„Romy – Mädchen, die pfeifen“

von Felicitas Fuchs

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 12. Juli 2023
Verlag: Heyne
Ausgaben: Paperback & eBook
ISBN: 978-3-453-42644-3
Seitenanzahl: 592
Preis: Paperback 16,00€, eBook 9,99€

Homepage:
https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Romy-Maedchen-die-pfeifen/Felicitas-Fuchs/Heyne/e598290.rhd

Klappentext:
„Bad Oeynhausen 1983: Die 23-jährige Romy arbeitet in einer Diskothek. Sie ist schon früh zu Hause ausgezogen, weil sie sich mit ihrer Mutter Hanne nie gut verstanden hat. Nach außen wirkt sie stark und selbstbewusst, doch im Innersten ist sie sehr verletzlich. Als sie die Hochzeit mit ihrer großen Liebe Falco vorbereitet, stolpert sie in den Familienpapieren über einen Namen, den sie nicht kennt, und es reißt ihr den Boden unter den Füßen weg. Romy macht sich auf die Suche nach der Wahrheit, ohne ihrer Mutter Hanne davon zu erzählen.“

Hinweise:
Das Buch ist der dritte Band der „Mütter-Trilogie“. Solltet ihr die ersten beiden Teile noch nicht kennen, jedoch lesen wollen, solltet ihr diese Rezension NICHT lesen – Spoilergefahr.
– Hier findet ihr die Rezensionen zu den ersten beiden Bänden: „Minna – Kopf hoch, Schultern zurück“ und „Hanne – Die Leute gucken schon“.

– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Heyne Verlag über das ‚Bloggerportal‘ als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank dafür!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Romy – Mädchen, die pfeifen“ von Felicitas Fuchs ist der dritte und abschließende Teil einer Buchreihe, welche die persönliche Familiengeschichte der Autorin in Romanform erzählt.

„»Man sagt, es sei nicht wichtig, dem Leben Tage zu schenken, sondern es ist wichtig, den Tagen Leben zu geben. … «“

[Seiten 479/ 480]

1983 in Bad Oeynhausen: Nachdem Romy sehr früh aus ihrem lieblosen und desinteressierten Elternhaus ausgezogen ist und ihre Ausbildung in der Gastronomie erfolgreich beendet hat, arbeitet die mittlerweile 23-jährige Frau in einer Diskothek und in einem Plattenladen.
Romys Verhältnis zu ihrer Mutter bleibt angespannt, da ändert auch die geplante Hochzeit mit ihrem langjährigen Freund und Arbeitskollegen Falco nichts. Ganz im Gegenteil: Als sie eine Geburtsurkunde beantragt, stolpert Romy bei der Angabe des Vaters über einen ihr völlig unbekannten Namen. Sie beginnt mit ihren Nachforschungen und trifft auf ein lang gehütetes Geheimnis und bei ihrer Mutter auf eine Mauer des Schweigens. Es ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint, doch Romy gibt nicht auf und kämpft dafür, dass ihre Vergangenheit ein Gesicht bekommt.

Felicitas Fuchs ist das Pseudonym der Erfolgsautorin Carla Berling, mit der ich schon seit einiger Zeit auf Facebook befreundet bin. Vor einiger Zeit kündigte sie in den Sozialen Medien an, dass sie eine dreibändige Romanreihe veröffentlicht, welche ihre eigene Familiengeschichte erzählt. Der erste Teil der Reihe „Minna – Kopf hoch, Schultern zurück“ beschreibt hierbei das Leben ihrer Großmutter, welche von 1905 bis 1978 lebte. Mein Interesse an der Reihe war direkt geweckt. Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg finde ich immens spannend und auch wichtig, um die Zeit des Nationalsozialismus halbwegs zu verstehen. Wenn dann auch noch Historie anhand einer teils wahren Lebensgeschichte erzählt wird, wird für mich alles noch mal greifbarer und lebendiger. Das Buch musste ich einfach lesen – und ich wurde auf keiner Seite enttäuscht: Die Geschichte von Minna hat mich komplett umgehauen und mir schlaflose Nächte beschert.
Es war ganz klar, dass ich auch den zweiten Band „Hanne – Die Leute gucken schon“ auch lesen musste und wollte. Dieser stellt Minnas Tochter Hanne in den Mittelpunkt der Geschichte und behandelt das Thema der Nachkriegszeit in Deutschland – ein Thema, über welches ich immer wieder gerne lese. Auch dieser Band schlug mich in seinen Bann, ich hatte immer wieder die Tränen in den Augen und in nur wenigen Tagen war auch dieses Buch ausgelesen.
Danach wollte ich natürlich unbedingt wissen, wie es mit den Figuren und ihrer Geschichte weitergeht und wartete schon voller Sehnsucht auf den dritten Band der Reihe und fragte diesen bei erster Gelegenheit im ‚Bloggerportal‘ an. Meine Anfrage wurde genehmigt und das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zugesendet. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an den Heyne Verlag.

Das Buch ist, wie auch die ersten zwei Bände, eine sehr schöne und hochwertige Klappbroschur. Äußerlich passen die drei Bände wunderbar zueinander.
Das in hellblau gehaltene Cover zieren Zeichnungen von Veilchen, der Titel des Buches prangt in lila Schrift über einen schwarz-weiß Foto, auf welchem eine junge Frau mit offenen langen Haaren zu sehen ist, welche einen Fahrradlenker in den Händen hält. Die Frau schaut den Betrachter nicht an, sondern zur Seite. Der Name der Autorin steht in schwarzen Großbuchstaben über dem Buchtitel.

Auf der vorderen Klappe des Buches findet sich ein Text zum Inhalt des Buches, im inneren der Klappe sind drei Originalfotos der Hauptfiguren zu sehen: Zwei von ihnen zeigen die „echte“ Romy und eines ihren Mann Falco. Auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin mit einem aktuellen Foto und einer kurzen Biografie vorgestellt, in der Klappe sind die drei Bände noch einmal graphisch dargestellt.
Nach der Widmung beginnt der erzählende Teil direkt mit dem ersten Kapitel, welches im Juni 1978 ansetzt. Das 61. und letzte Kapitel beginnt im Juli 2017, mit dem Epilog, welcher im Mai 2019 spielt, endet das Buch. Somit umfasst die gesamte Handlung des Buches etwa 41 Jahre.
Abschlossen wird das Buch mit einem Nachwort und einem umfangreichen und emotionalen „Danke!“ der Autorin.

„»Ich schwöre bei meiner verstorbenen Omi, nie, nie wieder werde ich etwas tun, das ich nicht wirklich will.«“

[Seite 90]

In diesem dritten Band steht Romy im Mittelpunkt der Handlung – und damit die Lebensgeschichte der Autorin selbst. Im Nachwort weist Felicitas Fuchs daraufhin, dass Namen, Aussehen, Berufe, Daten und Abläufe so verändert wurden, „dass niemand außer uns Rückschlüsse auf alle Umstände und Zusammenhänge ziehen kann“.
Romys Hotelkarriere ist fiktiv, die Eckdaten ihrer Lebensgeschichte beruhen auf realen Ereignissen und Erlebnissen. Was sich schon im zweiten Band angekündigt hat, setzt sich hier weiter fort. Romy flüchtet aus ihrem lieblosen Elternhaus. Schon lange zeigt ihre Mutter Hanne nicht wirklich Interesse an ihrer Tochter und an ihrem Leben – sie empfindet sie eher als anstrengend und ist von ihrer flippigen und öfter aufgekratzten Art genervt.
Etwas leichtgläubig stolpert Romy in die große Welt und merkt, dass es nicht alle Menschen mit ihr gut meinen. Auch wenn sie immer mal wieder hinfällt, steht sie immer wieder mutig auf und gibt einfach nicht auf.
Ihr erklärter Wunsch nach einer perfekten Familie lässt sie des Öfteren ihr persönliches Empfinden und Glück hinten an stellen und ihre Augen verschließen.
Ich mochte Romy schon im zweiten Band sehr, auch wenn ich es stellenweise sehr schwer ertragen konnte, wie gleichgültig und abweisend Hanne mit ihrer Tochter Romy umgegangen ist. In diesem Band ist aus dem Mädchen eine junge Frau geworden, welche sich im Verlauf der Handlung zu einer Erwachsenen und Mutter entwickelt. Auf den ersten Blick wirkt Romy sehr taff und willensstark, auf den zweiten Blick zeigt sich jedoch ihre verletzliche und sensible Seite. Ich bewundere Romy, und damit auch die Autorin, für ihre Stärke und den Mut, ihre stürmische Familiengeschichte aufzuarbeiten und zu Papier zu bringen.

„»Wenn dir das Leben Zitronen gibt, machst du Limonade draus, und das konntest du schon mit drei Jahren.«“

[Seite 143]

Romys Mutter Hanne ist so ganz anders als ihre Tochter: In einem unglücklichen Leben gefangen, in welchem sie meistens irgendwie funktionieren muss und in dem viele Dinge über ihren Kopf hinweg entschieden wurden. Einerseits erregte sie des Öfteren mein Mitleid, da ihr schon oft übel mitgespielt wurde und sie auch einige Schicksalsschläge erleiden musste, auf der anderen Seite empfand ich ihr Verhalten Romy gegenüber oft nur als ungerecht und ihr Schweigen und Verharren als sehr anstrengend.

„»Du hast Angst. Und deswegen hast du dich entschieden. Lieber hältst du dich an deinem bekannten Unglück fest, anstatt ein unbekanntes Glück zu wagen.«“

[Seite 213]

In diesem Buch spielen viele weitere Figuren mit – einige von ihnen sind bereits aus den vorherigen Teilen bekannt, andere kommen neu hinzu.
Falco, Romys Arbeitskollege und späterer Ehemann, ist ein Charakter, welcher neu dazu gekommen ist. Er bleibt von Anfang bis zum Ende eher undurchsichtig und ist nicht wirklich der Sympathieträger schlecht hin – und trotzdem mochte ich ihn irgendwie doch. Er gibt Romy viel, verlangt ihr aber im Gegenzug auch wieder viel ab. Seine Geschichte wird auf jeden Fall noch länger nachklingen und unvergessen bleiben.
Aber auch die weiteren Charaktere und deren mitreißenden und wechselvollen Lebensgeschichten werden in meiner Erinnerung bleiben.
Felicitas Fuchs macht es dem Leser/ der Leserin nicht immer einfach: Es wird geheiratet, gefeiert, Kinder kommen auf die Welt – man muss aber auch Charaktere gehen lassen. Teilweise wurde es so emotional und traurig, dass ich mit den Tränen kämpfen musste.
Es ist eine Geschichte aus dem realen Leben, mit allen Facetten, die es zu bieten hat: Hoffnung, Trauer, Liebe, Freundschaft und Drama.
Alle Figuren und ihre Schicksale und Lebensgeschichten sind miteinander verwoben und auch die Tragik, Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren warenfühlbar und zogen mich schnell in die unvergessliche Geschichte hinein.

Wie schon erwähnt, handelt es sich um die etwas abgewandelte Familiengeschichte der Autorin. Während der erste Band der Trilogie „Minna – Kopf hoch, Schultern zurück“ die Lebensgeschichte der Großmutter Minna erzählt, welche 1905 geboren wurde und den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, die Inflation, das Dritte Reich, den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit erlebte, zeigt der zweite Band „Hanne – Die Leute gucken schon“ das Leben der Mutter der Autorin: Ein Leben, welches noch immer sehr vom Zweiten Weltkrieg und der entbehrungsreichen Nachkriegszeit gezeichnet war.
Der dritte Band „Romy – Mädchen, die pfeifen“ schließt ziemlich direkt an das Ende des zweiten Bandes an, spielt in den Jahren von 1983 bis 2019 und zeigt das Leben und die Entwicklung von Romy – Hannes Tochter und somit Minnas Enkelin.
Damit stellt diese Buchreihe das unterschiedliche Leben dreier Generationen von Müttern in den Mittelpunkt: Minna, Hanna und Romy. Auch wenn die Zeiten und damit auch die Geschichten völlig verschieden sind, sind die drei Frauen und ihre Lebensgeschichten immer miteinander verbunden.
Mit ihrem detaillierten, aber durchaus auch flotten Sprachstil hat mich die Autorin wieder direkt mit in die Geschichte genommen. Die Seiten flogen nur so dahin und innerhalb weniger Tage waren die fast 600 Seiten gelesen. Nur äußerst ungern legte ich das Buch aus den Händen.
Die chronologisch erzählte Handlung des Buches wirkt zu keiner Zeit überfrachtet oder gar unlogisch – alles und jede/r hat seinen/ihren Platz in der Geschichte. Ich konnte der Handlung immer gut folgen und mich völlig in diese mitreißende Geschichte fallen lassen.
Wie auch schon die beiden ersten Bände, nahm mich auch diese Geschichte wieder emotional sehr mit, und ich musste das ein oder andere Mal mit den Tränen kämpfen.
Im Prinzip lässt sich dieser Band auch ohne Kenntnis der ersten beiden Teile lesen – ich empfehle aber trotzdem, dass man die Buchreihe nacheinander liest, da man Begebenheiten, Figuren und ihr Verhalten/ ihre Entwicklung besser zuordnen und verstehen kann.

Den geschichtlichen Hintergrund bilden vorwiegend die 1980er/ 1990er und 2000er Jahre – also eine Zeit, die ich schon miterlebt habe. Einige gesellschaftliche Ansichten wirkten auf mich so antiquiert, dass ich es stellenweise gar nicht glauben konnte. Eine Frau hatte auch in diesen Zeiten am besten zuhause zu sein und sich um die Familie zu sorgen. Romy ist eine berufstätige Frau, welche Karriere macht, während ihr Mann zuhause bei den Kindern bleibt und den Haushalt erledigt. Damit waren die Beiden absolute Außenseiter und sorgten für ordentlichen Argwohn und Kopfschütteln in der Gesellschaft. Das wirft natürlich die Frage auf: Hat sich das heute verändert? Ich denke, dass es dieses klassische Rollenbild bis heute noch immer in den Köpfen verankert ist, auch wenn von Seiten der Politik versucht wird, dagegen zu steuern.

Am Ende dieser Rezension bedanke ich mich bei Felicitas Fuchs für diese vielen wunderbaren und mitreißenden Lesestunden und für den Mut ihre Familiengeschichte aufzuschreiben.

Fazit: Das Buch „Romy – Mädchen, die pfeifen“ ist der krönende Abschluss einer großartigen, und bewegenden Buchreihe.
Mit dem ergreifenden und flotten Sprachstil kommt auf keiner Seite Langeweile auf. Es sind Geschichten und Figuren, welche ich noch lange in meinem Herzen tragen werde und so schnell nicht vergessen werde. Unbedingt lesen!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“

von Martha Sophie Marcus

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 11. Juli 2023
Verlag: Tinte & Feder
Ausgaben: Taschenbuch & eBook
ISBN: 978-2496712483
Seitenanzahl: 447
Preis: Taschenbuch 11,99€
Reihe: „Das Gold der Weiden“, Buch 01 von 02

Homepage:
https://martha-sophie-marcus.de/__der_sturz_des_loewen/

Klappentext:
Der packende Auftakt des Historienabenteuers um den jungen Pferdezüchter Micha, der um Gerechtigkeit und seine große Liebe kämpft. Kämpfst du gegen herrschendes Unrecht oder beschützt du diejenigen, die du liebst?
Norddeutschland 1164. Der zwölfjährige Micha hat nur ein Ziel: Gerechtigkeit für den grausamen Mord an seiner Familie. Bei einem Maultierzüchter findet er Zuflucht, in seiner Ziehschwester Sibilla eine beste Freundin. Doch er lebt nun ausgerechnet im Herrschaftsgebiet des verantwortlichen Grafen.
Jahre später hat Micha sich durch sein Geschick im Umgang mit Pferden einen Platz in der Burgmannschaft erarbeitet. Endlich sieht er sich in der Lage, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Aber Michas Herzensdame Johanna und seine Freunde sind von der Grafenfamilie abhängig. Kann und will er sie für seine Vergeltung in Gefahr bringen? Sibilla kämpft unterdessen darum, ihren Vater auch als Frau bei seinen Geschäften unterstützen zu dürfen – und mit ihren heimlichen Gefühlen für Micha“

Hinweise:
Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
-Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars, der Produktnennung und dem Link zur Homepage der Autorin muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ von Martha Sophie Marcus ist der Auftakt einer historischen Romanreihe, welche im 12. Jahrhundert in Norddeutschland spielt und zeigt, wie ein junger Mann auf der Suche nach Gerechtigkeit ist und als Pferdezüchter seinen Platz im Leben sucht.

Norddeutschland im Jahr 1164: Hilflos muss der zwölfjährige Micha mit ansehen, wie sein Vater und sein Bruder grausam ermordet werden. Er und seiner Stiefmutter können flüchten, Micha findet bei einem Maultierzüchter und dessen Familie in Summerburg Zuflucht und ein neues Zuhause. Seine Ziehschwester Sibilla hegt schnell heimliche Gefühle für ihn.
Allerdings ist Vogt Borgward von Egersleben auf der Summerburg der Mann, welcher als Ministerialer unter Graf Meinhard den Mord an Michas Familie zu verantworten hat. Micha befindet sich nun im unmittelbaren Herrschaftsgebiet des Grafen und möchte um jedes Mittel Gerechtigkeit erlangen und die Täter zur Rechenschaft ziehen.
Jahre später hat Micha seinen Platz in der Burgmannschaft gefunden und ist wegen seines geschickten Umgangs mit Pferden beliebt. Doch nicht alle sind ihm wohlgesonnen – der Vogt hat nicht vergessen, wie gefährlich ihm Michas Wissen und Vergeltung werden könnten. Und auch Michas Herzensdame Johanna und seine Freunde sind von der Gunst der Grafenfamilie abhängig.
Als sich die politischen Ereignisse überschlagen, muss Micha sich entscheiden: Kann und will er das Erbe seines Vaters fortsetzen und der Familie seiner Ziehschwester beistehen oder soll er auf der Summerburg bleiben und dem Grafen dienen?

„Alles in allem war die Kälte schlimm, der Hunger schlimmer, aber das Alleinsein das Schlimmste. Er vermisste seinen Vater und seinen Bruder fürchterlich. Jeder hier hatte seinen Platz, jeder kannte jeden, jeder hatte eine Familie oder Freunde. Er fühlte sich wie ein einsames Steinchen im Hafersack. Früher oder später würde man ihn hinauswerfen.“

[Seite 40/ 41]

Bereits seit vielen Jahren gehört die Autorin Martha Sophie Marcus zu den Autorinnen, deren Bücher ich sehr gerne lese. Mit ihrem Debüt „Herrin wider Willen“ und den beiden Teilen der Reihe „Novemberrosen“ konnte sie mich bestens unterhalten.
Als die Autorin ihr neues Buch und Reihenauftakt „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ ankündigte, fiel mir als erstes das stimmungsvolle Cover auf und auch der Klappentext und die Handlungszeit weckten sehr schnell mein Interesse. Das Hochmittelalter (11. Jahrhundert bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts) interessiert mich schon seit einiger Zeit und ich lese immer wieder gerne Geschichten über diese raue Zeit, in der die Menschen mit vielen Problemen zu kämpfen hatten. Zum Beispiel waren Kälte, Krankheiten, politische Unruhen, hohe Kriminalität und geringer Verdienst weit verbreitete Probleme in einer Gesellschaft, welche durch die Ständegesellschaft und das Lehnswesen geprägt war.

Dieses Buch wollte und musste ich einfach lesen und ich freute mich sehr, als die Autorin in den Sozialen Medien Blogger und Bloggerinnen suchte, die ihr neues Buch rezensieren wollten – da meldete ich mich direkt. Das Buch erreichte mich liebevoll signiert und zusammen mit zwei Lesezeichen, einer Broschüre und einer Postkarte, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Das Buch liegt mir als schön gestaltetes Taschenbuch vor, hat 447 Seiten und wie bereits angemerkt, konnte das stimmungsvolle und passende Cover direkt mein Interesse wecken: Im Vordergrund stehen zwei Figuren seitlich zum Betrachter: Links steht ein Mann, dessen Blick auf die Landschaft und die im Hintergrund befindliche Burg gerichtet ist. Rechts steht eine Frau – ihr Blick geht in Richtung des Mannes – hierdurch wird das Profil der Frau sichtbar. Vor den beiden erstreckt sich eine üppige Weidenlandschaft, auf der auch einzelne Pferde zu sehen sind. Hinter den Weiden erhebt sich eine stattliche Burg. Durch den stark bewölkten und dunklen Himmel bricht über der Burg die Sonne hindurch. Besonders gefallen mit die goldenen Ranken, welche das Cover einrahmen und damit sehr edel wirken lässt.
Den Beginn des Buches macht eine kurze und liebevolle Widmung, dieser schließt sich ein kurzes Vorwort über den historischen Kontext an, danach beginnt direkt das erste Kapitel, welches im Oktober 1164 ansetzt. Mit dem 33. Kapitel endet das Buch dann im Oktober 1179. Es folgen ein kurzes Nachwort, die Personenliste und ein Glossar. Über die Personenliste habe ich mich sehr gefreut, da ich diese immer mal wieder gebraucht habe, wenn mir doch mal eine Figur und deren Hintergrund entglitten ist.
Die Handlung wird chronologisch erzählt und umfasst insgesamt 15 Jahre. Ich fand einen schnellen Zugang in die Geschichte und konnte und auch den vielen und vielfältigen Figuren gut folgen.

„»Lass das. Hilf dir lieber selbst. Wenn du deine Schwierigkeiten nicht aus der Welt räumen kannst – und das kannst du nicht – ,dann hör auf, dir die ganze Zeit leidzutun. Du willst mir nicht von deinen Sorgen erzählen, meinetwegen! Dann behalt sie für dich. Aber reiß dich zusammen und mach die Augen auf. Du bist nicht der unglücklichste Mensch der Welt, auch wenn es dir so vorzukommen scheint.«“

[Seite 222]

Viele der Figuren und auch der Handlungsort in „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ sind fiktiv, die Autorin erwähnt im Nachwort, dass „ein Teil ihrer Geschichte und ein Teil des Schicksals des dort herrschenden Grafensgeschlechts an die reale Sommerschenburg angelehnt“ sind. Es gibt auch einige historische Figuren – welche aber nicht die Hauptrollen spielen.
Im Mittelpunkt steht der zu Beginn der Handlung zwölfjährige fiktive Micha. Er muss von einem Moment auf den anderen erwachsen werden und ist dabei völlig auf sich allein gestellt. Doch er gibt sich, seine Träume und sein Erbe nicht leichtfertig auf – allerdings treibt ihn auch immer das immense Verlangen die Mörder seiner Familie zur Rechenschaft zu ziehen unermüdlich an. Seine Entwicklung von einem Jungen hin zu einem erwachsenen Mann ist außerordentlich gut und authentisch gelungen. Auch wenn ich nicht all seine Entscheidungen und Ansichten teilen konnte und auch sein mitunter gedankenloses Verhalten gegenüber seiner Ziehschwester Sibilla mich etwas verwunderten, litt ich mit Micha ab der ersten Seite mit und schloss ihn und seine sympathische Art schnell in mein Herz.
Bis zum Ende des Buches wirkt er rastlos und auf der Suche nach seinem Platz im Leben. Er ist einerseits sehr taff und stark, hat aber auch eine sensible und verletzliche Seite. Seine Liebe zu Pferden und Maultieren und sein stets respektvoller und sorgsamer Umgang mit diesen Tieren hat mir sehr gefallen und ich habe hier einiges neues erfahren und dazu gelernt.

„Micha zuckte mit den Schultern. »Es sind meist gar nicht so sehr die Hände, die viel bewirken. Ich verstehe vielleicht die Sprache der Pferde ein wenig besser als manch anderer, das ist alles.«“

[Seite 169]

An seiner Seite stehen einige weitere fiktive Figuren – allen voran Michas Ziehschwester Sibilla. Sie ist die Tochter des Maultierzüchters Adam und sie kämpft darum, dass sie ihren Vater bei seinen Geschäften unterstützen darf. Das ist kein leichtes Unterfangen in einer Zeit, in der Frauen nichts zu sagen hatten und unterdrückt wurden. Auch Sibilla lernt der Leser/ die Leserin als junges Mädchen kennen und sie entwickelt sich im weiteren Verlauf zu einer willensstarken und durchsetzungsfähigen Frau mit einer trotz allem feinfühligen Seite, welche sie aber unter einer harten Kruste zu verbergen versucht. Auch wenn sie zu den Menschen in ihrer Umgebung sehr direkt und ehrlich ist, schafft sie es nicht, sich Micha gegenüber zu öffnen und ihm ihre Gefühle für ihn zu gestehen. Auch ihre mehr oder weniger deutlichen Signale übersieht/ überhört er.
Auch die restliche Familie um Sibilla konnten mich mit ihren vielfältigen Lebensgeschichten und interessanten Entwicklungen begeistern – vor allem Adam, das Oberhaupt der Familie. Er ist ein aufmerksamer Mann, welcher auf den jungen Micha bei sich und der Familie aufnimmt und ihm damit ein neues Zuhause schenkt. Neben dem Wirt Kilian ist er einer der Charaktere, welche sehr viel Wärme und Geborgenheit in die Geschichte bringen.
Auch Michas beide Freunde Julius und Endris sind fiktiv und immer an Michas Seite. Eigentlich eine unmögliche Freundschaft und Verbundenheit, da Julius der jüngste Sohn von Michas Erzfeind ist. Doch die drei bilden eine gute Gemeinschaft.
Johanna, die Schwester von Endris, ist ein sehr unsteter und sprunghafter Charakter. Mit ihr wurde ich nie so richtig warm, auch wenn ihre ganze Lebensgeschichte sehr tragisch ist.
Die Familie um den Grafen Meinhard, sowie Vogt Borgward von Egersleben und auch dessen Familie sind fiktiv, konnten mich mit ihrer Ambivalenz überzeugen. Borgward ist von Beginn der undurchsichtige Bösewicht, welcher es immer wieder aufs Neue schafft, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und andere für seine Taten büßen zu lassen. Die gegenseitige Bedrohung von Micha und dem Vogt ist äußerst fühlbar.
Heinrich der Löwe, Herzog von Bayern und Sachsen ist der Vetter von Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) – die beiden sind zwei der historischen Persönlichkeiten in diesem Roman. Auch wenn die beiden Figuren und deren Geschichte nicht im Mittelpunkt stehen, sind diese für den Fortgang der Handlung sehr wichtig.
Diese beiden und weitere historische Figuren hat Martha Sophie Marcus wunderbar in ihre Geschichte mit eingebunden, verwebt sie gekonnt mit den Lebensgeschichten ihrer fiktiven Figuren und sie alle konnten mich mit ihrer Lebensechtheit, ihrer Vielfältigkeit und ihren packenden Lebensgeschichten überzeugen. Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren waren stets fühlbar und zogen mich schnell in diese spannende Geschichte hinein. Es sind Figuren, welche ich mit Sicherheit noch lange in meinem Herzen tragen werde und ich bin sehr gespannt, wie es mit einigen von ihnen im nächsten Band weitergehen wird.
Martha Sophie Marcus zeichnet mit ihren vielen Figuren authentisches Bild der damaligen Gesellschaft, welche durch die Ständegesellschaft und das Lehnswesen geprägt war. Zum ersten Stand gehörte der Klerus, also alle Geistlichen, zum zweiten Stand zählten die Adligen, den dritten Stand bildeten die Bauern und einfachen Bürger. Der größte Teil der Menschen im Mittelalter gehörte zum dritten Stand – etwa 90 Prozent waren Bauern.

„»So ist das Leben, Junge. Ein Mann ist entweder ein Bauer oder Knecht, der sich damit begnügt, was er hat. Oder er ist ein Krieger, der für den Kampf lebt und sich nie zufriedengibt. Oder er widmet sein Leben Gott, so wie ich. (…)«“

[Seite 273]

Nicht nur die Ständegesellschaft und das Lehnswesen prägten das Leben der Menschen im Mittelalter. Auch viele Krankheiten, Hunger, Kälte und politische Unruhen und Kriege bestimmten das Leben der Menschen. So kam es durch den aggressiven Herrschaftsausbau des Herzogs Heinrich in Sachsen und nördlich der Elbe zum Widerstand der anderen sächsischen „Großen“.
Diese akribisch recherchierten geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergründe werden in „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ sehr anschaulich dargestellt und ich konnte mit diesem gelungenen Reihenauftakt meinen geschichtlichen Horizont erweitern.
Von der ersten Seite an besticht die Geschichte durch ein hohes erzählerisches Tempo. Martha Sophie Marcus bildhafter, fesselnder und leidenschaftlicher Sprachstil nahm mich direkt mit in die Geschichte. Sie zeichnet ein starkes und unverzerrtes Bild der damaligen Zeit und schafft in ihrem Buch eine sehr dichte Atmosphäre, in welcher ich völlig abtauchen konnte. Nur ungern legte ich das Buch aus den Händen und die 447 Seiten flogen nur so dahin.

Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit einigen der Figuren im nächsten Band und bedanke mich ganz herzlich bei Martha Sophie Marcus für dieses lehrreiche, packende und erkenntniserweiternde Leseerlebnis.

Fazit: „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ ist ein rundum gelungener Reihenauftakt. Mit einer wunderbaren Mischung aus fiktiven und historischen Figuren, einem spannenden geschichtlichen Hintergrund und mit hohem erzählerischen Tempo ist dieses Buch wie eine Reise in längst vergangene Zeiten. Sehr lesens- und empfehlenswert!

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Der Verrat der Kaufmannswitwe“

von Silke Elzner

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 06. Juli 2023
Verlag: Selbstverlag
Ausgabe: Taschenbuch und eBook
ISBN: 978-3-757560973
Seitenanzahl: 548 Seiten
Preis: 18,95€ (Taschenbuch), 4,99€ (eBook)

Homepage: https://silkeelzner.de/der-verrat-der-kaufmannswitwe/

Klappentext:
Im Jahre des Herrn 1376:
Eingeschneit auf Burg Altena verbringt die Magd Beleke einen romantischen Winter mit Ritter Rotger. Als ihr aufgeht, dass sie ein Kind erwartet, ist Rotger längst abgereist. Von der Familie verstoßen, zieht sie ihm hinterher, doch ihre gefahrvolle Suche endet vorerst in der Stadt Dortmund.
Eine Kaufmannswitwe nimmt die mittellose Beleke in ihr Haus auf. Die neue Herrin ist gütig und fürsorglich, doch sie hütet ein dunkles Geheimnis – ein Geheimnis, das sie alle in Gefahr bringt.
Eine packende Geschichte über die Verräterin von Dortmund, Agnes von der Vierbecke, und die „Große Fehde“ mit den Grafen von der Mark.“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als kostenloses Rezensionsexemplar in Form eines eBooks und Taschenbuchs zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
Hier findet ihr meine ausführliche Rezension zu „Die letzte Fehde an der Havel“.

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Das Buch „Der Verrat der Kaufmannswitwe“ von Silke Elzner ist ein historischer Roman, welcher im 14. Jahrhundert in Dortmund spielt und den Verrat der Dortmunder Bürgerin Agnes von der Vierbecke zeigt, aus welchen sich die „Große Fehde“ mit dem Grafen von der Mark entwickelte.

Im Jahr 1376: Die junge Beleke wird von ihren Eltern als Magd auf die Burg Altena geschickt. Hier muss sie schwer arbeiten, lernt aber auch den gutaussehenden Ritter Rotger kennen – und lieben. Während die Bewohner der Burg eingeschneit sind, kommen sich die Beiden näher. Als Rotger abgereist ist, erkennt Beleke, dass sie schwanger ist. Ihre Familie verstößt sie und so reißt Beleke Rotger hinterher – völlig mittellos und in ständiger Gefahr. Sie landet in der Stadt Dortmund, wo Beleke von der fürsorglichen Kaufmannswitwe Agnes von der Vierbecke aufgenommen wird.
Doch ein wohl gehütetes Geheimnis der Kaufmannswitwe bringt alle in große Gefahr.

Im September 2022 erhielt ich das Buch „Die letzte Fehde an der Havel“ von Silke Elzner als Rezensionsexemplar und war von der Geschichte sehr begeistert – vor allem überraschten mich die authentischen und vielfältigen Figuren mit ihrer charakterlichen Tiefe und Wechselhaftigkeit.
Ich freute mich sehr, als die Autorin Ende Mai 2023 ihr neues Buch „Der Verrat der Kaufmannswitwe“ ankündigte, da die Zeit, in der das Buch spielt, vor allem aber der Handlungsort sofort mein Interesse geweckt haben. Ich konnte es kaum erwarten, endlich dieses Buch zu lesen.
Freundlicherweise habe ich das Buch von der Autorin als vorzeitiges Rezensionsexemplar zugesendet bekommen, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanke.
Als ich 2014 und 2021 in Dortmund in einer Buchhandlung nach einem historischen Roman aus der Gegend fragte, konnte mir leider nichts empfohlen werden – denn es gab nichts. Was freute ich mich, als ich sah, dass dieses Buch nun genau dort spielt und auch noch in einer meiner bevorzugten Epoche: Im Spätmittelalter (ca. 1250 bis ca. 1500). Es ist eine sehr interessante aber auch brutale Zeit, welche von der Großen Hungersnot 1315–1317, dem Schwarzen Tod und dem Hundertjährigen Krieg (1337 – 1453) geprägt wurde. Kälte, Krankheiten, politische Unruhen, hohe Kriminalität und geringer Verdienst waren in der Bevölkerung verbreitete Probleme.
Der Name Agnes von der Vierbecke sagte mir allerdings nichts und ich war sehr gespannt, wie dieses Buch meinen geschichtlichen Horizont erweiterten könnte.

Neben dem Klappentext zog mich das sehr ansprechende und stimmige Cover an: Zu sehen ist das Portrait einer Frau. Ihre dunklen Haare sind in der Mitte gescheitelt und straff zusammen gebunden. Mit einem durchdringenden Blick sieht sie direkt den Betrachter an. Ihr prächtiges dunkles Kleid wird mit einem zusätzlich sehr opulenten Geschmeide vervollständigt. Der Hintergrund des Bildes ist dunkel, Kleid und Hintergrund vereinen sich nach unten hin. Umrandet wird das Bild mit einem prunkvollen Goldrahmen, wodurch das Cover wie ein Gemälde wirkt.

Das Taschenbuch ist sehr hochwertig und kunstvoll gestaltet: Der Klappentext auf der Rückseite ist ebenfalls mit einem Goldrahmen versehen. Zudem ist der Buchrücken der absolute Hingucker und außerordentlich schön gestaltet – dadurch wirkt es wie ein altes gebundenes Buch.
Im Inneren des Buches befindet sich eine Karte, auf welcher die Hauthandlungsorte zu sehen sind. Es folgt ein umfangreiches Personenregister, dann die beiden Hauptteile des Buches. Mit dem ausführlichen Nachwort, der Danksagung der Autorin und einer Kurzbiographie der Autorin wird das Buch abgeschlossen.
Die Gesamthandlung des Buches umfasst 12 Jahre und spaltet sich in insgesamt 38 Kapitel und zwei Teile auf: Der erste Teil setzt im Jahr 1376 in Altena an und endet 1378, der zweite Teil beginnt dann 10 Jahre später.

Ab der ersten Seite konnte mich die Geschichte und die vielfältigen Figuren in ihren Bann ziehen. Es ist, wie der Blick in das Personenregister zeigt, eine gelungene Mischung aus historischen und fiktiven Figuren.
Beleke und Rotger und ihre Geschichten sind fiktiv, sie werden von der Autorin sehr authentisch dargestellt und fügen sich wunderbar in das historische Umfeld ein.
Ich mochte Beleke schnell sehr gerne: Sie ist zu Beginn ein junges und etwas naives Mädchen, welches sich gerne aus ihrer tristen Realität in farbenfrohe Tagträume flüchtet. Als sie dann als Magd auf der Burg arbeitet, wird sie vom wahren Leben eingeholt und sie muss schneller erwachsen werden und Verantwortung übernehmen, als sie es sich vorstellen vermag.

„Auf den Weg, dachte sie verbittert. Nur wo sollte sie hin? Niemand wollte sie mehr haben.“

[Kapitel 10]

Beleke ist eine Kämpferin, welche immer wieder aufsteht und sich nicht so schnell unterkriegen lässt. Sie entwickelt sich während der insgesamt zwölf Jahre umspannenden Handlung von einem etwas leichtgläubigen Mädchen zu einer erwachsenen Frau und Mutter.
Rotger hingegen ist zu Beginn der Geschichte bereits vom Leben gezeichnet und hat viele Erfahrungen und Erlebnisse hinter sich. Er ist ein schwer zu durchschauender Charakter, einerseits ist er Beleke gegenüber liebevoll, auf der anderen Seite ist er der kaltblütige Ritter, welcher auch gerne mehr trinkt, als ihm gut tut. Von seinen Eltern verstoßen führt er ein Leben, welches von Verlust, Unstetigkeit und Kampf geprägt ist. Beleke schafft es, seine harte Schale ein Stück weit zu knacken und den verletzten Menschen darunter zum Vorschein zu bringen.

„Der Schmerz, den er seit der Jugend in seinem Herzen verschlossen gehalten hatte, war in den letzten Tagen mehrmals durch ihre Anteilnahme hervorgebrochen, und er hatte selbst bemerkt, wie tröstend ihr geduldiges Ohr war.“

[Kapitel 6]

Einerseits stieß mich sein Denken und Handeln gegenüber Frauen ab, seine verletzliche Seite macht bei diesen mitunter kühlen und berechnenden Charakter aber auch viel aus.
Neben diesen beiden fiktiven Figuren steht die historische Agnes von der Vierbecke im Mittelpunkt der Geschichte. Wie ich bereits weiter zu Beginn der Rezension erwähnt habe, sagte mit dieser Name bisher noch nichts, dank diesem Roman habe ich nun ein Bild dieser ungewöhnlichen Frau. Silke Elzner beschreibt die Gefühlswelt von Agnes (im Roman oft Neyse genannt) sehr detailliert und schafft mit ihr eine Figur, deren mitreißendesund grausames Schicksalich so schnell nicht mehr vergessen werde.
Sie steht nach dem Tod ihres Ehemanns völlig unter der Fuchtel ihres Schwagers. Ihr persönliches Glück bringt sie in Dortmund schnell in Verruf.

„»Du und ich, wir beide wissen, dass es ein Gerücht ist, in die Welt gesetzt von Zankweibern, die nur neidisch sind, dass sie wie Sperlinge in ihrem bedeutungslosen Leben gefangen sind. Wohingegen du strahlst und schillerst wie ein Eisvogel. Sie wollen so sein wie du, meine Teure, und weil sie es nicht können, streben sie danach, dich zu vernichten.«“

[Kapitel 21]

Neyse ist ein herzensguter Mensch – ihr liegen die Armen sehr am Herzen und und kann mit ihrer gütigen und gleichzeitig strengen Art und Weise vielen ein neues Leben ermöglichen. Zeitgleich wirkt sie aber auch ungestüm und lässt sich zu schnell von ihrem Herzen leiten.
Über die historische Agnes und ihre Lebensumstände ist recht wenig bekannt. Silke Elzner verwebt in ihrem Roman Fakten und Fiktion und baut um und mit den gesicherten Erkenntnisse herum eine sehr glaubhafte Geschichte auf.
Neben diesen Hauptfiguren gibt es noch einige weitere Figuren, auf welche ich aber nicht detailliert eingehen möchte, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme.
Silke Elzner hat einigen historischen Figuren nachgespürt und zeigt Menschen mit Ängsten und Selbstzweifeln. Sie alle hatten Träume, Wünsche und Ziele. Diese historischen und auch die vielen fiktiven Figuren konnten mich mit ihrer Lebensechtheit, ihrer Vielfältigkeit und ihren packenden Lebensgeschichten überzeugen. Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren waren stets fühlbar und zogen mich schnell in diese spannende Geschichte hinein. Es sind Figuren, welche ich mit Sicherheit noch lange in meinem Herzen tragen werde.

Wie auch schon „Die letzte Fehde an der Havel“ konnte mich auch diese großartige Geschichte ab der ersten Seite in ihren Bann ziehen. Silke Elzner erzählt bildgewaltig, fesselnd und mit großer Leidenschaft. Sie zeichnet die ein starkes und unverzerrtes Bild der damaligen Zeit und schafft in ihrem Buch eine sehr dichte Atmosphäre, in welcher ich völlig abtauchen konnte. Nur ungern legte ich das Buch aus den Händen. Die Handlung, welche chronologisch erzählt wird, ist durch die vielen Verstrickungen nie langweilig oder langatmig – sie besticht von Beginn an durch ein hohes erzählerisches Tempo.

Wie bereits oben angemerkt, bildet das sogenannte Spätmittelalter den historischen Hintergrund des Buches. Es ist eine Zeit, welche von Umbrüchen geprägt war: Das Mittelalter, und damit auch das Rittertum, haben ihre Hochzeiten hinter sich, doch noch immer herrschen Kriege und vor allem Fehden. Die Ständegesellschaft prägt das Leben der Menschen, auch wenn in den Städten das Bürgertum immer stärker wird (Stichwort: „Stadtluft macht frei“).
Silke Elzner hat diese vielen geschichtlichen Hintergründe akribisch recherchiert und stellt diese sehr bildhaft und glaubwürdig dar. Sie bettet ihre historischen und fiktiven Figuren in die geschichtlichen und gesicherten Hintergründe ein und verwebt deren Schicksale miteinander und untereinander zu einer großen, stimmigen und mitreißenden Geschichte.
Mit dem Handlungsort in und um Dortmund herum, betrat ich geschichtliches Neuland. Da ein Teil meiner Familie in dieser Gegend wohnt, interessiert mich diese Gegend und auch die Historie sehr und ich habe mit dem Buch „Der Verrat der Kaufmannswitwe“ einiges – vor allem über „Die große Dortmunder Fehde“ – gelernt.

Zum Ende dieser Rezension möchte ich mich ganz herzlich bei Silke Elzner für dieses wunderbare, lehrreiche und packende Leseerlebnis bedanken.

Fazit: Ein Roman, der mich ab der ersten Seite gepackt und nur noch schwer losgelassen hat. Mit vielfältigen Charakteren und einer spannenden Geschichte schafft Silke Elzner ein authentisches, farbenfrohes und unvergessliches Spektakel der Superlative. Ein MUSS für jeden Liebhaber und jede Liebhaberin des historischen Romans. Unbedingt lesen!

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Bella Donna – Die Malerin von Rom“

von Catherine Aurel

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 14. Juni 2023
Verlag: Penguin
Ausgabe: Paperback und eBook
ISBN: 978-3-328-10550-3
Seitenanzahl: 417 Seiten
Preise: Taschenbuch: 16€, eBook: 9,99€

https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Bella-Donna-Die-Malerin-von-Rom/Catherine-Aurel/Penguin/e557269.rhd

Klappentext:
„Rom, das Zentrum der Macht und der Künste: Nur widerwillig folgt Tina ihrem Mann Adamo Bellani in die Ewige Stadt, wo der Erbe des Florentiner Schönheitsimperiums ins Bankiersgeschäft einsteigen will. Auf dem Weg nach Rom begegnen sie der aufstrebenden Malerin Sofonisba, die nach dem Willen ihres Vaters den großen Michelangelo mit ihrem Werk beeindrucken soll. Zu dritt setzen sie ihre Reise fort – sehr zum Missfallen von Tina, die eifersüchtig auf die selbstbewusste Künstlerin ist. Kaum in Rom angekommen werden Adamo, Tina und Sofonisba in eine Intrige verwickelt, die sich bis ins Zentrum der Macht erstreckt. Die beiden ungleichen Frauen müssen zusammenhalten, um nicht nur eine junge Liebe, sondern auch den Bau des großen Petersdoms zu retten …“

Hinweise:
– Das Buch ist der dritte Teil der „Töchter-Italiens-Reihe“, welcher unabhängig von den beiden ersten Bänden gelesen werden kann.

– Hier sind meine Rezensionen: „Bella Donna – Die Schöne von Florenz“ und „Bella Donna – Die Herrin von Mantua“.
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Verlag über das ‚Bloggerportal‘ als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!

– Ich habe für diese Rezension vom Verlag und/ oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Penguin Verlag

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Das Buch „Bella Donna – Die Malerin von Rom“ von Catherine Aurel ist der dritte und abschließende Teil der „Töchter-Italiens-Reihe“, spielt in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Rom und zeigt einen Einblick in das Leben der in Vergessenheit geratenen Malerin Sofonisba Anguissola.

Italien 1557: Auch wenn Adamo der Erbe des Schönheitsimperiums „Casa Bellani“ in Florenz ist, führt seine Frau Tina das Unternehmen. Mit Leidenschaft und Hingabe steht sie jeden Tag im Geschäft und es gibt für sie keine größere Bestätigung, wenn eine Kundin dieses glücklich und zufrieden wieder verlässt. Adamo hingegen kann mit seinem Erbe nichts anfangen und möchte unbedingt ins Bankgeschäft einsteigen. Als er die „Casa Bellani“ verkauft und nach Rom aufbricht, begleitet in Tina nur widerwillig.
Unterwegs treffen sie auf die selbstbewusste Malerin Sofonisba, welche sich mit ihrem Vater ebenfalls auf dem Weg in die Ewige Stadt befindet – dort soll sie mit ihrem Werk den großen Michelangelo beeindrucken. Zu dritt setzen sie ihre Reise gen Rom fort, auch wenn sich die beiden völlig verschiedenen Frauen alles andere als sympathisch sind.
Doch kaum sind sie angekommen, geraten die drei in eine weitreichende Intrige. Sie müssen zusammenhalten, den auch der Bau des Petersdom ist in großer Gefahr.

Catherine Aurel ist das Pseudonym von Julia Kröhn, welche mich schon seit vielen Jahren mit ihren vielfältigen Romanen begleitet und begeistert.
Im Mai 2021 habe ich den ersten Teil der „Töchter – Italiens“ Trilogie „Bella Donna – Die Schöne von Florenz“ gelesen, ein Jahr später dann den zweiten Band „Bella Donna – Die Herrin von Mantua“. Diese beiden Teile konnten mich sehr überzeugen und ich war schon sehr gespannt auf den Abschluss der Reihe welche ich einfach lesen musste. Ich fragte im ‚Bloggerportal‘ ein Rezensionsexemplar an und bekam es freundlicherweise genehmigt und zugesendet – an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an den Penguin-Verlag.
Alle drei Teile Teile der Buchreihe können unabhängig voneinander gelesen werden, da immer einige Jahre zwischen den Geschichten liegen und auch jeweils andere Figuren und Städte eine Rolle spielen. Während der erste Teil in Florenz angesiedelt ist, spielt der zweite Teil vorwiegend in Mantua und Venedig, die Handlung des dritten Teils findet weitgehend in Rom statt und spielt fast 100 Jahre nach dem ersten Band.

Das Buch ist eine Klappbroschur (Paperback) und passt mit dem ausdrucksstarken Cover wunderbar und unverkennbar zu den beiden anderen Bänden der Reihe.
Im Vordergrund befindet sich eine Frau in einem rot-orangen Kleid, welche mit dem Rücken zum Betrachter steht. Sie blickt auf die Stadt Rom, welche mit dem Petersdom und der charakteristischen Kuppel eindeutig zu erkennen ist. Über der Stadt und der Frau erhebt sich ein blauer, leicht bewölkter Himmel.
Auf der vorderen Klappe werden die ersten beiden Teile vorgestellt, auf der hinteren Klappe befindet sich ein Foto und eine kurze Biografie der sympathischen Autorin. Das Innere der Klappen ist leer geblieben, was ich etwas schade finde – hier hätte es sich angeboten zum Beispiel Kartenmaterial oder Schönheits-Rezepte unterzubringen.
Mit dem Personenregister geht es los, dem schließt sich ein sehr stimmungsvolles Zitat von Michelangelo an. Danach beginnt direkt der erzählerische Teil, welcher sich auf insgesamt 18 Kapitel aufteilt und im August 1557 beginnt. Es folgen der ‚Anhang‘ und die ‚Historische Anmerkung‘ – hier geht die Autorin ausführlich auf Fakt und Fiktion ein.

Auch in diesem Teil gibt es wieder einige historische Persönlichkeiten, welche an der Seite von fiktiven Charakteren gekonnt zum Leben erweckt werden. Alle Figuren, egal ob historisch oder fiktiv, haben mich mit ihrer authentischen und teils sehr ambivalenten Charakterzeichnung und ihrer glaubhaften Entwicklung überzeugen können.
In diesem Buch stehen die fiktive Tina Bellani und ihr Mann Adamo neben der historischen Sofonisba Anguissola (1531/1532 – 1625) im Mittelpunkt der Geschichte. Während ich Tina mit ihrer freundlichen Art direkt in mein Herz schloss, stieß mich Adamos abfälliges und gemeines Verhalten seiner Frau gegenüber sehr ab.
Sofonisba ist eine der vielen historischen Persönlichkeiten und Catherine Aurel hat diese großartige Künstlerin aus der allgemeinen und ungerechten Vergessenheit geholt und ihr damit ein Denkmal gesetzt – auch wenn das ein oder andere dazu gedichtet wurde. Sie ist eine Frau, welche völlig und wahrhaftig für die Kunst lebt.

„»Ein echter Künstler hat nicht nur einen geübten Blick, er darf sich nicht allein aufs Schauen verlassen. Es genügt schließlich nicht zu malen, was man sieht. Ein Bild wird erst lebendig, wenn man auch malt, was man fühlt, den Menschen nicht bloß darstellt, vielmehr die Essenz seines Wesens einfängt. Außerdem gilt es, die Welt zwar als das zu sehen, was sie ist – und das ist eben oft ein hässlicher, trauriger Ort -, doch wir müssen der Hoffnung Rechnung tragen, sie könnte eine bessere werden. Künstler wie ich suchen nicht allein die Schönheit, Künstler wie ich suchen die Wahrheit – weil wir von der Sehnsucht getrieben sind, alle Menschen mögen wahrhaftig sein, sich nicht in Lügen und Trugbilder verstricken.«“

[Seite 212/ 213]

Neben diesen drei Hauptfiguren steht Michelangelo im Zentrum der Geschichte. Ich mag es sehr, wenn historische Figuren zum Leben erweckt werden und somit auch ein privater Blick auf diese berühmten und bekannten Figuren geworfen werden kann. Er ist zu Beginn dieser Geschichte bereits 82 Jahre alt und hat in dieser Zeit schon so einiges erlebt. Doch zur Ruhe setzen kann er sich nicht – und auch vor Intrigen ist er nicht gefeit. Er wirkt zu Beginn recht grummelig, hat aber doch das Herz am rechten Fleck.
Es spielen noch einige historische und auch fiktive Figuren in diesem Roman mit. Während viele von ihnen eine große Rolle spielen, agieren einige von ihnen am Rand. All ihre Geschichten, Dramen und die kleinen und großen Schicksale sind wunderbar miteinander verbunden und sie ergeben zusammen ein gutes Bild der damaligen Gesellschaft.

Es war eine gespaltene Gesellschaft: Die katholische Kirche stand der Reformation gegenüber und wollte diese mit allen Mitteln verhindern. Anhänger des neuen Glauben wurden als Ketzer bezeichnet und erbarmungslos verfolgt.
Das Land Italien, wie wir es heute kennen, gab es zu dieser Zeit nicht. Es bestand aus einzelnen Markgrafschaften (z.B. Saluzzo, Monferrat), einzelnen Herzogtümern (z.B. Parma, Modena und Mantua), einzelnen Fürstentümern (z.B. Massa), einzelnen Republiken (z.B. Republik Venedig, Republik Genua, Republik Florenz) und dem Kirchenstaat. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts kämpften mehrere europäische Staaten um Italien. Die Kriege um die Kontrolle über Italien waren Teil des Kampfes der europäischen Staaten um die Vorherrschaft auf dem Kontinent. Das Schicksal der Halbinsel wurde durch ein ständig wechselndes Mächtegleichgewicht bestimmt. Die vielen Kriege zermürbten Italien und dauerten bis zum Frieden von Cateau-Cambrésis im Jahr 1559 an. Spanien wurden große Teile Italiens zugesprochen und kontrollierte zudem indirekt auch den Kirchenstaat.

„Auch Italien hatte nie unter einem Banner gestanden, sondern war in etliche kleine Machtbereiche zersplittert. Anstatt gemeinsame Front gegen die zahlreichen Feinde von außen zu machen – Spanier, Franzosen, Deutsche – und ein gemeinsames Heer aufzustellen, hatten sich die heillos zerstrittenen Fürstentümer mal mit dem einen, mal mit dem anderen Gegner verbündet. Und ebenso hielt es der Papst.“

[Seite 47]

Trotz dieser Kriege und Fremdherrschaften erlebte das Land die wirtschaftliche und kulturelle Blüte der Renaissance. Zu dieser Zeit erstrahlten die italienischen Kulturmetropolen, allen voran Rom, Florenz und Venedig, weit über Italien und Europa hinaus und es entstanden viele bis heute bewunderte und beachtete Kunstwerke und Bauten. Hier ist vor allem der für die Handlung relevante Petersdom und die Deckenbemalung der Sixtinischen Kapelle von Michelangelo zu nennen.
All diese vielfältigen geschichtlichen und künstlerischen Hintergründe hat die Autorin akribisch recherchiert und erzählt Geschichte äußerst lebendig und mit viel Leidenschaft. Zudem verbindet sie die Lebensgeschichten ihrer fiktiven Figuren meisterhaft mit den historischen Ereignissen und Figuren.
Wie auch in den ersten beiden Teilen empfand ich die Beschreibungen der Malerei und Kunst sehr spannend und ich habe einiges dazugelernt und meinen Horizont erweitert. Sofonisba und ihr beachtliches Werk waren mir zuvor kein Begriff – das hat sich nun Dank dieses ausgezeichneten Romans geändert.

Die chronologisch erzählte Handlung beginnt direkt mit dem ersten Kapitel und setzt im August 1557 an. Ich war sehr schnell in der Geschichte angekommen und fühlte mich auch sehr wohl.
Zusammen mit ihrer Ortskenntnis, ihrer akribischen Recherche und ihrer bildhaften und einfühlsamen Sprache sowie lebendig gezeichneten Charakteren hat Catherine Aurel ein eindrucksvolles Lese-Erlebnis geschaffen, für welches ich mich nun am Ende dieser Rezension ganz herzlich bei der Autorin bedanke.
Und: Ich freue mich schon auf viele weiteren Bücher und bin gespannt, wo diese uns hinführen werden.

Fazit: Das Buch „Bella Donna – Die Malerin von Rom“ ist ein sehr gelungener Abschluss einer farbenprächtigen Buchreihe, welche mich seit Mai 2021 begleitet und begeistert hat. Es ist eine Geschichte, welche mein Wissen erweitert hat und mich mit vielfältigen Charakteren bestens unterhalten konnte. Sehr lesenswert!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„KaDeWe – Haus der Wünsche“

von Marie Lacrosse

[Werbung*]

Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 14. Juni 2023
Verlag: Goldmann
Ausgabe: Paperback und eBook
ISBN: 978-3-442-20639-1
Seitenanzahl: 704 Seiten
Preise: Paperback: 16€, eBook: 12,99€

https://www.penguinrandomhouse.de/Marie-Lacrosse-KaDeWe/KaDeWe-Haus-der-Wuensche-2-/aid86441_23122.rhd

Klappentext:
„Berlin Mitte der 20er Jahre: In der Stadt tobt das Leben, die Strenge des Kaiserreichs ist passé, und Frauen eröffnen sich nie dagewesene Chancen. Im KaDeWe hat sich die Verkäuferin Rieke Krause zur Abteilungsleiterin emporgearbeitet. Währenddessen macht Judith Bergmann Karriere an der Universität und ist mit einen der neuen Geschäftsführer liiert. Rieke und Judith haben noch viele Pläne. Doch dann ziehen dunkle Wolken am Horizont auf. Die neuen Machthaber versuchen, die jüdischen Eigentümer des KaDeWE aus dem Unternehmen zu drängen. Und auch auf Rieke und Judith kommen schwere Zeiten zu …“

Hinweise:
– Das Buch ist der dritte Teil der Reihe „KaDeWe. Falls ihr den ersten Teil „Haus der Träume“ noch nicht kennt und lesen möchtet, solltet ihr diese Rezension nicht lesen – Spoilergefahr!
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin und dem Goldmann Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!

– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Goldmann Verlag

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Das Buch „KaDeWe – Haus der Wünsche“ von Marie Lacrosse ist der zweite und damit abschließende Teil einer Dilogie und zeigt den weiteren Werdegang des KaDeWe in Berlin von 1927 bis 1936.

Berlin 1927: Mit viel Fleiß und Engagement hat sich Rieke vom Kassenmädchen zur Verkäuferin hochgearbeitet. Nun steht ihre Beförderung zur Leiterin einer sehr gefragten Abteilung im berühmtem KaDeWe an und Rieke wähnt sich am Ziel ihrer Träume. Auch wenn das Kaufhaus an andere Eigner verkauft wurde, hat Rieke nach wie vor mit einem missgünstigen Vorgesetzten zu kämpfen, welcher ihr alles andere als wohlgesonnen ist.
Ihre Freundin Judith Bergmann macht währenddessen an der Universität Karriere. Doch sie kann ihre Augen nicht vor der bitteren Armut verschließen, welche Berlin immer fester im Griff hat – der unermessliche Luxus im KaDeWe steht im heftigen Kontrast zu diesem Elend.
Auf den Straßen Berlins macht sich Unfriede breit, welcher von den Anhängern der NSDAP weiter befeuert wird. Viele sehen in den jüdischen Mitmenschen die Schuldigen, dabei bleibt es nicht nur bei wüsten Beschimpfungen und Beleidigungen. Auch die neuen jüdischen Eigentümer des KaDeWe stehen dem blanken Hass vieler Menschen gegenüber und sie sollen mit allen Mitteln aus dem Unternehmen gedrängt werden.
Rieke und Judith müssen schwere Entscheidungen treffen.

Marie Lacrosse ist das Pseudonym der Autorin Marita Spang – eine meiner absoluten Lieblingsautorinnen. Schon seit einigen Jahren begeistert sie mich mit ihren historischen Romanen und jede Neuerscheinung wird sehnsüchtig erwartet. Die Buchreihen um „Das Weingut“ (erschienen 2018, 2019) und „Das Kaffeehaus“ (erschienen 2020, 2021) haben mich bestens unterhalten und stehen an der Spitze meiner absoluten Lieblingsbücher.
Als sie zu Beginn des Jahres 2022 ihre neue zweiteilige Reihe über das KaDeWe ankündigte, war mein Interesse direkt geweckt. Ich durfte dieses Kaufhaus 2005 und 2008 besuchen und war beide Male von der Größe und dem immensen Angebot fasziniert. Auch wenn der ursprüngliche Bau im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, gilt das KaDeWe als das bekannteste Warenhaus in Deutschland und ist mit 60.000 Quadratmetern Verkaufsfläche eines der größten Warenhäuser in Europa.
Der Auftakt „KaDeWe-Haus der Träume“ konnte mich im Oktober 2022 mit einer erleb- und fühlbaren Atmosphäre, sowie mit starken und unvergesslichen Charakteren bestens unterhalten. Mit großer Vorfreude (und Ungeduld) habe ich die Fortsetzung erwartet.
Auch den hier vorliegenden zweiten Teil bekam ich von der Autorin über den Goldmann Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zugesendet, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Im Vordergrund des Covers befindet sich am rechten Bildrand eine Frau, welche dem Betrachter den Rücken zuwendet und mit in einem lilafarbenen Kostüm bekleidet ist. Ihr Blick geht nach links – damit wird ihr Profil sichtbar. Den Hintergrund bildet die Fassade des KaDeWe – hier stehen und laufen Menschen davor, von denen auch einige einen Blick in die Schaufenster werfen. Durch diese vielen Menschen wirkt das Cover insgesamt sehr bewegt und lebendig, vor allem aber stimmungsvoll. Auffällig ist, dass die Markisen des Gebäudes farblich zu der Kleidung der Frau im Vordergrund passen.
Ein weiterer Blickfang ist der Buchtitel und der Untertitel, welcher im unteren Bereich des Covers steht und mit zwei versetzten Quadraten umrandet wird. Der Name der Autorin befindet sich ganz oben. Zusammen mit den perfekt zueinander passenden Covern und den abgestimmten Buchtiteln hat diese Dilogie einen sehr gelungenen Wiedererkennungswert.
Das Buch ist eine sehr schön gestaltete und hochwertige Klappbroschur. Auf der vorderen Klappe ist ein stimmungsvoller Textausschnitt abgedruckt, in der Klappe befindet sich ein Bild des KaDeWe. Auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin vorgestellt, im inneren werden die beiden Teile der Dilogie gezeigt.
Der Widmung des Buches folgen drei sehr unterschiedliche Zitate von Personen aus der Zeit, in der die Handlung des Buches angesiedelt ist. Diesen Zitaten schließt sich das ausführliche Personenregister („Dramatis Personae“) an. Der Hauptteil beginnt mit einem Prolog, welcher im Januar 1927 ansetzt, und wird mit einem Epilog abgeschlossen, welcher im August 1936 spielt. Es folgen das umfangreiche Nachwort der Autorin, ein Glossar und ein Verzeichnis der wichtigsten Quellen.

Die Haupthandlung des Buches gliedert sich in vier Teile auf:

– „Teil 1: Hoffnung und Aufbruch (1927 – 1928)
– „Teil 2: Sorgen und Ängste (1929 – 1930)
– „Teil 3: Glanz und Elend (1931 – 1932)
– „Teil 4: Macht und Ohnmacht (1933 – 1934)

Zusammen mit dem Prolog und dem Epilog umfasst die gesamte und chronologisch erzählte Handlung etwa neuneinhalb Jahre.
Meiner Meinung nach ist es empfehlenswert, dass man den ersten Band der Buchreihe bereits gelesen hat, da man die Hintergründe, vor allem aber die Entwicklungen der einzelnen Figuren besser nachvollziehen kann – es ist aber nicht unbedingt erforderlich. Auch ohne Kenntnisse von „KaDeWe – Haus der Träume“ bietet dieser zweite Band ein unterhaltsames und dramatisches Lese-Erlebnis.

Ein Blick in das ausführliche Personenregister am Anfang des Buches zeigt, dass eine Vielzahl an Figuren in diesem Roman eine Rolle spielen. Viele von ihnen sind fiktiv, einige sind historische Persönlichkeiten oder diesen nachempfunden.
Judith und Rieke, zwei fiktive Frauen, welche von ihren familiären Hintergründen her nicht unterschiedlicher sein könnten und bereits aus dem ersten Band bekannt sind, stehen im Mittelpunkt der Geschichte. Sie sind beide seit ihrer Kindheit mit dem KaDeWe vertraut, kennen es aber jeweils aus völlig unterschiedlichen Blickwinkeln: Während Rieke es durch die harte Arbeit ihrer Mutter bereits im Kindesalter kennenlernt und später auch zu ihrem Arbeitsplatz wird, kann Judith durch die hochgestellte Arbeit ihres Vaters von Beginn an eher den Luxus und Glanz des Kaufhauses genießen.
Rieke ist eine äußerst hilfsbereite und sympathische Frau, welche sich durch ihren Fleiß und Engagement im KaDeWe hocharbeitet. Auch privat hat sie ihr Glück an der Seite von dem fürsorglichen Peter gefunden. Sie hat sich sehr glaubhaft weiterentwickelt und ist nach wie vor immer für andere Menschen in ihrer Umgebung da – vor allem für ihre Mutter. Auch wenn es nicht immer leicht ist, nimmt ihr Leben in die Hand und gibt sich nicht auf. Als Abteilungsleiterin ist sie eine Vorgesetzte, wie man sie sich wünscht: Sie ist immer für ihre Mitarbeiterinnen da und fällt ihnen niemals in den Rücken.
Auch Judith ist empathisch und hilfsbereit und verschließt nie die Augen vor der Armut und dem Elend in Berlin in den 1920er Jahren. Da ihr in ihrem liebevollen Elternhaus nie die Bildung verwehrt wurde, kann sie nun ihr Leben finanzieren und ist auch an der Universität als Dozentin gefragt. Doch Judith ist sich nicht sicher, ob ihr nur die Karriere als Lebensinhalt reicht. Sie wünscht sich auf der einen Seite eine eigene Familie, möchte aber auf der anderen Seite ihre Eigenständigkeit nicht aufgeben und die Karriere an den Nagel hängen. Auch Judith hat eine sehr glaubwürdige Entwicklung durchgemacht und ist, neben Rieke, eine meiner Lieblingsfiguren in dieser Buchreihe.
Auf den ersten Blick wirken Rieke und Judith völlig verschieden, sie haben aber doch viele Gemeinsamkeiten und sie eint eine tiefe und innige Freundschaft zueinander.
Neben diesen beiden Hauptfiguren stehen deren Familien: Riekes Mutter, welche nach dem Tod ihres gewalttätigen Mannes einen neuen Mann an der Seite hat, tritt in diesem Teil etwas in den Hintergrund, sie ist aber für Rieke nach wie vor ein wichtigster Bezugspunkt und Vorbild. Ihr verdankt sie einiges und so ist für Rieke klar, dass sie jetzt auch für ihre eher zurückhaltende Mutter da ist. Sanni, Riekes jüngere Schwester, setzt ihre negative Geschichte und Entwicklung aus dem ersten Band weiter fort und sorgte mit ihren Äußerungen und Ansichten des Öfteren bei mir für Kopfschütteln.
An Judiths Seite stehen ihr Vater Paul und ihre Mutter Rebekka, mit denen sie in einer herrschaftlichen Villa lebt. Auf den ersten Blick wirkt die Familie Bergmann sehr harmonisch, doch eine furchtbare Tragödie hat Spuren und Wunden in der Familie hinterlassen. Pauls loyalen Charakter und seine differenzierte Sicht auf die Dinge, mochte ich bereits im Auftakt der Reihe. Mit Rebekka hingegen wurde ich bis zum Ende der Reihe nicht richtig warm.
Eng mit der fiktiven Familie Bergmann verbunden, ist die historisch belegte Familie Tietz und deren fürchterliches Schicksal. Da es nur einige wenige Fakten über Georg und Martin Tietz sowie den Schwiegersohn Dr. Hugo Zwillenberg gibt, heißt es im Nachwort von Marie Lacrosse dazu, dass die Charaktere „daher hauptsächlich intuitiv nachgestellt“ (S. 687) sind und die „Charakterisierung der drei Geschäftsführer der Hermann Tietz OHG also eher auf […] Fantasie, als Fakten beruht.“ (S. 688). Diese intuitive Nachstellung beherrscht Marie Lacrosse wunderbar und sie hat damit sehr authentische Figuren geschaffen – vor allem Martin Tietz mit seiner sprunghaften und auch anmaßenden Art ist gut gelungen.
Um diese Figuren agieren noch einige weitere historische und fiktive Figuren. Hier ist die historische Alice Salomon zu nennen – dieser interessanten und vielschichtigen Frau hat Marie Lacrosse in ihrer Dilogie ein Denkmal gesetzt und sie und die anderen Frauen der ersten Frauenhochschule damit aus der allgemeinen Vergessenheit geholt.
Einige der zahlreichen Figuren sind bereits aus dem Auftakt der Reihe bekannt und entwickeln sich sehr lebensecht und glaubhaft weiter. Alle Figuren werden mit vielen Facetten und Emotionen realistisch zum Leben erweckt und wunderbar mit all ihren Dramen und Schicksalen miteinander verwoben. Auch wenn nicht alle Figuren sympathisch sind, bilden sie alle zusammen ein sehr authentisches Bild der Gesellschaft in den 1930er Jahren in Berlin.

Es war eine Gesellschaft der Gegensätze: Während in großen Kaufhäusern (vor allem im KaDeWe) der pure Luxus angeboten werden konnte, nahm die Armut und das Elend in weiten Teilen der Bevölkerung immer weiter zu.
Viele Familien hausten in Unterkünften, welche das Wort Wohnung nicht einmal verdienten – Schimmel, verdrecktes und untrinkbares Trinkwasser, wenig bis gar kein Tageslicht. Diese Missstände zeigt Marie Lacrosse anhand der Wohnsiedlung Meyers Hof – es fiel mir teilweise sehr schwer, diese Passagen über die heutzutage unvorstellbaren Lebensumstände zu lesen. Die Weltwirtschaftskrise war im vollen Gange. Es kam zu äußerst prekären Einkommenssituationen und die immer weiter steigende Zahl der Arbeitslosen: Lag die Zahl der Arbeitslosen im Jahr 1927 bei etwa 1 Millionen, waren im Februar 1930 bereits 3,5 Millionen Menschen ohne Arbeit. Zwei Jahre später erreichte die Krise auf dem Arbeitsmarkt ihren Höhepunkt: Über 6 Millionen Arbeitslose waren gemeldet.
All diese Umstände ließ die verheerende Saat der Nationalsozialisten auf fruchtbaren Boden fallen. Schnell wurde die NSDAP stärkste Macht und noch schneller wurden Sündenböcke für die miserable Lebensbedingungen gefunden und Feindbilder erschaffen: Die Juden. Es begann mit Beleidigungen und Beschimpfungen auf offener Straße, es folgten körperliche Angriffe und Ausgrenzungen und schlussendlich Vertreibung, Verfolgung und millionenfacher Mord.

„»Wir sind gute deutsche Staatsbürger wie Millionen andere auch«, empörte sich Judith. »Wir zahlen Steuern. Johannes hat im Weltkrieg für Deutschland gekämpft. Was haben wir verbrochen, um einen solchen Hass auf uns zu ziehen?«
»Wir dienen der gläubigen Christenheit schon immer als Sündenböcke«, pflegte ihr Vater Paul lakonisch zu antworten.“

[Kapitel 19, S. 408]

Auch die neuen Eigner des KaDeWe waren vor dieser systematischen Vertreibung nicht gefeit. Nur wenige Jahre nach der Übernahme der Geschäftsführung wurde die Familie aus der Chefetage vertrieben, das KaDeWe arisiert.
Marie Lacrosse zeigt mit ihren vielfältigen Figuren sehr anschaulich, wie dieses Gedankengut in weiten Teilen der Bevölkerung angenommen wurde, bei vielen aber auch auf strikte Ablehnung traf, zeigt aber auch die Opfer dieser Verfolgungen und Ausgrenzungen. In ihrem ausführlichen Nachwort geht die Autorin auf die vielen historischen Hintergründe ein, welche sie wieder einmal hervorragend recherchiert hat und gekonnt mit den vielen Schicksalen ihrer fiktiven und historischen Persönlichkeiten verbindet.

Mit ihrem lebendigen und detaillierten, aber niemals langatmigen Sprachstil, zog mich Marie Lacrosse sehr schnell in der Geschichte, in der ich schnell wieder angekommen war. Die Einstreuung des Berliner Akzents, die Beschreibungen und Details über der Stadt und des KaDeWe sowie die vielfältigen Menschen ließen mich das Buch wie eine Zeitreise in vergangene Zeiten empfinden und ich legte es nur ungern aus den Händen.

Ich möchte mich am Ende dieser Rezension ganz herzlich bei Marie Lacrosse für dieses mitreißende Lese-Erlebnis bedanken.

Fazit: Marie Lacrosse zieht den Leser/ die Leserin ab der ersten Seite in diese emotionale und spannende Geschichte rein, welche einen nicht mehr los lässt. Lebendiger, packender und farbenprächtiger kann dieses düstere Kapitel Deutscher Geschichte nicht erzählt werden. Ein eindrucksvoller und absolut lesenswerter Abschluss einer atemberaubender Dilogie.

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars über den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Was das Herz erträumt – Die Sternberg-Saga“

von Kristina Herzog

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 19. Juni 2023
Verlag: Selbst-Verlag
Ausgabe: Taschenbuch und eBook
ISBN: 978-3-910798-00-7
Seitenanzahl: 442 Seiten
Preise: Taschenbuch: 14,99€, eBook: 4,99€

https://www.kristinaherzog.de/was-das-herz-ertraumt/

Klappentext:
„Eine couragierte Frau, die die Zuversicht auch in dunklen Stunden nicht aufgibt.
Zürich, 1932: Die junge Jüdin Lucie ist fest entschlossen, das neue Leben nach der Flucht in die Schweiz mit Leichtigkeit zu meistern. Und das, obwohl sie ihre große Liebe Paul in Berlin zurücklassen musste. Auch Hannah, Alma und der Rest der Familie hoffen auf einen glücklichen Neuanfang. Doch das Schicksal hat einen anderen Plan und sie müssen erleben, wie zerbrechlich das Glück sein kann. Lucie leidet nicht nur unter ihrer Fernbeziehung, sie muss sich auch in der neuen Umgebung behaupten. Werden sie und ihre Familie es schaffen, die Schwierigkeiten zu überwinden und die ersehnte Freiheit in der neuen Heimat finden?“

Hinweise:
– Das Buch ist der dritte Teil der „Sternberg-Saga“. Falls ihr den ersten Teil „Was der Morgen verspricht“ und den zweiten Teil „Was die Hoffnung bringt“ noch nicht kennt und lesen möchtet, solltet ihr diese Rezension nicht lesen – Spoilergefahr!
– Das Buch habe ich freundlicherweise über die Autorin Kristina Herzog als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!

– Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Kristina Herzog Autorin

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Das Buch „Was das Herz erträumt“ von Kristina Herzog ist der dritte Teil der „Sternberg-Saga“ und erzählt, wie sich das Leben der Familie Friedländer nach der Auswanderung nach Zürich im Jahr 1932 entwickelt.

Berlin und Zürich im Jahr 1932: Nach dem die jüdische Familie Friedländer in Berlin immer mehr der Ausgrenzung und dem Hass ausgesetzt waren, wandert die Familie in die Schweiz aus. Dort findet sie in der beschaulichen Stadt Zürich ein neues und sicheres Zuhause. Sie alle hoffen auf einen Neuanfang, doch jedes Familienmitglied hat seine persönlichen Verletzungen und Wunden mit in die neue Heimat genommen.
Tochter Lucie musste ihre große Liebe Paul in Berlin zurücklassen und leidet sehr unter der Fernbeziehung. Sie ist jedoch fest entschlossen, sich nie wieder in die Opferrolle zu begeben und baut nach und nach ein riesiges Lügenkonstrukt auf, welches immer wieder droht, über ihr und der Familie einzustürzen.
Auch die anderen Mitglieder der Familie müssen leidvoll erkennen, dass das Glück eine sehr fragile Sache sein kann. Doch sie alle sind auf der Suche nach Zufriedenheit und Freiheit in der neuen Heimat.

Den ersten Teil „Was der Morgen verspricht – Die Sternberg-Saga“ bekam ich im April 2022 von der Autorin zugesendet und las diesen mit großen Vergnügen. Dieser Auftakt und auch der zweite Teil „Was die Hoffnung bringt – Die Sternberg-Saga“ konnten mich mit den starken und authentischen Charakteren, der spannenden Handlung und den akribisch recherchierten geschichtlichen Hintergründen völlig begeistern und ich war schon sehr gespannt, wie es mit den Figuren weitergehen würde Von daher musste ich nicht lange überlegen, als die Autorin anfragte, ob ich auch den hier vorliegenden dritten Teil der Reihe lesen und rezensieren möchte.
An dieser Stelle ein weiteres ganz herzliches Dankeschön an die Autorin für die Zusendung des dritten Teils und den lieben Kontakt vor, während und nach des Lesens.

Da ich das Buch vorab als eBook gelesen habe, beschreibe ich hier den Aufbau und die Ausstattung des eBooks. Gegebenenfalls weicht das Taschenbuch von der hier aufgeführten Beschreibung ab.
Das Cover des Buches zeigt ein Pärchen, welches in einen innigen Tanz vertieft ist. Die eine Hand des Mannes liegt auf dem Rücken der Frau, während die andere eine Hand der Frau hält. Der Mann hat die Augen geschlossen, die Frau dreht ihren Kopf in seine Richtung. Beide scheinen die in Nähe des jeweils anderen sehr zu genießen und es wirkt, als wären sie kurz vor einem Kuss. Der Betrachter wird Zeuge dieser intensiven und spürbaren Zweisamkeit.
Zusammen mit den perfekt zueinander passenden Covern und den abgestimmten und harmonischen Buchtiteln hat diese gesamte Buchreihe einen sehr gelungenen Wiedererkennungswert.
Der Widmung des Buches folgt das Inhaltsverzeichnis, aus dem ersichtlich wird, dass das etwa 440 Seiten starke Buch in insgesamt 43 Kapiteln gegliedert ist. Dem letzten Kapitel folgen ein Nachwort und der Teil „Über die Autorin“.
Die chronologisch erzählte Handlung beginnt direkt mit dem ersten Kapitel, setzt im Januar 1932 ein und knüpft damit unmittelbar an das Ende des zweiten Bandes „Was die Hoffnung bringt“ an – dadurch war ich sofort wieder in der Geschichte angekommen.
Es ist meiner Meinung nach empfehlenswert, dass man die ersten beiden Bände der Buchreihe bereits gelesen hat, da man die Hintergründe, vor allem aber die Entwicklungen der einzelnen Figuren besser nachvollziehen kann – es ist aber nicht unbedingt erforderlich. Auch ohne Kenntnisse der vorherigen Bände bietet dieser Band ein unterhaltsames und dramatisches Lese-Erlebnis.

Den Mittelpunkt des Romans bilden die vielen Mitglieder der Familie Friedländer und ihre vielfältigen Geschichten, sowie einige ihrer Bekannten und Verwandten.
Lucie Friedländer ist die Tochter von Hannah und Daniel – ihre Geschichte nimmt einen großen Teil der Handlung ein. Nachdem sie im zweiten Teil schon einmal ihre Heimatstadt Tübingen verlassen musste und sich mit Berlin arrangieren musste, muss sie auch in diesem Teil wieder einmal alles Liebgewonnene hinter sich lassen und sich nicht nur in einer neuen Stadt zurechtfinden – sondern auch in einem anderen Land. Die Familie wandert geschlossen nach Zürich aus, um den Ausgrenzungen und immer stärker werdenden Anfeindungen zu entkommen. Für Lucie bedeutet dieses erneut Verlust, gleichzeitig aber auch Hoffnung, noch einmal von vorne anzufangen.

„Während Lucie zu Beginn der Fahrt noch erfüllt gewesen war von der Trauer über alles, was sie zuhause, in Berlin, hatte zurücklassen müssen, wuchsen jetzt mehr und mehr ihre Vorfreude und die Neugier auf das neue Heim, die unbekannte Umgebung und das für ihre Familie hoffentlich sichere und Geborgenheit bietende neue Land, die Schweiz. Gleichzeitig vermisste sie bereits die inzwischen so vertraute Villa der Urgroßeltern, die ehemaligen Mitschülerinnen, die gewohnten Straßen und Parks, aber vor allem Paul.“
[Kapitel 1]

Lucies Art ist sehr direkt und sie hat, ähnlich wie ihre Mutter Hannah, ihren eigenen Kopf. Sie weiß, was sie sich von ihrem Leben erhofft und was sie erreichen möchte – damit schlägt sie auch immer wieder den Menschen in ihrer Umgebung vor den Kopf. Auch wenn sie eine genaue Vorstellung hat, was sie später studieren möchte, wirkt Lucie oft verloren und muss ihren Weg und vor allem ihren Platz im Leben erst noch finden und vor allem erkämpfen. Durch ein immenses Lügenkonstrukt bringt Lucie sich aber auch in Schwierigkeiten, welche sie irgendwann nicht mehr überblicken kann und sie muss einige schwierige Entscheidungen treffen. Ihr Lichtblick und ihre Hoffnung ist und bleibt hierbei die Liebe zu Paul.
Paul wirkt im Gegensatz zu Lucie immer etwas abgeklärt und zu Beginn der Handlung auch etwas kühl. Doch die Beiden verbindet die ganz große Liebe, eine Liebe, welche jedoch von Pauls Eltern nicht gerne gesehen ist. Einerseits muss er sich den Vorstellungen und Meinungen der Eltern beugen, andererseits ist er aber nicht dazu bereit, sich alles vorschreiben zu lassen und die Liebe zu Lucie dadurch zu verlieren. Seine entschlossene und hilfsbereite Art erinnerten mich manchmal sehr an Daniel, Lucies Vater.
Hannah und Daniel, die Eltern von Kurt, Ariel und Kurt, stehen auch sehr zentral in der Handlung. Auch die Beiden mussten vieles in Berlin zurücklassen, tragen aber auch viele Verletzungen mit sich herum – vor allem Hannah. Sie zweifelt immer mehr an sich und ihrem Beruf und als dann auch noch ein großer Schicksalsschlag die Familie trifft, ist für Hannah nichts mehr so, wie es einmal war.

„Grundsätzlich war sie bereit, weiterzugehen und die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Sie brauchte nur etwas Zeit, damit die schwärenden Wunden in ihrem Inneren zuheilten.“
[Kapitel 3]

Zusammen mit ihrem Ehemann Daniel bildet sie das Herzstück der Familie und den Punkt, an dem die Familie immer wieder zusammen kommt. Auch wenn Daniel eine schwere Zeit durchmachen muss und sich für seine neue Arbeitsstelle aufopfert, verbindet Daniel und Hannah eine jahrelange Liebe, welche von gegenseitigen Respekt und großer Zuwendung geprägt ist.

„Obwohl sie schon so lange verheiratet waren, freute Hannah sich noch immer, wenn sie ihn sah. Er war ihr Fels in der Brandung, ihr Freund, Vertrauter und Geliebter.“
[Kapitel 5]

Ariel und Kurt, die beiden Brüder von Lucie, nehmen mit ihren ergreifenden Schicksalen auch einen großen Teil in der Handlung ein. Die beiden Brüder sind so unterschiedlich und sind sich gleichzeitig doch ähnlich. Sie beide sind vom Leben schwer gezeichnet und müssen immer wieder mit schweren Rückschlägen zurecht kommen, beide suchen sie die Flucht vor ihren Problemen. Ich möchte an dieser Stelle nicht detaillierter darauf eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme – möchte aber auch den Tipp geben: Haltet unbedingt Taschentücher bereit.
Eine weitere Figur, welche mit ihrer dramatischen Geschichte schon in den ersten beiden Bänden sehr berührt hat ist das ehemalige Zimmermädchen Alma. Sie ist zu Hannahs besten Freundin und engsten Vertrauten geworden. Nach wie vor steht sie mit ihrer lebensfrohen und immer zuversichtlichen Art fest im Zentrum der Geschichte und bildet für alle anderen Figuren den ruhenden Pol. Doch auch bei Alma schlägt das Schicksal unerbittlich zu – hier musste ich des Öfteren schwer schlucken und das Buch immer wieder kurz zur Seite legen.
Neben diesen Figuren spielen noch einige andere Figuren mit. Sie alle konnten mich mit ihren fein gezeichneten Charakterzügen und ihren Geschichten völlig überzeugen, einige konnten mich mit ihren Handlungen auch sehr überraschen.
Kristina Herzog hat ihre fiktiven Figuren glaubhaft weiterentwickelt und auch neue Figuren geschaffen, während es gleichzeitig hieß von einigen liebgewonnen Figuren Abschied zu nehmen. Alle zusammen geben ein sehr authentisches Bild der Gesellschaft in den 1930er Jahren ab und zeigen interessante Einblicke in die damalige Denk- und Lebensweisen.

Es ist eine Gesellschaft, welche tief gespalten ist: In Deutschland haben die Nationalsozialisten die Macht an sich gerissen. Es ist eine Zeit der Ausgrenzung und Verfolgung von Andersdenkenden und Andersgläubigen. Immer mehr Menschen sehen sich gezwungen ihre Heimat zu verlassen. Zwischen 1933 und 1937 verließen insgesamt rund 130.000 Juden das nationalsozialistische Deutschland – schätzungsweise 7.000 Menschen von ihnen fanden Zuflucht in der Schweiz. Leider habe ich keine Zahlen gefunden, welche die Situation vor 1933 abbilden, also die Zeit, in der das Buch „Was das Herz erträumt“ spielt.

„Natürlich wusste sie, dass es keine Möglichkeit gegeben hatte, als ihre Heimat zu verlassen, um die Familie zu schützen, aber trotzdem hatte sie das Gefühl, hier irgendwie falsch zu sein. Und das, obwohl alle, die sie liebte und die ihr wichtig waren, ebenfalls mit nach Zürich gekommen waren. Doch das Leben in der neuen Heimat würde sich drastisch von dem unterscheiden, woran sie gewöhnt waren. Schafften es alle, sich einzugewöhnen und ihren Platz hier zu finden? Und was, wenn es nicht so war? Wenn ihnen die Schweiz trotz aller Schönheit fremd bliebe? Wo sollten sie dann hingehen? Zurück in ihr Zuhause konnten sie nicht mehr. Weder nach Tübingen noch nach Berlin.
[Kapitel 2]

Es ist mir sehr positiv aufgefallen, dass dieses Buch die Auswanderung/ Flucht und den Neuanfang einer Familie zeigt. Dieses Thema wird in vielen anderen Romanen angeschnitten und spielt oft nur am Rande eine Rolle. Hier wird das Thema Auswanderung/ Flucht sehr zentral behandelt und es wird deutlich, dass die Menschen all ihre Probleme, aber auch Verwundungen mitgenommen haben – es war ein Neuanfang – aber eben auch kein Start in ein völlig neues unbeschwertes Leben.
Diese geschichtlichen Hintergründe und Themen stellt Kristina Herzog sehr authentisch und nachvollziehbar da. Anhand den Schicksalen ihrer fiktiven Figuren wird Geschichte spür- und fühlbar.
Zusammen mit ihrem detaillierten und bildhaften Sprachstil nimmt uns Kristina Herzog mit in eine Geschichte, welche mit all ihren unterschiedlichen und mitreißenden Dramen, noch lange im Kopf und im Herzen bleiben wird. Es ist, wie auch die beiden vorherigen Bände, eine sehr ruhige Geschichte, in der es aber auch immer wieder spannende und aufwühlende Passagen gibt, die mich sehr mitreißen und ergreifen konnten – so sehr, dass ich beim Lesen des Öfteren eine Gänsehaut hatte und immer wieder mit den Tränen kämpfen musste.

Am Ende dieser Rezension möchte ich mich bei Kristina Herzog ganz herzlich für dieses unvergessliche Lese-Erlebnis bedanken. Und: Im Prinzip wäre noch Platz und Spielraum für weitere Teile dieser bewegenden Familiensaga.

Fazit: Kristina Herzog ist es vortrefflich gelungen, ihre fiktiven Figuren in den geschichtlichen Hintergrund einzubetten und miteinander zu verbinden. Auch die Tragik, Spannungen, Zerwürfnisse, Schicksalsschläge und Differenzen zwischen den Figuren waren spürbar und zogen mich schnell in die emotionale Geschichte hinein. Unbedingte Leseempfehlung!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch die Autorin, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Modemacherin von Paris“

von Mina König

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 14. Juni 2023
Verlag: Heyne
Ausgabe: Paperback und eBook
ISBN: 978-3-453-42755-6
Seitenanzahl: 400 Seiten
Preis: HC: 16,00€, eBook: 7,99€

https://www.penguinrandomhouse.de/paperback/die-modemacherin-von-paris-mit-ihren-kleidern-verzauberte-elsa-schiaparelli-die-menschen-fuer-ihr-glueck/mina-koenig/heyne/e610391.rhd

Klappentext:
1922: Als Elsa Schiaparelli mit ihrer schwerkranken Tochter nach Paris kommt, scheint ihr großer Traum endlich in greifbarer Nähe. Schon immer will sie die Welt mit ihren farbenfrohen Modeentwürfen erobern. Mit Kleidern, die mutiger und expressiver sind als je zuvor. Inspiriert von ihren Freunden, Künstlern wie Man Ray, Jean Cocteau und Pablo Picasso entwirft Elsa Kreationen, die zu wahren Kunstwerken der Moderne werden und stellt die Grande Dame Coco Chanel damit in den Schatten. Doch Elsa kämpft auch an einer anderen Front: Wird ihre Tochter je wieder gehen können? Auf einer rauschenden Party trifft sie auf den Künstler Théo, mit dem sie bald nicht nur die Leidenschaft zur Mode teilt … Hat sie in ihrem Leben noch Platz für die Liebe?

Hinweise:
Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin und dem Heyne Verlag als kostenloses und vorzeitiges Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Heyne Verlag

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Das Buch „Die Modemacherin von Paris“ von Mina König ist ein Roman, welcher in den 1920er Jahren in Paris spielt und das aufregende Leben von Elsa Schiaparelli zeigt, welche sich mit viel Mut, Ausdauer und Ideenreichtum einen Namen in der Mode- und Kunstwelt macht.

Paris 1922: Nach der Trennung von ihrem Ehemann verlässt Elsa Schiaparelli New York und kommt in Paris an. In der Weltstadt der Kunst möchte sie Fuß fassen und mit ihren farbenfrohen und expressiven Modeentwürfen die Welt erobern. Doch es ist ein hartes Pflaster und Elsa muss lernen mit teils herben Rückschlägen klar zu kommen.
Auch ihre geliebte Tochter Gogo benötigt Elsas Zuwendung und Liebe. Nach einer Infektion sitzt das kleine Mädchen im Rollstuhl und Elsa ist bereit, alles zu geben, damit ihre Tochter wieder gehen kann.
Als sie dann den Künstler Théo trifft, entflammt eine zärtliche Liebe – doch Elsa ist sich nicht sicher, ob diese Liebe noch Platz in ihrem eh schon sehr bewegten Leben hat.

Mina König ist das Pseudonym der österreichischen Autorin Emily Walton, welche mich 2021 mit „Miss Hollywood – Mary Pickford und das Jahr der Liebe“ (unter Emily Walton veröffentlicht) und 2022 mit „Mademoiselle Oppenheim“ begeistern konnte.
Als mich die Autorin fragte, ob ich ihr neues Buch „Die Modemacherin von Paris“ auch lesen und rezensieren möchte, musste ich nicht lange überlegen. Durch ihre wunderbaren Geschichten, habe ich das Gefühl, dass ich den vielen Künstlern der 1920er/ 1930er Jahre und ihren Werken näher komme und völlig in diese spannende und dramatische Kunstepoche eintauchen kann. Der Name Elsa Schiaparelli sagte mir entfernt etwas, doch ich habe mich bisher noch nicht ausgiebig mit dieser faszinierenden Frau beschäftigt – das sollte sich nun ändern.
Ich bekam das Buch freundlicherweise vom Heyne Verlag und der Autorin als vorzeitiges und kostenloses Rezensionsexemplar zusammen mit einer Postkarte zugesendet, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Das Buch ist als 400 Seiten starkes Paperback auf den Markt gekommen. Auf der vorderen Klappe befindet sich ein kurzer Abriss zum Inhalt, auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin mit einem Foto und einer kurzen Biographie vorgestellt. Die vordere und auch die hintere Klappe sind leer geblieben, was ich schade finde – hier hätte man mit Sicherheit noch einiges graphisch herausholen können, wie zum Beispiel einen Stadtplan von Paris oder etwas mit den Modeentwürfen von Elsa Schiaparelli.
Das wunderschöne und passende Cover zog sofort meine Blicke auf sich. Stilistisch erinnert es an „Mademoiselle Oppenheim“ und besitzt damit einen guten Wiedererkennungswert. Zu sehen ist eine Frau in einem rot-orangen Kleid mit einer auffallenden Schleife im Dekolletee-Bereich. Sie trägt eine zum Kleid farblich passende Kopfbedeckung und steht seitlich zum / zur Betrachter(in), welche(n) sie mit einem offenen, aber auch intensiven Blick anschaut. Ihr rechter Arm liegt um ihren Bauch, während ihr linker Arm angewinkelt ist, die Fingerspitzen berühren leicht ihre Schulter. Im Hintergrund erheben sich einige Gebäude: Links ein Café und der mittig platzierte Eiffelturm – damit wird sehr schnell klar, dass dieses Buch in Paris spielt.

Der Widmung des Buches folgt ein stimmungsvolles Zitat von Elsa Schiaparelli. Dem schließen sich der Prolog, der erzählerische Teil mit insgesamt neunzehn Kapitel, sowie der Epilog, ein Nachwort und die Danksagung der Autorin an. Ein Personenregister gibt es nicht – es hat mir auch nicht gefehlt – ich konnte den Figuren und ihren Hintergründen immer stets gut folgen.
Der Prolog des Buches setzt im Jahr 1898 in Rom an. Hier lernen wir Elsa Schiaparelli als junges Mädchen kennen, aber auch ihre Bezugsperson: Ihren Onkel Giovanni. Das erste Kapitel beginnt im Jahr 1922 in New York: Aus dem Mädchen Elsa ist eine Frau und Mutter geworden, welche zusammen mit ihrer kleinen und schwer kranken Tochter vor ihrem Ehemann nach Paris flieht. Die nächsten Kapitel kommen dann leider ohne eine Zeitangabe daher, was es mir etwas schwer machte, mich zeitlich zu orientieren – doch es gibt kleine Anhaltspunkte, wie viel Zeit vergeht. Mit dem Epilog endet das Buch im Jahr 1935 in Paris. Somit umfasst die chronologisch erzählte Gesamthandlung des Buches insgesamt 37 Jahre.

»Für mich ist Mode eben Kunst. Jedes Kleid ist ein Kunstwerk. Ich hasse es, wenn man das Entwerfen von Kleidern einem Handwerk gleichsetzt.«“
[Kapitel 3, S. 71]

Viele der Figuren in diesem Buch haben einen realen und historischen Hintergrund.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Modeschöpferin und Künstlerin Elsa Schiaparelli (10. September 1890 – 13. November 1973).
Aus ihrem Privatleben ist wenig bekannt, da sie dies stets verschlossen hielt. Um der Figur näher zu kommen, hat Mina König diesbezüglich auch Fiktion in ihren Roman mit einfließen lassen. Die historischen Fakten hat die Autorin wunderbar recherchiert und verbindet sie meisterhaft mit den fiktiven Elementen.
Elsa Schiaparelli ist eine Figur, welche mir ab der ersten Seite des Buches sympathisch war und zu einer Freundin und Verbündeten wurde. Sie gibt alles für ihren Traum, stolpert und fällt auch öfter hin – und steht doch immer wieder auf. Sie ist ein Genie und eine Künstlerin in einer Person. In einigen Situationen nimmt sie kein Blatt vor den Mund und sie brachte mich mit ihren teils unbedachten und impulsiven Äußerungen immer wieder zum Lächeln.

Es ging hier nicht um Coco Chanel oder um irgendwelche anderen Modemacher der Gegenwart oder Vergangenheit. Es ging einzig und allein um sie – um ihren Traum. Und um diesen zu verwirklichen, da war sie sich ziemlich sicher, musste sie authentisch sein.“
[Kapitel 6, S. 131]

Vor allem konnte ich ihre innere Zerrissenheit zwischen ihrer Karriere und dem Mutter-Sein sehr stark spüren. Sie gibt alles dafür, dass ihre Tochter therapiert wird, vermisst sie unendlich, versucht aber auch gleichzeitig ihre Karriere voranzutreiben, was sie aber wieder von ihrer Tochter entfernt.

Elsa blickte zwischen der Skizze des genialen Pullovers und der schlafenden Gogo hin und her und fühlte, wie ihre Bedürfnisse links und rechts an ihr zerrten. Es musste doch eine Möglichkeit geben, beides zu sein: Eine Mutter und eine Frau, die ihre Ziele verfolgte – vor allem, wenn sie so kurz davorstand, diese zu erreichen.“
[Kapitel 15, S. 304/ 305]

Mina König hat die historische Elsa Schiaparelli gekonnt zum Leben erweckt und ihre Entwicklung sehr authentisch wiedergegeben. Sie ist ein Charakter, den ich am Ende des Buches nicht gerne loslasse und an den ich mich mit Sicherheit immer wieder gerne zurück erinnere.
Neben Elsa steht ihre Tochter Gogo, welche noch ein kleines Mädchen ist, jedoch körperlich schwer krank ist. Ihre ergreifende und tragische Geschichte trieb mir immer wieder die Tränen in die Augen und ich litt sehr mit ihr mit.
Théo, der Mann an Elsas Seite ist fiktiv. Wie auch schon in „Mademoiselle Oppenheim“ ist es Mina König wieder perfekt gelungen, ihre fiktiven Figuren in den gut recherchierten geschichtlichen Hintergrund einzubetten und mit den historischen Figuren zu verbinden.
In die interessanten Lebensgeschichten der vielen historischen Persönlichkeiten der damaligen Kunstszene erlaubt uns Mina König einen interessanten Einblick. Es sind Namen, die noch bis heute vielen ein Begriff sind. Auch wenn mir nicht jeden Figur sympathisch war, konnte ich mich in jede der Figuren hineinversetzen. Zusammen bilden sie, mit all ihrer Tragik, ihren Gegensätzen, Zerwürfnissen und Differenzen, ein sehr authentisches Bild der Gesellschaft der 1920er und 1930er Jahre in Paris.

Es ist eine Gesellschaft, in welcher noch immer die Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges zu spüren. Von den fast 8,1 Millionen Franzosen im Kriegsdienst waren zwischen 1,3 und 1,5 Millionen Menschen gefallen.
Nach dem Ersten Weltkrieg erlebte Paris einige Jahre der totalen Befreiung, eine Ära des Tanzes und Vergnügens – die ‚Années folles‘ („verrückte Jahre“), welche eine unmittelbare Reaktion auf den Schrecken der Schützengräben und der erlebten Traumata war. Die Begriffe ‚Années folles‘, „Roaring Twenties“und „Goldene Zwanziger“ bezeichnen rückblickend den europäischen Überschwang der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg.
Der Lebenshunger erfasste das Nachkriegsfrankreich, die Mode war von kreativer Energie geprägt. Paris beherbergte die schöpferische und sorglose Kraft der 1920er Jahre, hier trafen sehr unterschiedliche Lebensstile aufeinander, in denen die Anziehungskraft für neue Formen der Literatur, Mode oder Architektur ihren Platz fanden.

»Sieh dich doch um, wir sind in hier in Paris, der inspirierendsten Stadt der Welt. Nirgendwo sonst pulsiert das Leben so wie hier. Nirgendwo sonst kann man so frei sein!«“
[Kapitel 16, S. 330]

Es ist eine Zeit, in der es für Frauen nicht selbstverständlich war, ein erfolgreiches Unternehmens zu gründen und zu führen – galten Frauen in der öffentlichen Wahrnehmung doch meist als Musen für männliche Künstler, als Partnerinnen im Hintergrund oder schmückendes Beiwerk. Ob von Künstlerkollegen oder vom Publikum, in der Regel wurde kaum eine Frau damals als eigenständige Künstlerin wahrgenommen. Doch es gab Ausnahmen. Und eine dieser Ausnahmen war Elsa Schiaparelli.

Frauen verdienten heutzutage vollkommene Freiheit – auch in ihrer Kleidung.“
[Kapitel 10, S. 192]

Mit ihrem Roman hat Mina König dieser begnadeten, doch etwas in Vergessenheit geratenen Künstlerin und Mode-Pionierin ein unvergessliches Denkmal gesetzt. Es ist eine Geschichte, welche im Kopf und vor allem im Herzen bleiben wird. Die ausgewogene Mischung aus Realität und Fiktion (worauf die Autorin in ihrem ausführlichen Nachwort eingeht) sowie der sehr bildhafte und detaillierte Sprachstil machen das Buch zu einer gelungenen Zeitreise in das Paris der 1920er/ 1930er Jahre.
Ich bedanke mich ganz herzlich für dieses wunderbare Lese-Erlebnis, welches meinen Horizont erweitert hat.

Fazit: Ich habe Elsa Schiaparelli ab der ersten Seite ganz fest in mein Herz geschlossen. Während des Lesens verspürte ich immer wieder eine Gänsehaut und mir stiegen die Tränen in die Augen – ein Buch und eine Geschichte, welche definitiv unvergessen bleiben. Unbedingt lesen!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Eifelfrauen – Das Haus der Füchsin“

von Brigitte Riebe

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 13. Juni 2023
Verlag: Rowohlt
Ausgabe: Hardcover und eBook
ISBN: 978-3-8052-00684
Seitenanzahl: 480 Seiten
Preis: HC: 23,00€, eBook: 17,99€
Reihe: „Eifelfrauen 01/02“

https://www.rowohlt.de/buch/brigitte-riebe-eifelfrauen-das-haus-der-fuechsin-9783805200684

Klappentext:
„Vom einfachen Leben in bewegten Zeiten.
Trier, 1920: Als die Fabrikantentochter Johanna Fuchs einen Bauernhof erbt, fällt sie aus allen Wolken. Warum hat ihr niemand aus der Familie von ihrer Tante Lisbeth erzählt, die offenbar bis zu ihrem Tod zurückgezogen im Eifeldorf Altenburg lebte? Und wieso hat sie ausgerechnet Johanna zu ihrer Alleinerbin gemacht? Als die junge Frau den Hof in Augenschein nimmt, ist sie überwältigt von dem idyllischen Fleckchen Land und beschließt gegen den Willen ihrer Eltern, dort zu bleiben. In den verwunschenen Wäldern der Umgebung fühlt sie sich geborgen, entwickelt ein Gespür für die Tiere, die hier leben. Doch dann beginnen die aufziehenden politischen Ereignisse auch das kleine Eifeldorf zu verändern, das für sie zur Heimat geworden ist …“

Hinweise:
Das Buch habe ich freundlicherweise vom Rowohlt Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
Ich habe für diese Rezension von der Autorin und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Rowohlt Verlag

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Das Buch „Eifelfrauen – Das Haus der Füchsin“ von Brigitte Riebe ist der Auftakt einer zweibändigen historischen Romanreihe, welcher in den 1920er Jahren spielt und zeigt, wie die Fabrikantentochter Johanna aus ihrem behüteten Leben ausbricht und in einem kleinen Dorf in der Eifel im Haus ihrer verstorbenen Tante ein neues Zuhause und Leben findet.

Trier im Jahr 1920: Die Fabrikantentochter Johanna führt ein völlig unbeschwertes Leben und begeht ihre Volljährigkeit, als die Feier plötzlich unterbrochen wird. Eine fremde Frau eröffnet ihr, dass sie einen Bauernhof im Eifeldorf Altenburg von ihrer erst kürzlich verstorbenen Tante Lisbeth geerbt hat. Die Lebensgeschichte von Lisbeth wurde und wird noch immer von den anderen Familienmitgliedern geheim gehalten und Johanna stößt immer wieder auf eine Mauer des Schweigens.
Gegen den Willen ihrer Eltern beschließt Johanna auf dem idyllisch gelegenen Bauernhof zu bleiben und sie beginnt, aller Schwierigkeiten zum Trotz, sich ein neues Leben aufzubauen. Sie findet unter den Dorfbewohnern Verbündete, jedoch sind ihr nicht alle wohl gesonnen.
Als die Nationalsozialisten die politische Macht an sich reißen, verändert das nicht nur Johannas gesamte familiäres Gefüge, sondern auch das kleine Eifeldorf – ihre neu gewonnene Heimat. Und als dann auch noch ein lang gehütetes Familiengeheimnis ans Licht kommt, muss Johanna sich entscheiden.

Seit dem Jahr 2009 ist Brigitte Riebe eine meiner absoluten Lieblingsautorinnen. Mit ihren vielfältigen Geschichten lehrt sie mich immer wieder Neues und versteht es auch, mich stets bestens zu unterhalten. Und: Wo Brigitte Riebe drauf steht, ist Geschichte drin – Geschichte und Geschichten zum Erleben, Staunen und Mitfühlen.
Von 2018 bis 2021 konnte sie mich mit ihrer wundervollen Buchreihe „Die Schwestern vom Ku’damm“ begeistern. Als sie dann Ende 2022 das Buch „Eifelfrauen – Das Haus der Füchsin“ ankündigte, wusste ich, dass ich dieses Buch einfach lesen muss. Nicht nur der Klappentext, sondern auch das stimmige Cover und der Buchtitel zogen mich an.
Freundlicherweise bekam ich das Buch vom Rowohlt Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt und zugesendet, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Das Buch ist ein sehr hochwertig gestaltetes Hardcover mit Lesebändchen und Schutzumschlag. Auf der vorderen Klappe des Schutzumschlages befindet sich ein kurzer Text zum Inhalt des Buches, welcher sehr ansprechend das Interesse auf die Geschichte weckt. Die hintere Klappe beinhaltet ein Bild und eine kurze Biographie der Autorin.
Das Cover, welches die Vorderseite des Schutzumschlages ziert, zeigt eine Frau, welche mit einem braunen Rock, einer dunklen Weste und einer weißen Bluse bekleidet ist und seitlich zum Betrachter auf einer Wiese steht. Ihr Blick geht nach rechts in die Ferne. Im Hintergrund sieht man einen Wald, dahinter erheben sich weitere Hügel – eine unendliche und idyllische Landschaft. Mit ihrem locker zusammen gebundenen Haaren und dem sehr zwanglos wirkenden Klamotten, welche farblich an einen Fuchs erinnern, wirkt es, als sei die Frau eins mit der Natur und ihrer Umgebung geworden. Ein Cover, welches Lust auf die Geschichte macht und stilistisch auch an die Reihe „Die Schwestern vom Ku’damm“ erinnert und somit auch einen Wiedererkennungswert bietet.
Die Landschaft des Covers zieht sich auch über den Buchrücken und über die Rückseite des Schutzumschlages, auf welcher sich die Inhaltsinformation und der Barcode, ISBN und Preis befinden.

Der Widmung des Buches folgt ein stimmungsvolles Zitat des italienischen Schriftstellers Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Dem schließt sich eine Übersicht über die wichtigsten Personen des Romans an. Nach dem erzählerischen Teil wird das Buch von einem ausführlichen Nachwort und der Danksagung der Autorin abgeschlossen.
Die Handlung des Buches beginnt mit dem Prolog, welcher kurz vor dem Zeitpunkt im ersten Kapitel ansetzt. Dieses erste Kapitel beginnt dann im April 1920, das dreizehnte und letzte Kapitel spielt von 1937 – 1938. Somit umfasst die chronologisch erzählte Gesamthandlung des Buches etwa 18 Jahre, Rückblenden werden mit Hilfe von einigen emotionalen Briefen geschaffen.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge Johanna. Sie wächst schon fast überbehütet in einer Tabakfabrikanten-Familie als jüngstes Kind und einzige Tochter auf. Die Erwartungen der Eltern an sie und ihr zukünftiges Leben sind hoch, da sie in den Gesellschaftskreisen als eine gute Partie gilt.

„«Aber ihr dürft hinaus ins Leben und eure Erfahrungen machen. Ich dagegen soll wie die Prinzessin auf der Erbse in diesem schwülen Zimmer hocken und auf den Prinzen hoffen, der mich daraus erlöst, bloß um mich dann seinerseits einzusperren […] Das will ich nicht! Das Leben in Altenburg ist einfach und manchmal ganz schön hart, aber frei. Ich muss mich täglich beweisen und lerne dabei Seiten an mir kennen, von denen ich bislang keine Ahnung hatte. […]»“
[Kapitel 4, Seiten 134/135]

Zu Beginn des Buches weiß Johanna noch gar nicht, wohin sie ihr Leben bringen soll und wo sie hin gehört. Das ändert sich mit dem unverhofften Erbe, welches sie von ihrer geheimnisvollen Tante Lisbeth zugesprochen bekommt. Plötzlich muss und will Johanna über sich hinaus wachsen, entdeckt sich und die Welt neu und findet Antworten auf viele Fragen. Dabei kann sie immer wieder auf Hilfe von ihrer Freundin und Nachbarin Kätt vertrauen, welche von Beginn an eine ihrer engsten Vertrauten wird. Doch nicht nur nimmt Johanna Hilfe an, sie gibt den Menschen in ihrer Umgebung auch viel zurück, erkennt Unrecht und handelt.
Ich mochte Johanna von Beginn an des Buches. Auch wenn sie auf den ersten Blick alles im Leben hat, wirkt sie doch ruhelos, bis sie in Altenburg ankommt und ihren Sinn im Leben und die Bindung zur Natur findet. Ihre Entwicklung ist enorm und absolut authentisch gezeichnet. Johanna ist ein ehrlicher Charakter, welcher auf jeden Fall in Erinnerung bleiben wird.

„Ich wünsche mir, dass Du Dich dabei selbst entdeckst: Deine Sehnsüchte, Deine Fähigkeiten, Deine Grenzen, die, wie ich gelernt habe, niemals festgeschrieben sind, sondern oft nur in unseren Köpfen bestehen.“
[Kapitel 5, Seite 158]

Um Johanna agieren viele weitere Personen, welche Brigitte Riebe wieder mit vielen Ecken und Kanten ausgestattet hat und mit ihnen auch große Gegensätze geschaffen hat.
Johannas Eltern leben völlig abgehoben in ihrer Villa ein luxuriöses Leben, interessieren sich für die Gefühle anderer Menschen nicht, sondern haben nur den guten Ruf der Familie im Kopf. Johannas verstorbene Tante Lisbeth und ihre Freundin Kätt sind zwei völlig andere Charaktere und bilden das Gegenteil von Johannas Eltern: Bodenständig, naturverbunden und immer für andere Menschen und Lebewesen da. Johanna steht zwischen diesen beiden grundverschiedenen Lebensentwürfen und Ansichten – und sie muss sich entscheiden.
Ich finde es sehr beeindruckend, dass es Brigitte Riebe gelungen ist, mit der bereits vor der Haupthandlung verstorbenen Lisbeth, einen so einnehmenden und unvergesslichen Charakter zu schaffen, welcher stets noch so gegenwärtig und greifbar in der Handlung ist.
Der älteste Bruder Severin ist im Ersten Weltkrieg gefallen, damit muss der zweitgeborene, jedoch stets etwas unsichere Heinrich das Familienunternehmen übernehmen. Die Zwillingsbrüder Georg und Christoph könnten unterschiedlicher nicht sein: Während Christoph ein Mensch der Sprache ist und als Journalist seine Erfüllung findet, ist Georg bei der Polizei und ein ungehobelter Klotz. Die verheerende Ideologie der Nationalsozialisten fällt bei Georg auf fruchtbaren Boden, während Christoph diese verabscheut und versucht dagegen anzuschreiben.
Eine meiner Lieblingsfiguren in diesem Buch ist, auch wenn er nur am Rande vorkommt, Jupp Sünner. Er ist der der Onkel von Heinrichs Frau Greta und brachte mich seiner humorvollen Sicht auf die Dinge immer wieder zum Lächeln.
Doch auch die anderen Figuren haben mit ihren vielfältigen und teils sehr ergreifenden Lebensgeschichten ihren Platz in der Geschichte – ich hatte so einige Male die Tränen in den Augen. Ich möchte an dieser Stelle nicht detailliert auf all die Figuren eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Brigitte Riebe ist es wieder vortrefflich gelungen, ihre fiktiven Figuren in einen hervorragend recherchierten geschichtlichen Hintergrund einzubetten und gekonnt zu verbinden. Auch die Tragik, Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren war stets fassbar und zogen mich schnell in die emotionale Geschichte hinein.

Den geschichtlichen Hintergrund bilden die Jahre von 1920 bis 1938. Nur wenige Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs klaffen die Wunden in der Gesellschaft, die von immensen Verlusten geprägt ist. Für die Sieger des Krieges war die Schuldfrage des Krieges eindeutig geklärt: In den Friedensverträgen von 1919 (Vertrag von Versailles) wurde festgelegt, dass Deutschland und seine Verbündeten die Alleinschuld am Krieg trugen. Zunächst wurde festgelegt, dass Deutschland 20 Milliarden Goldmark – dies entsprach zum damaligen Zeitpunkt über 7.000 Tonnen Gold – im Laufe der Jahre 1919, 1920 und bis einschließlich April 1921 in Raten zahlen sollte. Zudem musste Deutschland einige Gebiete abtreten, zum Beispiel ging Elsass-Lothringen an Frankreich und kleinere Grenzgebiete Schlesiens und Ostpreußens gingen an den neuen polnischen Staat. Insgesamt verlor das Reich 13 % seines vorherigen Gebietes und 10 % der Bevölkerung.
Zudem musste die provisorische Reichsregierung nach dem Waffenstillstand von Compiègne vom 11. November 1918 einwilligen, dass sich alle deutschen Truppen von der Westfront hinter den Rhein zurückziehen. Stattdessen besetzten Truppen der Siegermächte die linksrheinischen Gebiete sowie drei rechtsrheinische „Brückenköpfe“ mit je 30 Kilometer Radius um Köln, Koblenz und Mainz. Die linksrheinischen Gebiete sowie alle rechtsrheinischen Gebiete mit 50 km Abstand zum Rhein wurden zu einer entmilitarisierten Zone für jegliche deutsche Streitkräfte. Der Versailler Vertrag von 1919 wiederholte diese Bestimmungen, befristete die Anwesenheit der fremden Truppen aber auf 15 Jahre bis 1935. Zweck der Besetzung war einerseits, Frankreich Sicherheit vor einem erneuten deutschen Angriff zu verschaffen, andererseits eine Garantie für die zu erbringenden Reparationsverpflichtungen des Deutschen Reichs zu haben. Nachdem diese scheinbar erreicht worden war, wurde die Rheinlandbesetzung zum 30. Juni 1930 vorzeitig beendet.
Diese enormen politischen und gesellschaftlichen Einschnitte prägten das Leben der Menschen und sorgte dafür, dass die junge Weimarer Republik von Beginn an auf wackligen Füßen stand.
Nach der katastrophalen Hyperinflation 1923, welche eine Spätfolge des Ersten Weltkrieges war und der Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929 verlor die Weimarer Republik immer mehr den Rückhalt in weiten Teilen der Bevölkerung. Die NSDAP gewann an Macht und Einfluss, Schuldige wurden gefunden, Feindbilder erschaffen und damit Familien und Freunde auseinander getrieben und gerissen.

„Was soll aus einem Deutschen Reich werden, dem die politische Mitte fehlt? Ein Land, zerrissen zwischen links und rechts …“
[Kapitel 10, Seite 335]

Was mit Beschimpfungen und Ausgrenzungen begann, gipfelte schlussendlich in der systematischen Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten. Viele konnten noch rechtzeitig fliehen, mussten aber alles zurück lassen: Ihre Heimat, ihre Familien, ihre Vergangenheit.
Leider fiel diese verheerende Ideologie bei weiten Teilen der Gesellschaft auf fruchtbaren Boden, bei einigen jedoch macht sich auch Skepsis und vollstes Unverständnis über diese Machenschaften breit. So auch bei Gritt, der Tochter von Kätt:

„«Aber wir können doch nicht die Augen verschließen und einfach so weitermachen, wie bisher, als sei nichts geschehen. […] Denn freiwillig verlässt doch keiner sein Zuhause, weder deine Verwandten, die Nußbaums, noch Familie Wolff oder die Benders. Sie gehen, weil sie müssen, weil man sie diffamiert und bedroht hat – und kein Mensch weit und breit rebelliert dagegen. Dabei haben sie sich nichts zuschulden kommen lassen … »“
[Kapitel 13, Seite 448]

Diese vielen geschichtlichen Hintergründe hat Brigitte Riebe akribisch recherchiert und stellt diese sehr genau und nachvollziehbar dar. Es sind die Geschichten der ‚kleinen Leute‘, der normalen Bevölkerung, mit welcher sie große Geschichte erlebbar macht.
Wie in all ihren Büchern konnte mich Brigitte Riebe mit ihrem bildgewaltigen, detailliert und doch temporeichen Sprachstil wieder schnell mit in die Geschichte nehmen. Der fiktive Handlungsort und auch die fiktiven Figuren entfalten sich ab der ersten Seite und die Drehungen und Wendungen in der Handlung sorgen dafür, dass ich das Buch stellenweise nicht mehr aus den Händen legen wollte. Die 480 Seiten waren im Nu gelesen und ich bin schon sehr gespannt auf den zweiten Band der Reihe.

„«Schaut sie euch ganz genau an: Ihre Anmut, ihre Kraft, ihre Klugheit, das tragt auch ihr alles in euch. Ihr seid die Mädchen aus dem Haus der Füchsin, vergesst das niemals!»“
[Kapitel 13, Seite 450]

Am Ende dieser Rezension bedanke ich mich ganz herzlich bei Brigitte Riebe für dieses wunderbare Lese-Erlebnis.

Fazit: Diesem Buch gebe ich den Titel „Highlight“. Seit fast 14 Jahren begleiten und begeistern mich die Bücher von Brigitte Riebe. Mit „Eifelfrauen – Das Haus der Füchsin“ hat sie sich noch einmal selbst übertroffen. Brigitte Riebe nimmt uns mit in eine starke und unvergessliche Geschichte, welche mich direkt abholen und bestens unterhalten konnte. Einfach nur absolut empfehlenswert!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“

von Anne Stern

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 16. Mai 2023
Verlag: Rowohlt Polaris
Ausgabe: Klappbroschur
ISBN: 978-3-499-01088-0
Seitenanzahl: 384 Seiten
Preis: 17€

https://www.rowohlt.de/buch/anne-stern-dunkel-der-himmel-goldhell-die-melodie-9783499010880

Klappentext:
Dresden 1841: Das feierlich eröffnete königliche Hoftheater wirkt in seiner Pracht wie ein Palast für die Musik. Doch hinter den Kulissen geht es nicht weniger dramatisch zu als auf der Bühne: Die Primaballerina hütet ein tragisches Geheimnis, die Requisiteurin will ihrer Vergangenheit entfliehen, und die Kostümschneiderin hat den Glauben an wahre Leidenschaft verloren. Dennoch ist das Opernhaus für sie alle ein magischer Ort.
Auch die junge Elise Spielmann ist bei ihrem ersten Besuch verzaubert. Sie entstammt einer Musikerdynastie und träumt davon, eine gefeierte Violinistin zu werden. Als sie dem talentierten Malergehilfen Christian Hildebrand begegnet, entspinnt sich eine zarte Bindung zwischen ihnen – in größter Heimlichkeit und gegen alle Konventionen.
Währenddessen ziehen sich im ganzen Land revolutionäre Kräfte zusammen. Doch vor dem sich verdunkelnden Himmel strahlen die Liebe und die Musik umso heller.“


Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin und vom Rowohlt Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Rowohlt Verlag

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Das Buch „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ von Anne Stern ist der Auftakt einer historischen Roman-Reihe, welche in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Dresden spielt und einen Blick hinter die Kulissen der glamourösen Semperoper wirft.

Dresden im Jahr 1841: Die junge Elise Spielmann ist bei ihrem ersten Besuch der berühmten Semperoper in Dresden wie verzaubert von der Pracht des Gebäudes, vor allem aber von der Musik, welche sie in andere Welten entführt. Seit frühster Kindheit spielt sie Violine und sie wünscht sich nichts sehnlicher, als eines Tages auch auf einer Bühne zu stehen und das Publikum mit ihrer Musik zu begeistern. Doch ihr Vater hat andere Pläne und arrangiert eine Hochzeit mit seinem undurchsichtigen und einflussreichen Bekannten Adam Jacob. Elise weiß, dass sie sich den Wünschen ihrer Eltern fügen muss, da ansonsten vieles, vor allem die Karriere ihres Vaters bedroht ist. Als sie jedoch den jungen Malergehilfen Christian kennen lernt, läuft sie Gefahr alle Planungen und die Vernunft zu verwerfen.
Währenddessen werden im gesamten Deutschen Bund die Stimmen nach einer großen Revolution immer größer – Stimmen die auch bei Christian und seinen Freunden Gehör finden.

Anne Stern gehört seit vielen Jahren zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen. Ich lese ihre vielfältigen Geschichten sehr gerne und vor allem mit der Reihe um die „Hebamme Hulda Gold“ hat sie sich in meine Leseherz geschrieben. Wann immer sie eine Neuerscheinung ankündigt, weiß ich, dass ich diese auch direkt lesen möchte – so auch bei „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“.
Das Buch bekam ich freundlicherweise vom Rowohlt Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zugesendet, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Die Ausgabeart des Buches ist eine sehr hochwertig gestaltete Klappbroschur: Auf der vorderen Klappe befindet sich ein Textausschnitt, welcher direkt sehr neugierig auf die Geschichte macht. In der vorderen Klappe befindet sich ein Kartenausschnitt des Dresden im Jahr 1841 – ich liebe solch wunderbares Kartenmaterial in Büchern. Auf der hinteren Klappe wir die sympathische Autorin mit einer kurzen Biographie und einem Foto vorgestellt, im Inneren gibt es eine historische Illustration der Semperoper in Dresden.
Zum Cover muss ich sagen, dass es mich nicht abgeholt hat, da es auf mich etwas zu modern wirkt und nicht wirklich zur Geschichte passen mag. Doch das ist Geschmackssache und wichtiger als das Cover ist für mich immer der Inhalt. Und immerhin kann man sagen, dass der Rowohlt Verlag etwas Neues gewagt hat, weg von der Rückansicht einer Frau vor einem Gebäude/ einer Landschaft.
Zu sehen ist das angeschnittene Profil einer jungen Frau mit einer schwarzen Kopfbedeckung auf ihrem kurzen goldblonden Haaren. Mit ihrem durchdringenden Blick fängt sie direkt den Blick des Betrachters auf. Allerdings handelt es sich nicht um ein Foto, sondern es wirkt wie ein am Computer illustriertes Gesicht – wahrscheinlich ist es das der Grund, warum es auf mich zu modern und auch unecht wirkt. Der wunderschöne und klangvolle Titel des Buches steht in einem glänzenden rosé-golden Kreis, welcher sich im linken oberen Bereich des Covers befindet.

Der Prolog des Buches beginnt im Jahr 1820, das erste Kapitel setzt dann im April 1841 an. Insgesamt 39 Kapitel beinhaltet das Buch, es folgt ein Epilog, ein ausführliches Nachwort, der Dank der Autorin und eine Übersicht über das literarische Werk von Anne Stern.
Die Handlung des Buches wird chronologisch erzählt und beinhaltet immer wieder einzelne Kapitel, welche aus Zeitungsberichten oder Briefen bestehen – dies sorgte für eine zusätzliche Authentizität des gesamten Textes. Inklusive des Prologs und des Epilogs umfasst der gesamte Zeitraum etwa 24 Jahre, ohne Prolog und Epilog circa neun Monate.
Dadurch, dass die Ereignisse des Romans zusammenhängend und aufeinanderfolgend erzählt werden, konnte ich mich von Anfang an perfekt in die Geschichte einfinden und auch den vielen und vielfältigen Figuren stets gut folgen. Zudem hat mir gefallen, dass über jedem Kapitel eine Datumsangabe und der Handlungsort stehen, was für eine gute zeitliche und räumliche Orientierung sorgte.
Anne Stern hat eine so ausdrucksstarke, bildhafte und poetische Sprache, mit der sie mich direkt in die Geschichte mitgenommen hat. Sie beschreibt kleine Begebenheiten am Rande, doch genau diese Beschreibungen füllen das Buch mit Leben und vor allem entsteht eine einnehmenden Atmosphäre.

„Der Sommer hatte mit weichen Händen
nach dem Land gegriffen und schickte seine sanften Winde, damit sie über die Wasser der Elbe strichen und die Baumkronen der Erlen und Linden zausten. Sie trieben ihr Spiel mit den Zweigen und grünen Blättchen der Bäume, die die Elbwiesen säumten, und blähten die weißen Segel der Schiffe ebenso wie die weiten Röcke der Frauen, die über die Augustusbrücke spazierten.“

[S. 156, Z. 01 – 07]

Dies alles – die gut zu verfolgende Handlung und die poetische Sprache – sorgten dafür, dass ich völlig in die Geschichte eintauchen konnte und die 384 Seiten so dahin flogen. Es sind viele kleine und größere Geschichten, welche sich schlussendlich zu einer großen Geschichte vereinen.

Auch die vielfältigen Figuren sorgen für ein großes Lesevergnügen. Allerdings muss ich auch bei diesem Buch wieder ein fehlendes Personenregister bemängeln, da mir nicht ganz klar ist, welche Figuren historisch und welche fiktiv sind.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge Elise Spielmann. Sie hat das Talent ihres Vaters geerbt und lebt für das Spiel auf ihrer Violine und für die Musik. Doch als Frau hat sie im Jahr 1841 schlechte Chancen, sich als Musikerin auf der Bühne einen Namen zu machen, da es als ungehörig und unweiblich gilt, wenn eine Frau in der Öffentlichkeit ein Instrument spielt.
Elise hat ihr Herz am rechten Fleck und ist auf den ersten Blick ein sehr gefühlsbetonter Mensch, doch schlussendlich siegt ihr Verstand, ihr Kopf über ihre Gefühle und Empfindungen.

„So war sie, so war sie schon immer gewesen. Sie war keine Frau, die ihre Empfindungen über alles stellte. Am Ende übernahm ihr Kopf die Führung.“

[S. 247, Z. 8 – 10]

Ich mochte Elises ehrlichen Charakter sehr schnell, konnte auch ihrer inneren Zerrissenheit gut nachfüllen – auch wenn man sich in der heutigen Zeit kaum vorstellen kann, wie damals über die Frauen und ihr Leben bestimmt wurde – wie wenig Chancen und Möglichkeiten sie hatten.
Elises Familienmitglieder sind äußerst vielfältige Charaktere und bei dem/ der ein oder anderen wird es auf jeden Fall noch spannend, wie sie sich in den nächsten Bänden weiterentwickeln werden und welchen Weg sie einschlagen werden – vor allem Elises unterschiedliche Geschwister Eduard, Dorothea und Barbara.
Besonders hervorzuheben ist Elises Mutter Amalie: Eigentlich hat sie alles im Leben, was man sich wünschen kann: Einen liebenden Ehemann, vier gesunde Kinder und ein geerbtes Vermögen. Allerdings drückt sie das Gefühl, dass sie etwas in ihrem Leben verpasst hat, nicht mehr gebraucht wird – oft wünscht und träumt sie sich in die Vergangenheit zurück, kommt mit dem Hier und Jetzt einfach nicht klar. Die Schwermut zwingt sie immer wieder in die Knie.
Elises Vater ist ein etwas schwieriger Charakter: Er möchte seinen Traumberuf an der Oper bekommen und ist dafür auch bereit, seine Tochter Elise einem einflussreichen doch auch zweifelhaften Bekannten Adam Jacob zur Frau zu geben. Einerseits schätzt und fördert er Elises musikalisches Talent, andererseits hätte er gerne, dass sein Sohn Eduard dieses Talent besitzt.
Neben Elise steht der Malergehilfe Christian im Mittelpunkt der Geschichte. Er ist eine sehr interessante und vielschichtige Figur und hat in seinem jungen Leben, zusammen mit seiner Schwester schon einiges durchmachen müssen. Ich mochte seine teils etwas unbeholfene, aber doch auch starke und entschlossene Art, welche mich sehr für ihn und seine Geschichte einnehmen konnte.
Neben diesen Hauptfiguren spielen noch eine Vielzahl weiterer Figuren in diesem Buch eine Rolle. Ich möchte auf diese nicht detailliert eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme. Diese zahlreichen Figuren hat Anne Stern sehr verschiedenartig, lebensecht und interessant dargestellt, mitunter konnten mich einige mit ihren Taten, Gedanken und Entwicklungen sehr überraschen. Sie zeigt mit ihren Figuren ein gutes Bild der damaligen Gesellschaft – den Denkweisen und strengen Konventionen zu jener Zeit.

Es war eine Zeit und eine Gesellschaft, in der Frauen weit unter dem Mann standen, sich nur äußerst selten selbst und beruflich verwirklichen konnten und eine außereheliche Beziehung den gesellschaftlichen Ausschluss und persönlichen Niedergang der Frau besiegelten.
Aber auch politisch war die Gesellschaft in großer Aufruhr. Es begann mit dem Wiener Kongress, welcher von November 1814 bis Juni 1815 in Wien stattfand. Dabei handelte es sich um einen Friedenskongress der europäischen Herrscher, bei dem über die Zukunft Europas nach dem Ende der napoleonischen Vorherrschaft entschieden wurde. Das Ziel war unter anderem eine territoriale Neuordnung Europas und die politische Restauration.
Bei der Zuteilung neuer Territorien war eine klare Linie festzustellen: territoriale und politische Ausweitung Preußens und Österreich und Neuordnung der zahllosen deutschen Kleinstaaten. Diese etwa 350 deutschen Kleinstaaten wurden in nun mehr 35 Fürstenstaaten und vier Freistädte in den Deutschen Bund zusammengefasst. Dies war fernab von der Wunschvorstellung vieler Menschen eines geeinten Deutschlands.
Dadurch das eine Hälfte des Königreichs Sachsen an Preußen ging, wurde das Königreich Sachsen praktisch halbiert. Dresden war die Hauptstadt des um die Hälfte geschrumpften Königreichs. In der Bevölkerung machte sich darüber großer Unfrieden breit, welcher auch noch Jahre später, also auch in der Zeit, in der das Buch spielt, zu spüren ist.
Einer der bedeutendsten Verfechter der politischen Restauration war der österreichische Kanzler Metternich. Diese Politik der Restauration, sollte innenpolitisch und zwischenstaatlich die politischen Machtverhältnisse in Europa wieder herstellen, wie sie vor der Französischen Revolution 1789 geherrscht hatten – also die Vorherrschaft des Adels und die Wiederherstellung seiner Privilegien. Durch die Industrialisierung wuchs eine neue Bevölkerungsschicht, das Proletariat (die abhängig beschäftige Arbeiterklasse) rasch an Die Arbeits- und Lebensbedingungen in den Industriebetrieben und deren Umfeld waren im 19. Jahrhundert in der Regel katastrophal. Die meisten Arbeiter lebten in den Ghettos und Slums der Städte am Rande des Existenzminimums oder oft auch darunter und waren von Arbeitslosigkeit bedroht und ohne jegliche soziale Absicherung.
Diese gesellschaftlichen und politischen Umstände werden von den verschiedenen Charakteren in Anne Sterns Buch immer wieder angesprochen und diskutiert, es zeigt sich bei vielen Figuren ein großer Unfriede über diese Zustände.
Der Autorin gelingt es diese geschichtlichen, gesellschaftlichen und politischen Themen in ihre spannende Handlung einzuweben und mit den Schicksalen und Lebensgeschichten ihrer Figuren zu verbinden. Außerdem bleibt es spannend, wie sich dieser große Unfriede in großen Teilen der Bevölkerung in den weiteren Bänden der Buchreihe entwickeln wird.

Auch die Geschichte der Stadt Dresden, vor allem die Geschichte, Entstehung und Nutzung der Semperoper lässt Anne Stern vor den Augen des Lesers lebendig werden.
Ich war im Jahr 2008 in dieser wunderschönen Stadt, konnte die Semperoper von innen nicht besichtigen. Durch den Roman wurde mir die Geschichte dieses kultur- und geschichtsträchtigen Ortes erst richtig bewusst und auch, was sich für Dramen hinter dieser prunkvollen Fassade abspielten.

Neben den akribisch recherchierten gesellschaftlichen und geschichtlichen Themen stellt das Buch „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ von Anne Stern die Macht und die Kraft der Musik in den Fokus.

„Die Musik war mächtig, sie war mächtiger als alles andere. Mächtiger als Bilder, als Worte, ja mehr als die Liebe selbst, das wusste Amalie nur zu gut. Die Musik konnte aus einem Funken ein flammendes Feuer entzünde, konnte die Menschen täuschen, sie wie ein Irrlicht vom Weg abbringen, sie gefangen nehmen und sogar verrückt werden lassen. Denn die Musik brachte die verletzlichsten, die tiefsten und geheimsten Stellen in den Menschen zum Vorschein […]

[S. 116, Z. 31 – 33, S. 117, Z. 01 – 05]

Das immense Wissen über verschiedene Stücke der klassischen Musik, Opern, deren Entstehung und Handlung, welches Anne Stern in ihren Roman mit einfließen lässt, konnte sie mich ebenfalls sehr begeistern. Während des Lesens ließ ich einige der genannten Stücke im Hintergrund laufen – das sorgte noch einmal mehr für einen hohen und intensiven Lesegenuss.
Zum Ende dieser Rezension möchte ich mich bei Anne Stern für diesen mitreißenden und unvergesslichen Roman bedanken. Ich bin sehr gespannt, wie es mit dieser Buchreihe und den vielen Figuren weiter gehen wird.

Fazit: Mit „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ ist Anne Stern ein sehr starker und authentischer Reihen-Auftakt gelungen. Die vielseitigen Figuren, die perfekt recherchierten geschichtlichen Hintergründe und der wunderbare poetische Sprachstil sorgten für ein rundum gelungenes Lese-Erlebnis. Absolute Leseempfehlung!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Die Trostbriefschreiberin“

von Michael Paul

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungstermin: Mai 2023
Verlag: Bunte Hunde
Ausgabe: Hardcover & eBook
ISBN: 978-3-947081-11-0
Seitenanzahl: 352 Seiten
Preis: 22,00€
https://www.michael-paul.eu/bücher/

Klappentext:
Als die Freiburger Reporterin Mel Burger den Auftrag erhält, in ein aufgelöstes Kloster in der Eifel zu fahren, ahnt sie nicht, was sie damit auslöst. Die 99-jährige, sehr angesehene und beliebte ehemalige Priorin weigert sich, als Letzte das Kloster zu verlassen. Niemand weiß, warum.
Als der Investor eine Millionenspende für die klamme Stadt auslobt, überschlagen sich die Ereignisse. Während die Bürger vor dem Kloster demonstrieren, erzählt die Nonne Mel Burger ihr Leben. Aber es gibt ein schreckliches, dunkles Geheimnis im Lebenslauf der Nonne. Was hat sie 1940 gemacht, über das sie nicht sprechen will?
Nach dem Erfolg von „Versteckt im Schwarzwald“ greift Michael Paul in diesem packenden Roman das Thema Schuld aus verschiedenen Perspektiven auf, auch wenn diese mehr als 80 Jahre zurückliegt.“

Hinweise:
-Das Buch habe ich freundlicherweise über den Autor Michael Paul als vorzeitiges und kostenloses Rezensionsexemplar (eBook) zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension vom Autor keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
Da ich dieses Buch als eBook gelesen habe, werden die angegebenen Zitate nicht mit einer Seitenzahl versehen.

Coverrechte: Michael Paul

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Das Buch „Die Trostbriefschreiberin“ von Michael Paul ist ein Roman, welcher größtenteils im Jahr 2022 spielt und das Thema und die Frage der Schuld in den Fokus stellt.

Nach einem schweren Schicksalsschlag hat die Reporterin Mel Burger ihrer Heimatstadt Freiburg den Rücken gekehrt und lebt und arbeitet in Köln. Ihr Schwerpunkt liegt in der Lokalredaktion, eine Arbeit, welche sie nur mäßig begeistert. Doch dann erhält Mel den Auftrag in ein aufgelöstes Kloster in der Eifel zu fahren und dort eine 99jährige ehemalige Priorin zu interviewen. Diese weigert sich vehement das aufgelöste Kloster zu verlassen. Niemand weiß warum, die Priorin lässt bisher niemanden an sich und ihre Lebensgeschichte heran.
Mel schafft es, dass Vertrauen der im Ort angesehenen und beliebten ehemaligen Priorin zu gewinnen und bekommt Einblicke in ein Leben, welches von einem schrecklichen und dunklen Geheimnis überschattet wird. Doch als der Investor, welcher das Kloster zu einem Luxushotel umbauen will, eine Millionenspende für den Ort in Aussicht stellt, überschlagen sich die Ereignisse.

Nachdem ich die Bücher „Wimmerholz“, „Das Haus der Bücher“ und „Versteckt im Schwarzwald“ gelesen hatte und diese mich sehr beeindruckt hatten, freute ich mich auf das neue Buch von Michael Paul. Er schreibt sehr präzise und lebendige Bücher gegen das Vergessen, welche mir noch immer im Gedächtnis sind.
Das Buch „Die Trostbriefschreiberin“ erhielt ich vom Autor als vorzeitiges Rezensionsexemplar, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Da ich das eBook gelesen habe, kann ich in dieser Rezension das Hardcover nicht beschreiben – aber eines ist klar: Wie auch die anderen historischen Romane von Michael Paul, wird auch dieses als gebundenes Buch den Weg in mein Regal finden. Das sind Bücher, die ich einfach besitzen muss.
Das stimmungsvolle Cover zeigt eine Person im Habit, welche mir nach vorne verschränkten Armen mit dem Rücken zum Betrachter steht. Sie steht vor einem Fenster, welches aus mehreren Teilen zusammengesetzt ist und mit der nach oben spitz förmig zusammenlaufenden Form an ein gotisches Kirchenfenster erinnert. Die Verdunklungen sind geöffnet und die Person steht im hellen Tageslicht, in welches sie schaut. Jedoch scheinen vor den Fenstern Gitter zu sein. Sie schaut in eine Welt, aus der sie ausgesperrt ist.
Das Buch beginnt mit einem Gedanken von Dietrich Bonhoeffer (geb. 1906, ermordet 1945), dann folgt ein Vorwort von Kurt Schrimm (leitendet Oberstaatsanwald a.D.). Mit dem Prolog des Buches befinden wir uns im Jahr 1940 in Mosbach. Dieser Prolog trieb mir schon direkt die Tränen in die Augen und ich musste schwer schlucken. Das erste Kapitel setzt dann im Jahr 2022 an und der Leser/ die Leserin lernt die junge Reporterin Mel, ihren Chef, den Erzabt und einen Cellerar kennen. Die weiteren 17 Kapitel, spielen größtenteils im Jahr 2022, gehen aber auch zeitlich zurück in die 1930er und 1940er Jahre. Das Nachwort ist dann das ‚Vorwort zum Schluss‘ und wird dann mit einem informativen, eindringlichen und erschreckenden Bericht zu „Grafeneck 1940 – »Euthanasie«-Verbrechen in Baden und Württemberg“ von Thomas Stöckle (Historiker und Politologe) ergänzt. Es folgen Angaben zum Autor, die Danksagungen und eine Übersicht über die bisherigen Werke von Michael Paul.

Mel, die junge Reporterin, ist eine der Figuren, welche im Mittelpunkt der Geschichte stehen. Nach einem schweren Schicksalsschlag lässt sie ihr Leben und ihre Karriere in Freiburg hinter sich und fängt in Köln ein neues, einfacheres Leben an. Doch sie kann ihre Vergangenheit nicht gänzlich hinter sich lassen und wird auch immer wieder von dieser eingeholt. Auch wenn sie mitunter sehr taff wirkt, ist sie doch sehr vom Leben gezeichnet und hat Ängste und Schwächen, welche sie sich auch eingesteht. Dazu verfolgt sie ein unerträgliches Schuldgefühl, welches sie immer wieder aus der Bahn wirft. Somit ist dieser Auftrag ins Kloster zu gehen für Mel auch eine Art des Heilungsprozesses. Sie muss sich nun sich selbst und ihren Gefühlen stellen. Mels ehrlicher Charakter und ihre sehr authentische und dramatische Lebensgeschichte konnten mich sehr schnell überzeugen und in den Bann ziehen.
Neben Mel steht die ehemalige Priorin Schwester Scholastika im Zentrum der Handlung. Mit ihren 99 Jahren hat sie in ihrem Leben schon vieles erlebt, gesehen und durchgemacht. Zu Beginn des Buches wirkt sie mit sich und ihrem Leben im Kloster sehr beherrscht und zufrieden. Es wird aber schnell klar, dass sie etwas zu verbergen versucht und damit eine Last und ein Geheimnis mit sich trägt, welches schwer auf ihr lastet. Diesem Geheimnis und dieser Bürde möchte Mel auf die Schliche kommen. Schwester Scholastika hat sich in ihrem Leben noch keinem Menschen geöffnet, Mel findet einen Zugang zu ihr und ihrem Geheimnis.

„Kathrin hatte recht gehabt, Schwester Scholastika war eine außergewöhnliche Frau. Und sie trug ganz sicher mehr als nur ein Geheimnis in sich, das es wert war, angemessen erzählt zu werden.“

[Kapitel 4]

Es ist zu Beginn auch für die Leser/ Leserinnen völlig undurchsichtig, wie und warum Schwester Scholastika nicht aus dem Kloster ausziehen möchte. Ihre Lebensgeschichte enthüllt sich erst im Laufe der Handlung Stück für Stück.
Neben Mel und Schwester Scholastika gibt es noch einige weitere fiktive Figuren in diesem Roman, welche aber eher am Rande stehen – trotzdem aber für den Fortgang der Geschichte immens wichtig sind. Hier sind zum Beispiel Kathrin und ihr Mann Stefan zu nennen, welche sich ganz rührend um Schwester Scholastika kümmern. Mels Chef Joe ist ein mitunter knallharter Vorgesetzter, agiert sehr impulsiv, ist aber trotzdem für Mel da. Aber auch die weiteren Charaktere wie der Erzabt Christian, der Cellerar Johannes, der Investor Konradi und der Bürgermeister Wittkamp konnten mich mit ihren äußerst lebensechten Darstellungen überzeugen. Sie alle haben ihre Ecken und Kanten und vieles aus ihrer Lebensgeschichte offenbart sich erst im Laufe der Handlung. Dies sorgt für einen guten Lesefluss, da man einfach wissen will und muss, wie und warum es so gekommen ist und wie es weitergeht.

Michael Paul hat einen sehr eindrücklichen, lebendigen und detaillierten Sprachstil, welcher nie langatmig wird und mich, wie bereits in seinen vorherigen Romanen, sofort mit in die Handlung genommen hat. Aber auch seine bildhaften Beschreibungen des leerstehenden Klosters sorgten bei mir für die oder andere Gänsehautmomente und ich konnte mir die Handlungsorte sehr gut vorstellen.

„Gespenstisch kam es ihr vor. Das gesamte Kloster, ein riesiges Gebäude, oder besser eine Ansammlung von mehreren zusammenstehenden Gebäuden, stand komplett leer, nur hier in den Zimmern war so eingerichtet, als hätte sich die letzten mindestens fünfzig Jahre nicht verändert. Steven King hätte an der Kulisse für »Shining 2« seine wahre Freude, war sich Mel sicher und verspürte ein Unwohlsein.“

[Kapitel 4]

Was ich als sehr gelungen empfand, waren auch die wiedergegeben Einblicke in das Klosterleben. Der Autor hat einige Zeit im Kloster Maria Hilf in Bühl/ Baden verbracht und dort den größten Teil seines Romans verfasst. Für viele Menschen ist ein Kloster und das Leben darin völlig aus der Zeit gefallen, weshalb auch immer mehr Klöster geschlossen werden müssen. Jedoch würden mit einem Wegfall dieser Einrichtungen ein einzigartiger Teil unserer Kultur verloren gehen.

„Ein Kloster war eine Kommune, eine eigene Art der Gesellschaftsform, eine eigene Lebensrealität, abseits der Welt, außerhalb der Klostermauern. Ein Leben in Bescheidenheit und Demut, weitab von Ehrgeiz und Karrieredenken, Hektik und Stress, in Bedeutungslosigkeit von Geld und Statussymbolen. Was auf den ersten Blick wie ein Verlust von Freiheit aussah, war in Wirklichkeit vielleicht genau das Gegenteil, eine Befreiung. Schwester Scholastika hatte mit ihrem Gang ins Kloster ihre Freiheit nicht aufgegeben, sie hatte eine neue, geschützte Freiheit gewählt.“
[Kapitel 7]

Den geschichtlichen Hintergrund bildet das Jahr 1940 und die damit beginnenden Krankenmorde in der Zeit des Nationalsozialismus. Diese systematischen Morde kosteten von 1933 bis 1945 etwa 216.000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen das Leben.
Allein in der Tötungsanstalt Grafeneck (im heutigen Baden-Württemberg) wurden 10.654 Menschen mit Behinderung ermordet. Diese Zahlen machen mich immer wieder fassungslos, da sich hinter diesen Zahlen Menschen befinden. Menschen mit Gefühlen, Gedanken und Geschichten. Michael Paul greift hier ein Thema auf, welches immer wieder für enormen Zwiespalt sorgt: Ab wann ist ein Mensch mitschuldig an diesen Taten? Hat man als reine Schreibkraft eine Mitschuld an tausenden Toten? Hätte man diese Tötungen verhindern können?

„»Zuletzt wurden Wachleute, denen keine direkte Tat nachgewiesen werden konnte, trotzdem wegen Beihilfe zum Mord angeklagt und verurteilt. Der letzte Fall liegt noch nicht so lange zurück. Und die Angeklagten sind mittlerweile alle über fünfundneunzig Jahre alt. Aber welches Rad soll ich aus der Uhr nehmen? Läuft sie nur richtig wegen der großen Rädchen? Die kleinen winzigen Zahnrädchen oder Federn sind ebenso notwendig, damit das Uhrwerk präzise funktioniert, oder?«“

[Kapitel 14]

Diese Frage wird von dem Autor nicht vorgebend beantwortet, sondern es wird dem Leser/ der Leserin selbst überlassen, diese Antwort für sich selbst zu beantworten. Immer wieder legte ich das Buch zur Seite und fragte mich: „Schuldig oder unschuldig?“ und „Wie hätte ich mich in dieser Zeit verhalten?“
Die geschichtlichen Hintergründe und Themen stellt Michael Paul völlig ungeschönt da und verbindet diese Fakten gekonnt mit den Geschichten und Lebensgeschichten seiner fiktiven Charaktere.
Sehr interessant, aber auch erschreckend empfand ich die Darstellung, wie schnell die Medien dabei sind, die die Menschen mit teilweise ungesicherten Informationen aufzuschrecken und auch gegeneinander aufzubringen.

Zum Schluss dieser Rezension möchte ich mich ganz herzlich bei Michael Paul für dieses intensive, berührende aber auch stellenweise sehr bedrückende Leseerlebnis bedanken. All seine Bücher sind etwas Besonderes … dieses Buch ist etwas ganz besonders Besonderes. Vielen Dank.

Fazit: Was für eine Geschichte – ich bin mir sicher, dass diese mich noch lange nach Beendigung des Buches beschäftigen und begleiten wird. Es ist ein Buch, welches zum Nachdenken anregt und gleichzeitig bestens und spannend unterhält. Ein absolutes Highlight – unbedingt lesen!

*Ich habe für diese Rezension vom Verlag Autor keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.