„Die Schwarzen Musketiere – Das Buch der Nacht“

von Oliver Pötzsch

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 23. Mai 2023
Verlag: Lago
Ausgaben: Hardcover
ISBN: 978-3-95761-227-4
Seitenanzahl: 320 Seiten
Preis: 14,00€

Homepage:
https://www.m-vg.de/lago/shop/article/24082-die-schwarzen-musketiere/

Klappentext:
„Als Lukas’ Mutter als Hexe angeklagt wird und sein Vater beim Versuch, sie zu retten, stirbt, ändert sich alles. Während Lukas vor dem Inquisitor Waldemar von Schönborn fliehen kann, bleibt seine kleine Schwester Elsa zurück. Auf sich allein gestellt, hat der junge Grafensohn nur noch ein Ziel: seine Schwester zu finden und Schönborn zur Rechenschaft zu ziehen.
Doch was kann ein einzelner Junge gegen einen mächtigen Inquisitor ausrichten?
Auf dem Weg durch das vom Dreißigjährigen Krieg zerstörte Deutschland findet Lukas gute Freunde und ein neues Ziel: Vielleicht kann ihm die sagenhafte Fechttruppe seines Vaters helfen – die Schwarzen Musketiere. Doch um die mutigste Kampftruppe Wallensteins zu finden, müssen sie direkt an die vorderste Kriegslinie …“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Lago Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension vom Autor und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Die Schwarzen Musketiere – Das Buch der Nacht“ ist ein Fantasyroman mit historischen Hintergrund, spielt zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges und ist der Auftakt einer dreibändigen Buchreihe.

Eigentlich sollte sein Geburtstag ein schöner und unbeschwerter Tag werden, doch es kommt alles anders und das Schicksal schlägt erbarmungslos zu und verändert das Leben des 13 jährigen Lukas für immer:
Seine Mutter wird vom Inquisitor Waldemar von Schönborn als Hexe angeklagt und verhaftet. Bei dem Versuch, ihr zur Seite zu stehen, stirbt der Vater. Lukas kann im letzten Augenblick fliehen, seine Schwester hingegen nicht – sie verbleibt beim Inquisitor.
Völlig auf sich alleine gestellt, muss Lukas schauen, wie er in einer Welt zurecht kommt, welche durch den Dreißigjährigen Krieg komplett aus den Fugen geraten ist.
Doch er findet Freunde, und auch eine Spur, welche zu einer ehemaligen Fechtgruppe seines Vaters führt: Die Schwarzen Musketiere. Doch der Weg zu dieser Gruppe führt in mitten ins Kriegsgetümmel.

„Einer für alle, alle für einen.“

Oliver Pötzsch und seine Bücher sind schon seit vielen Jahren ein fester Bestandteil in meiner Büchersammlung. Mit seiner Reihe um „Die Henkerstochter“ hat er sich zu einer festen Größe im Genre des Historischen Romans gemacht und begeistert mit seinen Büchern viele Leser und Leserinnen.
Seine Jugendbuchreihe „Die Schwarzen Musketiere“ hatte ich immer mal wieder gesehen, ich schaffte es aber nicht, diese zu lesen.
Im Mai 2023 erschien der hier vorliegende erste Teil in neuem Gewand im Lago Verlag. Dieser fragte an, ob ich dieses Buch gerne lesen und rezensieren möchte. Das war die Gelegenheit, mich mit dieser Reihe näher zu befassen – also sagte ich zu.
Das Buch erreichte mich mit einer „Ballade der Schwarzen Musketiere“, einer Autogrammkarte und einer Kette mit drei Pentagramm-Anhängern. An dieser Stelle bedanke ich mich ganz herzlich dafür.

Das Buch ist ein schön gestaltetes Hardcover und überzeugt mit einem schlichten und doch sehr eindrucksvollen Cover. Über zwei gekreuzten Degen steht in weißer Schrift der Name des Autoren, darunter in goldglänzender Schrift der Haupttitel des Buches, der Untertitel ist in weißen Buchstaben gehalten. Der dunkle Hintergrund wird von schemenhaften Pflanzenblättern aufgelockert, in der oberen linken Ecke und in der unteren rechten Ecke befinden sich rote Ornamente.
Direkt am Anfang des Buches ist ein Landkartenausschnitt des Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation um das Jahr 1633 zu sehen, auf welcher Lukas‘ Reise nachvollziehbar wird. Diese Karte befindet sich auch am Ende des Buches.
Nach der Widmung („Für den Jungen, der ich einmal war. Ich glaube, diese Geschichte hätte ihm gefallen.“) beginnt die Geschichte mit einem Prolog, welcher am 08. November 1620 nahe Prag beginnt. Dieser spannende Prolog öffnet die Tür zur Geschichte, hinterlässt auch viele Fragen und macht dementsprechend große Lust auf die Geschichte und darauf, diese Fragen zu lösen. Das erste Kapitel setzt dann im elf Jahre später, im September 1631 an. Wir befinden uns nun auf Burg Lohenstein, in der Nähe von Heidelberg.
Nach dem ersten Kapitel wird die Handlung chronologisch weitererzählt und umfasst hierbei in insgesamt 27 Kapiteln etwas mehr als ein Jahr. Angehängt sind ein Epilog, ein Lexikon, ein „kleines Wörterbuch der Fechtkunde“ und „Von der Kunst zu kämpfen“. Mit dem „Dank“ des Autoren endet das Buch.
Ein Personenregister gibt es nicht, welches ich aber auch zu keiner Zeit vermisst habe – ich konnte den vielfältigen Figuren und ihren Geschichten immer gut folgen.

„Lukas zitterte, er schloss die Augen und versuchte, seine Angst wenigstens für einige Minuten zu vergessen. Doch es gelang ihm nicht. Er fühlte sich so einsam, als wäre er der letzte Mensch auf der Welt. Sein Vater war tot, die Mutter und die Schwester gefangen und er selbst ein namenloser Flüchtling, ohne Heim und Zukunft.“

[Seite 33]

Der dreizehnjährige Lukas steht im Mittelpunkt der Geschichte. Von einer Sekunde auf die andere verändert sich sein bis dahin behütetes und sorgloses Leben und er muss erwachsen werden.
Lukas ist ein sensibler und doch auch gleichzeitig sehr selbstsicherer und freundlicher Junge. Er fasst schnell Vertrauen zu anderen Menschen, hat aber auch einen großen Gerechtigkeitssinn und erkennt Unrecht. Er fällt oft – anfangs auch sehr tief – doch er gibt sich nicht auf. Ich fühlte von Beginn an eine starke Verbundenheit zu Lukas und schloss ihn sehr schnell in mein Herz.
Ähnlich ging es mir mit Lukas‘ kleiner Schwester Elsa. Auch wenn sie selbst nicht so häufig direkt in der Handlung vor kommt, ist sie mit ihrer Geschichte immer sehr präsent und bildet für Lukas den Antrieb, weiter zu machen und immer wieder aufzustehen.
Ähnlich ging es mir mit Lukas Eltern, welche der Leser/ die Leserin nach wenigen Seiten gehen lassen muss – auch ihre Geschichten werden weiter fortgeführt und wirken auf die Handlung und auf Lukas ein. Auch wenn sie nicht mehr da sind, sind sie es irgendwie doch.
Neben Lukas und seiner Familie stehen noch weitere fiktive Charaktere im Zentrum der Geschichte. Auf diese möchte ich nicht detailliert eingehen, da ich sonst zu viel von der Geschichte vorwegnehme. An einigen Charakteren sieht man, wie wichtig, wahre Freundschaft ist und wie diese einen leiten und führen kann.

„Der kurze Wortwechsel (…) hatte ihm klargemacht, dass er trotz aller Beschwernisse über ein wertvolles Gut verfügte. Freundschaft.
Seine Reise war doch nicht ganz umsonst gewesen.“

[Seite 199]

Die Erwachsenen in diesem Jugendroman sind rau, von Krieg, Neid, Missgunst und vom Leben gezeichnet. In diese grobe Welt gerät Lukas und ab sofort sind er und seine Freunde eines nicht mehr: Kinder. Sie sehen schreckliche Gräueltaten und begehen auch Dinge, die heute unvorstellbar sind.
Zwischen all den fiktiven Charakteren spielen auch einige sehr bekannte historische Persönlichkeiten in dieser Geschichte eine Rolle: So machen die Jungen beispielsweise mit Wallenstein Bekanntschaft und auch der schwedische König Gustav II. Adolf kommt in dieser Geschichte vor.
Alle Figuren, egal ob fiktiv oder historisch sind durch ihre Schicksale und Lebensgeschichten miteinander verwoben und verbinden sich zu der großen, spannenden Geschichte. Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse, Differenzen zwischen den Figuren waren für mich fühl- und spürbar und zogen mich schnell in die Geschichte hinein. Es bleibt spannend, wie sich einige der Charaktere in den Folgebänden entwickeln werden und welchen Weg sie einschlagen.
Die sehr gelungene Mischung aus historischen und fiktiven Figuren zeigt einen Querschnitt der damaligen Gesellschaft, welche nach wie vor nach Ständen gegliedert war. Zu den drei Ständen gehörten der Klerus, Adel und Bürger/Bauern.
Außerdem ist diese Gesellschaft vom Dreißigjährigen Krieg beherrscht worden. Dieser Krieg dauerte von 1618 bis 1648 und war ein Konflikt um die Vorherrschaft im Heiligen Römischen Reich und in Europa. Was als Religionskrieg begann, endete als Territorialkrieg: In diesem Krieg entluden sich auf Reichsebene der Gegensatz zwischen dem Kaiser und der Katholischen Liga einerseits und der Protestantischen Union andererseits. Gemeinsam mit ihren jeweiligen Verbündeten trugen die habsburgischen Mächte Österreich und Spanien neben ihren territorialen auch ihre dynastischen Interessenkonflikte mit Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und Schweden vorwiegend auf dem Boden des Reiches aus.
Die Zahl der Toten des Dreißigjährigen Krieges schwankt in der Forschung zwischen drei bis neun Millionen, bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung von 15 bis 20 Millionen Menschen.

„Oben zwischen den Glocken blickten die Freunde über ein verheertes Land, die Felder niedergetrampelt, die Bäume gefällt und als Brennholz mitgenommen, Rauchsäulen standen über den vereinzelten Weilern. Hier gab es kein Leben mehr, nicht mal ein Vogel zwitscherte.“

[Seite 115]

„» Ich stimme Lukas zu. Das ist ein Krieg der Mächtigen, und die Bauern müssen ihn ausbaden. Auch ich bin es leid, den Ärmsten den letzten Pfennig abzupressen, damit unser Tross sich weiter durch die Lande frisst. Wenn wir so weitermachen, wird der Krieg nie enden.«“

[Seite 225]

Ein weiterer geschichtlicher Hintergrund ist die Hexenverfolgung. Dieses Thema und den Hintergrund hat Oliver Pötzsch einerseits realistisch heraus gearbeitet, fügt diesen aber auch eine Prise an Fantasie und Mystik hinzu. Es wird deutlich, wie der Glaube an Hexen über Jahrhunderte in der Gesellschaft weitergetragen wurde und wo dieser seinen Ursprung hat. Auf diesen Teil der Fantasie muss man sich als Leser/in einlassen können. Ich fand das alles sehr stimmig … und vor allem spannend.
Noch etwas zum geschichtlichen Hintergrund: Die Hexenverfolgungen in Europa fanden überwiegend in der Frühen Neuzeit statt – also von 1450 bis 1750. Ihre Höhepunkte erreichten die Verfolgungen zwischen 1550 und 1650, in Österreich bis 1680. Die heutige Forschung, die auf breit angelegten Auswertungen der Gerichtsakten basiert, geht davon aus, dass die Verfolgung in ganz Europa etwa 40.000 bis 60.000 Todesopfer forderte.

Das Buch „Die Schwarzen Musketiere – Das Buch der Nacht“ von Oliver Pötzsch ist eine Geschichte, in der es um das klassische Gut gegen Böse geht. Allerdings machen die akribisch recherchierten Hintergründe und Themen den starken Reiz dieser Geschichte aus. Hier sind auch die vielen interessanten Einblicke in die Kunst des Fechten und Kämpfen zu erwähnen.
Mit viel Gespür für die damalige Zeit, den mitunter drastischen Beschreibungen und dem detaillierten Sprachstil nahm mich Oliver Pötzsch schnell mit in die mitreißende Geschichte. Stellenweise wurde es so spannend, dass ich das Buch nicht mehr aus den schweißnassen Händen legen konnte und wollte und innerhalb von zwei Tagen war die Geschichte ausgelesen.
Die chronologisch erzählte Handlung des Buches wirkt zu keiner Zeit überlastet – alles und jede/r hat seinen/ihren Platz in der Geschichte. Ich konnte der Handlung, den Hintergründen und den vielfältigen Figuren immer gut folgen.
Das Buch hat eine Altersfreigabe ab 13 Jahren, ich würde das Buch aber erst ab 14 Jahren aufwärts empfehlen, denn es ist keine leichte Kost ist: Viele Szenen spielen direkt auf den Schlachtfeldern, einige andere Szenen beschreiben die Auswirkungen des Krieges auf die Bevölkerung und auch die Folter und die Hinrichtungen von Hexen werden sehr drastisch beschrieben.

Am Ende dieser Rezension möchte ich mich ganz herzlich bei Oliver Pötzsch für dieses gelungene Leseerlebnis bedanken.

Fazit: Oliver Pötzsch hat mit „Die Schwarzen Musketiere – Das Buch der Nacht“ einen spannenden Reihenauftakt geschrieben. Gekonnt würzt er die historischen Hintergründe mit einer Prise Fantasie und Mystik und lässt seine interessanten Charaktere eine tolle Entwicklung durchleben. Am Ende möchte man sofort wissen, wie es weitergeht und sich den zweiten Teil der Reihe „Die Schwarzen Musketiere – Das Schwert der Macht“ schnappen und weiterlesen. Dieser wird demnächst definitiv hier einziehen.

* Ich habe für diese Rezension vom Autor und/ oder vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.



„Kornblumenzeit – Eine ostpreußische Familiengeschichte“

von Simona Wernicke

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 12. Juli 2023
Verlag: Gmeiner
Ausgaben: Paperback & eBook
ISBN: 978-3-8392-0488-7
Seitenanzahl: 508 Seiten
Preis: Paperback 18,00€

Homepage:
https://www.gmeiner-verlag.de/buecher/titel/kornblumenzeit.html

Klappentext:
Ostpreußen 1928. Die junge Käthe verliebt sich in Carl, einen angehenden Bäckermeister mit eigenem Geschäft. Nach der Hochzeit werden ihre Kinder geboren, es folgen arbeitsame und glückliche Jahre in Locken. Doch im Januar 1945 nimmt das Schicksal der Familie eine dramatische Wendung, als sie ihre geliebte Heimat Masuren verlassen müssen. Ist die gesundheitlich stark angeschlagene Käthe den Strapazen der Flucht gewachsen, und was wird aus den fünf Kindern, als Carl in Gefangenschaft gerät?

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Gmeiner Verlag, vermittelt durch die Autorin Simona Wernicke, als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Das Copyright der verwendeten Fotos liegt ausschließlich bei Familie Kühnapfel. Diese Fotos dürfen ohne deren Einverständnis nicht kopiert und weiterverwendet werden. Danke an Simona Wernicke für die Möglichkeit, diese Fotos zu nutzen.

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Das Buch „Kornblumenzeit – Eine ostpreußische Familiengeschichte“ von Simona Wernicke ist die als Roman verfasste Familiengeschichte der Autorin und spielt ab dem Jahr 1928 bis 1949 in den ehemaligen deutschen Ostgebieten, vorwiegend Ostpreußen.

1928 in Ostpreußen: Als die junge Käthe und Carl aufeinandertreffen, wissen die Beiden schnell, dass sie füreinander bestimmt sind. Carl, der angehende Bäckermeister soll nach seiner Prüfung den familieneigenen Betrieb im Dorf Locken übernehmen und bietet Käthe nach ihrer Hochzeit ein sicheres – jedoch arbeitsames Leben. Die Familie wächst schnell und es folgen meist glückliche Jahre, welche jedoch von der Machtergreifung der Nationalsozialisten und dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs überschattet werden.
Doch im Januar 1945 verändert sich das Leben der Familie. Die russische Armee steht an der Grenze und es bleibt ihnen nur die Flucht. Vieles muss die Familie zurücklassen und Käthe kämpft zudem mit ihrer äußerst instabilen Gesundheit.
Es werden katastrophale Wochen und Monate, welche der Familie alles abverlangen und nach denen nichts mehr so ist, wie es einmal war.

Ende April 2023 machte mich die mir zu dieser Zeit noch nicht bekannte Autorin Simona Wernicke auf ihren Debütroman „Kornblumenzeit – Eine ostpreußische Familiengeschichte“ aufmerksam. Das wunderschöne Cover und auch der Klappentext weckten sehr schnell mein Interesse an der Geschichte und ich schrieb mir das Buch auf meine Merkliste. Da ein Teil meiner eigenen Familiengeschichte von Flucht und Vertreibung aus dem ehemaligen deutschen Ostgebieten geprägt ist, sind Romane und Geschichten darüber immer von großer Bedeutung für mich. Meine Großmutter selbst konnte und wollte zeitlebens nicht viel darüber erzählen – sie behielt leider vieles, was damals passiert ist, für sich.
Ende Mai fragte die Autorin an, ob ich ihren Roman lesen und rezensieren möchte – natürlich wollte ich das sehr gerne. Am 11. Juli erreichte mich das Buch als Rezensionsexemplar über den Gmeiner Verlag, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanke.

„Er ging hinüber zum Feld, das nicht bestellt worden war. Nur Mohn- und Kornblumen blühten wie immer.“

[Seite 439]

Das Buch ist eine sehr schön gestaltete Klappbroschur mit 508 Seiten (laut Homepage sind 537 Seiten). Das Cover zeigt eine üppige Blumenwiese mit Mohn und Kornblumen, Blickfang ist ein prächtiger grüner Baum, an dem ein Feldweg vorbeiführt. Hinter der Blumenwiese fließt ein Fluss, dahinter erheben sich grüne Hügel und treffen am Horizont auf einen bewölkten Himmel. Während der blaue Himmel im Vordergrund noch leicht bewölkt wirkt, sammeln sich weiter hinten die Wolken. Der Name der Autorin und der Titel und Untertitel des Buches stehen in passenden Farben auf der vorderen Wolke und es scheint, als schweben diese in den Wolken über die Landschaft.
Das Motiv des Covers wird auf dem Buchrücken und auf der Rückseite aufgenommen und fortgesetzt.
Auf der vorderen Klappe wird der Inhalt des Buches beschrieben. Während das Innere der vorderen Klappe leer geblieben ist, findet sich im Inneren der hinteren Klappe eine Karte des ostpreußischen Gebiets. Leider ist diese etwas unübersichtlich gehalten. Auf der hinteren Klappe wird die Autorin mit einer kurzen Biografie und einem Foto vorgestellt.
Nach der Widmung des Buches („Für meinen Vater und Käthe“) beginnt Teil 1 des Buches „Gute Jahre“, welcher im April 1928 ansetzt, im Januar 1945 endet und aus insgesamt 22 Kapiteln besteht. Auf Seite 334 beginnt dann der zweite Teil „Abschied und Ankunft“, welcher direkt an das letzte Kapitel des ersten Teils ansetzt und insgesamt 11 Kapitel beinhaltet. Das letzte Kapitel gibt die Jahre 1947 bis 1949 wieder – somit umfasst die gesamte und chronologisch erzählte Handlung des Buches etwa 21 sehr bewegte Jahre.
Mit dem sehr interessanten Epilog („Wie es weiterging“) und dem Dank der Autorin endet das Buch.
Ein Personenregister gibt es nicht, welches mir persönlich auch nicht gefehlt hat, da alle Figuren und ihre Geschichten und Hintergründe sehr behutsam eingeführt und beschrieben werden.

„» … Ei, ich wünsche mir die gute alte Zeit zurück. Irgendwie nimmt das alles kein gutes Ende, ich habe so ein mulmiges Gefühl.«“

[Seite 122]

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Käthe und Carl, ihre Kinder und die vielen weiteren realen Familienmitglieder.
Käthe ist zu Beginn der Handlung 21 Jahre alt. Sie und der 25 Jahre alte Carl sind sich schon länger durch die Freundschaft ihrer Väter bekannt, sehen sich aber nur in unregelmäßigen Zeitabständen. Beide erkennen im Jahr 1928, dass aus dem einstigen Kindern anziehende Erwachsene geworden sind.

Hochzeitsbild von Käthe und Carl

„Er war ein kräftiger, gut aussehender junger Mann von 25 Jahren, gut gebaut mit einem glatt rasierten Gesicht, Lachfältchen um die Augen. Das blonde Haar trug er nach der neusten Mode an den Seiten raspelkurz und oben zu einer kurzen Tolle seitwärts glatt gekämmt. Carl hatte freundliche, gütige Augen und einen schmallippigen Mund. Sein Gesicht drückte Forschheit und Willensstärke aus.
(…)
War das das kleine Käthchen, das vor fünf Jahren noch ein Backfisch mit streng gescheiteltem Haar und langen geflochtenen Zöpfen war? Diese schöne junge Frau mit dem verschmitzten und doch so bescheidenen Lächeln?“

[Seiten 17/ 18 und 19]

Von Beginn an spürte ich die tiefe Verbundenheit zwischen Käthe und Carl. Was mit einem leichten Knistern zwischen den Beiden beginnt, endet in einer Ehe, welche von einer tiefen Liebe zueinander und großen Respekt voreinander geprägt ist. Ich schloss die beiden Charaktere sehr schnell in mein Herz und werde deren mitreißende und ergreifende Geschichte nicht mehr vergessen.
Käthe ist eine bescheidene und gutherzige Frau. Ihr ergeht es so, wie es in diesen Zeiten vielen Frauen erging: Sie gebärt ein Kind nach dem anderen, ihre eigene Gesundheit und ihr Befinden stehen immer hinten an. Ihr Leben ist von Haushalt, Kindererziehung und viel Arbeit geprägt, es gibt nur selten eine Atempause für sie. Auch wenn Carl vieles in Sachen Kinder und Erziehung Käthe überlässt, unterstützt er sie trotzdem so gut es geht und auch von Carls liebenswerter Mutter Ida erhält Käthe immer wieder Rückendeckung.


„Sie war eine Frau, aber ihr Bauch gehörte ihr nicht. Er war als Gebärmaschine gedacht. Und Carl wollte offenbar eine ganze Fußballmannschaft.“

[Seite 122]

Familie Kühnapfel

Carl ist ein sehr aufmerksamer und hilfsbereiter Mann. Mit der Übernahme der elterlichen Bäckerei und als leidenschaftlicher Bäcker hat er seinen Platz im Leben gefunden.
Um Käthe und Carl spielen eine Vielzahl weiterer Figuren mit, welche alle einen realen Hintergrund haben. Viele der Figuren kommen im Laufe der Handlung hinzu, von einigen muss man sich jedoch auch verabschieden.
Aus völlig unbedarften und ehrlichen Menschen, welche sich ihr Leben eingerichtet haben, entwickeln sich Menschen, die von Krieg, Flucht und Vertreibung schwer gezeichnet werden und deren Schicksale noch die nachfolgenden Generationen berühren.
Alle Figuren, ihre Schicksale und Lebensgeschichten sind miteinander verwoben und verbinden sich zu der großen, spannenden, tragischen und wahren Familiengeschichte von Simona Wernicke.
Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse, Differenzen aber auch die Anziehung zwischen den Figuren waren für mich fühl- und spürbar und zogen mich schnell in die unvergessliche Geschichte hinein. Es sind Figuren, die ich nach Ende des Buches nicht gerne loslasse und deren Schicksale und Geschichten mich mit Sicherheit noch länger beschäftigen werden.
Es ist die wahre Geschichte einer Familie aus vergangenen Zeiten.

Zwei Bilder aus glücklichen Tagen

Mit viel Gespür für die damalige Zeit, den wunderschönen Beschreibungen der Landschaft und des Ortes und ihrem detaillierten Sprachstil nahm mich Simona Wernicke schnell mit in die Geschichte.
Während es im ersten Teil der Geschichte noch sehr gemächlich und ruhig zugeht, man aber bereits die dunklen Vorboten des kommenden Unheils am Horizont erkennen kann, überschlagen sich im zweiten Teil die Ereignisse. Es wird so dramatisch, emotional und mitreißend, dass ich während des Lesens die ein oder andere Träne vergoss und eine Gänsehaut meinen Körper überzog.
Die Seiten flogen nur so dahin und innerhalb von wenigen Tage waren die etwa 500 Seiten gelesen. Nur äußerst ungern legte ich das Buch – vor allem zum Ende hin – aus den Händen.
Die chronologisch erzählte Handlung des Buches wirkt zu keiner Zeit überlastet oder gar unlogisch – alles und jede/r hat seinen/ihren Platz in der Geschichte. Ich konnte der Handlung und den vielfältigen Figuren immer gut folgen. Diese Geschichte riss mich buchstäblich mit sich und ließ mich nicht mehr los.

„Doch von nun an waren sie an keinem sicheren Ort mehr. Vorher hatte der Krieg überwiegend im Radio stattgefunden, jetzt war er bittere Realität geworden.“

[Seite 299]

Den geschichtlichen Hintergrund des Buches bilden die Jahre 1928 bis 1949. Diese Jahre wurden durch das Dritte Reich, den Zweiten Weltkrieg, Flucht und Vertreibung und der unmittelbaren Nachkriegszeit geprägt.
Während der Hitler-Zeit fanden ungefähr 17 Millionen Menschen den Tod: Juden, Kriegsgefangene, Homosexuelle, körperlich und geistig beeinträchtigte Menschen, Sinti und Roma und sowjetische, polnische und serbische Zivilisten wurden ermordet.

„»Das geht doch nicht. Die müssen sich doch wieder besinnen. Wieso sind Juden Menschen minderen Rechts? Nur wegen ihrem Glauben? Was soll das mit dem Blut. Wir sind doch alle deutsch! Wir sind doch alle Menschen!«

[Seite 127]

Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs (1939 – 1945) starben weltweit über 60 Millionen Menschen und der Krieg brachte unvorstellbare Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Vorschein.
Aber auch kurz vor und nach Kriegsende nahm das Grauen kein Ende: Vor dem Krieg lebten mehr 18 Millionen Deutsche in den Ostprovinzen sowie in Polen, den baltischen Staaten, Danzig, Ungarn, Jugoslawien und Rumänien. Als der Krieg 1945 mit der Kapitulation Deutschlands endete, waren zwischen 1944/45 und 1950 zwölf bis 16 Millionen Deutsche von Flucht und Vertreibung aus den ehemaligen Ostgebieten betroffen – genaue Zahlen gibt es hierzu nicht. Sie mussten vieles zurücklassen und konnten nur das Nötigste mitnehmen. Die flüchtenden Menschen waren eiskalten Temperaturen ausgesetzt und wurden auch aus der Luft angegriffen. Bis zu 600.000 Menschen verloren auf der Flucht ihr Leben. Kinder, die ihre Eltern auf der Flucht verloren hatten, mussten sich alleine durchschlagen und völlig auf sich alleine gestellt um ihr Überleben kämpfen – die sogenannten Wolfskinder.
Diese geschichtlichen Themen und Hintergründe (allen voran die Flucht aus Ostpreußen) stellt Simona Wernicke in ihrem Roman sehr nachvollziehbar, aber auch sehr mitreißend da. Es ist die wahre Geschichte ihrer Familie – und der Gedanke, dass das alles genau so passiert ist, macht es für mich noch emotionaler und mitreißender.

„Und langsam ging es weiter, immer weiter. Wagen an Wagen. Die Dörfer, die sie durchfuhren, waren wie ausgestorben. Leer standen die Häuser . Tote Fensteröffnungen, alles zerstört, geplündert. Kein Hahn krähte mehr, keine Kuh blökte. Kein Kind lachte.“

[Seite 354]

Simona Wernicke hat mit diesem Buch ihrer Familie ein großes und unvergessliches Denkmal gesetzt. Sie zeigt, wie unsagbar schwer und entbehrungsreich diese Zeiten waren, zeigt aber auch eindrucksvoll, dass sich diese starke Familie trotz des erfahrenen Leids und der vielen unfassbaren Schicksalsschläge nicht hat unterkriegen lassen.
Danke liebe Simone Wernicke für dieses bemerkenswerte und bewegende Lese-Erlebnis und den netten Kontakt auf Instagram.

Bild 1: Das Wohn- und Geschäftshaus in Locken, Bild 2: Käthe als junge Mutter, Bild 3: Carl und Käthe jung verheiratet mit Alwine und Hans sowie deren Söhne Walter und Hans im Seebad Cranz

Fazit: „Kornblumenzeit – Eine preußische Familiengeschichte“ von Simona Wernicke ist eine starke und unvergessliche Geschichte, welche auf wahren Begebenheiten beruht und oft zu Tränen rührt. Während der erste Teil der Geschichte noch ruhig und gemächlich daher kommt, überschlagen sich im zweiten Teil die Ereignisse. Eine Geschichte, die mich buchstäblich mit sich gerissen und nicht mehr losgelassen hat. Sehr lesenswert.

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Romy – Mädchen, die pfeifen“

von Felicitas Fuchs

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 12. Juli 2023
Verlag: Heyne
Ausgaben: Paperback & eBook
ISBN: 978-3-453-42644-3
Seitenanzahl: 592
Preis: Paperback 16,00€, eBook 9,99€

Homepage:
https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Romy-Maedchen-die-pfeifen/Felicitas-Fuchs/Heyne/e598290.rhd

Klappentext:
„Bad Oeynhausen 1983: Die 23-jährige Romy arbeitet in einer Diskothek. Sie ist schon früh zu Hause ausgezogen, weil sie sich mit ihrer Mutter Hanne nie gut verstanden hat. Nach außen wirkt sie stark und selbstbewusst, doch im Innersten ist sie sehr verletzlich. Als sie die Hochzeit mit ihrer großen Liebe Falco vorbereitet, stolpert sie in den Familienpapieren über einen Namen, den sie nicht kennt, und es reißt ihr den Boden unter den Füßen weg. Romy macht sich auf die Suche nach der Wahrheit, ohne ihrer Mutter Hanne davon zu erzählen.“

Hinweise:
Das Buch ist der dritte Band der „Mütter-Trilogie“. Solltet ihr die ersten beiden Teile noch nicht kennen, jedoch lesen wollen, solltet ihr diese Rezension NICHT lesen – Spoilergefahr.
– Hier findet ihr die Rezensionen zu den ersten beiden Bänden: „Minna – Kopf hoch, Schultern zurück“ und „Hanne – Die Leute gucken schon“.

– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Heyne Verlag über das ‚Bloggerportal‘ als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank dafür!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Romy – Mädchen, die pfeifen“ von Felicitas Fuchs ist der dritte und abschließende Teil einer Buchreihe, welche die persönliche Familiengeschichte der Autorin in Romanform erzählt.

„»Man sagt, es sei nicht wichtig, dem Leben Tage zu schenken, sondern es ist wichtig, den Tagen Leben zu geben. … «“

[Seiten 479/ 480]

1983 in Bad Oeynhausen: Nachdem Romy sehr früh aus ihrem lieblosen und desinteressierten Elternhaus ausgezogen ist und ihre Ausbildung in der Gastronomie erfolgreich beendet hat, arbeitet die mittlerweile 23-jährige Frau in einer Diskothek und in einem Plattenladen.
Romys Verhältnis zu ihrer Mutter bleibt angespannt, da ändert auch die geplante Hochzeit mit ihrem langjährigen Freund und Arbeitskollegen Falco nichts. Ganz im Gegenteil: Als sie eine Geburtsurkunde beantragt, stolpert Romy bei der Angabe des Vaters über einen ihr völlig unbekannten Namen. Sie beginnt mit ihren Nachforschungen und trifft auf ein lang gehütetes Geheimnis und bei ihrer Mutter auf eine Mauer des Schweigens. Es ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint, doch Romy gibt nicht auf und kämpft dafür, dass ihre Vergangenheit ein Gesicht bekommt.

Felicitas Fuchs ist das Pseudonym der Erfolgsautorin Carla Berling, mit der ich schon seit einiger Zeit auf Facebook befreundet bin. Vor einiger Zeit kündigte sie in den Sozialen Medien an, dass sie eine dreibändige Romanreihe veröffentlicht, welche ihre eigene Familiengeschichte erzählt. Der erste Teil der Reihe „Minna – Kopf hoch, Schultern zurück“ beschreibt hierbei das Leben ihrer Großmutter, welche von 1905 bis 1978 lebte. Mein Interesse an der Reihe war direkt geweckt. Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg finde ich immens spannend und auch wichtig, um die Zeit des Nationalsozialismus halbwegs zu verstehen. Wenn dann auch noch Historie anhand einer teils wahren Lebensgeschichte erzählt wird, wird für mich alles noch mal greifbarer und lebendiger. Das Buch musste ich einfach lesen – und ich wurde auf keiner Seite enttäuscht: Die Geschichte von Minna hat mich komplett umgehauen und mir schlaflose Nächte beschert.
Es war ganz klar, dass ich auch den zweiten Band „Hanne – Die Leute gucken schon“ auch lesen musste und wollte. Dieser stellt Minnas Tochter Hanne in den Mittelpunkt der Geschichte und behandelt das Thema der Nachkriegszeit in Deutschland – ein Thema, über welches ich immer wieder gerne lese. Auch dieser Band schlug mich in seinen Bann, ich hatte immer wieder die Tränen in den Augen und in nur wenigen Tagen war auch dieses Buch ausgelesen.
Danach wollte ich natürlich unbedingt wissen, wie es mit den Figuren und ihrer Geschichte weitergeht und wartete schon voller Sehnsucht auf den dritten Band der Reihe und fragte diesen bei erster Gelegenheit im ‚Bloggerportal‘ an. Meine Anfrage wurde genehmigt und das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zugesendet. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an den Heyne Verlag.

Das Buch ist, wie auch die ersten zwei Bände, eine sehr schöne und hochwertige Klappbroschur. Äußerlich passen die drei Bände wunderbar zueinander.
Das in hellblau gehaltene Cover zieren Zeichnungen von Veilchen, der Titel des Buches prangt in lila Schrift über einen schwarz-weiß Foto, auf welchem eine junge Frau mit offenen langen Haaren zu sehen ist, welche einen Fahrradlenker in den Händen hält. Die Frau schaut den Betrachter nicht an, sondern zur Seite. Der Name der Autorin steht in schwarzen Großbuchstaben über dem Buchtitel.

Auf der vorderen Klappe des Buches findet sich ein Text zum Inhalt des Buches, im inneren der Klappe sind drei Originalfotos der Hauptfiguren zu sehen: Zwei von ihnen zeigen die „echte“ Romy und eines ihren Mann Falco. Auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin mit einem aktuellen Foto und einer kurzen Biografie vorgestellt, in der Klappe sind die drei Bände noch einmal graphisch dargestellt.
Nach der Widmung beginnt der erzählende Teil direkt mit dem ersten Kapitel, welches im Juni 1978 ansetzt. Das 61. und letzte Kapitel beginnt im Juli 2017, mit dem Epilog, welcher im Mai 2019 spielt, endet das Buch. Somit umfasst die gesamte Handlung des Buches etwa 41 Jahre.
Abschlossen wird das Buch mit einem Nachwort und einem umfangreichen und emotionalen „Danke!“ der Autorin.

„»Ich schwöre bei meiner verstorbenen Omi, nie, nie wieder werde ich etwas tun, das ich nicht wirklich will.«“

[Seite 90]

In diesem dritten Band steht Romy im Mittelpunkt der Handlung – und damit die Lebensgeschichte der Autorin selbst. Im Nachwort weist Felicitas Fuchs daraufhin, dass Namen, Aussehen, Berufe, Daten und Abläufe so verändert wurden, „dass niemand außer uns Rückschlüsse auf alle Umstände und Zusammenhänge ziehen kann“.
Romys Hotelkarriere ist fiktiv, die Eckdaten ihrer Lebensgeschichte beruhen auf realen Ereignissen und Erlebnissen. Was sich schon im zweiten Band angekündigt hat, setzt sich hier weiter fort. Romy flüchtet aus ihrem lieblosen Elternhaus. Schon lange zeigt ihre Mutter Hanne nicht wirklich Interesse an ihrer Tochter und an ihrem Leben – sie empfindet sie eher als anstrengend und ist von ihrer flippigen und öfter aufgekratzten Art genervt.
Etwas leichtgläubig stolpert Romy in die große Welt und merkt, dass es nicht alle Menschen mit ihr gut meinen. Auch wenn sie immer mal wieder hinfällt, steht sie immer wieder mutig auf und gibt einfach nicht auf.
Ihr erklärter Wunsch nach einer perfekten Familie lässt sie des Öfteren ihr persönliches Empfinden und Glück hinten an stellen und ihre Augen verschließen.
Ich mochte Romy schon im zweiten Band sehr, auch wenn ich es stellenweise sehr schwer ertragen konnte, wie gleichgültig und abweisend Hanne mit ihrer Tochter Romy umgegangen ist. In diesem Band ist aus dem Mädchen eine junge Frau geworden, welche sich im Verlauf der Handlung zu einer Erwachsenen und Mutter entwickelt. Auf den ersten Blick wirkt Romy sehr taff und willensstark, auf den zweiten Blick zeigt sich jedoch ihre verletzliche und sensible Seite. Ich bewundere Romy, und damit auch die Autorin, für ihre Stärke und den Mut, ihre stürmische Familiengeschichte aufzuarbeiten und zu Papier zu bringen.

„»Wenn dir das Leben Zitronen gibt, machst du Limonade draus, und das konntest du schon mit drei Jahren.«“

[Seite 143]

Romys Mutter Hanne ist so ganz anders als ihre Tochter: In einem unglücklichen Leben gefangen, in welchem sie meistens irgendwie funktionieren muss und in dem viele Dinge über ihren Kopf hinweg entschieden wurden. Einerseits erregte sie des Öfteren mein Mitleid, da ihr schon oft übel mitgespielt wurde und sie auch einige Schicksalsschläge erleiden musste, auf der anderen Seite empfand ich ihr Verhalten Romy gegenüber oft nur als ungerecht und ihr Schweigen und Verharren als sehr anstrengend.

„»Du hast Angst. Und deswegen hast du dich entschieden. Lieber hältst du dich an deinem bekannten Unglück fest, anstatt ein unbekanntes Glück zu wagen.«“

[Seite 213]

In diesem Buch spielen viele weitere Figuren mit – einige von ihnen sind bereits aus den vorherigen Teilen bekannt, andere kommen neu hinzu.
Falco, Romys Arbeitskollege und späterer Ehemann, ist ein Charakter, welcher neu dazu gekommen ist. Er bleibt von Anfang bis zum Ende eher undurchsichtig und ist nicht wirklich der Sympathieträger schlecht hin – und trotzdem mochte ich ihn irgendwie doch. Er gibt Romy viel, verlangt ihr aber im Gegenzug auch wieder viel ab. Seine Geschichte wird auf jeden Fall noch länger nachklingen und unvergessen bleiben.
Aber auch die weiteren Charaktere und deren mitreißenden und wechselvollen Lebensgeschichten werden in meiner Erinnerung bleiben.
Felicitas Fuchs macht es dem Leser/ der Leserin nicht immer einfach: Es wird geheiratet, gefeiert, Kinder kommen auf die Welt – man muss aber auch Charaktere gehen lassen. Teilweise wurde es so emotional und traurig, dass ich mit den Tränen kämpfen musste.
Es ist eine Geschichte aus dem realen Leben, mit allen Facetten, die es zu bieten hat: Hoffnung, Trauer, Liebe, Freundschaft und Drama.
Alle Figuren und ihre Schicksale und Lebensgeschichten sind miteinander verwoben und auch die Tragik, Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren warenfühlbar und zogen mich schnell in die unvergessliche Geschichte hinein.

Wie schon erwähnt, handelt es sich um die etwas abgewandelte Familiengeschichte der Autorin. Während der erste Band der Trilogie „Minna – Kopf hoch, Schultern zurück“ die Lebensgeschichte der Großmutter Minna erzählt, welche 1905 geboren wurde und den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, die Inflation, das Dritte Reich, den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit erlebte, zeigt der zweite Band „Hanne – Die Leute gucken schon“ das Leben der Mutter der Autorin: Ein Leben, welches noch immer sehr vom Zweiten Weltkrieg und der entbehrungsreichen Nachkriegszeit gezeichnet war.
Der dritte Band „Romy – Mädchen, die pfeifen“ schließt ziemlich direkt an das Ende des zweiten Bandes an, spielt in den Jahren von 1983 bis 2019 und zeigt das Leben und die Entwicklung von Romy – Hannes Tochter und somit Minnas Enkelin.
Damit stellt diese Buchreihe das unterschiedliche Leben dreier Generationen von Müttern in den Mittelpunkt: Minna, Hanna und Romy. Auch wenn die Zeiten und damit auch die Geschichten völlig verschieden sind, sind die drei Frauen und ihre Lebensgeschichten immer miteinander verbunden.
Mit ihrem detaillierten, aber durchaus auch flotten Sprachstil hat mich die Autorin wieder direkt mit in die Geschichte genommen. Die Seiten flogen nur so dahin und innerhalb weniger Tage waren die fast 600 Seiten gelesen. Nur äußerst ungern legte ich das Buch aus den Händen.
Die chronologisch erzählte Handlung des Buches wirkt zu keiner Zeit überfrachtet oder gar unlogisch – alles und jede/r hat seinen/ihren Platz in der Geschichte. Ich konnte der Handlung immer gut folgen und mich völlig in diese mitreißende Geschichte fallen lassen.
Wie auch schon die beiden ersten Bände, nahm mich auch diese Geschichte wieder emotional sehr mit, und ich musste das ein oder andere Mal mit den Tränen kämpfen.
Im Prinzip lässt sich dieser Band auch ohne Kenntnis der ersten beiden Teile lesen – ich empfehle aber trotzdem, dass man die Buchreihe nacheinander liest, da man Begebenheiten, Figuren und ihr Verhalten/ ihre Entwicklung besser zuordnen und verstehen kann.

Den geschichtlichen Hintergrund bilden vorwiegend die 1980er/ 1990er und 2000er Jahre – also eine Zeit, die ich schon miterlebt habe. Einige gesellschaftliche Ansichten wirkten auf mich so antiquiert, dass ich es stellenweise gar nicht glauben konnte. Eine Frau hatte auch in diesen Zeiten am besten zuhause zu sein und sich um die Familie zu sorgen. Romy ist eine berufstätige Frau, welche Karriere macht, während ihr Mann zuhause bei den Kindern bleibt und den Haushalt erledigt. Damit waren die Beiden absolute Außenseiter und sorgten für ordentlichen Argwohn und Kopfschütteln in der Gesellschaft. Das wirft natürlich die Frage auf: Hat sich das heute verändert? Ich denke, dass es dieses klassische Rollenbild bis heute noch immer in den Köpfen verankert ist, auch wenn von Seiten der Politik versucht wird, dagegen zu steuern.

Am Ende dieser Rezension bedanke ich mich bei Felicitas Fuchs für diese vielen wunderbaren und mitreißenden Lesestunden und für den Mut ihre Familiengeschichte aufzuschreiben.

Fazit: Das Buch „Romy – Mädchen, die pfeifen“ ist der krönende Abschluss einer großartigen, und bewegenden Buchreihe.
Mit dem ergreifenden und flotten Sprachstil kommt auf keiner Seite Langeweile auf. Es sind Geschichten und Figuren, welche ich noch lange in meinem Herzen tragen werde und so schnell nicht vergessen werde. Unbedingt lesen!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“

von Martha Sophie Marcus

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 11. Juli 2023
Verlag: Tinte & Feder
Ausgaben: Taschenbuch & eBook
ISBN: 978-2496712483
Seitenanzahl: 447
Preis: Taschenbuch 11,99€
Reihe: „Das Gold der Weiden“, Buch 01 von 02

Homepage:
https://martha-sophie-marcus.de/__der_sturz_des_loewen/

Klappentext:
Der packende Auftakt des Historienabenteuers um den jungen Pferdezüchter Micha, der um Gerechtigkeit und seine große Liebe kämpft. Kämpfst du gegen herrschendes Unrecht oder beschützt du diejenigen, die du liebst?
Norddeutschland 1164. Der zwölfjährige Micha hat nur ein Ziel: Gerechtigkeit für den grausamen Mord an seiner Familie. Bei einem Maultierzüchter findet er Zuflucht, in seiner Ziehschwester Sibilla eine beste Freundin. Doch er lebt nun ausgerechnet im Herrschaftsgebiet des verantwortlichen Grafen.
Jahre später hat Micha sich durch sein Geschick im Umgang mit Pferden einen Platz in der Burgmannschaft erarbeitet. Endlich sieht er sich in der Lage, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Aber Michas Herzensdame Johanna und seine Freunde sind von der Grafenfamilie abhängig. Kann und will er sie für seine Vergeltung in Gefahr bringen? Sibilla kämpft unterdessen darum, ihren Vater auch als Frau bei seinen Geschäften unterstützen zu dürfen – und mit ihren heimlichen Gefühlen für Micha“

Hinweise:
Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
-Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars, der Produktnennung und dem Link zur Homepage der Autorin muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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Das Buch „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ von Martha Sophie Marcus ist der Auftakt einer historischen Romanreihe, welche im 12. Jahrhundert in Norddeutschland spielt und zeigt, wie ein junger Mann auf der Suche nach Gerechtigkeit ist und als Pferdezüchter seinen Platz im Leben sucht.

Norddeutschland im Jahr 1164: Hilflos muss der zwölfjährige Micha mit ansehen, wie sein Vater und sein Bruder grausam ermordet werden. Er und seiner Stiefmutter können flüchten, Micha findet bei einem Maultierzüchter und dessen Familie in Summerburg Zuflucht und ein neues Zuhause. Seine Ziehschwester Sibilla hegt schnell heimliche Gefühle für ihn.
Allerdings ist Vogt Borgward von Egersleben auf der Summerburg der Mann, welcher als Ministerialer unter Graf Meinhard den Mord an Michas Familie zu verantworten hat. Micha befindet sich nun im unmittelbaren Herrschaftsgebiet des Grafen und möchte um jedes Mittel Gerechtigkeit erlangen und die Täter zur Rechenschaft ziehen.
Jahre später hat Micha seinen Platz in der Burgmannschaft gefunden und ist wegen seines geschickten Umgangs mit Pferden beliebt. Doch nicht alle sind ihm wohlgesonnen – der Vogt hat nicht vergessen, wie gefährlich ihm Michas Wissen und Vergeltung werden könnten. Und auch Michas Herzensdame Johanna und seine Freunde sind von der Gunst der Grafenfamilie abhängig.
Als sich die politischen Ereignisse überschlagen, muss Micha sich entscheiden: Kann und will er das Erbe seines Vaters fortsetzen und der Familie seiner Ziehschwester beistehen oder soll er auf der Summerburg bleiben und dem Grafen dienen?

„Alles in allem war die Kälte schlimm, der Hunger schlimmer, aber das Alleinsein das Schlimmste. Er vermisste seinen Vater und seinen Bruder fürchterlich. Jeder hier hatte seinen Platz, jeder kannte jeden, jeder hatte eine Familie oder Freunde. Er fühlte sich wie ein einsames Steinchen im Hafersack. Früher oder später würde man ihn hinauswerfen.“

[Seite 40/ 41]

Bereits seit vielen Jahren gehört die Autorin Martha Sophie Marcus zu den Autorinnen, deren Bücher ich sehr gerne lese. Mit ihrem Debüt „Herrin wider Willen“ und den beiden Teilen der Reihe „Novemberrosen“ konnte sie mich bestens unterhalten.
Als die Autorin ihr neues Buch und Reihenauftakt „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ ankündigte, fiel mir als erstes das stimmungsvolle Cover auf und auch der Klappentext und die Handlungszeit weckten sehr schnell mein Interesse. Das Hochmittelalter (11. Jahrhundert bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts) interessiert mich schon seit einiger Zeit und ich lese immer wieder gerne Geschichten über diese raue Zeit, in der die Menschen mit vielen Problemen zu kämpfen hatten. Zum Beispiel waren Kälte, Krankheiten, politische Unruhen, hohe Kriminalität und geringer Verdienst weit verbreitete Probleme in einer Gesellschaft, welche durch die Ständegesellschaft und das Lehnswesen geprägt war.

Dieses Buch wollte und musste ich einfach lesen und ich freute mich sehr, als die Autorin in den Sozialen Medien Blogger und Bloggerinnen suchte, die ihr neues Buch rezensieren wollten – da meldete ich mich direkt. Das Buch erreichte mich liebevoll signiert und zusammen mit zwei Lesezeichen, einer Broschüre und einer Postkarte, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Das Buch liegt mir als schön gestaltetes Taschenbuch vor, hat 447 Seiten und wie bereits angemerkt, konnte das stimmungsvolle und passende Cover direkt mein Interesse wecken: Im Vordergrund stehen zwei Figuren seitlich zum Betrachter: Links steht ein Mann, dessen Blick auf die Landschaft und die im Hintergrund befindliche Burg gerichtet ist. Rechts steht eine Frau – ihr Blick geht in Richtung des Mannes – hierdurch wird das Profil der Frau sichtbar. Vor den beiden erstreckt sich eine üppige Weidenlandschaft, auf der auch einzelne Pferde zu sehen sind. Hinter den Weiden erhebt sich eine stattliche Burg. Durch den stark bewölkten und dunklen Himmel bricht über der Burg die Sonne hindurch. Besonders gefallen mit die goldenen Ranken, welche das Cover einrahmen und damit sehr edel wirken lässt.
Den Beginn des Buches macht eine kurze und liebevolle Widmung, dieser schließt sich ein kurzes Vorwort über den historischen Kontext an, danach beginnt direkt das erste Kapitel, welches im Oktober 1164 ansetzt. Mit dem 33. Kapitel endet das Buch dann im Oktober 1179. Es folgen ein kurzes Nachwort, die Personenliste und ein Glossar. Über die Personenliste habe ich mich sehr gefreut, da ich diese immer mal wieder gebraucht habe, wenn mir doch mal eine Figur und deren Hintergrund entglitten ist.
Die Handlung wird chronologisch erzählt und umfasst insgesamt 15 Jahre. Ich fand einen schnellen Zugang in die Geschichte und konnte und auch den vielen und vielfältigen Figuren gut folgen.

„»Lass das. Hilf dir lieber selbst. Wenn du deine Schwierigkeiten nicht aus der Welt räumen kannst – und das kannst du nicht – ,dann hör auf, dir die ganze Zeit leidzutun. Du willst mir nicht von deinen Sorgen erzählen, meinetwegen! Dann behalt sie für dich. Aber reiß dich zusammen und mach die Augen auf. Du bist nicht der unglücklichste Mensch der Welt, auch wenn es dir so vorzukommen scheint.«“

[Seite 222]

Viele der Figuren und auch der Handlungsort in „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ sind fiktiv, die Autorin erwähnt im Nachwort, dass „ein Teil ihrer Geschichte und ein Teil des Schicksals des dort herrschenden Grafensgeschlechts an die reale Sommerschenburg angelehnt“ sind. Es gibt auch einige historische Figuren – welche aber nicht die Hauptrollen spielen.
Im Mittelpunkt steht der zu Beginn der Handlung zwölfjährige fiktive Micha. Er muss von einem Moment auf den anderen erwachsen werden und ist dabei völlig auf sich allein gestellt. Doch er gibt sich, seine Träume und sein Erbe nicht leichtfertig auf – allerdings treibt ihn auch immer das immense Verlangen die Mörder seiner Familie zur Rechenschaft zu ziehen unermüdlich an. Seine Entwicklung von einem Jungen hin zu einem erwachsenen Mann ist außerordentlich gut und authentisch gelungen. Auch wenn ich nicht all seine Entscheidungen und Ansichten teilen konnte und auch sein mitunter gedankenloses Verhalten gegenüber seiner Ziehschwester Sibilla mich etwas verwunderten, litt ich mit Micha ab der ersten Seite mit und schloss ihn und seine sympathische Art schnell in mein Herz.
Bis zum Ende des Buches wirkt er rastlos und auf der Suche nach seinem Platz im Leben. Er ist einerseits sehr taff und stark, hat aber auch eine sensible und verletzliche Seite. Seine Liebe zu Pferden und Maultieren und sein stets respektvoller und sorgsamer Umgang mit diesen Tieren hat mir sehr gefallen und ich habe hier einiges neues erfahren und dazu gelernt.

„Micha zuckte mit den Schultern. »Es sind meist gar nicht so sehr die Hände, die viel bewirken. Ich verstehe vielleicht die Sprache der Pferde ein wenig besser als manch anderer, das ist alles.«“

[Seite 169]

An seiner Seite stehen einige weitere fiktive Figuren – allen voran Michas Ziehschwester Sibilla. Sie ist die Tochter des Maultierzüchters Adam und sie kämpft darum, dass sie ihren Vater bei seinen Geschäften unterstützen darf. Das ist kein leichtes Unterfangen in einer Zeit, in der Frauen nichts zu sagen hatten und unterdrückt wurden. Auch Sibilla lernt der Leser/ die Leserin als junges Mädchen kennen und sie entwickelt sich im weiteren Verlauf zu einer willensstarken und durchsetzungsfähigen Frau mit einer trotz allem feinfühligen Seite, welche sie aber unter einer harten Kruste zu verbergen versucht. Auch wenn sie zu den Menschen in ihrer Umgebung sehr direkt und ehrlich ist, schafft sie es nicht, sich Micha gegenüber zu öffnen und ihm ihre Gefühle für ihn zu gestehen. Auch ihre mehr oder weniger deutlichen Signale übersieht/ überhört er.
Auch die restliche Familie um Sibilla konnten mich mit ihren vielfältigen Lebensgeschichten und interessanten Entwicklungen begeistern – vor allem Adam, das Oberhaupt der Familie. Er ist ein aufmerksamer Mann, welcher auf den jungen Micha bei sich und der Familie aufnimmt und ihm damit ein neues Zuhause schenkt. Neben dem Wirt Kilian ist er einer der Charaktere, welche sehr viel Wärme und Geborgenheit in die Geschichte bringen.
Auch Michas beide Freunde Julius und Endris sind fiktiv und immer an Michas Seite. Eigentlich eine unmögliche Freundschaft und Verbundenheit, da Julius der jüngste Sohn von Michas Erzfeind ist. Doch die drei bilden eine gute Gemeinschaft.
Johanna, die Schwester von Endris, ist ein sehr unsteter und sprunghafter Charakter. Mit ihr wurde ich nie so richtig warm, auch wenn ihre ganze Lebensgeschichte sehr tragisch ist.
Die Familie um den Grafen Meinhard, sowie Vogt Borgward von Egersleben und auch dessen Familie sind fiktiv, konnten mich mit ihrer Ambivalenz überzeugen. Borgward ist von Beginn der undurchsichtige Bösewicht, welcher es immer wieder aufs Neue schafft, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und andere für seine Taten büßen zu lassen. Die gegenseitige Bedrohung von Micha und dem Vogt ist äußerst fühlbar.
Heinrich der Löwe, Herzog von Bayern und Sachsen ist der Vetter von Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) – die beiden sind zwei der historischen Persönlichkeiten in diesem Roman. Auch wenn die beiden Figuren und deren Geschichte nicht im Mittelpunkt stehen, sind diese für den Fortgang der Handlung sehr wichtig.
Diese beiden und weitere historische Figuren hat Martha Sophie Marcus wunderbar in ihre Geschichte mit eingebunden, verwebt sie gekonnt mit den Lebensgeschichten ihrer fiktiven Figuren und sie alle konnten mich mit ihrer Lebensechtheit, ihrer Vielfältigkeit und ihren packenden Lebensgeschichten überzeugen. Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren waren stets fühlbar und zogen mich schnell in diese spannende Geschichte hinein. Es sind Figuren, welche ich mit Sicherheit noch lange in meinem Herzen tragen werde und ich bin sehr gespannt, wie es mit einigen von ihnen im nächsten Band weitergehen wird.
Martha Sophie Marcus zeichnet mit ihren vielen Figuren authentisches Bild der damaligen Gesellschaft, welche durch die Ständegesellschaft und das Lehnswesen geprägt war. Zum ersten Stand gehörte der Klerus, also alle Geistlichen, zum zweiten Stand zählten die Adligen, den dritten Stand bildeten die Bauern und einfachen Bürger. Der größte Teil der Menschen im Mittelalter gehörte zum dritten Stand – etwa 90 Prozent waren Bauern.

„»So ist das Leben, Junge. Ein Mann ist entweder ein Bauer oder Knecht, der sich damit begnügt, was er hat. Oder er ist ein Krieger, der für den Kampf lebt und sich nie zufriedengibt. Oder er widmet sein Leben Gott, so wie ich. (…)«“

[Seite 273]

Nicht nur die Ständegesellschaft und das Lehnswesen prägten das Leben der Menschen im Mittelalter. Auch viele Krankheiten, Hunger, Kälte und politische Unruhen und Kriege bestimmten das Leben der Menschen. So kam es durch den aggressiven Herrschaftsausbau des Herzogs Heinrich in Sachsen und nördlich der Elbe zum Widerstand der anderen sächsischen „Großen“.
Diese akribisch recherchierten geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergründe werden in „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ sehr anschaulich dargestellt und ich konnte mit diesem gelungenen Reihenauftakt meinen geschichtlichen Horizont erweitern.
Von der ersten Seite an besticht die Geschichte durch ein hohes erzählerisches Tempo. Martha Sophie Marcus bildhafter, fesselnder und leidenschaftlicher Sprachstil nahm mich direkt mit in die Geschichte. Sie zeichnet ein starkes und unverzerrtes Bild der damaligen Zeit und schafft in ihrem Buch eine sehr dichte Atmosphäre, in welcher ich völlig abtauchen konnte. Nur ungern legte ich das Buch aus den Händen und die 447 Seiten flogen nur so dahin.

Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit einigen der Figuren im nächsten Band und bedanke mich ganz herzlich bei Martha Sophie Marcus für dieses lehrreiche, packende und erkenntniserweiternde Leseerlebnis.

Fazit: „Das Gold der Weiden – Der Sturz des Löwen“ ist ein rundum gelungener Reihenauftakt. Mit einer wunderbaren Mischung aus fiktiven und historischen Figuren, einem spannenden geschichtlichen Hintergrund und mit hohem erzählerischen Tempo ist dieses Buch wie eine Reise in längst vergangene Zeiten. Sehr lesens- und empfehlenswert!

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Sommertage im Quartier Latin “

von Lily Martin

[Werbung*]

Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 01. Juli 2023 eBook, 18. Juli 2023 Taschenbuch
Verlag: Rowohlt
Ausgabe: Taschenbuch und eBook
ISBN: 978-3499011375
Seitenanzahl: 320
Preis: 4,99€ (eBook), 12€ (Taschenbuch)
Reihe: „Paris und die Liebe 01/02)“

Homepage:
https://www.rowohlt.de/buch/lily-martin-sommertage-im-quartier-latin-9783644015890

Klappentext:
Lola Mercier ist lange rastlos in der Welt herumgereist. Als ihre Großmutter Rose jedoch überraschend verschwindet, kehrt sie zurück in ihre Heimatstadt Paris. Mit gemischten Gefühlen begibt sie sich auf Spurensuche im Quartier Latin, dem Viertel ihrer Kindheit und Jugend. Hier begegnet sie alten Bekannten wieder – wie der betagten Opernsängerin Jacobine oder dem Verkäufer Pierre, der seine Lebkuchenherzen mit klugen Sprüchen verziert. Vor allem aber verbringt Lola viel Zeit im Café des Artisans. Es ist das Herz des Viertels, hier gibt es die besten Croissants und den leckersten Café au Lait. Mit dem Besitzer Fabien verbindet Lola eine kleine romantische Erinnerung. Aber das ist lange her, und Lola will eigentlich bald weiterziehen. Doch sie ahnt nicht, wie sehr dieser Sommer in Paris ihr Leben verändern wird …
Hier schreibt Bestsellerautorin Anne Stern unter dem Namen Lily Martin: Jeder Sommer erzählt eine neue Geschichte. Jede Geschichte ein neues Glück.“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin und vom Rowohlt Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

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„«Es kommt nicht darauf an, jemand anderes zu werden. Es geht darum, der zu werden, der man ist. Der man schon immer war! Diese Person tief in uns drinnen zu finden, die uns ausmacht – und endlich ganz und gar zu ihr zu stehen. Dann erst leben wir und existieren nicht nur.»

[S. 121/ 122]

Das Buch „Sommertage im Quartier Latin“ von Lily Martin ist ein zeitgenössischer Roman, welcher in Paris spielt und zeigt, wie eine junge Frau auf der Suche nach ihrer Großmutter in ihre Heimatstadt Paris zurückkehrt.

Lola Mercier ist lange in der Welt umher gereist und hat ihre Heimatstadt Paris damit längst hinter sich gelassen. Doch plötzlich erhält sie einen Anruf von ihrem Vater: Ihre Großmutter Rose ist völlig überraschend und spurlos verschwunden. Mit großer Sorge kehrt Lola in ihre Heimat zurück und begibt sich im Quartier Latin sofort auf Spurensuche.
Immer wieder trifft sie in dem Viertel ihrer Kindheit und Jugend auf Menschen aus ihrer Vergangenheit – unter anderen auch auf Fabien, welcher stolzer Besitzer eines gut etablierten Cafés ist, und mit dem sie eine kleine Erinnerung aus der Jugendzeit teilt. Lange möchte Lola nicht in Paris bleiben, sie will weiterziehen. Doch das Geheimnis um ihre Großmutter wird immer größer und undurchsichtiger und verändert auch Lolas bisheriges Leben komplett.

Lily Martin ist das Pseudonym von Anne Stern, welche schon seit vielen Jahren zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen gehört. Mit ihren vielfältigen historischen Romanen, vor allem mit der Buchreihe um die Hebamme „Fräulein Gold“ hat sie sich für immer in mein Leseherz geschrieben und ich fiebere jeder Neuerscheinung monatelang entgegen.
Als sie im April 2023 ankündigte, dass sie unter dem Namen Lily Martin einen zeitgenössischen Roman welcher in Paris spielt herausbringt, war mein Interesse schnell geweckt. Ich war noch nie in Paris, diese Stadt ist schon lange ein absoluter Sehnsuchtsort von mir. Irgendwann möchte ich nach Paris – bis dahin reise ich gerne mit Hilfe von Büchern dort hin.
Anne Stern hat mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar von „Sommertage im Quartier Latin“ vermittelt, welches mir der Rowohlt Verlag zugesendet hat. Dafür bedanke ich mich an dieser Stelle ganz herzlich.

Ich habe das Buch als Taschenbuch gelesen: Dies ist eine sehr hochwertige Klappbroschur, welche mit vielen kleinen und liebenswerten Details ausgeschmückt ist.
Auf der vorderen Klappe ist der Beginn des Prologs abgedruckt, im inneren befindet sich ein liebevoll gestalteter Stadtplan-Ausschnitt, auf der man direkt sehen kann, wo das Buch hauptsächlich spielt. Auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin mit einer kurzen Biographie und einem Foto vorgestellt, die innere Klappe greift die Motive des Covers auf.
Das Cover ist in zarten rosa-lila Tönen gehalten und mit gemalten Macarons und einem Croissant verschönert. Zusammen mit dem in gelb gehaltenen Buchtitel und Autoinnennamen wirkt das gesamte Cover sehr leicht, sommerlich und es wird schnell klar, dass es in Paris spielt.
Den Anfang des Buches bildet ein stimmungsvolles Zitat von Ernest Hemingway, danach folgt der Prolog, in welchem uns die Autorin selbst in ihre Geschichte einlädt und bereits einen kleinen Ausblick auf die Handlungen gibt.
Der anschließende erzählende Teil umfasst insgesamt 37 Kapitel, welche alle eine angenehme Länge besitzen. Mit dem Epilog, welcher im selben Stil wie der Prolog geschrieben und gleichzeitig auch ein Nachwort ist, wird das Buch gebührend abgeschlossen.
Die Handlung wird chronologisch erzählt und umfasst insgesamt nur wenige Tage. Ich fand einen schnellen Zugang in die Geschichte und konnte und auch den vielen und vielfältigen Figuren stets gut folgen.

„Hatte sich treiben lassen […], hatte Jobs angenommen und wieder sausen lassen, hatte Männer kennengelernt und wieder verlassen, war rastlos gewesen. Sie fragte sich, ob es allen Menschen so ging, wenn sie erwachsen – dass sie aus den Straßen der Kindheit fliehen mussten? Dass sie lieber nicht zurückblicken wollten?“

[Seite 21]

Lola steht im Mittelpunkt der Geschichte und ist eine junge Frau, welche sehr früh ihre Mutter verloren hat und einige Zeit rastlos in der Welt herumgereist ist. Sie ist sich für keine Arbeit zu schade, probiert gerne Neues aus und ist überall und nirgends zuhause. Sie liebt ihre Unabhängigkeit, doch als sie vom plötzlichen Verschwinden ihrer Großmutter Rose erfährt, ist sie bereit, sofort wieder in ihre Heimatstadt zurückzukehren. Sie nimmt sich vor, dass es nur um ein paar Tage handeln soll, in denen sie sich auf Spurensuche macht, doch die vielen Erinnerungen drohen sie zu überwältigen. Sie sieht in ihrer oft strengen Großmutter noch das letzte verbliebene Band zu ihrer Mutter, welche sie auch nach vielen Jahren noch immer schmerzlich vermisst. Lola ist kreativ und direkt und stets auf der Suche nach ihrem Platz im Leben.
Auch wenn sie auf den ersten Blick taff und selbstbewusst wirkt, erkennt man auf den zweiten Blick ihre Sensibilität und auch ihre tiefe Verletzungen.

„Die Laternen malten schimmernde Kreise in den schwarzen Himmel, und Lola spürte, wie eine alte, zwiespältige Sehnsucht nach ihr griff. Die Sehnsucht nach Abenteuer und gleichzeitig nach Geborgenheit, nach Aufbruch, aber auch nach Ankommen in dieser Stadt. Danach, endlich zu wissen, wohin sie gehörte – und eine neue Lola zu werden, sich in einem neuen Licht zu sehen.“

[Seite 99]

„Lola hatte eine Aura um sich, die schon als Kind jeden in ihren Bann geschlagen hatte – eine Mischung aus Stärke, Sturheit und Sensibilität. Gerade dieser Gegensatz war reizvoll und machte vielleicht sogar ihre besondere Schönheit aus.“

[Seite 144]

Ich habe Lola ab der ersten Seite sehr gemocht, da sie sehr lebensecht gezeichnet ist, nie überdreht wirkt und immer hilfsbereit und ehrlich ist.
An ihrer Seite ist ihr ehemaliger Schulkamerad Fabien, mit welchem Lola eine romantische Erinnerung aus der Jugend teilt. Fabien ist schon seit Ewigkeiten heimlich in Lola verliebt, andere Frauen können gegen sie nicht ankommen. Auch wenn Fabien mit einem eigenen und gut laufenden Café seinen Lebenstraum erfüllt hat, scheint auch er in seinem Privatleben rast- und ruhelos zu sein. Auch wenn sein Charakter etwas undurchschaubarer und weniger greifbarer ist als der von Lola, konnte ich Fabien und seinen Beweggründen immer gut folgen.
Lolas Vater Émile hat mit Ninette eine neue Frau an seiner Seite gefunden. Die Beiden verbindet eine ehrliche und respektvolle Liebe zueinander, auch wenn sie charakterlich sehr unterschiedlich sind: Émile ist ein sehr ruhiger und in sich gekehrter Mann, wohingegen Ninette ist eine sehr extrovertierte und quirlige Frau ist. Beide sind jedoch herzensgute und ehrliche Menschen.
Die tragische Geschichte von Lolas Großmutter Rose enthüllt sich erst nach und nach. Auch wenn sie nicht persönlich im Buch auftritt, ist sehr präsent – schon allein durch die Beschreibungen ihrer kleinen und gemütlichen Wohnung und die von Lola aufgefundenen Briefe.
Ganz besonders berührt und beeindruckt hat mich die Geschichte des Lebkuchen-Bäckers und Verkäufers Pierre Leco. Er wirkt, wie etwas aus der Zeit gefallen und lebt sein einfaches Leben in Paris, fernab von Luxus und Glamour und ist für die ein oder andere Überraschung gut.
Es sind die vielen kleinen Geschichten ihrer vielfältigen und sympathischen Figuren, welche Lily Martin (Anne Stern) zu einer großen und gelungenen Geschichte vereint. Alle Figuren sind miteinander und untereinander verbunden, ihre Schicksale, Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen sind stets fass- und fühlbar und zogen mich schnell in die emotionale und herzerwärmende Geschichte hinein.

«Jeder hat seine Geschichte. Alle, die heute alt sind, waren einmal jung. Alle haben Sehnsüchte, alle lieben, alle hassen, leiden, verzeihen und hoffen – jeder aus einem ganz eigenen Grund. Und doch haben all diese Gründe denselben Ursprung tief in uns, egal, wer wir sind, wie alt wir sind oder was das Leben mit uns gemacht hat. Ist das nicht verrückt?»“

[S. 201]

Vor allem konnte mich der poetische, bildhafte und detaillierte Sprachstil der Autorin mit in die Geschichte nehmen. Vor dem inneren Auge bauen sich die Bilder von Paris und dem Quartier Latin auf, in welchem man gefühlt spazieren geht, man atmet die großartige Atmosphäre ein, hört die typischen Chansons und erlebt all die großen und kleinen Geschichten seiner Bewohner.
Dies alles – die gut zu verfolgende Handlung, die dichte und einnehmende Atmosphäre, die lebensechten Figuren und die poetische Sprache – sorgten dafür, dass ich völlig in die Geschichte eintauchen konnte und die 320 Seiten nur so dahin flogen. Man merkt einfach, wie sehr die Autorin Paris kennt und vor allem liebt.
Es ist eine leichte Geschichte, welche aber niemals ins Kitschige und Seichte abrutscht und von der ich mir gewünscht habe, dass sie niemals enden möge.
Ich bin gespannt auf den nächsten Roman von Lily Martin und freue mich darauf, schon bald wieder gedanklich nach Paris zu reisen.
Am Ende dieser Rezension bedanke ich mich ganz herzlich bei Lily Martin (Anne Stern) für dieses, etwas andere Leseerlebnis. Der Sprung von den historischen Romanen zum zeitgenössischen Roman ist wunderbar gelungen – bitte mehr davon.

Fazit: Das Buch „Sommertage im Quartier Latin“ ist ein wunderbarer und leichter Roman, welcher einen ab der ersten Seite mit nach Paris nimmt. Aus vielen kleinen Geschichten wird eine große Geschichte, die von und mit unterschiedlichen und absolut liebenswerten Charakteren lebt. Sehr lesenswert und einfach die perfekte Urlaubslektüre.

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Der Mann, dessen Badewanne im Garten steht“

von Virginia Anemona

[Werbung*]

Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 07. Juli 2023
Verlag: Selbstverlag
Ausgabe: Taschenbuch
ISBN: 978-3757561475
Seitenanzahl: 516 Seiten
Preis: 18,99€ (Taschenbuch)

Homepage:
http://www.virginia-anemona.cookypool.net/index.html

Klappentext:
„Kurt ist voll Trauer um seine verstorbene Frau Anne. Er sieht keinen Sinn mehr im eigenen Dasein, aber versprach seiner Frau einst, nicht aufzugeben. Nun kümmert er sich um den Garten samt all den besonderen Blumen und wartet, ohne zu wissen, worauf.
Alexanders Eltern bestimmen das Leben ihres Sohnes durch strikte Regeln. Obwohl Alexander ein Heim, saubere Kleidung und stets genug zu essen hat, fühlt er, dass ihm bei all dem etwas Wichtiges fehlt. Während seiner täglichen Pflichten, spendet ihm nur seine eigene Vorstellungskraft Trost. Eines Tages beschließt Alexander, eine der Regeln zu brechen. Er schleicht sich in den Garten seines Nachbarn Kurt, auf der Suche nach einem Funken Freiheit. Eine Geschichte über die Schwere des Lebens und die Kraft wahrer Freundschaft.“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars und Goodies muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
– Hier findet ihr meine ausführliche Rezensionen zu „Ajena und der Wasserperlenbaum“ und „Ajena im Raum der Spiegel“.

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Das Buch „Der Mann, dessen Badewanne im Garten steht“ von Virginia Anemona ist ein Roman mit übersinnlichen Elementen und erzählt eine mitreißende und emotionale Geschichte über Hoffnung, Liebe und wahre Freundschaft.

Nach dem plötzlichen Tod seiner Frau Anne ist Kurt in seiner unermesslichen Trauer gefangen. Er kümmert sich um den Garten, welchen er zusammen mit Anne angelegt hat. Während er die besonderen Blumen hegt und pflegt, wird er sich darüber klar, dass er mit dem Tod seiner Frau auch seinen Sinn im Leben verloren hat.
Der vierzehnjährige Alexander wohnt im Nachbarhaus, sein Leben wird von strikten Regeln und Ritualen bestimmt, welche ihm seine Eltern auferlegen. Vergnügungen, Zuwendungen oder auch Liebe kennt Alexander seit seiner Geburt nicht. Jeden Tag muss er die gleichen Aufgaben verrichten und es erwarten ihn beim kleinsten Ungehorsam drastische Strafen.
Als Alexander sich heimlich in den Garten seines Nachbarn Kurt schleicht, findet er dort nicht nur ein kleines Stück Freiheit, sondern auch die Zuwendung, nach der er sich so sehnt. Kurt hingegen findet wieder einen Funken Hoffnung – sein Leben bekommt mit Alexander wieder einen Sinn.

Mitte Februar 2022 schrieb mich die Autorin Virginia Anemona auf Instagram an und fragte, ob ich Interesse habe, ihre beiden Bücher „Ajena und der Wasserperlenbaum“ und „Ajena im Raum der Spiegel“ zu lesen und zu rezensieren. In diesen Büchern thematisiert sie ihre Lebensgeschichte, ihre Erfahrungen mit Mobbing/ Gewalt in der Schule und luzides Träumen.
Die beiden Bücher verlangten mir einiges ab, da es immer wieder Parallelen zu meiner persönlichen Lebensgeschichte gab. Jedoch machten mir die Geschichten auch Mut und zeigten mir, dass man mit den Themen Mobbing, Gewalt an der Schule und seelischen Krankheiten nicht alleine ist.

Auch nach dem ich die Bücher beendet habe, stand ich weiterhin mit der sympathischen Autorin auf Instagram in Kontakt. Als sie im Entstehungsprozess des Buches im November 2022 anfragte, ob ich auch dieses Buch lesen und rezensieren möchte, musste ich nicht lange überlegen und sagte direkt zu.
Mitte Juni 2023 erreichte mich das Buch in einem wunderschön gepackten Paket mit einigen liebevoll ausgesuchten und von der Autorin gestalteten Buch-Goodies. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön dafür – ich habe mich so sehr gefreut.

Im Mittelpunkt des Covers befindet sich eine weiße Badewanne, welche auf einer Wiese steht. Vor, hinter, neben und unter der Badewanne befinden sich bunt blühende und leuchtende Blumen. Am linken Rand ist der Stamm eines Baums zu sehen, dessen Ast über der Badewanne ragt. Über der Badewanne erhebt sich die Dunkelheit, unterbrochen von einem blauen Stück des sternenklaren Himmels. Schon als ich dieses atmosphärische Cover im November zum ersten Mal sah, war ich völlig verzaubert. Zusammen mit dem außergewöhnlichen Buchtitel weckte dieses Cover direkt mein Interesse an dieser Geschichte.

Ein Blick in das Buch zeigt, dass diese wunderschöne Gestaltung im inneren des Buches fortgesetzt wird. Der Text wird immer wieder von schwarz-weißen Zeichnungen unterbrochen, welche den Text damit hervorheben und betonen.
Nach der Widmung des Buches folgt die ‚Content-Note‘ in der daraufhin gewiesen wird, dass dieses Buch „einige schwere Themen, die für Menschen mit Trauma-Hintergrund problematisch sein könnten“ behandelt. Die Auflistung bestimmter Grundthemen, welche Trigger sein könnten, findet sich auf der letzten Seite. Dem Impressum folgt ein sehr stimmungsvolles Zitat von Wilhelm Raabe, dann beginnt der erzählende Teil des Buches.
Zum Ende des Hauptteils schließen die Danksagung, die Biographie und Buchempfehlungen der Autorin, sowie die erweiterte ‚Content-Note‘ das Buch ab.
Die Gesamthandlung gliedert sich in keine Kapitel auf, die Handlung wird abwechselnd aus der direkten Sicht von Alexander und Kurt chronologisch erzählt – durch Überschriften weiß man, wer gerade erzählt.

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die beiden Hauptfiguren Alexander und Kurt. Beide Hauptfiguren konnten mich hierbei mit ihren Lebensgeschichten, ihren authentischen Handlungen und aufwühlenden Erlebnissen sehr überzeugen, vor allem aber tief, sehr tief berühren.

„Mir kam der Gedanke, dass es genau das war, was mir zuhause fehlte: jemand, der sich mir auf eine sanfte Art zuwandte.“

[Seite 97]

Alexander ist zu Beginn des Buches 14 Jahre alt, er wird im Laufe der Geschichte 15. Er ist ein Junge, dem es auf den ersten Blick an nichts fehlt. Er hat genug zu essen, (zu) viele Klamotten und ein Zuhause. Doch ihm fehlt etwas. Erst als er Kurt kennenlernt, erkennt er, dass in seinem Elternhaus die Zuwendung, die Liebe, die Freude und das Verständnis keinen Platz hat.
Alexander wird von seiner distanzierten und pedantischen Mutter psychisch vernachlässigt, von seinem aggressiven und bestimmenden Vater seelisch und auch körperlich misshandelt. Trotz dieser schlimmen Verhältnisse behält sich der intelligente Alexander seinen Mut und seine Schlagfertigkeit bei und bleibt stets liebevoll – und vor allem liebenswert. Er fällt im Buch sehr tief und schlägt dabei immer wieder hart auf, doch er richtet sich direkt danach auf und er ist sogar bereit, sich selbst für seine Freunde aufzugeben.

„»Das Grauen dieser Welt kann unserer Freundschaft niemals etwas anhaben« …

[Seite 324]

Während ich Alexander ab der ersten Seite in mein Herz geschlossen habe, stießen mich seine Eltern und die vielen (erwachsenen) Bekannten und ihr Verhalten direkt ab. Diese unfassbare Kühle, Distanziertheit und Aggressivität mit der Alexander täglich konfrontiert ist, machten mich sprachlos, vor allem aber wütend. Sie alle sind gleichgültig, gemein und ihr Verhalten war für mich stellenweise einfach unerträglich.
Doch nicht nur Alexanders Eltern machen ihm das Leben schwer, sondern auch eine weitere Figur. Diese Passagen, in denen Alexander an seine Grenzen des Belastbaren gebracht wird und eine ungeheure Brutalität erlebt, sorgten dafür, dass ich das Buch immer wieder mit zitternden Händen und Tränen in den Augen zur Seite legen musste. Ich möchte auf diesen Handlungsstrang und die darin vorkommenden Figuren nicht näher eingehen, da ich sonst zu viel vorwegnehme.

„Wieder wurde mir bewusst, dass sie fort war und es mir nicht möglich war, an dieser Tatsache etwas zu ändern. Der Mensch, mit dem mich am allermeisten verband, war einfach weg.“

[Seite 82]

Neben Alexander spielt Kurt eine tragende Rolle in diesem Buch. Kurt ist der Mann, dessen Badewanne im Garten steht. Nach dem plötzlichen Tod seiner Frau scheint er jeden Sinn im Leben verloren zu haben.

„»Womöglich. Vielleicht … sehr wahrscheinlich … auf jeden Fall war Anne mein Sinn. …«“

[Seite 202]

Kurt ist ein tief verletzter und seelisch labiler Mensch. Nachdem er Alexander kennengelernt hat, lernt der Leser/ die Leserin Kurts tiefsinnige, feinfühlige und herzensgute Seite kennen. Mit viel Gespür und Gefühl nährt er sich Alexander an, dabei umweht ihn stets eine gewisse Melancholie und Tiefsinnigkeit. Die Beiden führen anrührende, aufwühlende und philosophische Gespräche, welche beiden helfen, ihr Leben und ihre Vergangenheit anders zu betrachten und zu bewerten.

„»Ich glaube nicht, dass das seltsam ist. Vielleicht verliebt man sich mit der Zeit auch in einige der Dinge, die der andere liebt. Immerhin sind es Dinge, welche die Person erfreuen, die man gerne glücklich sieht und somit stellt man wohl auch selbst eine Verbindung zu diesen Sachen her, selbst wenn man sie zuvor nicht sonderlich mochte oder sie vielleicht nicht verstanden hat.«“

[Seite 136]

Sie merken schnell, dass sie durch wahre Freundschaft und gegenseitigen Respekt miteinander verbunden sind und sie mit dem jeweils anderen nicht mehr alleine im Leben sind.

„»Du musst nur nach oben schauen, wir haben dasselbe Sternenkleid, Du bist nie allein, vergiss das nicht.«“

[Seite 108]

Das Bindeglied zwischen den beiden Hauptfiguren ist der Garten von Kurt. Einst von Anne liebevoll angelegt und gepflegt, kümmert sich Kurt nun um die vielfältigen und besonderen Pflanzen. Während für Kurt der Garten viel Vergangenheit bedeutet, bietet dieser Alexander einen Fluchtpunkt und etwas völlig Neues: Ein Stückchen Freiheit.

„Dieser Garten war definitiv das Gegenteil von unserem und ich kam mir vor, als hätte ich den Weg ins Wunderland gefunden.“

[Seite 26]

In diesem Garten wachsen ganz besondere Blumen, welche in ihrer Art und ihrer Lebensform den beiden Protagonisten ähneln.

»Das sind Nachtblüher, also Blumen, die ihre Blüten erst nachts öffnen. Mit dem Leuchten hast du recht. Diese Blumenarten leuchten im Schein des Mondes.«
»Wow! Und was passiert am Tag mit ihnen?«

»Da haben sie ihre Blüten geschlossen und wirken fast welk.«
»Sie sind also nachtaktiv?«

»So ist es.«
»Dann sind sie wie wir«, schlussfolgerte ich.“

[Seite 74]

Virginia Anemona versteht es vortrefflich ihre vielen und vielfältigen Figuren mit vielen Facetten auszukleiden. Viele von ihnen konnten mich mit einem Sinneswandel überraschen, einige schloss ich schnell in mein Herz, während mich andere mit ihrem Verhalten einfach nur abstießen.
Es sind Figuren und vor allem Geschichten und Schicksale, welche ich noch lange in meinem Herzen tragen werde.
Die Autorin hat einen wunderbaren, bildhaften, authentischen und drastischen Sprachstil, welcher mich von der ersten Seite an mit in die Geschichte genommen hat. Auch wenn mich diese mitunter sehr aufwühlte und an meine Grenzen brachte, musste und wollte ich immer weiter lesen. Eine große Anzahl an schwierigen Themen, wie Trauer und Verlust, Suizidgedanken, körperliche und seelische Misshandlung, sowie psychische Vernachlässigung und sexualisierte Gewalt werden in dem Buch „Der Mann dessen Badewanne im Garten steht“ thematisiert. Diese Themen werden größtenteils aus der direkten Sicht der Protagonisten beschrieben, was zu einer hohen Authentizität führt. Virginia Anemona zeigt, dass diese Themen in unserer Gesellschaft stattfinden und zeigt, wie wichtig es ist, dass wir als Gesellschaft wachsam bleiben, um diese Missstände zu erkennen. Neben all dem Schrecken und Grauen, zu welchem der Mensch fähig ist, zeigt diese Geschichte aber auch eindrucksvoll das Schönste der Menschheit: Die Liebe und Freundschaft zueinander.

Am Ende dieser Rezension möchte ich mich bei Virginia Anemona für dieses großartige, mitreißende, zerstörende und aufbauende Leseerlebnis bedanken – zusätzlich geht aber auch ein großes Dankeschön an die Autorin raus, weil sie mich immer wieder mit privaten Nachrichten aufgefangen hat und immer ansprechbar ist. Danke!

Fazit: Nein, das Buch ist kein ‚Feel-Good-Roman‘ … und trotzdem, oder gerade deshalb, konnte mich diese mitreißende Geschichte abholen.
Stellenweise musste ich das Buch mit zitternden Händen und Tränen in den Augen zur Seite legen, um kurz darauf gespannt weiterzulesen.
Es ist eine Geschichte über Tod, Verlust und Trauer, über körperliche und seelische Misshandlung, psychische Vernachlässigung und Suizidgedanken. Vor allem ist es aber eine Geschichte der Hoffnung und der Freundschaft. Absolut lesenswert!

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Der Verrat der Kaufmannswitwe“

von Silke Elzner

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 06. Juli 2023
Verlag: Selbstverlag
Ausgabe: Taschenbuch und eBook
ISBN: 978-3-757560973
Seitenanzahl: 548 Seiten
Preis: 18,95€ (Taschenbuch), 4,99€ (eBook)

Homepage: https://silkeelzner.de/der-verrat-der-kaufmannswitwe/

Klappentext:
Im Jahre des Herrn 1376:
Eingeschneit auf Burg Altena verbringt die Magd Beleke einen romantischen Winter mit Ritter Rotger. Als ihr aufgeht, dass sie ein Kind erwartet, ist Rotger längst abgereist. Von der Familie verstoßen, zieht sie ihm hinterher, doch ihre gefahrvolle Suche endet vorerst in der Stadt Dortmund.
Eine Kaufmannswitwe nimmt die mittellose Beleke in ihr Haus auf. Die neue Herrin ist gütig und fürsorglich, doch sie hütet ein dunkles Geheimnis – ein Geheimnis, das sie alle in Gefahr bringt.
Eine packende Geschichte über die Verräterin von Dortmund, Agnes von der Vierbecke, und die „Große Fehde“ mit den Grafen von der Mark.“

Hinweise:
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin als kostenloses Rezensionsexemplar in Form eines eBooks und Taschenbuchs zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!
– Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder.
– Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.
Hier findet ihr meine ausführliche Rezension zu „Die letzte Fehde an der Havel“.

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Das Buch „Der Verrat der Kaufmannswitwe“ von Silke Elzner ist ein historischer Roman, welcher im 14. Jahrhundert in Dortmund spielt und den Verrat der Dortmunder Bürgerin Agnes von der Vierbecke zeigt, aus welchen sich die „Große Fehde“ mit dem Grafen von der Mark entwickelte.

Im Jahr 1376: Die junge Beleke wird von ihren Eltern als Magd auf die Burg Altena geschickt. Hier muss sie schwer arbeiten, lernt aber auch den gutaussehenden Ritter Rotger kennen – und lieben. Während die Bewohner der Burg eingeschneit sind, kommen sich die Beiden näher. Als Rotger abgereist ist, erkennt Beleke, dass sie schwanger ist. Ihre Familie verstößt sie und so reißt Beleke Rotger hinterher – völlig mittellos und in ständiger Gefahr. Sie landet in der Stadt Dortmund, wo Beleke von der fürsorglichen Kaufmannswitwe Agnes von der Vierbecke aufgenommen wird.
Doch ein wohl gehütetes Geheimnis der Kaufmannswitwe bringt alle in große Gefahr.

Im September 2022 erhielt ich das Buch „Die letzte Fehde an der Havel“ von Silke Elzner als Rezensionsexemplar und war von der Geschichte sehr begeistert – vor allem überraschten mich die authentischen und vielfältigen Figuren mit ihrer charakterlichen Tiefe und Wechselhaftigkeit.
Ich freute mich sehr, als die Autorin Ende Mai 2023 ihr neues Buch „Der Verrat der Kaufmannswitwe“ ankündigte, da die Zeit, in der das Buch spielt, vor allem aber der Handlungsort sofort mein Interesse geweckt haben. Ich konnte es kaum erwarten, endlich dieses Buch zu lesen.
Freundlicherweise habe ich das Buch von der Autorin als vorzeitiges Rezensionsexemplar zugesendet bekommen, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanke.
Als ich 2014 und 2021 in Dortmund in einer Buchhandlung nach einem historischen Roman aus der Gegend fragte, konnte mir leider nichts empfohlen werden – denn es gab nichts. Was freute ich mich, als ich sah, dass dieses Buch nun genau dort spielt und auch noch in einer meiner bevorzugten Epoche: Im Spätmittelalter (ca. 1250 bis ca. 1500). Es ist eine sehr interessante aber auch brutale Zeit, welche von der Großen Hungersnot 1315–1317, dem Schwarzen Tod und dem Hundertjährigen Krieg (1337 – 1453) geprägt wurde. Kälte, Krankheiten, politische Unruhen, hohe Kriminalität und geringer Verdienst waren in der Bevölkerung verbreitete Probleme.
Der Name Agnes von der Vierbecke sagte mir allerdings nichts und ich war sehr gespannt, wie dieses Buch meinen geschichtlichen Horizont erweiterten könnte.

Neben dem Klappentext zog mich das sehr ansprechende und stimmige Cover an: Zu sehen ist das Portrait einer Frau. Ihre dunklen Haare sind in der Mitte gescheitelt und straff zusammen gebunden. Mit einem durchdringenden Blick sieht sie direkt den Betrachter an. Ihr prächtiges dunkles Kleid wird mit einem zusätzlich sehr opulenten Geschmeide vervollständigt. Der Hintergrund des Bildes ist dunkel, Kleid und Hintergrund vereinen sich nach unten hin. Umrandet wird das Bild mit einem prunkvollen Goldrahmen, wodurch das Cover wie ein Gemälde wirkt.

Das Taschenbuch ist sehr hochwertig und kunstvoll gestaltet: Der Klappentext auf der Rückseite ist ebenfalls mit einem Goldrahmen versehen. Zudem ist der Buchrücken der absolute Hingucker und außerordentlich schön gestaltet – dadurch wirkt es wie ein altes gebundenes Buch.
Im Inneren des Buches befindet sich eine Karte, auf welcher die Hauthandlungsorte zu sehen sind. Es folgt ein umfangreiches Personenregister, dann die beiden Hauptteile des Buches. Mit dem ausführlichen Nachwort, der Danksagung der Autorin und einer Kurzbiographie der Autorin wird das Buch abgeschlossen.
Die Gesamthandlung des Buches umfasst 12 Jahre und spaltet sich in insgesamt 38 Kapitel und zwei Teile auf: Der erste Teil setzt im Jahr 1376 in Altena an und endet 1378, der zweite Teil beginnt dann 10 Jahre später.

Ab der ersten Seite konnte mich die Geschichte und die vielfältigen Figuren in ihren Bann ziehen. Es ist, wie der Blick in das Personenregister zeigt, eine gelungene Mischung aus historischen und fiktiven Figuren.
Beleke und Rotger und ihre Geschichten sind fiktiv, sie werden von der Autorin sehr authentisch dargestellt und fügen sich wunderbar in das historische Umfeld ein.
Ich mochte Beleke schnell sehr gerne: Sie ist zu Beginn ein junges und etwas naives Mädchen, welches sich gerne aus ihrer tristen Realität in farbenfrohe Tagträume flüchtet. Als sie dann als Magd auf der Burg arbeitet, wird sie vom wahren Leben eingeholt und sie muss schneller erwachsen werden und Verantwortung übernehmen, als sie es sich vorstellen vermag.

„Auf den Weg, dachte sie verbittert. Nur wo sollte sie hin? Niemand wollte sie mehr haben.“

[Kapitel 10]

Beleke ist eine Kämpferin, welche immer wieder aufsteht und sich nicht so schnell unterkriegen lässt. Sie entwickelt sich während der insgesamt zwölf Jahre umspannenden Handlung von einem etwas leichtgläubigen Mädchen zu einer erwachsenen Frau und Mutter.
Rotger hingegen ist zu Beginn der Geschichte bereits vom Leben gezeichnet und hat viele Erfahrungen und Erlebnisse hinter sich. Er ist ein schwer zu durchschauender Charakter, einerseits ist er Beleke gegenüber liebevoll, auf der anderen Seite ist er der kaltblütige Ritter, welcher auch gerne mehr trinkt, als ihm gut tut. Von seinen Eltern verstoßen führt er ein Leben, welches von Verlust, Unstetigkeit und Kampf geprägt ist. Beleke schafft es, seine harte Schale ein Stück weit zu knacken und den verletzten Menschen darunter zum Vorschein zu bringen.

„Der Schmerz, den er seit der Jugend in seinem Herzen verschlossen gehalten hatte, war in den letzten Tagen mehrmals durch ihre Anteilnahme hervorgebrochen, und er hatte selbst bemerkt, wie tröstend ihr geduldiges Ohr war.“

[Kapitel 6]

Einerseits stieß mich sein Denken und Handeln gegenüber Frauen ab, seine verletzliche Seite macht bei diesen mitunter kühlen und berechnenden Charakter aber auch viel aus.
Neben diesen beiden fiktiven Figuren steht die historische Agnes von der Vierbecke im Mittelpunkt der Geschichte. Wie ich bereits weiter zu Beginn der Rezension erwähnt habe, sagte mit dieser Name bisher noch nichts, dank diesem Roman habe ich nun ein Bild dieser ungewöhnlichen Frau. Silke Elzner beschreibt die Gefühlswelt von Agnes (im Roman oft Neyse genannt) sehr detailliert und schafft mit ihr eine Figur, deren mitreißendesund grausames Schicksalich so schnell nicht mehr vergessen werde.
Sie steht nach dem Tod ihres Ehemanns völlig unter der Fuchtel ihres Schwagers. Ihr persönliches Glück bringt sie in Dortmund schnell in Verruf.

„»Du und ich, wir beide wissen, dass es ein Gerücht ist, in die Welt gesetzt von Zankweibern, die nur neidisch sind, dass sie wie Sperlinge in ihrem bedeutungslosen Leben gefangen sind. Wohingegen du strahlst und schillerst wie ein Eisvogel. Sie wollen so sein wie du, meine Teure, und weil sie es nicht können, streben sie danach, dich zu vernichten.«“

[Kapitel 21]

Neyse ist ein herzensguter Mensch – ihr liegen die Armen sehr am Herzen und und kann mit ihrer gütigen und gleichzeitig strengen Art und Weise vielen ein neues Leben ermöglichen. Zeitgleich wirkt sie aber auch ungestüm und lässt sich zu schnell von ihrem Herzen leiten.
Über die historische Agnes und ihre Lebensumstände ist recht wenig bekannt. Silke Elzner verwebt in ihrem Roman Fakten und Fiktion und baut um und mit den gesicherten Erkenntnisse herum eine sehr glaubhafte Geschichte auf.
Neben diesen Hauptfiguren gibt es noch einige weitere Figuren, auf welche ich aber nicht detailliert eingehen möchte, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme.
Silke Elzner hat einigen historischen Figuren nachgespürt und zeigt Menschen mit Ängsten und Selbstzweifeln. Sie alle hatten Träume, Wünsche und Ziele. Diese historischen und auch die vielen fiktiven Figuren konnten mich mit ihrer Lebensechtheit, ihrer Vielfältigkeit und ihren packenden Lebensgeschichten überzeugen. Auch die Tragik, die Spannungen, Zerwürfnisse und Differenzen zwischen einigen der Figuren waren stets fühlbar und zogen mich schnell in diese spannende Geschichte hinein. Es sind Figuren, welche ich mit Sicherheit noch lange in meinem Herzen tragen werde.

Wie auch schon „Die letzte Fehde an der Havel“ konnte mich auch diese großartige Geschichte ab der ersten Seite in ihren Bann ziehen. Silke Elzner erzählt bildgewaltig, fesselnd und mit großer Leidenschaft. Sie zeichnet die ein starkes und unverzerrtes Bild der damaligen Zeit und schafft in ihrem Buch eine sehr dichte Atmosphäre, in welcher ich völlig abtauchen konnte. Nur ungern legte ich das Buch aus den Händen. Die Handlung, welche chronologisch erzählt wird, ist durch die vielen Verstrickungen nie langweilig oder langatmig – sie besticht von Beginn an durch ein hohes erzählerisches Tempo.

Wie bereits oben angemerkt, bildet das sogenannte Spätmittelalter den historischen Hintergrund des Buches. Es ist eine Zeit, welche von Umbrüchen geprägt war: Das Mittelalter, und damit auch das Rittertum, haben ihre Hochzeiten hinter sich, doch noch immer herrschen Kriege und vor allem Fehden. Die Ständegesellschaft prägt das Leben der Menschen, auch wenn in den Städten das Bürgertum immer stärker wird (Stichwort: „Stadtluft macht frei“).
Silke Elzner hat diese vielen geschichtlichen Hintergründe akribisch recherchiert und stellt diese sehr bildhaft und glaubwürdig dar. Sie bettet ihre historischen und fiktiven Figuren in die geschichtlichen und gesicherten Hintergründe ein und verwebt deren Schicksale miteinander und untereinander zu einer großen, stimmigen und mitreißenden Geschichte.
Mit dem Handlungsort in und um Dortmund herum, betrat ich geschichtliches Neuland. Da ein Teil meiner Familie in dieser Gegend wohnt, interessiert mich diese Gegend und auch die Historie sehr und ich habe mit dem Buch „Der Verrat der Kaufmannswitwe“ einiges – vor allem über „Die große Dortmunder Fehde“ – gelernt.

Zum Ende dieser Rezension möchte ich mich ganz herzlich bei Silke Elzner für dieses wunderbare, lehrreiche und packende Leseerlebnis bedanken.

Fazit: Ein Roman, der mich ab der ersten Seite gepackt und nur noch schwer losgelassen hat. Mit vielfältigen Charakteren und einer spannenden Geschichte schafft Silke Elzner ein authentisches, farbenfrohes und unvergessliches Spektakel der Superlative. Ein MUSS für jeden Liebhaber und jede Liebhaberin des historischen Romans. Unbedingt lesen!

*Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Bella Donna – Die Malerin von Rom“

von Catherine Aurel

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 14. Juni 2023
Verlag: Penguin
Ausgabe: Paperback und eBook
ISBN: 978-3-328-10550-3
Seitenanzahl: 417 Seiten
Preise: Taschenbuch: 16€, eBook: 9,99€

https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Bella-Donna-Die-Malerin-von-Rom/Catherine-Aurel/Penguin/e557269.rhd

Klappentext:
„Rom, das Zentrum der Macht und der Künste: Nur widerwillig folgt Tina ihrem Mann Adamo Bellani in die Ewige Stadt, wo der Erbe des Florentiner Schönheitsimperiums ins Bankiersgeschäft einsteigen will. Auf dem Weg nach Rom begegnen sie der aufstrebenden Malerin Sofonisba, die nach dem Willen ihres Vaters den großen Michelangelo mit ihrem Werk beeindrucken soll. Zu dritt setzen sie ihre Reise fort – sehr zum Missfallen von Tina, die eifersüchtig auf die selbstbewusste Künstlerin ist. Kaum in Rom angekommen werden Adamo, Tina und Sofonisba in eine Intrige verwickelt, die sich bis ins Zentrum der Macht erstreckt. Die beiden ungleichen Frauen müssen zusammenhalten, um nicht nur eine junge Liebe, sondern auch den Bau des großen Petersdoms zu retten …“

Hinweise:
– Das Buch ist der dritte Teil der „Töchter-Italiens-Reihe“, welcher unabhängig von den beiden ersten Bänden gelesen werden kann.

– Hier sind meine Rezensionen: „Bella Donna – Die Schöne von Florenz“ und „Bella Donna – Die Herrin von Mantua“.
– Das Buch habe ich freundlicherweise vom Verlag über das ‚Bloggerportal‘ als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!

– Ich habe für diese Rezension vom Verlag und/ oder von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Penguin Verlag

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Das Buch „Bella Donna – Die Malerin von Rom“ von Catherine Aurel ist der dritte und abschließende Teil der „Töchter-Italiens-Reihe“, spielt in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Rom und zeigt einen Einblick in das Leben der in Vergessenheit geratenen Malerin Sofonisba Anguissola.

Italien 1557: Auch wenn Adamo der Erbe des Schönheitsimperiums „Casa Bellani“ in Florenz ist, führt seine Frau Tina das Unternehmen. Mit Leidenschaft und Hingabe steht sie jeden Tag im Geschäft und es gibt für sie keine größere Bestätigung, wenn eine Kundin dieses glücklich und zufrieden wieder verlässt. Adamo hingegen kann mit seinem Erbe nichts anfangen und möchte unbedingt ins Bankgeschäft einsteigen. Als er die „Casa Bellani“ verkauft und nach Rom aufbricht, begleitet in Tina nur widerwillig.
Unterwegs treffen sie auf die selbstbewusste Malerin Sofonisba, welche sich mit ihrem Vater ebenfalls auf dem Weg in die Ewige Stadt befindet – dort soll sie mit ihrem Werk den großen Michelangelo beeindrucken. Zu dritt setzen sie ihre Reise gen Rom fort, auch wenn sich die beiden völlig verschiedenen Frauen alles andere als sympathisch sind.
Doch kaum sind sie angekommen, geraten die drei in eine weitreichende Intrige. Sie müssen zusammenhalten, den auch der Bau des Petersdom ist in großer Gefahr.

Catherine Aurel ist das Pseudonym von Julia Kröhn, welche mich schon seit vielen Jahren mit ihren vielfältigen Romanen begleitet und begeistert.
Im Mai 2021 habe ich den ersten Teil der „Töchter – Italiens“ Trilogie „Bella Donna – Die Schöne von Florenz“ gelesen, ein Jahr später dann den zweiten Band „Bella Donna – Die Herrin von Mantua“. Diese beiden Teile konnten mich sehr überzeugen und ich war schon sehr gespannt auf den Abschluss der Reihe welche ich einfach lesen musste. Ich fragte im ‚Bloggerportal‘ ein Rezensionsexemplar an und bekam es freundlicherweise genehmigt und zugesendet – an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an den Penguin-Verlag.
Alle drei Teile Teile der Buchreihe können unabhängig voneinander gelesen werden, da immer einige Jahre zwischen den Geschichten liegen und auch jeweils andere Figuren und Städte eine Rolle spielen. Während der erste Teil in Florenz angesiedelt ist, spielt der zweite Teil vorwiegend in Mantua und Venedig, die Handlung des dritten Teils findet weitgehend in Rom statt und spielt fast 100 Jahre nach dem ersten Band.

Das Buch ist eine Klappbroschur (Paperback) und passt mit dem ausdrucksstarken Cover wunderbar und unverkennbar zu den beiden anderen Bänden der Reihe.
Im Vordergrund befindet sich eine Frau in einem rot-orangen Kleid, welche mit dem Rücken zum Betrachter steht. Sie blickt auf die Stadt Rom, welche mit dem Petersdom und der charakteristischen Kuppel eindeutig zu erkennen ist. Über der Stadt und der Frau erhebt sich ein blauer, leicht bewölkter Himmel.
Auf der vorderen Klappe werden die ersten beiden Teile vorgestellt, auf der hinteren Klappe befindet sich ein Foto und eine kurze Biografie der sympathischen Autorin. Das Innere der Klappen ist leer geblieben, was ich etwas schade finde – hier hätte es sich angeboten zum Beispiel Kartenmaterial oder Schönheits-Rezepte unterzubringen.
Mit dem Personenregister geht es los, dem schließt sich ein sehr stimmungsvolles Zitat von Michelangelo an. Danach beginnt direkt der erzählerische Teil, welcher sich auf insgesamt 18 Kapitel aufteilt und im August 1557 beginnt. Es folgen der ‚Anhang‘ und die ‚Historische Anmerkung‘ – hier geht die Autorin ausführlich auf Fakt und Fiktion ein.

Auch in diesem Teil gibt es wieder einige historische Persönlichkeiten, welche an der Seite von fiktiven Charakteren gekonnt zum Leben erweckt werden. Alle Figuren, egal ob historisch oder fiktiv, haben mich mit ihrer authentischen und teils sehr ambivalenten Charakterzeichnung und ihrer glaubhaften Entwicklung überzeugen können.
In diesem Buch stehen die fiktive Tina Bellani und ihr Mann Adamo neben der historischen Sofonisba Anguissola (1531/1532 – 1625) im Mittelpunkt der Geschichte. Während ich Tina mit ihrer freundlichen Art direkt in mein Herz schloss, stieß mich Adamos abfälliges und gemeines Verhalten seiner Frau gegenüber sehr ab.
Sofonisba ist eine der vielen historischen Persönlichkeiten und Catherine Aurel hat diese großartige Künstlerin aus der allgemeinen und ungerechten Vergessenheit geholt und ihr damit ein Denkmal gesetzt – auch wenn das ein oder andere dazu gedichtet wurde. Sie ist eine Frau, welche völlig und wahrhaftig für die Kunst lebt.

„»Ein echter Künstler hat nicht nur einen geübten Blick, er darf sich nicht allein aufs Schauen verlassen. Es genügt schließlich nicht zu malen, was man sieht. Ein Bild wird erst lebendig, wenn man auch malt, was man fühlt, den Menschen nicht bloß darstellt, vielmehr die Essenz seines Wesens einfängt. Außerdem gilt es, die Welt zwar als das zu sehen, was sie ist – und das ist eben oft ein hässlicher, trauriger Ort -, doch wir müssen der Hoffnung Rechnung tragen, sie könnte eine bessere werden. Künstler wie ich suchen nicht allein die Schönheit, Künstler wie ich suchen die Wahrheit – weil wir von der Sehnsucht getrieben sind, alle Menschen mögen wahrhaftig sein, sich nicht in Lügen und Trugbilder verstricken.«“

[Seite 212/ 213]

Neben diesen drei Hauptfiguren steht Michelangelo im Zentrum der Geschichte. Ich mag es sehr, wenn historische Figuren zum Leben erweckt werden und somit auch ein privater Blick auf diese berühmten und bekannten Figuren geworfen werden kann. Er ist zu Beginn dieser Geschichte bereits 82 Jahre alt und hat in dieser Zeit schon so einiges erlebt. Doch zur Ruhe setzen kann er sich nicht – und auch vor Intrigen ist er nicht gefeit. Er wirkt zu Beginn recht grummelig, hat aber doch das Herz am rechten Fleck.
Es spielen noch einige historische und auch fiktive Figuren in diesem Roman mit. Während viele von ihnen eine große Rolle spielen, agieren einige von ihnen am Rand. All ihre Geschichten, Dramen und die kleinen und großen Schicksale sind wunderbar miteinander verbunden und sie ergeben zusammen ein gutes Bild der damaligen Gesellschaft.

Es war eine gespaltene Gesellschaft: Die katholische Kirche stand der Reformation gegenüber und wollte diese mit allen Mitteln verhindern. Anhänger des neuen Glauben wurden als Ketzer bezeichnet und erbarmungslos verfolgt.
Das Land Italien, wie wir es heute kennen, gab es zu dieser Zeit nicht. Es bestand aus einzelnen Markgrafschaften (z.B. Saluzzo, Monferrat), einzelnen Herzogtümern (z.B. Parma, Modena und Mantua), einzelnen Fürstentümern (z.B. Massa), einzelnen Republiken (z.B. Republik Venedig, Republik Genua, Republik Florenz) und dem Kirchenstaat. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts kämpften mehrere europäische Staaten um Italien. Die Kriege um die Kontrolle über Italien waren Teil des Kampfes der europäischen Staaten um die Vorherrschaft auf dem Kontinent. Das Schicksal der Halbinsel wurde durch ein ständig wechselndes Mächtegleichgewicht bestimmt. Die vielen Kriege zermürbten Italien und dauerten bis zum Frieden von Cateau-Cambrésis im Jahr 1559 an. Spanien wurden große Teile Italiens zugesprochen und kontrollierte zudem indirekt auch den Kirchenstaat.

„Auch Italien hatte nie unter einem Banner gestanden, sondern war in etliche kleine Machtbereiche zersplittert. Anstatt gemeinsame Front gegen die zahlreichen Feinde von außen zu machen – Spanier, Franzosen, Deutsche – und ein gemeinsames Heer aufzustellen, hatten sich die heillos zerstrittenen Fürstentümer mal mit dem einen, mal mit dem anderen Gegner verbündet. Und ebenso hielt es der Papst.“

[Seite 47]

Trotz dieser Kriege und Fremdherrschaften erlebte das Land die wirtschaftliche und kulturelle Blüte der Renaissance. Zu dieser Zeit erstrahlten die italienischen Kulturmetropolen, allen voran Rom, Florenz und Venedig, weit über Italien und Europa hinaus und es entstanden viele bis heute bewunderte und beachtete Kunstwerke und Bauten. Hier ist vor allem der für die Handlung relevante Petersdom und die Deckenbemalung der Sixtinischen Kapelle von Michelangelo zu nennen.
All diese vielfältigen geschichtlichen und künstlerischen Hintergründe hat die Autorin akribisch recherchiert und erzählt Geschichte äußerst lebendig und mit viel Leidenschaft. Zudem verbindet sie die Lebensgeschichten ihrer fiktiven Figuren meisterhaft mit den historischen Ereignissen und Figuren.
Wie auch in den ersten beiden Teilen empfand ich die Beschreibungen der Malerei und Kunst sehr spannend und ich habe einiges dazugelernt und meinen Horizont erweitert. Sofonisba und ihr beachtliches Werk waren mir zuvor kein Begriff – das hat sich nun Dank dieses ausgezeichneten Romans geändert.

Die chronologisch erzählte Handlung beginnt direkt mit dem ersten Kapitel und setzt im August 1557 an. Ich war sehr schnell in der Geschichte angekommen und fühlte mich auch sehr wohl.
Zusammen mit ihrer Ortskenntnis, ihrer akribischen Recherche und ihrer bildhaften und einfühlsamen Sprache sowie lebendig gezeichneten Charakteren hat Catherine Aurel ein eindrucksvolles Lese-Erlebnis geschaffen, für welches ich mich nun am Ende dieser Rezension ganz herzlich bei der Autorin bedanke.
Und: Ich freue mich schon auf viele weiteren Bücher und bin gespannt, wo diese uns hinführen werden.

Fazit: Das Buch „Bella Donna – Die Malerin von Rom“ ist ein sehr gelungener Abschluss einer farbenprächtigen Buchreihe, welche mich seit Mai 2021 begleitet und begeistert hat. Es ist eine Geschichte, welche mein Wissen erweitert hat und mich mit vielfältigen Charakteren bestens unterhalten konnte. Sehr lesenswert!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„KaDeWe – Haus der Wünsche“

von Marie Lacrosse

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 14. Juni 2023
Verlag: Goldmann
Ausgabe: Paperback und eBook
ISBN: 978-3-442-20639-1
Seitenanzahl: 704 Seiten
Preise: Paperback: 16€, eBook: 12,99€

https://www.penguinrandomhouse.de/Marie-Lacrosse-KaDeWe/KaDeWe-Haus-der-Wuensche-2-/aid86441_23122.rhd

Klappentext:
„Berlin Mitte der 20er Jahre: In der Stadt tobt das Leben, die Strenge des Kaiserreichs ist passé, und Frauen eröffnen sich nie dagewesene Chancen. Im KaDeWe hat sich die Verkäuferin Rieke Krause zur Abteilungsleiterin emporgearbeitet. Währenddessen macht Judith Bergmann Karriere an der Universität und ist mit einen der neuen Geschäftsführer liiert. Rieke und Judith haben noch viele Pläne. Doch dann ziehen dunkle Wolken am Horizont auf. Die neuen Machthaber versuchen, die jüdischen Eigentümer des KaDeWE aus dem Unternehmen zu drängen. Und auch auf Rieke und Judith kommen schwere Zeiten zu …“

Hinweise:
– Das Buch ist der dritte Teil der Reihe „KaDeWe. Falls ihr den ersten Teil „Haus der Träume“ noch nicht kennt und lesen möchtet, solltet ihr diese Rezension nicht lesen – Spoilergefahr!
– Das Buch habe ich freundlicherweise von der Autorin und dem Goldmann Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!

– Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Goldmann Verlag

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Das Buch „KaDeWe – Haus der Wünsche“ von Marie Lacrosse ist der zweite und damit abschließende Teil einer Dilogie und zeigt den weiteren Werdegang des KaDeWe in Berlin von 1927 bis 1936.

Berlin 1927: Mit viel Fleiß und Engagement hat sich Rieke vom Kassenmädchen zur Verkäuferin hochgearbeitet. Nun steht ihre Beförderung zur Leiterin einer sehr gefragten Abteilung im berühmtem KaDeWe an und Rieke wähnt sich am Ziel ihrer Träume. Auch wenn das Kaufhaus an andere Eigner verkauft wurde, hat Rieke nach wie vor mit einem missgünstigen Vorgesetzten zu kämpfen, welcher ihr alles andere als wohlgesonnen ist.
Ihre Freundin Judith Bergmann macht währenddessen an der Universität Karriere. Doch sie kann ihre Augen nicht vor der bitteren Armut verschließen, welche Berlin immer fester im Griff hat – der unermessliche Luxus im KaDeWe steht im heftigen Kontrast zu diesem Elend.
Auf den Straßen Berlins macht sich Unfriede breit, welcher von den Anhängern der NSDAP weiter befeuert wird. Viele sehen in den jüdischen Mitmenschen die Schuldigen, dabei bleibt es nicht nur bei wüsten Beschimpfungen und Beleidigungen. Auch die neuen jüdischen Eigentümer des KaDeWe stehen dem blanken Hass vieler Menschen gegenüber und sie sollen mit allen Mitteln aus dem Unternehmen gedrängt werden.
Rieke und Judith müssen schwere Entscheidungen treffen.

Marie Lacrosse ist das Pseudonym der Autorin Marita Spang – eine meiner absoluten Lieblingsautorinnen. Schon seit einigen Jahren begeistert sie mich mit ihren historischen Romanen und jede Neuerscheinung wird sehnsüchtig erwartet. Die Buchreihen um „Das Weingut“ (erschienen 2018, 2019) und „Das Kaffeehaus“ (erschienen 2020, 2021) haben mich bestens unterhalten und stehen an der Spitze meiner absoluten Lieblingsbücher.
Als sie zu Beginn des Jahres 2022 ihre neue zweiteilige Reihe über das KaDeWe ankündigte, war mein Interesse direkt geweckt. Ich durfte dieses Kaufhaus 2005 und 2008 besuchen und war beide Male von der Größe und dem immensen Angebot fasziniert. Auch wenn der ursprüngliche Bau im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, gilt das KaDeWe als das bekannteste Warenhaus in Deutschland und ist mit 60.000 Quadratmetern Verkaufsfläche eines der größten Warenhäuser in Europa.
Der Auftakt „KaDeWe-Haus der Träume“ konnte mich im Oktober 2022 mit einer erleb- und fühlbaren Atmosphäre, sowie mit starken und unvergesslichen Charakteren bestens unterhalten. Mit großer Vorfreude (und Ungeduld) habe ich die Fortsetzung erwartet.
Auch den hier vorliegenden zweiten Teil bekam ich von der Autorin über den Goldmann Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zugesendet, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

Im Vordergrund des Covers befindet sich am rechten Bildrand eine Frau, welche dem Betrachter den Rücken zuwendet und mit in einem lilafarbenen Kostüm bekleidet ist. Ihr Blick geht nach links – damit wird ihr Profil sichtbar. Den Hintergrund bildet die Fassade des KaDeWe – hier stehen und laufen Menschen davor, von denen auch einige einen Blick in die Schaufenster werfen. Durch diese vielen Menschen wirkt das Cover insgesamt sehr bewegt und lebendig, vor allem aber stimmungsvoll. Auffällig ist, dass die Markisen des Gebäudes farblich zu der Kleidung der Frau im Vordergrund passen.
Ein weiterer Blickfang ist der Buchtitel und der Untertitel, welcher im unteren Bereich des Covers steht und mit zwei versetzten Quadraten umrandet wird. Der Name der Autorin befindet sich ganz oben. Zusammen mit den perfekt zueinander passenden Covern und den abgestimmten Buchtiteln hat diese Dilogie einen sehr gelungenen Wiedererkennungswert.
Das Buch ist eine sehr schön gestaltete und hochwertige Klappbroschur. Auf der vorderen Klappe ist ein stimmungsvoller Textausschnitt abgedruckt, in der Klappe befindet sich ein Bild des KaDeWe. Auf der hinteren Klappe wird die sympathische Autorin vorgestellt, im inneren werden die beiden Teile der Dilogie gezeigt.
Der Widmung des Buches folgen drei sehr unterschiedliche Zitate von Personen aus der Zeit, in der die Handlung des Buches angesiedelt ist. Diesen Zitaten schließt sich das ausführliche Personenregister („Dramatis Personae“) an. Der Hauptteil beginnt mit einem Prolog, welcher im Januar 1927 ansetzt, und wird mit einem Epilog abgeschlossen, welcher im August 1936 spielt. Es folgen das umfangreiche Nachwort der Autorin, ein Glossar und ein Verzeichnis der wichtigsten Quellen.

Die Haupthandlung des Buches gliedert sich in vier Teile auf:

– „Teil 1: Hoffnung und Aufbruch (1927 – 1928)
– „Teil 2: Sorgen und Ängste (1929 – 1930)
– „Teil 3: Glanz und Elend (1931 – 1932)
– „Teil 4: Macht und Ohnmacht (1933 – 1934)

Zusammen mit dem Prolog und dem Epilog umfasst die gesamte und chronologisch erzählte Handlung etwa neuneinhalb Jahre.
Meiner Meinung nach ist es empfehlenswert, dass man den ersten Band der Buchreihe bereits gelesen hat, da man die Hintergründe, vor allem aber die Entwicklungen der einzelnen Figuren besser nachvollziehen kann – es ist aber nicht unbedingt erforderlich. Auch ohne Kenntnisse von „KaDeWe – Haus der Träume“ bietet dieser zweite Band ein unterhaltsames und dramatisches Lese-Erlebnis.

Ein Blick in das ausführliche Personenregister am Anfang des Buches zeigt, dass eine Vielzahl an Figuren in diesem Roman eine Rolle spielen. Viele von ihnen sind fiktiv, einige sind historische Persönlichkeiten oder diesen nachempfunden.
Judith und Rieke, zwei fiktive Frauen, welche von ihren familiären Hintergründen her nicht unterschiedlicher sein könnten und bereits aus dem ersten Band bekannt sind, stehen im Mittelpunkt der Geschichte. Sie sind beide seit ihrer Kindheit mit dem KaDeWe vertraut, kennen es aber jeweils aus völlig unterschiedlichen Blickwinkeln: Während Rieke es durch die harte Arbeit ihrer Mutter bereits im Kindesalter kennenlernt und später auch zu ihrem Arbeitsplatz wird, kann Judith durch die hochgestellte Arbeit ihres Vaters von Beginn an eher den Luxus und Glanz des Kaufhauses genießen.
Rieke ist eine äußerst hilfsbereite und sympathische Frau, welche sich durch ihren Fleiß und Engagement im KaDeWe hocharbeitet. Auch privat hat sie ihr Glück an der Seite von dem fürsorglichen Peter gefunden. Sie hat sich sehr glaubhaft weiterentwickelt und ist nach wie vor immer für andere Menschen in ihrer Umgebung da – vor allem für ihre Mutter. Auch wenn es nicht immer leicht ist, nimmt ihr Leben in die Hand und gibt sich nicht auf. Als Abteilungsleiterin ist sie eine Vorgesetzte, wie man sie sich wünscht: Sie ist immer für ihre Mitarbeiterinnen da und fällt ihnen niemals in den Rücken.
Auch Judith ist empathisch und hilfsbereit und verschließt nie die Augen vor der Armut und dem Elend in Berlin in den 1920er Jahren. Da ihr in ihrem liebevollen Elternhaus nie die Bildung verwehrt wurde, kann sie nun ihr Leben finanzieren und ist auch an der Universität als Dozentin gefragt. Doch Judith ist sich nicht sicher, ob ihr nur die Karriere als Lebensinhalt reicht. Sie wünscht sich auf der einen Seite eine eigene Familie, möchte aber auf der anderen Seite ihre Eigenständigkeit nicht aufgeben und die Karriere an den Nagel hängen. Auch Judith hat eine sehr glaubwürdige Entwicklung durchgemacht und ist, neben Rieke, eine meiner Lieblingsfiguren in dieser Buchreihe.
Auf den ersten Blick wirken Rieke und Judith völlig verschieden, sie haben aber doch viele Gemeinsamkeiten und sie eint eine tiefe und innige Freundschaft zueinander.
Neben diesen beiden Hauptfiguren stehen deren Familien: Riekes Mutter, welche nach dem Tod ihres gewalttätigen Mannes einen neuen Mann an der Seite hat, tritt in diesem Teil etwas in den Hintergrund, sie ist aber für Rieke nach wie vor ein wichtigster Bezugspunkt und Vorbild. Ihr verdankt sie einiges und so ist für Rieke klar, dass sie jetzt auch für ihre eher zurückhaltende Mutter da ist. Sanni, Riekes jüngere Schwester, setzt ihre negative Geschichte und Entwicklung aus dem ersten Band weiter fort und sorgte mit ihren Äußerungen und Ansichten des Öfteren bei mir für Kopfschütteln.
An Judiths Seite stehen ihr Vater Paul und ihre Mutter Rebekka, mit denen sie in einer herrschaftlichen Villa lebt. Auf den ersten Blick wirkt die Familie Bergmann sehr harmonisch, doch eine furchtbare Tragödie hat Spuren und Wunden in der Familie hinterlassen. Pauls loyalen Charakter und seine differenzierte Sicht auf die Dinge, mochte ich bereits im Auftakt der Reihe. Mit Rebekka hingegen wurde ich bis zum Ende der Reihe nicht richtig warm.
Eng mit der fiktiven Familie Bergmann verbunden, ist die historisch belegte Familie Tietz und deren fürchterliches Schicksal. Da es nur einige wenige Fakten über Georg und Martin Tietz sowie den Schwiegersohn Dr. Hugo Zwillenberg gibt, heißt es im Nachwort von Marie Lacrosse dazu, dass die Charaktere „daher hauptsächlich intuitiv nachgestellt“ (S. 687) sind und die „Charakterisierung der drei Geschäftsführer der Hermann Tietz OHG also eher auf […] Fantasie, als Fakten beruht.“ (S. 688). Diese intuitive Nachstellung beherrscht Marie Lacrosse wunderbar und sie hat damit sehr authentische Figuren geschaffen – vor allem Martin Tietz mit seiner sprunghaften und auch anmaßenden Art ist gut gelungen.
Um diese Figuren agieren noch einige weitere historische und fiktive Figuren. Hier ist die historische Alice Salomon zu nennen – dieser interessanten und vielschichtigen Frau hat Marie Lacrosse in ihrer Dilogie ein Denkmal gesetzt und sie und die anderen Frauen der ersten Frauenhochschule damit aus der allgemeinen Vergessenheit geholt.
Einige der zahlreichen Figuren sind bereits aus dem Auftakt der Reihe bekannt und entwickeln sich sehr lebensecht und glaubhaft weiter. Alle Figuren werden mit vielen Facetten und Emotionen realistisch zum Leben erweckt und wunderbar mit all ihren Dramen und Schicksalen miteinander verwoben. Auch wenn nicht alle Figuren sympathisch sind, bilden sie alle zusammen ein sehr authentisches Bild der Gesellschaft in den 1930er Jahren in Berlin.

Es war eine Gesellschaft der Gegensätze: Während in großen Kaufhäusern (vor allem im KaDeWe) der pure Luxus angeboten werden konnte, nahm die Armut und das Elend in weiten Teilen der Bevölkerung immer weiter zu.
Viele Familien hausten in Unterkünften, welche das Wort Wohnung nicht einmal verdienten – Schimmel, verdrecktes und untrinkbares Trinkwasser, wenig bis gar kein Tageslicht. Diese Missstände zeigt Marie Lacrosse anhand der Wohnsiedlung Meyers Hof – es fiel mir teilweise sehr schwer, diese Passagen über die heutzutage unvorstellbaren Lebensumstände zu lesen. Die Weltwirtschaftskrise war im vollen Gange. Es kam zu äußerst prekären Einkommenssituationen und die immer weiter steigende Zahl der Arbeitslosen: Lag die Zahl der Arbeitslosen im Jahr 1927 bei etwa 1 Millionen, waren im Februar 1930 bereits 3,5 Millionen Menschen ohne Arbeit. Zwei Jahre später erreichte die Krise auf dem Arbeitsmarkt ihren Höhepunkt: Über 6 Millionen Arbeitslose waren gemeldet.
All diese Umstände ließ die verheerende Saat der Nationalsozialisten auf fruchtbaren Boden fallen. Schnell wurde die NSDAP stärkste Macht und noch schneller wurden Sündenböcke für die miserable Lebensbedingungen gefunden und Feindbilder erschaffen: Die Juden. Es begann mit Beleidigungen und Beschimpfungen auf offener Straße, es folgten körperliche Angriffe und Ausgrenzungen und schlussendlich Vertreibung, Verfolgung und millionenfacher Mord.

„»Wir sind gute deutsche Staatsbürger wie Millionen andere auch«, empörte sich Judith. »Wir zahlen Steuern. Johannes hat im Weltkrieg für Deutschland gekämpft. Was haben wir verbrochen, um einen solchen Hass auf uns zu ziehen?«
»Wir dienen der gläubigen Christenheit schon immer als Sündenböcke«, pflegte ihr Vater Paul lakonisch zu antworten.“

[Kapitel 19, S. 408]

Auch die neuen Eigner des KaDeWe waren vor dieser systematischen Vertreibung nicht gefeit. Nur wenige Jahre nach der Übernahme der Geschäftsführung wurde die Familie aus der Chefetage vertrieben, das KaDeWe arisiert.
Marie Lacrosse zeigt mit ihren vielfältigen Figuren sehr anschaulich, wie dieses Gedankengut in weiten Teilen der Bevölkerung angenommen wurde, bei vielen aber auch auf strikte Ablehnung traf, zeigt aber auch die Opfer dieser Verfolgungen und Ausgrenzungen. In ihrem ausführlichen Nachwort geht die Autorin auf die vielen historischen Hintergründe ein, welche sie wieder einmal hervorragend recherchiert hat und gekonnt mit den vielen Schicksalen ihrer fiktiven und historischen Persönlichkeiten verbindet.

Mit ihrem lebendigen und detaillierten, aber niemals langatmigen Sprachstil, zog mich Marie Lacrosse sehr schnell in der Geschichte, in der ich schnell wieder angekommen war. Die Einstreuung des Berliner Akzents, die Beschreibungen und Details über der Stadt und des KaDeWe sowie die vielfältigen Menschen ließen mich das Buch wie eine Zeitreise in vergangene Zeiten empfinden und ich legte es nur ungern aus den Händen.

Ich möchte mich am Ende dieser Rezension ganz herzlich bei Marie Lacrosse für dieses mitreißende Lese-Erlebnis bedanken.

Fazit: Marie Lacrosse zieht den Leser/ die Leserin ab der ersten Seite in diese emotionale und spannende Geschichte rein, welche einen nicht mehr los lässt. Lebendiger, packender und farbenprächtiger kann dieses düstere Kapitel Deutscher Geschichte nicht erzählt werden. Ein eindrucksvoller und absolut lesenswerter Abschluss einer atemberaubender Dilogie.

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars über den Verlag, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

„Was das Herz erträumt – Die Sternberg-Saga“

von Kristina Herzog

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Bibliografische Angaben:
Erscheinungsdatum: 19. Juni 2023
Verlag: Selbst-Verlag
Ausgabe: Taschenbuch und eBook
ISBN: 978-3-910798-00-7
Seitenanzahl: 442 Seiten
Preise: Taschenbuch: 14,99€, eBook: 4,99€

https://www.kristinaherzog.de/was-das-herz-ertraumt/

Klappentext:
„Eine couragierte Frau, die die Zuversicht auch in dunklen Stunden nicht aufgibt.
Zürich, 1932: Die junge Jüdin Lucie ist fest entschlossen, das neue Leben nach der Flucht in die Schweiz mit Leichtigkeit zu meistern. Und das, obwohl sie ihre große Liebe Paul in Berlin zurücklassen musste. Auch Hannah, Alma und der Rest der Familie hoffen auf einen glücklichen Neuanfang. Doch das Schicksal hat einen anderen Plan und sie müssen erleben, wie zerbrechlich das Glück sein kann. Lucie leidet nicht nur unter ihrer Fernbeziehung, sie muss sich auch in der neuen Umgebung behaupten. Werden sie und ihre Familie es schaffen, die Schwierigkeiten zu überwinden und die ersehnte Freiheit in der neuen Heimat finden?“

Hinweise:
– Das Buch ist der dritte Teil der „Sternberg-Saga“. Falls ihr den ersten Teil „Was der Morgen verspricht“ und den zweiten Teil „Was die Hoffnung bringt“ noch nicht kennt und lesen möchtet, solltet ihr diese Rezension nicht lesen – Spoilergefahr!
– Das Buch habe ich freundlicherweise über die Autorin Kristina Herzog als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen, ganz herzlichen Dank!

– Ich habe für diese Rezension von der Autorin keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Gegenleistung in Form eines kostenlosen Rezensionsexemplars muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.

Coverrechte: Kristina Herzog Autorin

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Das Buch „Was das Herz erträumt“ von Kristina Herzog ist der dritte Teil der „Sternberg-Saga“ und erzählt, wie sich das Leben der Familie Friedländer nach der Auswanderung nach Zürich im Jahr 1932 entwickelt.

Berlin und Zürich im Jahr 1932: Nach dem die jüdische Familie Friedländer in Berlin immer mehr der Ausgrenzung und dem Hass ausgesetzt waren, wandert die Familie in die Schweiz aus. Dort findet sie in der beschaulichen Stadt Zürich ein neues und sicheres Zuhause. Sie alle hoffen auf einen Neuanfang, doch jedes Familienmitglied hat seine persönlichen Verletzungen und Wunden mit in die neue Heimat genommen.
Tochter Lucie musste ihre große Liebe Paul in Berlin zurücklassen und leidet sehr unter der Fernbeziehung. Sie ist jedoch fest entschlossen, sich nie wieder in die Opferrolle zu begeben und baut nach und nach ein riesiges Lügenkonstrukt auf, welches immer wieder droht, über ihr und der Familie einzustürzen.
Auch die anderen Mitglieder der Familie müssen leidvoll erkennen, dass das Glück eine sehr fragile Sache sein kann. Doch sie alle sind auf der Suche nach Zufriedenheit und Freiheit in der neuen Heimat.

Den ersten Teil „Was der Morgen verspricht – Die Sternberg-Saga“ bekam ich im April 2022 von der Autorin zugesendet und las diesen mit großen Vergnügen. Dieser Auftakt und auch der zweite Teil „Was die Hoffnung bringt – Die Sternberg-Saga“ konnten mich mit den starken und authentischen Charakteren, der spannenden Handlung und den akribisch recherchierten geschichtlichen Hintergründen völlig begeistern und ich war schon sehr gespannt, wie es mit den Figuren weitergehen würde Von daher musste ich nicht lange überlegen, als die Autorin anfragte, ob ich auch den hier vorliegenden dritten Teil der Reihe lesen und rezensieren möchte.
An dieser Stelle ein weiteres ganz herzliches Dankeschön an die Autorin für die Zusendung des dritten Teils und den lieben Kontakt vor, während und nach des Lesens.

Da ich das Buch vorab als eBook gelesen habe, beschreibe ich hier den Aufbau und die Ausstattung des eBooks. Gegebenenfalls weicht das Taschenbuch von der hier aufgeführten Beschreibung ab.
Das Cover des Buches zeigt ein Pärchen, welches in einen innigen Tanz vertieft ist. Die eine Hand des Mannes liegt auf dem Rücken der Frau, während die andere eine Hand der Frau hält. Der Mann hat die Augen geschlossen, die Frau dreht ihren Kopf in seine Richtung. Beide scheinen die in Nähe des jeweils anderen sehr zu genießen und es wirkt, als wären sie kurz vor einem Kuss. Der Betrachter wird Zeuge dieser intensiven und spürbaren Zweisamkeit.
Zusammen mit den perfekt zueinander passenden Covern und den abgestimmten und harmonischen Buchtiteln hat diese gesamte Buchreihe einen sehr gelungenen Wiedererkennungswert.
Der Widmung des Buches folgt das Inhaltsverzeichnis, aus dem ersichtlich wird, dass das etwa 440 Seiten starke Buch in insgesamt 43 Kapiteln gegliedert ist. Dem letzten Kapitel folgen ein Nachwort und der Teil „Über die Autorin“.
Die chronologisch erzählte Handlung beginnt direkt mit dem ersten Kapitel, setzt im Januar 1932 ein und knüpft damit unmittelbar an das Ende des zweiten Bandes „Was die Hoffnung bringt“ an – dadurch war ich sofort wieder in der Geschichte angekommen.
Es ist meiner Meinung nach empfehlenswert, dass man die ersten beiden Bände der Buchreihe bereits gelesen hat, da man die Hintergründe, vor allem aber die Entwicklungen der einzelnen Figuren besser nachvollziehen kann – es ist aber nicht unbedingt erforderlich. Auch ohne Kenntnisse der vorherigen Bände bietet dieser Band ein unterhaltsames und dramatisches Lese-Erlebnis.

Den Mittelpunkt des Romans bilden die vielen Mitglieder der Familie Friedländer und ihre vielfältigen Geschichten, sowie einige ihrer Bekannten und Verwandten.
Lucie Friedländer ist die Tochter von Hannah und Daniel – ihre Geschichte nimmt einen großen Teil der Handlung ein. Nachdem sie im zweiten Teil schon einmal ihre Heimatstadt Tübingen verlassen musste und sich mit Berlin arrangieren musste, muss sie auch in diesem Teil wieder einmal alles Liebgewonnene hinter sich lassen und sich nicht nur in einer neuen Stadt zurechtfinden – sondern auch in einem anderen Land. Die Familie wandert geschlossen nach Zürich aus, um den Ausgrenzungen und immer stärker werdenden Anfeindungen zu entkommen. Für Lucie bedeutet dieses erneut Verlust, gleichzeitig aber auch Hoffnung, noch einmal von vorne anzufangen.

„Während Lucie zu Beginn der Fahrt noch erfüllt gewesen war von der Trauer über alles, was sie zuhause, in Berlin, hatte zurücklassen müssen, wuchsen jetzt mehr und mehr ihre Vorfreude und die Neugier auf das neue Heim, die unbekannte Umgebung und das für ihre Familie hoffentlich sichere und Geborgenheit bietende neue Land, die Schweiz. Gleichzeitig vermisste sie bereits die inzwischen so vertraute Villa der Urgroßeltern, die ehemaligen Mitschülerinnen, die gewohnten Straßen und Parks, aber vor allem Paul.“
[Kapitel 1]

Lucies Art ist sehr direkt und sie hat, ähnlich wie ihre Mutter Hannah, ihren eigenen Kopf. Sie weiß, was sie sich von ihrem Leben erhofft und was sie erreichen möchte – damit schlägt sie auch immer wieder den Menschen in ihrer Umgebung vor den Kopf. Auch wenn sie eine genaue Vorstellung hat, was sie später studieren möchte, wirkt Lucie oft verloren und muss ihren Weg und vor allem ihren Platz im Leben erst noch finden und vor allem erkämpfen. Durch ein immenses Lügenkonstrukt bringt Lucie sich aber auch in Schwierigkeiten, welche sie irgendwann nicht mehr überblicken kann und sie muss einige schwierige Entscheidungen treffen. Ihr Lichtblick und ihre Hoffnung ist und bleibt hierbei die Liebe zu Paul.
Paul wirkt im Gegensatz zu Lucie immer etwas abgeklärt und zu Beginn der Handlung auch etwas kühl. Doch die Beiden verbindet die ganz große Liebe, eine Liebe, welche jedoch von Pauls Eltern nicht gerne gesehen ist. Einerseits muss er sich den Vorstellungen und Meinungen der Eltern beugen, andererseits ist er aber nicht dazu bereit, sich alles vorschreiben zu lassen und die Liebe zu Lucie dadurch zu verlieren. Seine entschlossene und hilfsbereite Art erinnerten mich manchmal sehr an Daniel, Lucies Vater.
Hannah und Daniel, die Eltern von Kurt, Ariel und Kurt, stehen auch sehr zentral in der Handlung. Auch die Beiden mussten vieles in Berlin zurücklassen, tragen aber auch viele Verletzungen mit sich herum – vor allem Hannah. Sie zweifelt immer mehr an sich und ihrem Beruf und als dann auch noch ein großer Schicksalsschlag die Familie trifft, ist für Hannah nichts mehr so, wie es einmal war.

„Grundsätzlich war sie bereit, weiterzugehen und die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Sie brauchte nur etwas Zeit, damit die schwärenden Wunden in ihrem Inneren zuheilten.“
[Kapitel 3]

Zusammen mit ihrem Ehemann Daniel bildet sie das Herzstück der Familie und den Punkt, an dem die Familie immer wieder zusammen kommt. Auch wenn Daniel eine schwere Zeit durchmachen muss und sich für seine neue Arbeitsstelle aufopfert, verbindet Daniel und Hannah eine jahrelange Liebe, welche von gegenseitigen Respekt und großer Zuwendung geprägt ist.

„Obwohl sie schon so lange verheiratet waren, freute Hannah sich noch immer, wenn sie ihn sah. Er war ihr Fels in der Brandung, ihr Freund, Vertrauter und Geliebter.“
[Kapitel 5]

Ariel und Kurt, die beiden Brüder von Lucie, nehmen mit ihren ergreifenden Schicksalen auch einen großen Teil in der Handlung ein. Die beiden Brüder sind so unterschiedlich und sind sich gleichzeitig doch ähnlich. Sie beide sind vom Leben schwer gezeichnet und müssen immer wieder mit schweren Rückschlägen zurecht kommen, beide suchen sie die Flucht vor ihren Problemen. Ich möchte an dieser Stelle nicht detaillierter darauf eingehen, da ich sonst zu viel von der Handlung vorwegnehme – möchte aber auch den Tipp geben: Haltet unbedingt Taschentücher bereit.
Eine weitere Figur, welche mit ihrer dramatischen Geschichte schon in den ersten beiden Bänden sehr berührt hat ist das ehemalige Zimmermädchen Alma. Sie ist zu Hannahs besten Freundin und engsten Vertrauten geworden. Nach wie vor steht sie mit ihrer lebensfrohen und immer zuversichtlichen Art fest im Zentrum der Geschichte und bildet für alle anderen Figuren den ruhenden Pol. Doch auch bei Alma schlägt das Schicksal unerbittlich zu – hier musste ich des Öfteren schwer schlucken und das Buch immer wieder kurz zur Seite legen.
Neben diesen Figuren spielen noch einige andere Figuren mit. Sie alle konnten mich mit ihren fein gezeichneten Charakterzügen und ihren Geschichten völlig überzeugen, einige konnten mich mit ihren Handlungen auch sehr überraschen.
Kristina Herzog hat ihre fiktiven Figuren glaubhaft weiterentwickelt und auch neue Figuren geschaffen, während es gleichzeitig hieß von einigen liebgewonnen Figuren Abschied zu nehmen. Alle zusammen geben ein sehr authentisches Bild der Gesellschaft in den 1930er Jahren ab und zeigen interessante Einblicke in die damalige Denk- und Lebensweisen.

Es ist eine Gesellschaft, welche tief gespalten ist: In Deutschland haben die Nationalsozialisten die Macht an sich gerissen. Es ist eine Zeit der Ausgrenzung und Verfolgung von Andersdenkenden und Andersgläubigen. Immer mehr Menschen sehen sich gezwungen ihre Heimat zu verlassen. Zwischen 1933 und 1937 verließen insgesamt rund 130.000 Juden das nationalsozialistische Deutschland – schätzungsweise 7.000 Menschen von ihnen fanden Zuflucht in der Schweiz. Leider habe ich keine Zahlen gefunden, welche die Situation vor 1933 abbilden, also die Zeit, in der das Buch „Was das Herz erträumt“ spielt.

„Natürlich wusste sie, dass es keine Möglichkeit gegeben hatte, als ihre Heimat zu verlassen, um die Familie zu schützen, aber trotzdem hatte sie das Gefühl, hier irgendwie falsch zu sein. Und das, obwohl alle, die sie liebte und die ihr wichtig waren, ebenfalls mit nach Zürich gekommen waren. Doch das Leben in der neuen Heimat würde sich drastisch von dem unterscheiden, woran sie gewöhnt waren. Schafften es alle, sich einzugewöhnen und ihren Platz hier zu finden? Und was, wenn es nicht so war? Wenn ihnen die Schweiz trotz aller Schönheit fremd bliebe? Wo sollten sie dann hingehen? Zurück in ihr Zuhause konnten sie nicht mehr. Weder nach Tübingen noch nach Berlin.
[Kapitel 2]

Es ist mir sehr positiv aufgefallen, dass dieses Buch die Auswanderung/ Flucht und den Neuanfang einer Familie zeigt. Dieses Thema wird in vielen anderen Romanen angeschnitten und spielt oft nur am Rande eine Rolle. Hier wird das Thema Auswanderung/ Flucht sehr zentral behandelt und es wird deutlich, dass die Menschen all ihre Probleme, aber auch Verwundungen mitgenommen haben – es war ein Neuanfang – aber eben auch kein Start in ein völlig neues unbeschwertes Leben.
Diese geschichtlichen Hintergründe und Themen stellt Kristina Herzog sehr authentisch und nachvollziehbar da. Anhand den Schicksalen ihrer fiktiven Figuren wird Geschichte spür- und fühlbar.
Zusammen mit ihrem detaillierten und bildhaften Sprachstil nimmt uns Kristina Herzog mit in eine Geschichte, welche mit all ihren unterschiedlichen und mitreißenden Dramen, noch lange im Kopf und im Herzen bleiben wird. Es ist, wie auch die beiden vorherigen Bände, eine sehr ruhige Geschichte, in der es aber auch immer wieder spannende und aufwühlende Passagen gibt, die mich sehr mitreißen und ergreifen konnten – so sehr, dass ich beim Lesen des Öfteren eine Gänsehaut hatte und immer wieder mit den Tränen kämpfen musste.

Am Ende dieser Rezension möchte ich mich bei Kristina Herzog ganz herzlich für dieses unvergessliche Lese-Erlebnis bedanken. Und: Im Prinzip wäre noch Platz und Spielraum für weitere Teile dieser bewegenden Familiensaga.

Fazit: Kristina Herzog ist es vortrefflich gelungen, ihre fiktiven Figuren in den geschichtlichen Hintergrund einzubetten und miteinander zu verbinden. Auch die Tragik, Spannungen, Zerwürfnisse, Schicksalsschläge und Differenzen zwischen den Figuren waren spürbar und zogen mich schnell in die emotionale Geschichte hinein. Unbedingte Leseempfehlung!

* Ich habe für diese Rezension von der Autorin und vom Verlag keinerlei finanzielle Gegenleistung bekommen, sie spiegelt mein persönliches Leseempfinden wieder. Aufgrund der Bereitstellung eines kostenlosen Rezensionsexemplars durch die Autorin, der Titelbezeichnung/ Namensnennung und der Link zur Verlagshomepage muss diese Rezension als Werbung gekennzeichnet sein.