Sprache. Eine Sprache, in der man versinken kann und all seine Alltagssorgen komplett vergessen kann.
Ich empfand auf keiner Seite Langeweile und auch die beiden Erzählstränge verbinden sich harmonisch zu einer großen Geschichte.

Der geschichtliche Hintergrund ist das Köln zu Beginn des Zweiten Weltkrieges. Der Krieg scheint Anfangs zwar präsent zu sein, aber noch weit weg. Im Laufe der Handlung kommt der Krieg aber immer näher und auch direkt nach Köln – es folgen die Bombenangriffe der Britischen Armee.
Es zeigt aber auch die ganze Brutalität des Nazi Regimes und der Kampf des Widerstandes gegen dieses Regime. Ich habe nochmal sehr viel über die „Edelweißpiraten“ gelernt – eine Widerstandsbewegung, die sehr im Schatten der ‚Weißen Rose‘ steht, mindestens aber genau so interessant ist.
Ein anderes großes Thema ist die Welt der Düfte. Mit den vielen Beschreibungen der Düfte konnte ich mir viele Düfte so gut vorstellen und sie auch teilweise richtig riechen. Hier merkt man, wie sehr und wie gut Teresa Simon recherchiert hat.

Fazit: Ein sehr sinnliches Buch, welches aber auch den Schrecken des Zweiten Weltkriegs näher bringt. Sehr lesenswert!

Bemerkung: Dieses Buch habe ich vom Heyne Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

„Riviera – Der Traum vom Meer“

von Julia Kröhn

Erschienen am 27. April 2020 im Blanvalet Verlag
ISBN: 978-3-7341-0808-2
https://www.randomhouse.de/Paperback/Riviera-Der-Traum-vom-Meer/Julia-Kroehn/Blanvalet/e555827.rhd

In dem Buch „Riviera – Der Traum vom Meer“ stehen die beiden Freundinnen Salome und Ornella im Mittelpunkt der Geschichte, welche in Deutschland, Italien und Südfrankreich in den Jahren von 1922 bis 1936 angesiedelt ist.

Coverrechte: Blanvalet Verlag

Im Jahr 1922 lernen wir die achtjährige Salome Sommer kennen. Sie wohnt mit ihrem Vater Arthur und ihrer Großmutter Tilda in Frankfurt am Main. In einem Zimmer im Dachgeschoss wohnt noch Paola – eine junge Frau mit italienischen Wurzeln. Paola erzählt Salome von Italien, und vor allem vom Meer. Salome ist so fasziniert von diesen Schilderungen und verspürt den großen Wunsch, auch einmal in ihrem Leben das Meer zu sehen und zu erleben. Wie gut, dass ihr Vater ein Reisebüro führt – es geht also ans Meer. Und Salome beginnt das Meer zu lieben, aber auch Italien. Sie trifft auf Ornella, die Tochter des Besitzers des Gästehaus. Trotz aller Unterschiede, werden Salome und Ornella beste Freundinnen, fast schon Schwestern. Salomes Vater kooperiert mit Ornellas Vater, um in Italien mit seinem Reisebüro Fuß zu fassen und deutschen Touristen Reisen nach Italien anbieten zu können. Die beiden Freundinnen werden älter, und während der erstarkende Faschismus seine Schatten über das Land wirft, wird die Freundschaft der Beiden immer wieder auf harte Proben gestellt. Beide interessieren sich für den gleichen Mann: Felix, der Sohn eines französischen Unternehmers.

Die Autorin Julia Kröhn gehört zu den Autorinnen, die ich sehr gerne lese. Auf Facebook kündigte sie ihr neues Buch „Riviera – Der Traum vom Meer“ an. Als absoluter Meer-Fan war meine Neugier gleich geweckt, außerdem lese ich sehr gerne Bücher, die in dieser Zeit spielen.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Blanvalet Verlag für die Zusendung als Rezensionsexemplar.

Das Buch hat mich ab der ersten Seite absolut in seinen Bann gezogen. Das lag zum einen daran, dass die Figuren (allen voran Salome) gleich zu Beginn sehr lebendig beschrieben werden. Zum anderen hat mich diese starke und poetische Sprache von Julia Kröhn ganz tief in die Geschichte gezogen.
Die Figuren in diesem Buch sind so vielfältig, wie Blumen in einem üppigen Blumenstrauß. Wirklich jede Figur hat ihre Facetten und Geschichten, die erst im Laufe der Handlung ans Licht kommen. Es sind keine langweiligen, gesichtslosen Charaktere – nein, alle Figuren machen eine interessante und sehr authentische Entwicklung durch.
Salome und Ornella lernen wir als Kinder kennen, am Ende des Buches sind beide erwachsene Frauen. Die innige Freundschaft der Beiden, auch die ersten Diskrepanzen werden leidenschaftlich und authentisch beschrieben.
Eine Figur, die ich nie wieder vergessen werde, ist Felix, der Sohn eines französischen Unternehmers. Denkt man zuerst, dass er ein verwöhntes Einzelkind ist, erfährt man erst im Laufe der Geschichte so viel mehr über ihn und seine tragische Geschichte.
Aber auch die Mutter von Felix hat eine Geschichte, die mir nicht mehr so schnell aus dem Kopf gehen wird.
Die Sprache von Julia Kröhn ist, wie oben bereits erwähnt, sehr poetisch. Auf keiner Seite empfand ich die Sprache als unangenehm oder laut, eher als leise, aber auch als so stark und bild-gewaltig.

Zitat: „Der Krieg war kein Monster auf vier Beinen, das man einhegen, fernhalten konnte. Eher glich er einem Nebel, in jede Ritze dringend, jede Grenze überwindend.“ (S. 396, Z. 26 -28)

Das Buch hat die Jahre von 1922 – 1936 als geschichtlichen Hintergrund. Was als „kleine Schlägerei“ zwischen Italienern, Deutschen und Engländern am Strand beginnt, endet schließlich mit der Italienischen Faschismus- Bewegung unter Benito Mussolini. Es zeigt, wie unterschiedlich diese Bewegung in der Bevölkerung aufgenommen wurde – von Unverständnis bis hin zur Begeisterung.
Doch es bleibt nicht beim Italienischen Faschismus, kaum haben sich alle damit irgendwie abgefunden, ziehen auch in Deutschland dunkle Wolken auf. Hitler reißt die Macht an sich und damit ist die Existenz der Figuren wieder gefährdet.
Ein weiteres interessantes Thema ist der Aufbau des Tourismus in Italien und Südfrankreich, und wie Reisebüros diesen mitgestaltet haben.

Julia Kröhn hat ein starkes, poetisches Buch mit vielschichtigen, lebensnahen Charakteren geschrieben. Ich habe es immer wieder gerne in die Hand genommen, es machte Spaß mit dem Kopf ans Meer zu reisen, ich konnte die Kraft und die Faszination des Meeres spüren, aber auch die Macht einer Freundschaft.
Ich freue mich schon auf den zweiten Teil, der im Juli 2020 erscheinen soll.

Fazit: Ein lesenswertes und starkes Buch – lesen!


Hinweis: Das Buch habe ich freundlicherweise vom Blanvalet Verlag als Rezensionsexemplar zugesendet bekommen. Dies hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

„Das Grand Hotel – Die nach den Sternen greifen“

von Caren Benedikt

Erschienen am 02. März 2020 im Blanvalet Verlag
ISBN: 978-3-7645-0707-7
https://www.randomhouse.de/Paperback/Das-Grand-Hotel-Die-nach-den-Sternen-greifen/Caren-Benedikt/Blanvalet/e551384.rhd

Das Buch „Das Grand Hotel – Die nach den Sternen greifen“ von Caren Benedikt spielt zu einem Teil auf der Insel Rügen, der andere Teil in Berlin der 20er Jahren des 20. Jahrhunderts.

Coverrechte: Blanvalet Verlag

Es ist das Jahr 1924, alles scheint im „Grand Hotel“ auf Rügen in Ordnung zu sein: Bernadette von Plesow hat die Fäden fest im Griff: Nach dem Tod ihres Mannes führt sie das „Grand“ mit harter Hand. Ihr ruhiger Sohn Alexander hat zwar auch einen Anteil, allerdings wird er von seiner Mutter an der kurzen Leine gehalten. Das Zepter aus der Hand zu geben ist für Bernadette keine Option.
Außerdem gibt es noch ihre Tochter Josephine, die aus Paris zurück gekehrt ist, wo sie eine renommierte Kunstschule besucht hat. Doch im Gegensatz zu ihrer zielorientierten Mutter, lebt Josephine in den Tag und weiß gar nichts mit sich anzufangen.
In Berlin führt ihr zweiter Sohn Constantin ebenfalls ein Hotel, das „Hotel Astor“. Er hat sich rund um das Hotel ein undurchsichtiges Imperium erschaffen.
Doch dann droht ein großes Geheimnis aufgedeckt zu werden, welches Bernadettes Leben und das ihrer Kinder für immer aus der Spur bringen könnte.

Die Autorin Caren Benedikt hat das Buch auf ihrer Facebook-Seite angekündigt. Ich verspürte gleich große Lust, dieses Buch zu lesen, da ich zum einen die Zeit sehr mag, aber auch Geschichten rund um große Hotels. Und auch das wunderschöne Cover verzauberte mich direkt.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Blanvalet Verlag für die Zusendung des Buches als Rezensionsexemplar.

Ich tat mir Anfangs mit dem Buch schwer. Das lag daran, dass mir eine sympathische Figur gefehlt hat. Bernadette ist eine sehr zielorientierte und auch strenge Frau, die alle anderen Figuren um sich herum dirigiert. Liebevoll ist sie nicht. Das ändert sich aber doch ab einem gewissen Punkt der Geschichte, und ab da ging es für mich besser voran. Sie ist eine sehr kluge und weise Frau, die in ihrem Leben schon viele Entscheidungen treffen musste, waren sie auch noch so unbequem.
Ihr Sohn Constantin ist anfangs auch eher schwer zu durchschauen, Sympathie ist auch hier eher Fehlanzeige. Alexander wirkte auch eher blass neben seiner herrischen Mutter.
Einzig die Tochter Josephine und das Zimmermädchen Marie brachten ein wenig Farbe in den Anfang der Geschichte. Josephine ist flatterhaft, wirkt selbstbewusst, was sie aber eigentlich gar nicht ist: Sie weiß nicht, welchen Weg sie in ihrem Leben einschlagen möchte. Das kann ihre Mutter nicht länger tolerieren. Außerdem fühlt Josephine sich nicht als die Tochter, die ihre Mutter gerne hätte.
Das Zimmermädchen Marie ist sehr zurückhaltend, dafür aber fleißig und fröhlich. Sie nimmt im Laufe der Geschichte eine tragische Rolle ein.
Was mir an allen Charakteren in der Geschichte gefallen hat: Sie alle machen Fehler, sie sind keine perfekten Pappkameraden, nein, sie haben Ecken und Kanten. Und sie entwickeln sich im Laufe der Geschichte.
Diese Entwicklungen der Figuren trieben die Geschichte auch immer weiter voran und es kam wirklich auf keiner Seite Langeweile auf. Die vielen, gleichzeitigen Handlungen sind packend und haben mich immer wieder überrascht und teilweise auch schockiert.

Die Themen des Buches sind vielfältig: Zum einen der Hotelbetrieb in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts in all seinen Facetten: Der schier unendliche Reichtum auf der einen Seite, aber auch der Stand der Zimmermädchen als Bild für die ärmere Bevölkerung.
Doch wer glaubt, dass dies das große Thema des Buches ist, liegt falsch. In Berlin lernen wir noch einen anderen Aspekt kennen: Die organisierte Kriminalität, mit Schutzgelderpressungen, Prostitution und Drogenhandel.
Und genau diese Handlungen haben mich immer wieder fassungslos gemacht. Ein Menschenleben ist in diesem Milieu nichts, aber auch gar nichts wert.
Caren Benedikt versteht es außerordentlich gut, mit ihrer direkten und bildhaften Sprache, der Geschichte Leben einzuhauchen. Die Handlung läuft immer weiter fort, ohne, dass auf einer Seite Langeweile aufkommt. Ich mochte das Buch teilweise nicht mehr aus der Hand legen, so spannend wurde es.
Ein spannender Auftakt einer Reihe, der zweite Teil erscheint im Frühjahr 2021 – ich freue mich!

Fazit: Anders als gedacht, aber ein richtig packendes Buch, welches ich nur schwer aus der Hand legen wollte. Absolut empfehlenswert.

Bemerkung: Dieses Buch habe ich freundlicherweise vom Blanvalet Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

„Die Schwestern vom Ku’damm – Tage der Hoffnung“

von Brigitte Riebe

Erschienen am 21. April 2020 im Wunderlich Verlag
ISBN: 978-3805203333
https://www.rowohlt.de/hardcover/brigitte-riebe-die-schwestern-vom-ku-damm-tage-der-hoffnung.html

Das Buch „Die Schwestern vom Ku‘damm – Tage der Hoffnung“ von Brigitte Riebe ist der dritte Teil der Trilogie um die ‚Thalheim-Schwestern‘ und spielt in den Jahren von 1958 bis 1963 in Westberlin. Es zeigt den Selbstfindungsprozess des Nesthäkchen Florentine und ihren Kampf um ihren Platz im Leben.

Coverrechte: Wunderlich Verlag

Florentine Thalheim, genannt Flori, ist wieder aus Paris zurück. Dort verbrachte sie eine glückliche Zeit, versuchte sich all ihren Verantwortungen gegenüber ihrer Familie zu entziehen und ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu leben.
Nun ist sie wieder in Westberlin, mit einem festen Ziel: Sie möchte, trotz fehlenden Abitur, auf eine Kunstakademie gehen. Mit viel Durchhaltevermögen und einem großen Kampfgeist schafft sie es. Mit diesem Erfolg tritt sie zudem aus dem Schatten ihrer älteren Schwestern, die beide ihren Platz im Leben schon gefunden haben: Rike führt mit Hilfe ihres Mannes das Modehaus Thalheim, ihre andere Schwester Silvie hat mit der Radiosendung „Stimmen“ ihre Berufung gefunden. Doch während Flori komplett in der Kunst aufgeht, ziehen in der Politik dunkle Wolken auf: Der Ost-West-Konflikt spitzt sich mehr und mehr zu und bedroht damit auch die gesamte Familie Thalheim. Und auch privat muss Flori gegen wilde Stürme kämpfen.

Ende September 2019 las ich den zweiten Teil der Trilogie rund um die ‚Thalheim-Schwestern‘ und wartete seit dem gespannt auf den dritten Teil. Schon die ersten beiden Teile gefielen mir außerordentlich gut. Da war es klar, dass ich unbedingt auch den dritten, und damit letzten Teil unbedingt sofort lesen musste.
An dieser Stelle möchte ich mich beim Rowohlt Verlag ganz herzlich für die Zusendung eines Rezensionsexemplars bedanken.

Von der ersten Seite an war ich wieder in der Handlung angekommen und freute mich, all die Charaktere wieder zu treffen. Wie sehr mir die Familie Thalheim, mit all ihren Geheimnissen, ans Herz gewachsen ist.
Flori hat seit dem ersten Teil eine tolle Entwicklung hingelegt. War sie im ersten Teil das verwöhnte Nesthäkchen, die immer wieder trotzig reagiert hat, ist sie in diesem Teil eine richtige Kämpferin. Sie macht alles, um sich ihren Traum zu erfüllen, ganz egal, was andere Menschen von ihr denken. Sie fällt öfter mal hin, steht aber immer wieder auf. Auch die Szenen, in denen sie wie im Rausch malt, haben bei mir einen großen Eindruck hinterlassen. Sie ist ein ganz besonderer und vielschichtiger Charakter. Ich litt sehr mit ihr, wenn sie sich mal wieder von ihren älteren Schwestern ausgeschlossen fühlte, die immer wieder die ‚Kleine‘ in ihr sehen und sie öfter einfach oft übersehen.
Wie schon erwähnt, mag ich die Familie Thalheim so sehr: Auch wenn innerhalb der Familie viel verschwiegen wird, sind sie so herzlich und halten immer zusammen. Es sind die vielen verschiedenen Charaktere, die diese Geschichte so lebendig werden lässt. Es wird gestritten, es wird geweint und es wird gelacht, alles wie im richtigen Leben. Was wird mir die Familie Thalheim mit ihren Stärken und Schwächen fehlen.

Der geschichtliche Hintergrund ist das aufgeblühte Westberlin, welches farbenfroh und energiegeladen ist. Als Leser besucht man Clubs, hört die Musik dieses Jahrzehnts und spürt dieses erstarkende Lebensgefühl.
Direkt neben dran, in Ostberlin, müssen die Menschen noch mit Lebensmittelmarken einkaufen. Immer mehr Menschen fliehen von Osten Richtung Westen, dort wo Freiheit und ein unbeschwerteres Leben locken. Am 13. August 1961 wird dann die Mauer gebaut – und reißt Familien und Freunde auseinander – und damit auch die Familie Thalheim. Und der Leser ist mittendrin.
Auch wenn Frauen schon auf einem guten Weg der Gleichberechtigung waren – richtig gut war es noch nicht. Es wird immer wieder klar, wie sehr die Frauen noch unter der Fuchtel der Männer standen, vor allem im Alltag einer Akademie.

Brigitte Riebe hat es mit ihrer bildgewaltigen Sprache wieder einmal geschafft, mich völlig in die Geschichte zu ziehen. Persönliche Konflikte der Charaktere, aber auch Momente, die Weltgeschichte schrieben, ließen mich mit ganz tief abtauchen und alles um mich herum vergessen.
Momente, die ich bisher nur aus Geschichtsbüchern oder Dokumentationen kannte, wurden plötzlich so lebendig, als ob ich dabei gewesen wäre. Ich konnte nachfühlen, wie die Menschen den Bau der Mauer erlebten, fühlte mich als Teil der Menge, die dem amerikikanischen Präsidenten John. F. Kennedy zujubelten. Geschichte zum Fühlen und zum Greifen nah.
Mir persönlich hat dieser abschließende Teil der Reihe um die ‚Thalheim-Schwestern‘ am besten gefallen. Es war eine so große Energie in diesem Buch, wie ich sie selten spüre. Ich hatte so oft eine Gänsehaut und es standen mir die Tränen in den Augen.

Fazit: Ein ganz bezauberndes, packendes und energiegeladenes Buch mit einer vielschichtigen Hauptfigur. Absolut empfehlenswert. Unbedingt lesen!

Hinweis: Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt-Verlag zugesendet bekommen. Dies hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

„Die englische Gärtnerin – Blaue Astern“

von Martina Sahler

Erschienen am 27.12.2019 im Ullstein Verlag
ISBN: 9783548060712
https://www.ullstein-buchverlage.de/nc/buch/details/die-englische-gaertnerin-blaue-astern-die-gaertnerin-von-kew-gardens-1-9783548060712.html

Das Buch „Die englische Gärtnerin – Blaue Astern“ von Martina Sahler spielt in London des 20. Jahrhunderts und zeigt beeindruckend, wie eine junge Frau, in einer Welt in der Männer den Ton angeben, ihren Weg sucht und geht.

Coverrechte: Ullstein Verlag

England im Juni 1920: Charlotte Windley hat es geschafft: Sie hat ihr Studium der Botanik mit Bestnote abgeschlossen und erkämpft sich eine Stelle als Botanikerin in der Parkanlage Kew Gardens.
Auch wenn sie dafür ihre Liebe zu dem Botaniker Dennis erst einmal geheim halten möchte, kann sie sich keinen andere Arbeit vorstellen und ist völlig erfüllt. Als sie dann auch noch einen Platz in einer Expedition ins ferne Ausland angeboten bekommt, scheint ihr Glück perfekt.
Doch dann lernt sie den Deutschen Victor kennen, der eine Papierfabrik geerbt hat. Kurz darauf passiert ein schrecklicher Unfall in ihrer Familie und Charlotte weiß nicht mehr, was sie machen soll.

Ich habe von 2002 bis 2005 eine Ausbildung zur Gärtnerin gemacht . Ich liebe alles, was blüht, liebe das Gefühl von Erde an meinen Fingern, den Geruch von Pflanzen. Als ich dieses Buch gesehen (dieses wundervolle Cover…) und den Klappentext gelesen habe, war mir klar, dass ich dieses Buch unbedingt lesen muss. Ich freue mich so sehr, dass es eine Trilogie ist.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Autorin Martina Sahler für die Zusendung eines Exemplars und die liebe Signierung.

Mir haben die Figuren sehr gefallen. Vor allem die Hauptfigur Charlotte Windley war mir ab dem ersten Kapitel sehr sympathisch, da sie so viele Stärken hat, aber auch viele kleine Schwächen. Sie schließt zwar ihr Studium mit Bestnote ab und ist eine richtige Kämpferin, ist aber auch etwas ungeschickt und vergesslich. Teilweise musste ich sehr schmunzeln und erkannte mich selbst in Charlotte wieder.
Die Geschichte von Charlottes Mutter Elizabeth hat mich sehr berührt, eine so starke Frau, auch wenn ihr Körper nicht mehr will. Sie kennt ihre Tochter so gut, ist immer da und schaut in Charlottes Inneres wie kein anderer.
Charlottes jüngere Schwester Debbie ist ein typischer Jugendlicher, immer auf Rebellion, immer dagegen. Zumindest am Anfang.
Charlottes großer Bruder Robert macht in dem Buch eine sehr große Wandlung durch, seine Geschichte hat mich auch sehr bewegt. Ich bin so gespannt, wie er sich in den nächsten Teilen entwickelt.
Die Figur der Aurora Ainsworth hat mich wohl am meisten in diesem Buch beeindruckt. Sie ist die Cousine von Victor und lebt mit ihm in einem Haushalt. Er kümmert sich um sie, sie sich aber auch um ihn, aber es ist klar, dass ihr etwas fehlt: Eine Familie. Aurora hat teilweise so starke Charakterzüge, auf der anderen Seite ist sie dann aber auch wieder so zerbrechlich. Ein toller, lebensnaher Charakter.
Victor empfand ich noch als etwas undurchsichtig, ich bin sehr gespannt, wie er sich entwickelt.
Aber auch die anderen Nebenfiguren empfand ich als sehr authentisch und liebevoll beschrieben.

Die Sprache von Martina Sahler ist sehr bild- und lebhaft. Bei einigen Szenen konnte ich die Blumen, die Luft in den Gewächshäusern fast riechen. Ich bekam Lust unseren Botanischen Garten zu besuchen.

Das Buch hat viele Themen, das Hauptthema sind natürlich die Pflanzen und die Kew Gardens.
Martina Sahler hat sehr gut recherchiert: Auch wenn ich noch nie in den Kew Gardens war, habe ich nun ein Bild davon im Kopf.
Außerdem bringt sie das Wissen über Pflanzen (z.B. Entdeckung, Vermehrung, Arten und Vielfalt) so rüber, dass es niemals langweilig wird.
Ein anderes großes Thema ist, die Benachteiligung der Frauen gegenüber den Männern, vor allem im Hinblick auf die Wissenschaften. Frauen konnten zwar studieren, aber ob sie danach auch wirklich eine angemessene Arbeitsstelle bekamen, war mehr als unsicher. Und wenn sie dann eine Arbeitsstelle hatte, war noch lange nicht sicher, ob sie diese auch nach der Hochzeit behalten durfte: Das entschied der Ehemann.

Ein kleiner Kritikpunkt: Der Titel des Buches. Es wird im Buch des Öfteren erwähnt, dass sie Botanikerin ist – keine Gärtnerin. Da empfinde ich den Titel als unpassend.

Fazit: Ich habe das Buch sehr gerne gelesen. Sympathische Charaktere, spannend und gut recherchiert – ich freue mich auf die Fortsetzung!

Das Buch habe ich von der Autorin geschenkt bekommen, es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

„Die Tränen von Triest“

von Beate Maxian

Erschienen am 11. November 2019 im Heyne Verlag
ISBN: 978-3-453-42379-4
https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Die-Traenen-von-Triest/Beate-Maxian/Heyne/e560612.rhd

Das Buch „Die Tränen von Triest“ von Beate Maxian handelt von der Spurensuche einer jungen Frau in der Vergangenheit ihrer Familie.

Coverrechte: Heyne Verlag

Die 33-jährige Johanna Silcredi lebt im Jahr 2019 in Wien. Alles scheint in Ordnung, bis ihr Großvater ins Krankenhaus muss. Johanna eilt an sein Krankenbett und nimmt ihm ein Versprechen ab: Sie fährt nach Triest und begibt sich auf Spurensuche, sie sucht nach dem Vater ihres Großvaters. Schon bald taucht sie in den Erinnerungen ihrer Großmutter ab, deren Leben von großer Liebe aber auch von einem großen Verlust geprägt war.

Ich liebe Geschichten, die auf zwei Zeitebenen spielen. Es ist immer interessant, wie die Vergangenheit die Gegenwart beeinflusst, wie alles zusammen hängt.
Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, dieses Buch gleich und sofort zu lesen. Und ich habe es nicht bereut. Die Geschichte hat mich bestens unterhalten.

Das Buch habe ich freundlicherweise vom Heyne Verlag zugeschickt bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Verlag.

Die Figuren in diesem Buch sind sehr lebensnah gezeichnet und haben es gleich geschafft mir sympathisch zu werden. Sie sind keine perfekten Pappkameraden: Sie Ecken und Kanten haben. Vor allem mit Johanna Silcredi konnte ich mich sehr identifizieren – auch wenn sie in ihrem Leben an einem völlig anderen Punkt ist, wie ich es persönlich bin.
Aber auch die anderen Figuren sind äußerst sympathisch: Eine tolle Familie, die zusammenhält, auch wenn es schwierig wird.

Die Sprache des Buches ist sehr schön. Sie ist leicht, locker und sehr gut lesbar. Ich konnte mich ganz in die Geschichte fallen lassen und dem Alltag entfliehen.
Für mich persönlich war aber der Teil, der in der Vergangenheit spielt, sprachlich auf jeden Fall interessanter und eindringlicher. Das lag daran, dass dieser Teil in Tagebuch-Form geschrieben ist und dadurch von mir intensiver erlebt wurde.
Der Teil in der Gegenwart besticht aber dadurch, dass Beate Maxian die Stadt Triest so lebendig beschreibt, als ob man selbst durch die Gassen spaziert.

Die Handlung des Buches ist jetzt nicht so spannend, dass man mit zitternden Händen liest, aber es ist so, dass man auf jeden Fall gerne weiter liest. Das Ende hat mich nicht komplett überrascht – es zeichnet sich während des Lesens ab.

Den geschichtlichen Hintergrund bilden die Städte Triest und Wien: Hier wird klar, was für eine wechselvolle Geschichte diese Städte und ihre Bewohner haben: Zerrissen zwischen Deutschland, Österreich und Italien. Die schrecklichen Veränderungen, die der Krieg in das Leben der Menschen gebracht hat, werden anschaulich beschrieben und ließen mich das ein oder andere mal erschaudern.
Wie schon erwähnt, wird auch in diesem Buch wieder klar, wie sehr die Vergangenheit die Gegenwart beeinflussen kann. Und es zeigt auch mal wieder, dass uns Geschichte immer und überall umgibt.

Fazit: Ein Buch, welches ich gerne gelesen habe, mich aber nicht überrascht hat. Schöne Sprache, tolle Charaktere. Lesenswert!

Bemerkung: Das Buch habe ich freundlicherweise vom Heyne Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

„Das Weingut – Tage des Schicksals“

von Marie Lacrosse

Erschienen am 30. September im Goldmann Verlag
ISBN: 978-3442205905
https://www.randomhouse.de/Paperback/Das-Weingut-Tage-des-Schicksals/Marie-Lacrosse/Goldmann/e556801.rhd

Der dritte und damit der letzte Teil der „Weingut – Saga“ von Marie Lacrosse beschreibt hauptsächlich den Kampf der Arbeiter im ausgehenden 19. Jahrhundert für bessere Arbeitsbedingungen und damit die Entstehung des Sozialistengesetzes.

Coverrechte: Goldmann Verlag

+++ Achtung! Bitte diese Rezension nur lesen, wenn ihr die ersten beiden Teile der Reihe schon gelesen habt! +++

Von der ersten Seite an war ich gleich wieder in der Geschichte angekommen.
Irene und Franz führen eine glückliche Ehe. Ihr gemeinsamer Sohn Fränzel gedeiht prächtig und auch seine beiden jüngeren Schwestern machen Irene glücklich. Da Franz oft auf Reisen und mit den Aufgaben des Weinguts beschäftigt ist, erkennt Irene immer mehr, dass sie das Leben als Mutter nicht genug auslastet. Sie möchte für die ärmere Bevölkerung, vor allem aber für die arbeitenden Frauen kämpfen. Sie gründet Frauengruppen, dabei kreuzt sich ihr Weg wieder mit ihrem ehemaligen Geliebten Josef, der als Arbeitsführer aktiv ist. Die Treffen mit Josef hält Irene vor Franz geheim, als Franz dahinterkommt steht ihre Ehe auf der Kippe. Aber auch mit den Frauengruppen begibt sich Irene auf dünnes Eis, da die sozialistischen Ideen immer mehr in den Fokus geraten und schlussendlich verboten werden. Doch Irene möchte nicht aufgeben und kämpfen – für ihre Ehe und die Rechte der arbeitenden Frauen.
Und Franz kämpft während dessen auch: Für das Weingut, welches von einem Schädling bedroht wird, aber auch für seine Ehe, die immer wieder als nicht standesgemäß angesehen wird.

Endlich: Der dritte Teil der packenden Weingut-Saga von Marie Lacrosse. Alle anderen Bücher mussten warten, da ich so gespannt darauf war, wie es mit Irene und Franz weitergeht. Selten hat mich eine Buchreihe so beschäftigt, so mitgerissen.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Goldmann Verlag für die Zusendung eines Rezensionsexemplars.

Wie in den ersten beiden Teilen sind alle Figuren wieder absolut lebensnah gezeichnet. Sie leiden, sie machen Fehler, sie handeln nach ihrem Herzen. Nach den ersten Seiten hatte ich das Gefühl, wieder unter guten Freunden zu sein. Irene und Franz sind beide so stark, aber auch Pauline (Mutter von Franz) ist ein so feiner, sympatischer und kluger Charakter. Auch in diesem Teil kommen neue Figuren hinzu, einige verlassen uns.
Für mich persönlich ist die Vorstellung nur schwer zu ertragen, dass ich nichts mehr von diesen Charakteren lesen werde. Sie alle wurden zu Freunden, vor allem Irene.
Mit ihren Figuren schafft Marie Lacrosse ein stimmiges Abbild der Bevölkerung des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

Zum Stil und der Sprache kann ich mich nur wiederholen: Das Buch ist, wie seine Vorgänger, packend und berührend. Wie schon erwähnt, hat mich selten eine Buchreihe so gepackt, wie diese Reihe. Ich habe mitgelitten, bekam beim Lesen vor Spannung feuchte Hände und wollte es teilweise nicht mehr aus den Händen legen. Auch dieser Teil ermöglicht wieder eine komplette Flucht vor dem Alltag… Buch auf, ein paar Zeilen gelesen und ich war wieder in einer anderen Welt.
Die Sprache ist teilweise sehr direkt, Marie Lacrosse zeigt eindringlich, warum der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen so wichtig war. Hier wird nichts beschönigt, aber trotzdem klingt auch hier wieder viel Hoffnung mit.

Die großen Themen in diesem Buch sind der Weinbau, der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen der armen Bevölkerung und das damit verbundene Sozialistengesetz. Der Weinbau spielt auch hier eine größere Rolle als im ersten Band, ich habe viel über einen Schädling gelernt, der den Weinbau im ausgehenden 19. Jahrhundert vor große Probleme stellte.
Marie Lacrosse beschreibt im zweiten Teil der Reihe die Arbeitsbedingungen in Fabriken, ihre Hauptfigur Irene musste diese am eigenen Leib erfahren. Diese Erfahrungen lassen Irene auch im dritten Teil nicht los, sie beginnt dagegen zu kämpfen. Es wird deutlich, wie und warum die Arbeiter aufbegehrten, vor allem aber auch, warum die Frauen sich erhoben. Diese mussten nach einem langen Tag in der Fabrik, bei der sie nur ein Bruchteils des Gehaltes der Männer bekamen und oft schutzlos den Fabrikherren ausgeliefert waren, noch bis spät in die Nacht Heimarbeit verrichten. Ganz oft war ihr Gehalt dann auch dafür da, die Familie durchzubringen, da viele Männer ihr Geld in der nächsten Kneipe in Alkohol umsetzten.
Diese Erhebung der armen Bevölkerung drohte die komplette Gesellschaft zu verändern. So kam es nach Attentaten auf den Kaiser zu den „Sozialistengesetzen“. Diese sollten alle Bestrebungen der Sozialdemokratie (z.B. kürzere Arbeitszeiten) im Keim ersticken.
All das beschreibt Marie Lacrosse so lebendig und lebensnah, als Leser hat man das Gefühl, dass man direkt neben dran steht und alles hautnah miterlebt. Teilweise musste ich sehr schlucken.

Fazit: Berührend. Ein fulminanter Abschluss einer absolut empfehlenswerten Reihe. Unbedingt lesen, ich bin tief beeindruckt und es wird noch lange nachklingen.

Hinweis: Das Buch habe ich freundlicherweise vom Verlag Goldmann bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

„Die Schwestern vom Ku’damm -Wunderbare Zeiten“

von Brigitte Riebe

Erschienen am 17. September 2019 im Wunderlich Verlag
ISBN: 978-3805203340
https://www.rowohlt.de/hardcover/brigitte-riebe-die-schwestern-vom-ku-damm-wunderbare-zeiten.html

Das Buch „Die Schwestern vom Ku‘damm: Wunderbare Zeiten“ von Brigitte Riebe spielt in den 50er Jahren in West-Berlin und zeigt, wie die Hauptfigur Silvie Thalheim ihren Platz im Leben sucht.

Coverrechte: Wunderlich Verlag

Wir befinden uns wieder in West-Berlin: Das Modekaufhaus Thalheim floriert, vor allem wegen des unermüdlichen Einsatzes von Silvies älterer Schwester Rike. Doch dieser Einsatz wird von dem Vater nicht gesehen, er setzt seinen Sohn Oskar, Silvies Zwillingsbruder, wieder als Geschäftsleitung ein. Der Vater ist froh, dass es nun endlich wieder einen männlichen Geschäftsführer gibt und will nicht sehen, dass Oskar, nach sieben Jahren in russischer Gefangenschaft, überhaupt nicht der Sinn danach steht ein so großes Geschäft zu führen. Rike leidet unter der Zurücksetzung durch ihren Vater.
Und dann ist da noch Silvie: Auch für sie spielt das Kaufhaus nicht die Hauptrolle in ihrem Leben: Sie möchte das Leben genießen und Karriere beim Rundfunk machen. Mit viel Engagement und Begeisterung baut sie eine Radiosendung auf – diese wird ein voller Erfolg.
Leider ist ihr Privatleben alles andere als erfolgreich. Sie verliebt sich ständig in die falschen Männer, die es nicht gut mit ihr meinen. Ein Mann, ein Haus und ein Kind stehen für sie in weiter Ferne.
So steht die Familie Thalheim eine turbulente Zeit bevor, es gibt wundervolle Momente, aber auch sehr tragische Erlebnisse…

Vor einem Jahr habe ich den ersten Teil „Die Schwestern vom Ku‘damm – Jahre des Aufbaus“ gelesen und wartete seit dem gespannt auf die Fortsetzung. Ich wollte unbedingt wissen, wie es mit der Familie Thalheim weitergeht.
Es war ein so schönes Gefühl, als ich den zweiten Teil endlich in den Händen halten konnte.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Rowohlt Verlag für die Zusendung eines Rezensionsexemplars.

Auf den ersten Seiten war ich etwas „erschlagen“ von den vielen Namen, aber nach kurzer Zeit war ich wieder in der Geschichte angekommen und erinnerte mich an die Geschehnisse und die Figuren aus dem ersten Teil.

In diesem Teil steht Silvie im Vordergrund der Geschehnisse. Ein Zitat, welches diesen wunderbaren Charakter beschreibt:

„Weil du das Herz der Familie bist, Silvie. Du fühlst, wo andere denken oder urteilen …“ (Seite 425).

Silvie ist ein Gefühlsmensch, sie handelt oft, bevor sie denkt und lässt sich von ihrem Herzen treiben. Eine Figur, mit der ich mich identifizieren konnte. Sie sucht sich ihren eigenen Weg, möchte nicht hinter ihrer großen Schwester Rike herlaufen.
Aber auch die anderen Figuren in diesem Buch sind wieder sehr intensiv und lebensecht gezeichnet: Rike, Oskar, Flori, Carl … alles Figuren, die mir ans Herz gewachsen sind. Sie haben alle ihre Stärken, aber auch ihre Schwächen und sie müssen einige Rückschläge und Schicksale verkraften.
Oskar wird eine Buch-Figur sein, die ich nie wieder vergessen werde: Was musste diese Kriegsgeneration alles durchmachen und dann wurde verlangt, dass sie nach diesen Erlebnissen wieder ein normales Leben leben sollten. Mit geklauter Jugend, mit geklauten Träumen und nie verarbeiteten Traumata.

Den geschichtliche Hintergrund bildet das aufblühende West-Berlin nach Ende des zweiten Weltkrieges. Hier werden der Konflikt und die Spannungen zwischen West und Ost ganz deutlich. Auch der Arbeiteraufstand in der russisch besetzten Zone und in Ost-Berlin wird in die Handlung mit eingebunden.
Mit der Familie Thalheim erlebt man all diese geschichtlichen Begebenheiten, als ob man selber dabei gewesen wäre.
Der Flair des Wirtschaftsaufschwungs, die Musik und die Literatur in den 50er Jahren: Brigitte Riebe hat mit „Die Schwestern vom Ku‘damm: Wunderbare Zeiten“ eine wahre Zeitmaschine gebastelt.
Das Buch lässt sich gut lesen, es hat keine Längen, nie kommt Langeweile auf. Die Sprache ist sehr lebendig und bereitet ein großes Lesevergnügen.

Fazit: Dieser zweite Teil steht dem ersten Teil in Nichts nach. Absolut empfehlenswerte Lektüre. Was freue ich mich auf den dritten Teil.

Hinweis: Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt-Verlag zugesendet bekommen. Dies hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

„Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten“

von Melanie Metzenthin

Erschienen am 09. September 2019 im Diana Verlag
ISBN: 978-3453292338
https://www.randomhouse.de/Paperback/Die-Hafenschwester-1-/Melanie-Metzenthin/Diana/e559086.rhd

Das Buch „Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten“ von Melanie Metzenthin spielt Ende des 19. Jahrhunderts in Hamburg zur Zeit der großeren Cholera-Epidemie.

Coverrechte: Diana Verlag

Im Jahre 1892 lebt die 14 jährige Martha im ärmlichen Gängeviertel in Hamburg. Ihre Familie ist nicht reich an Geld, dafür aber an Liebe. Ihre Eltern arbeiten viel, sind aber trotzdem für ihre Martha, ihre kleine Schwester und ihren Bruder da. Ein Familienidyll, von dem Marthas beste Freundin Milli nur träumen kann, sie wird von ihrem Vater an andere Männer verkauft.
In diese Welt bricht die Cholera unerwartet herein und zerreist Marthas Familie. Ihre kleine Schwester und ihre Mutter überleben die Cholera nicht, der Vater flüchtet sich in den Alkohol und Martha muss von nun an für die restliche Familie sorgen. Sie beginnt in dem Krankenhaus, in dem ihre Schwester starb, als Krankenwärterin zu arbeiten: Eine beschwerliche Arbeit, die sie sehr an ihre Grenzen bringt, aber sie verspürt auch den Wunsch mehr zu tun: Sie möchte den Menschen noch mehr helfen. So beginnt sie eine Ausbildung als Krankenschwester bei den Erika- Schwestern.
Währenddessen erhebt sich am Hafen Widerstand gegen die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen. Aber auch die Frauen beginnen für ihre Rechte zu kämpfen.
In all diesen Wirrungen verliebt sich Martha noch in einen Mann – was absolut gegen die strengen Regeln des Krankenhauses spricht und damit Martha alles kosten kann, was sie sich mühsam aufgebaut hat.

Melanie Metzenthin gehört mittlerweile zu meinen Lieblingsautorinnen. Auf Facebook berichtet sie immer über ihre neuen Schreibprojekte – als dann „Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten“ angekündigt wurde, war mein Interesse gleich geweckt. Zum einen, weil ich ihre Bücher natürlich sehr gerne lese, aber auch das Thema Medizingeschichte. Ein sehr faszinierendes Thema, nicht immer leicht, aber trotzdem immer wieder packend. Ich freute mich riesig, als ich das Buch endlich in den Händen halten konnte und begann gleich es zu lesen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Diana Verlag für die Zusendung eines Rezensionsexemplars.

Martha ist ein wundervoller Charakter. Von der ersten Seite an habe ich sie ins Herz geschlossen. Sie strahlt eine Wärme aus, die sie für mich gleich zur Freundin werden lies. Was mir sehr gefallen hat, Martha ist keine Figur, der alles zufällt, die alles richtig macht – nein, sie macht auch Fehler. Sie ist verzweifelt, begeht eine ziemliche Dummheit und lässt sich allein von ihrem Herz leiten.
Eine andere starke Figur ist Marthas Mutter. Auch wenn sie nur einen relativ kurzen Auftritt hatte: Sie bleibt im Gedächtnis als eine tolle, starke Frau.
Marthas Vater lernen wir am Anfang der Geschichte als einen sehr liebevollen Vater kennen, im Laufe der Ereignisse stürzt er aber ab – und muss sich wieder mühsam hochkämpfen. Das schafft er mit Hilfe von Martha, aber auch er selber gibt sich nicht auf und kämpft für sich und seine Familie. Marthas beste Freundin Milli ist eine geschundene Seele: Von ihrem Vater an andere Männer verkauft, scheint ihr Leben nichts wert, der Platz am Rand der Gesellschaft besiegelt.
Alle Figuren in diesem Roman handeln so authentisch, jede besitzt Ecken und Kanten. Das machte es mir leicht, mich den Figuren nahe zu fühlen und tief in die Geschichte abzutauchen.

Das große Thema ist die Cholera-Epidemie in Hamburg im Jahre 1892: Die medizinische Versorgung der Bevölkerung war um diese Zeit sicher um einiges fortschrittlicher als noch Jahre davor, trotzdem aber für die unteren Bevölkerungsschichten absolut unzureichend. Hier wurde nicht der Mensch gesehen. Als Leser merkt man sehr schnell, wie sehr Melanie Metzenthin recherchiert hat, wie sehr ihr dieses Thema am Herzen liegt. Als Ärztin ist Melanie Metzenthin natürlich auch der Medizingeschichte eng verbunden.
Sie zeigt in ihrem Roman aber auch die gesellschaftlichen Strukturen zu dieser Zeit, die Arbeitsbedingungen der Hafenarbeiter und wie es schließlich zu dem großen Streik kam. Als Leser ist man immer mitten im Geschehen. Mit dem Streik der Hafenarbeiter erheben sich auch die Frauen aus den verschiedenen Gesellschaftsschichten, sie fordern mehr Rechte für sich, aber auch für ihre Familien.
Ein anderes großes Thema ist die gesellschaftliche Ausgrenzung von Menschen. Marthas Freundin Milli ist in die Prostitution gezwungen worden, völlig unverschuldet, wird aber von der Gesellschaft geächtet.

„Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten“ ist ein absolutes Highlight. Es hat mich von der ersten Seite an gepackt. Das liegt an den vielschichtigen, lebensnahen Charakteren, aber auch an der Tatsache, dass Melanie Metzenthin gekonnt Fiktion und Geschichte zusammenführt. Das Buch hat eine ganz dichte Atmosphäre.
Die Sprache ist sehr lebendig, nie langweilig und nie platt. Ein ganz großes Lesevergnügen.

Fazit: Ein ganz besonderes Buch. Unbedingt lesen, es ist ein Highlight!

Bemerkung: Das Buch habe ich freundlicherweise vom Diana Verlag als Rezensionsexemplar zugeschickt bekommen. Es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst!